Wurde vor zehn Jahren der Name „Sonus faber“ ausgesprochen, hat das meist einen Pawlowschen Reflex ausgelöst: Die Menschen griffen unmittelbar zu ihrer Brieftasche. Denn Sonus faber stand im Ruf bildschön und gut-klingend zu sein. Aber auch rasant teuer. Einen Sonus-faber-Lautsprecher konnte sich nur eine Elite leisten. Die Norditaliener hatten fast das Image von Raubrittern – so stolz schlugen sie bei den Preisetiketten zu. Doch das Management in Vicenza hat erkannt, dass Sonus faber auch Fans hat, die mal nicht eben zigtausende von Euro auf den Tisch legen können. Also wurden auch Sonus faber Lautsprecher aufgelegt, die in China gefertigt werden. Recht weit unten in ihrer Preisliste haben die Italiener ihre Venere-Serie angesiedelt, deren größte Kompaktbox, die Sonus faber Venere 2.0 bei uns zeigen muss, was sie kann.
Die Technik der Sonus faber Venere 2.0
Eine Menge. Das Preiswunder lässt sich dank des globalen Marktes bewerkstelligen. Paolo Tezzon und Livio Cucuzza führen die Forschungs- und Entwicklungsabteilung in Norditalien an. Hier wird erdacht und geformt.
Gefertigt hingegen wird in China. Nicht irgendwo, sondern in einer Werkstatt des Vertrauens. Sonus faber hat ein ständiges technisches Büro in Fernost etabliert.
Zudem wurden die chinesischen Vorarbeiter nach Italien eingeladen, um hier in Fortbildungen die italienische Fertigung praktisch erleben zu dürfen. Die Techniker und Tischler zeigten ihren asiatischen Kollegen, welche Werte für Sonus faber unabdingbar sind. Die Liebe zum Detail gilt als höchste Referenz.
Der Rest stammt aus den besten Genen, die das Haus zu bieten hat. Beispielsweise von der luxuriöse Aida (100 000 Euro). Von ihr wurde die Formsprache für die Venere-Serie übernommen. Da wäre natürlich die auffällige Lyra-Form.
Dazu aber auch die doppelte Krümmung der Seitenflächen. Standfest sollen die Lautsprecher sein, dazu unangreifbar für ungewünschte Resonanzen.
Dafür werden die Seitenwände der Sonus faber Venere 2.0 aus Schichtholz auf Form gebracht. Die Schallwand, vor allem aber das Rückenstück bestehen aus massivem MDF. Das Wichtigste aber: Die Form ist so geschickt gewählt, dass an keiner Stelle des 2.0-Lautsprechergehäuses parallele Wände entstehen; stehende Wellen, die zu hässlichem Dröhnen führen können, werden so von vornherein verhindert.
Die Signalwege wurden auf Tempo ausgelegt, die Frequenzweiche wirkt mit ihren flachen Filtern ebenso aufgeräumt wie stringent. Das ist nur möglich, wenn die Treiber eine gutmütigen Frequenzgang haben und nicht viel gefiltert werden muss.
Abermals: Die Chassis wurden von Sonus faber in der Firmenzentrale entworfen. Der Hochtöner beispielsweise hat Kalotte aus deutscher Seide – die es so nur hier gibt. Die Diagonale liegt bei 29 Millimetern.
Der Tiefmitteltöner birgt eine Membran aus gewobenem und anschließend verbackenem Polypropylen. Die Übergabefrequenz liegt bei 2500 Hertz, bis 40 Hertz geht es sauber in die Tiefe hinab. Die Bassreflex-Energie tritt über einen Schlitz an der Front aus – was es leichter macht, diesen Lautsprecher auch wandnah aufzustellen.
Schrauben sieht am an dem edlen Gehäuse der Venere 2.0 natürlich nicht – außer hinten am Terminal, wo ein hochwertiges Bi-Wiring-Terminal die Möglichkeit der doppelten Verkabelungs-Ansteuerung bietet
Sonus faber wäre nicht Sonus faber, würden die Italiener nicht auch einen formschönen, passgenauen Ständer für die Venere 2.0 anbieten (450 Euro). On top ist bei der Box eine Glasplatte eingelassen, was abermals die hohe Fertigungsqualität unterstreicht.
Bei unserem Test kam nie der Hauch eines Gedankens auf, dieser Lautsprecher könnte im Schnellverfahren, irgendwo lieblos in China zusammengestückelt worden sein. Im Gegenteil: die Venere ist bildschön, insbesondere in ihrer Walnuss-Holzmaserung, jedes Detail stimmt, man spürt die Hand von Künstlern.
Übrigens auch bei den Messungen. Der Impedanzverlauf ist im Grunde makellos:
Aber auch die Verzerrungswerte bei Wohnzimmerpegel (94 dB in einem Meter Abstand) liegen auf erfreulich niedrigem Niveau:
Ein ähnliches Bild ergibt sich mit fast sechs Dezibel mehr: 99 Dezibel (in 1 Meter Abstand) darf man als Maximalpegel der Sonus faber Venere 2.0 ansehen. Da sind die Verzerrungen natürlich deutlich höher, liegen aber immer noch im moderatem Rahmen.
Was zeigen uns die Messungen? Die Sonus faber Venere 2.0 ist von einem Verstärker nicht schwer zu treiben, kann dank vorn austretender Bassreflex-Öffnung auch an der Rückwand stehen und können Räume bis 20 qm gut beschallen.
Natürlich spielen sie auch in deutlich größeren Zimmern – wie das Bild oben suggeriert. Aber bei einem Hörabstand von mehr als 3 Metern sind Live-Pegel mit diesem Lautsprecher nicht machbar.
