de

Test Kompaktbox Sonus faber Electa Amator III

Es spricht für das Team von Sonus faber und seinen ganzheitlichen, alle Komponenten und Materialien umfassenden Entwicklungsansatz, dass seit der Firmengründung ausnahmslos jeder Lautsprecher eben nicht tot und künstlich, sondern auf jeden Fall lebensprall, organisch und emotional berührend geklungen hat. Technischer Fortschritt und Modellhierarchie manifestieren sich in anderen Größen – Detaildefinition, Dynamik, Dreidimensionalität –, opfern aber nie den schönen Grundcharakter, den der 2013 verstorbene Sonus-Gründer Franco Serblin bereits den ersten Modellen in die Wiege gelegt hatte. Wer angesichts des Steinsockels der Electa Amator III ungute Assoziationen zu grimmig klingenden Vollstein-Klangfestungen etwa aus Deutschland hat, sei beruhigt: Die MkIII ist eine Sonus Faber wie aus dem Bilderbuch.

Die Technik

Also findet sich auch in der Electa Amator III eine ganz klassische, aber höchstwertig ausgeführte Zweiwege-Bestückung mit eigens für Sonus faber produzierten Treibern. Der Tiefmitteltöner ist dabei nicht nur marken- sondern auch modellexklusiv, wird also ausschließlich für diese Box hergestellt. SF-Kenner wittern eine Verwandtschaft zu dem ebenfalls 18cm messenden Mitteltöner, wie er in den superteuren Standboxen Aida oder Lilium aus der „Reference Collection“ zum Einsatz kommt.

Sonus faber Elactra Amator III Bass
Die leichte Papiermembran des Tiefmitteltöners sorgt für einen guten Wirkungsgrad (Foto: Sonus faber)

In der Tat finden wir hier denselben filigranen Gusskorb und dieselbe resonanzarme Papiermembran. Der Magnet wurde aber mit Rücksicht auf die hinzugekommenen Bass-Aufgaben von Neodym auf Ferrit umgestellt und der Phaseplug einem mit dem Konus verklebten Dustcap geopfert, der nochmal ein paar Prozent Membranfläche herausholt. Schließlich muss der 18er im Alleingang bis zu jenen 40 Hertz hinunter schuften, die Sonus Faber als untere Grenzfrequenz angibt. Dort liefert die Box zwar nicht mehr den vollen Pegel, sondern circa 6 Dezibel weniger als im Mittelton, aber dieser Output reicht allemal, um im Zusammenspiel mit der Raumakustik für ein wirklich glaubhaftes Bassfundament zu sorgen. Die Electa ist physisch zwar kompakt, in vielen Hörräumen jedoch akustisch absolut vollwertig und ein perfektes Beispiel für die Lieblingsthese des Schreibers: dass nämlich 90% aller Standboxenbesitzer mit einer entsprechend höherwertigen Kompakten zum gleichen Endpreis besser bedient wären. Weil man die noch höhere Dynamik einer Großbox typischerweise einmal im Jahr nutzen kann, die vielen Stärken einer Edelkompakten aber täglich aufs Neue glänzen.

Unterstützung erfährt der Tiefmitteltöner in der Sonus faber Electa Amator III durch ein rückseitig mündendes, großkalibriges Bassreflexrohr. Die Vorgängerin Electa Amator II hatte an dessen Stelle noch eine Passivmembran, was üblicherweise als die vornehmere Lösung zur Effizienzsteigerung im Bass empfunden wird. Einen Vorteil bringt das Reflexrohr aber auf jeden Fall: es gibt durch seinen großzügigen Durchmesser den Blick auf die Rückseite des exakt gegenüber montierten Hochtöners frei. LowBeats bezweifelt, dass dies der Grund war, auf die Passivmembran zu verzichten, räumt aber ein, dass der Tweeter wirklich wunderschön ist und das Bassreflex-Guckloch verdient hat.

