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T+A Solitaire P-SE
Nur wenige Wochen nach dem ÜberraschungserfolgSolitaire P legt T+A einen deutlich günstigeren Over Ear Kopfhörer nach. Der Solitaire P-SE ist mit 2.800 Euro kein Schnäppchen, aber deutlich günstiger als der große Bruder. Und nicht schlechter... (Foto: T+A)

Test Kopfhörer T+A Solitaire P-SE: Überragendes günstiger gemacht

Wer den Solitaire P Kopfhörer von T+A einmal in den Händen hatte, der wird fortan von der Haben-Wollen-Sehnsucht gequält. Was uns aber als Gegenkraft auf dem Boden hält: der Preis – 4.800 Euro müssten wir angespart haben. Nun eine echte Überraschung: T+A zieht einen Bruder aus dem Zylinder. Der T+A Solitaire P-SE liegt zwar immer noch bei 2.800 Euro, ist aber klar günstiger. Wo haben die Herforder gespart? Vor allem: Hört man einen dramatischen Unterschied? Wir können es jetzt schon sagen: Ja. Aber schlechter ist der Kleine nicht.

Kürzlich hat mich T+A Chef Siegfried Amft angerufen. Das ist immer wieder eine Freude. Der Mann hat ein Imperium aufgebaut. Aus eigener Kraft ist T+A entstanden. Ein Selfmade-Millionär, er ist der Chef. Aber so langsam kündigt sich eine Staffelstab-Übergabe an seinen Sohn an. Auch langsam, aber stringent ändert sich der ganz harte Markenkern. Vom streng wissenschaftlichen Ingenieurskult geht es zu weicheren Werten. Hier wird das scheinbar Unvereinbare vereint: Die puren Zahlen, das klare Design und dazu auch eine emotionale Botschaft an die Fans.

Die neuen Kopfhörer sind das deutlichste Zeichen. Den großen Solitaire P haben wir schon in unseren Händen und auf unserem Kopf gehabt. Gemeinsam mit dem unfassbar guten, eleganten Kopfhörer-Verstärker HA 200 – siehe Test. Der Jubel war groß. Aber in den engen Grenzen eines gehobenen Preises: 4.800 Euro kostet so ein Solitaire P. Damit ist T+A zwar kein Solitär, aber Mitglied der kleinen und exklusiven Weltliga.

Nun gut, die benachbarte Konkurrenz von Sennheiser bietet noch einen „Orpheus“ inklusive Verstärker für 59.900 Euro an, mit Marmor und Röhrenparcours. Da will T+A aber nicht hin. Die heroische Stellung von Sennheiser soll vielleicht flankiert, aber nicht angekratzt werden. Oder wie es Siegfried Amft so schön zusammenfasst: „Zweifellos hätten Kopfhörer schon lange zu unserem Programm gepasst, sie sind sozusagen das dritte Standbein einer HiFi-Firma. Wenn wir etwas machen, dann konsequent und mit System. Deshalb haben wir dieses zusätzliche Geschäftsfeld mit langer Hand vorbereitet.“ Seit vierzig Jahren ist man im Markt der Klangwandler daheim. Der Schwenk auf Kopfhörer sei natürlich gewachsen, aber immer mit starker Hand angesichts der hohen hausinternen Ansprüche.

Schlau hat T+A aber für sich erkannt, dass unter dem edlen Solitaire P noch ein kleiner Bruder Platz hat. Und in überraschend kurzer Zeit haben die Entwickler aus Herford den Solitaire P-SE erschaffen. Auch er ein offener Over Ear Hörer mit Planar-Membran, auch er nicht wirklich günstig – aber halt 2.000 Euro unter dem Verwandten.

Der Aufbau des Solitaire P-SE

Nehmen wir ihn in die Hand. Spüren wir die Unterschiede? Nicht wirklich. Im Kern geht es um die harten Fakten der Aufhängung und Basiskonstruktion. Beim edlen Solitaire P wird alles jenseits von Leder und Wandler aus Aluminium erschaffen. Beim Solitaire P-SE ist es Kunststoff. Ich bin überrascht. Macht allein der Austausch dieser Bauteile einen so großen Finanzanteil aus? Tatsächlich ja. Aluminium verlangt einen dramatisch höheren Aufwand, mehr Zeit, andere Bauteile – hier wird gefräst, bei Kunststoff hingegen gegossen. Nicht nur vor dem Hintergrund rasant steigender Aluminiumpreise ist die Kunststoff-Alternative eine weitsichtige.