Hörtest
Die ersten Testplatten, die wir auflegten, zeigten eine tendenziell warme Box. Hier konnte man sich sonnen und schwärmen im feinsten Samt. Nirgends Nervigkeit, sondern high-endige Noblesse. Das macht die Sonus faber Venere 2.0 zum familien-typischen Mitspieler vieler anderer Sonus-faber-Lautsprecher.
Kürzlich ist Aretha Franklin gestorben – ein trauriger Anlass, mal wieder in ihre Platten zu hören. Zumal die meisten Scheiben in hochauflösenden 24 Bit und 96 Kilohertz vorliegen. Spirit In The Dark ist so ein Schmuckstück.
Der Titelsong des Albums ist eine ganz feine Abmischung: Im Zentrum die Singstimme, dahinter ein Flügel und das Schlagzeug. Die Dynamik entwickelt sich langsam. Ein Lautsprecher muss hier höchst sensibel mit den dynamischen Gewichten hantieren.
Was der Venere 2.0 vorbildlich gelang – insbesondere die Stimme des Soulstars hatte Durchschlagskraft, stand weit vor den Membranen. Plastischer geht es kaum. Dann der Background-Chor von links – der Raum veränderte seine Dimensionen, und die Sonus faber Venere 2.0 spielt mit. Das war analytisch und sinnlich zugleich – eine erstrebenswerte Kombination.
Dann „One Way Ticket“: Die Musik schleicht sich an, der Besen streichelt das Schlagzeug, auch Aretha Franklin nimmt sich zurück, langsam beginnt der Groove. Wäre der Lautsprecher auf vordergründige Show ausgelegt, dann würden wir das spätestens jetzt hören. Doch die Venere blieb bei ihrem Kurs, das war samtig, smooth, elegant.
Die Preisliste für das Paar beginnt bei 1.680 Euro. Das erscheint nach diesem ersten Test erstaunlich erschwinglich.
Hören wir einmal bei den Konkurrenten hinein. In der gleichen Preisklasse tummelt sich auch die Exite X18 von Dynaudio. Die Dänen verfügen ebenfalls über ein feines Händchen im Mix zwischen Informationen und Partygefühl.
Das war sogar einen Hauch gesättigter als bei der Venere 2.0. Die Italiener legten sich hier mit einem Überflieger an. Dynaudio verfügte über den stärkeren Punch in den Mitten und Tiefen. In allen anderen Punkten war es ein Treffen auf Augenhöhe.
Da wollten wir noch einen weiteren Mitbewerber hinzugesellen. Wir holten die kompakte FM-8 von Gato-Audio aus dem Regal, wieder ein dänisches Meisterwerk. Doch diesmal behielt klar die Venere die akustische Lufthoheit. Das war deutlich geschlossener, sinniger, antriebsstärker. Klares Votum für die Italiener.
Klassik muss sein. Auch hier haben wir über Qobuz den Download eines legendären Albums gestartet – Sir Georg Solti dirigiert Wagners „Tannhäuser“. Die Decca-Tontechniker haben die Bänder aus den 1970er Jahren neu digitalisiert und nun in 24 Bit und 96 Kilohertz angeboten.
Das ist die ganz große Oper, mit den luxuriös aufgelegten Wiener Philharmonikern und einem Dirigenten am Rande des Herzinfarkts – Solti setzt vom ersten Takt an auf eine enorme Innenspannung.
Der Schluss des ersten Aufzugs beispielsweise scheint wie mit dem Rasiermesser dirigiert, scharf, ultra-präzise, bewusst unromantisch. Dazu ein Fest der besten Wagner-Sänger der Zeit. So etwas will man nicht über einen schlechten Lautsprecher hören.
Hier kommt audiophile Freudenstimmung auf. Die Sonus faber Venere 2.0 musste sich nicht anstrengen. Sofort gelang ihr das plastische, greifbare Klangbild. Wie sich beispielsweise René Kollo in der Titelrolle aus der Stereoachse auf den Hörplatz zuschob – das lässt sich selbst im Opernhaus nicht schöner erleben.
Das hatte den berühmten „Peng“ in der Stimme – den großen Dynamikschub bei Spitzentönen. Emotional und intellektuell schwang sich das zu Festspielen der Schallplattengeschichte auf. Auch auf die Gefahr hin, dass wir uns wiederholen: Die Venere 2.0 spielte hier deutlich über den Vorgaben ihres Preisetiketts.
Fazit
Was schon die Venere 2.5 versprach, wird auch von der Venere 2.0 gehalten: Mit der stattlichen, aber eleganten Kompaktbox ist Sonus faber ein echter Coup gelungen: die Venere 2.0 sieht einfach großartig aus und macht auch die Ohren glücklich.
Der günstige Preis entsteht durch Fertigungswege in China, die die Italiener offenbar perfekt unter Kontrolle haben. Das Finish liegt auf einem Niveau mit den besten Lautsprechern aus Vicenza.
Die klangliche Abstimmung ist warm, samtig – aber stark in der dynamischen Analyse. Wer schlau ist und Geschmack hat, ordert die Version im feinen Walnuss-Furnier.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Tendenziell warmer, dennoch analytischer Klang |
| Unproblematisch anzutreiben |
| Exzellente Verarbeitung |
| Gute Preis/Leistungs-Relation |
Vertrieb:
Audio Reference GmbH
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg
www.audio-reference.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Sonus faber Venere 2.0 (Schwarz, Weiß): 1.680 Euro
Sonus faber Venere 2.0 (Walnuss): 2.000 Euro
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