Denn auf seiner Rückseite gibt es ein Wiedersehen mit dem Sonus faber Leitmotiv Walnussholz: Das definierte, abgeschlossene Volumen, das die meisten Hochtöner hinter ihrer Membran brauchen, besteht hier nicht aus der üblichen wattierten Plastikschale, sondern aus einem akkurat gedrechselten Holzbecherchen, dessen genaue Form – Sie ahnen es schon – in ausführlichen Hörvergleichen mit einer Reihe von Prototypen ermittelt wurde.

Sonus faber Elactra Amator III Hochtöner
Ein spezielles Gehäuse hinter dem belüfteten Magneten reduziert Resonanzen und senkt die Resonanzfrequenz des Hochtonsystems (Foto: Sonus faber)

Immerhin haben die Italiener sich diese Arbeit nicht nur für die Electa gemacht, denn der Hochtöner wird eins zu eins auch in mehreren Topmodellen des Herstellers eingesetzt. Es ist der beste Hochtöner, den Sonus Faber je hatte – wenn man von den wenigen Beryllium-Diamant-Kalotten absieht, die in dem extrem limitierten Sondermodell Ex3ma verbaut wurden, und die allein schon teurer wären als ein ganzes Paar Electa Amator III. Deren Hochtöner arbeitet ganz konventionell mit einer beschichteten Gewebekalotte, die mit 28mm aber deutlich größer ausfällt als bei der Vorgängerin.

Sonus faber Elactra Amator III Tweeter
Vor der 28 mm großen Gewebekalotte sitzt eine kleine Schallverteiler-Linse, die auch noch einen dämpfende Wirkung haben soll (Foto: Sonus faber)

Das erlaubt mehr Schalldruck, Wirkungsgrad und Dynamik oder umgekehrt bei gleicher Lautstärke eine noch klirrärmere Reproduktion. Der etwas stärkeren Neigung großer Kalotten zur Schallbündelung und frühzeitigem Pegelabfall wirkt eine „Damped Apex Dome“ getaufte Konstruktion entgegen. Dabei dämpft ein winziger Metallkonus auf einem zugleich als Schutz dienenden Dreibein die Membranbewegung am Zenith der Kalotte ab. Was die Linearität am oberen Ende des Einsatzbereichs dergestalt verbessert, dass Sonus Faber, ohne rot zu werden, 35 Kilohertz als Obergrenze angeben kann. Normale 28er Kalotten steigen schon deutlich früher aus.

Einen weiteren erstaunlichen Prospektwert sollte man aber mit Vorsicht genießen: Die Italiener geben 88 dB Wirkungsgrad an (bei 2,83V in einem Meter Abstand), was für einen Kompaktlautsprecher höchst beachtlich wäre, zumal für einen Kompakten mit so weit ausgedehntem Bass-Frequenzgang. In der Tat hängt die Electa Amator III ungewöhnlich gut am Gas, wirkt anspringend, dynamisch und spielfreudig, wie das nur Boxen tun, die nicht jeden Ton gegen einen übermächtigen Wust an Dämpfungs- und Korrekturmaßnahmen durchprügeln müssen. Dennoch sollte man bei diesem Wert misstraurisch sein.

Und man sollte ihn erst recht nicht als Einladung verstehen, die Electa mit schwachbrüstigen oder gar minderwertigen Verstärkern zu betreiben. Minderwertig – das ist ein hartes Wort, aber man darf nicht vergessen, dass man es hier mit ultra-hochauflösenden, kompromisslos konstruierten Monitoren zu tun hat. Wer sich dafür keinen Verstärker im gehobenen vierstelligen Preissegment leisten will, sollte sein Anlagenkonzept überdenken. Was nicht heißt, dass wir keine dreistelligen Amps probiert hätten. Am ehesten ging es mit dem Vollverstärker der taiwanesischen Shootingstars KECES, der mit ehrlichen 50 Watt pro Kanal in klassischer A/B-Technik sauber strukturiert, ungekünstelt und direkt aufspielte.

So klingt die Electa Amator III

Ihre wahren Qualitäten zeigt die Sonus faber Electa Amator III aber an wirklich kräftigen, neutral-breitbandig abgestimmten Verstärkern ohne pseudo-audiophile Soundtricks. Es kann ruhig eine Röhre sein, sofern sie die Power und unbeugsame Klarheit eines Octave V80 SE hat. Oder ein knackiger Vintage-Transistor wie die Naim-Kombi des Autoren, die zwar ihr Alter mit einer leichten Körnigkeit im Klang verriet, sonst aber wie gewohnt griffig, struktur- und dynamikstark spielte. Unabhängig vom Verstärker (sofern es ein guter war) weckte die Sonus Faber auf Anhieb Erinnerungen an jenen Test vor über 20 Jahren, als der Autor die Vorgängerin im alten, guten und heute längst aufgegebenen Stuttgarter stereoplay-Hörraum aufbaute. War jetzt expectation bias am Werk?

Eher nicht, denn stets – damals wie heute – waren nicht nur die Sonus fabers, sondern auch andere Lautsprecher zugegen. Und während man den absoluten Klang nur schwer jahrzehntelang abspeichern kann, lässt sich auch nach langer Zeit noch gut abrufen, was eine bestimmte Box von anderen unterschied: Damals wie heute, MkII wie MkIII, zeigt die Electa Amator den gleichen Grundcharakter, wirkt einen Hauch wärmer als typische Mainstreamboxen, ohne durch diese Wärme jedoch Auflösung oder Neutralität zu verlieren. Selbst im Vergleich mit anderen Sonus fabers aus aktueller Fertigung sticht die MkIII hervor: Sie scheint eher dem klassischen Sonus-Faber-Klang verpflichtet, den die Firma in den letzten Jahren zugunsten eines „moderneren“, noch klareren, aber eben auch nicht mehr so unverwechselbaren Timbres verloren zu haben schien.

In der Tat empfinden viele Fans der Marke die Abkehr von dem warmen Schmelz der 80er und 90er Jahre nicht als nötige Modernisierung, sondern als Verlust. Die Sonus faber Electa Amator III schafft das Kunststück, vor dem klassischen Sonus-Stil den Hut zu ziehen, ohne gleich retro zu klingen. Möglich ist das auch wegen der inzwischen drastisch besseren Treiber, die eine ungemeine Detailfreude an den Tag legen, ohne dabei analytisch zu klingen. So können zwei Personen gleichzeitig Musik hören und sich über ganz unterschiedliche Qualitäten freuen: Der eine kann in den samtigen, mannigfaltig differenzierten Klangfarben schwelgen, der andere die Feinheit und Offenheit im Hochton genießen. Beide hören letztlich zwei Seiten derselben Medaille. Laura Gibsons Stimme auf ihrer aktuellen LP Goners wirkt gerade deshalb so unheimlich nah und gänsehauterzeugend natürlich, weil die Balance aus Wärme, feindynamischem Ausdruck und Detailauflösung so perfekt stimmt. Warm tönende Nuschelboxen und neurotisch genaue Klangskalpelle gibt es am Markt reichlich. Perfekte Ausgewogenheit mit einem kleinen Extraschuss Schönheit, wie wir sie hier erleben, hat aber trotz allen technischen Fortschritts auch heute noch Seltenheitswert.

Laura Gibsons Goners
Laura Gibsons Goners (Cover: Amazon)

Klar besser, nämlich kompetenter und zugleich unkomplizierter als die Vorfahrin ist die aktuelle Electa im Bass: Einmal auf die zugehörigen Ständer montiert und wackelfrei justiert, lässt sich mit ihr schnell und reproduzierbar der ideale Wandabstand finden. Im 60-Quadratmeter-Wohnzimmer des Schreibers wollte die Box relativ frei stehen: Mit etwa 40cm Abstand zur Rückwand stellte sich ein straffes, erstaunlich druckvolles und präzise definiertes Tieftonfundament ein, das auch mit anspruchsvollen Elektrobeats (etwa dem letzten Stück „In Gravitas“ der neuen LP_5 von Apparat) nicht aus dem Leim ging, sondern mit jedem Dreh am Lautstärkeregler einfach nur mitreißender wurde. Dass die Bassmembranen dabei geradezu furchterregende Hübe ausführten, hatte weniger mit der eigentlichen Musik zu tun, sondern lag primär an LP-typischen Subsonik-Anteilen, die man je nach Vorverstärker auch schadlos herausfiltern kann. Die alte MkII war schlanker abgestimmt, vertrug dadurch auch etwas kürzere Wandabstände, verlangte aber nach sehr viel mehr Sorgfalt bei Aufstellung und Verstärkerwahl als ihre Nachfolgerin.

Wer Hochgenuss mit maximaler Diskretion verbinden will, betreibt die Electa mit einem Streaming-Amp von Naim (Uniti Nova) oder Linn (Selekt DSM) und bekommt für deutlich unter 10.000 Euro ein System, dessen musikalische Kompetenz und mediale Vielseitigkeit noch vor Kurzem das dreifache Geld gekostet und den fünffachen Platz beansprucht hätte – wenn‘s reicht. Oder er holt mit einer klassisch ausgereizten Hausaltar-Highend-Kette das letzte Quentchen Qualität aus den italienischen Edelschallwandlern heraus und freut sich, wie sensibel diese Anlage auf peripherste Änderungen in Setup, Verkabelung und Geräteauswahl reagiert. Als Analoghörer sitzt der Autor zwischen den Stühlen: Streaming und Verstärkung würde er hochintegriert dem fabelhaften großen Linn Selekt überlassen, den Plattenspieler dagegen mit aller gebotenen Sorgfalt optimieren. In Form eines Linn Akurate LP12 vielleicht, den es übrigens auch mit Walnuss-Massivzarge gibt…

Fazit

Über die Abbildungsqualitäten der Electa Amator III kann man Romane schreiben – einfach Platte nach Platte auflegen, die entstehenden Klanglandschaften besichtigen und mitschreiben. Keine zwei dieser Landschaftsbilder sind gleich – die Sonus faber steuert keinerlei eigene Perspektive bei, sondern fokussiert, zoomt, schwenkt, weitet oder verengt den Blick ganz nach den Vorgaben der Aufnahme. Nur wenige Lautsprecher bekommen das so mühelos und überzeugend hin – die meisten davon sind Elektrostaten oder extrem teure konventionelle Kompakte, gegenüber denen die Electa fast noch wie eine vernünftige Option wirkt. Gemeinsames Merkmal aller genannten Kandidaten ist ihr entweder ganz fehlendes oder mit großem Aufwand klanglich inert gemachtes Gehäuse: Wenn eine Box akustisch wirklich verschwinden soll, sind mitschwingende Flächen der schlimmste Feind. Die Marmor-Walnuss-Leder-Skulptur aus Vicenza sieht nicht nur unglaublich gut aus, sondern lässt eben diese Flächen nahezu verschwinden. Akustisch jedenfalls, denn physisch sind die Nussbaumwände ja noch da, zum Glück. Denn sie bestechen nicht nur mit ihrer natürlichen Schönheit, sondern auch mit einer angenehmen Alternativlosigkeit: Es gibt nur ein Finish, und das ist so zeitlos wie der Baum, von dem das Holz stammt.

Sonus faber
Electa Amator III
2019/06
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Warmer, seidiger, dennoch hochgenauer Klang
Größenbezogen gute Pegel- und Bassfestigkeit
Tolles Ansprechverhalten, relativ geringer Leistungsbedarf
Traumhafte Verarbeitung

Vertrieb:
Audio Reference GmbH
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg
www.audio-reference.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Sonus faber Electa Amator III: 10.000 Euro (inklusive Ständer)

Test Kompaktlautsprecher Sonus faber Venere 2.0
Test Sonus faber Venere 2.5 – Äußere und klangliche Schönheit
Kompaktlautsprecher Sonus faber Guarneri Tradition – der Exklusivtest
Test Standlautsprecher Sonus faber Chameleon T: die schönste Box um 2.000 Euro
Test Kopfhörer Sonus faber Pryma 01 – Over Ear mit italienischem Chic

Autor: Bernhard Rietschel

Avatar-Foto
Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.