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T+A Solitaire P-SE vs Solitaire P
T+A Solitaire P-SE und Solitaire P auf einem Kopfhörer-Ständer. Erkennbar ist der Einsatz von Kunststoff beziehungsweise Aluminium für alle tragenden Teile (Foto: H. Biermann)
T+A Solitaire P-SE Bügel
Der „kleine“ Solitaire P-SE: Die offenen Ohrmuscheln sind – wie der Bügel – aus Kunststoff und damit um einiges leichter als die Konstruktion des Solitaire P (Foto: T+A)
T+A Alu-Verarbeitung
Der „große“ Solitaire P: Die Ohrmuscheln werden aus dem massiven Aluminium gefräst – was pro Stück über eine Stunde dauert. Alles entsteht in Handarbeit in der T+A Heimat in Herford (Foto: T+A)
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Zudem bekam der T+A Solitaire P-SE einen neuen Planar-Wandler: den TPM 2500 (TPM steht für: Transducer Planar Manufacture). Projektleiter Sebastian Kobelt sagt dazu: „Der TPM 2500 basiert auf der einreihigen Magnetkonstruktion des TPM 3100 aus dem Solitaire P, allerdings nutzen wir eine völlig neu entwickelte Membran und entsprechend neue Filter.“

TA Solitaire P-SE Planartreiber TPM 2500
Der TPM 2500 ist ein Magnetostat mit aufgedampften Leiterbahnen auf der gelben, federleichten, elliptischen (110 x 80 mm) Membran. Auch gut zu sehen: die in beide Richtungen komplett offene Bauweise (Rendering: T+A)

Mit den Flachmembranen unterhält T+A schon lange eine Liebschaft. Die frühesten Top-Modelle der Lautsprecher im Katalog wurden mit Elektrostaten im Hochtonbereich verfeinert. Hier allerdings sprechen wir über die sehr viel üblicheren Magnetostaten. Doch T+A verweist auf Alleinstellungsmerkmale: Auf den hundertstel Millimeter passt T+A stabförmige Hochleistungmagnete aus Neodym ein. Ein punktgenau lineares Magnetfeld wird aufgebaut. Darin schwingt eine hauchdünne Membran aus einem speziellen Polymer. Darauf liegen ebenso dünne Leiterbahnen, die per Licht und Chemie aufgetragen werden. Und weil man eben bei T+A ist, versprechen die Entwickler einen fantastischen Frequenzbereich von 8 Hertz bis hinauf zu 45 Kilohertz mit geringsten Verzerrungswerten. Wir haben natürlich nachgemessen – siehe Slideshow:

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IM-Spektrum T+A Solitaire P-SE @94dBspl
IM-Spektrum T+A Solitaire P-SE @94dBspl: Für einen dynamischen Wandler exzellent – die Gesamtverzerrungen liegen auch bei den kritischen tiefen Frequenzen unter 1 Prozent (Messung: J. Schröder)
Impedanzprofil T+A Solitaire P-SE
Impedanzprofil T+A Solitaire P-SE: Impedanz Brettl-eben bei 42 Ω; kein induktives Verhalten, daher leicht anzutreiben, auch von Verstärkern mit höheren Quellimpedanzen (Messung: J. Schröder)
Amplitudenfrequenzgang T+A Solitaire P-SE
Amplitudenfrequenzgang T+A Solitaire P-SE: Insgesamt sehr ausgewogen. Selektive Kerbe bei etwa 50 Hz durch Kopfbügelresonanz (Messung: J. Schröder)
Mechanical Crosstalk T+A Solitaire P-SE R>L
Mechanical Crosstalk T+A Solitaire P-SE; R>L: Selektives Kanalübersprechen durch Kopfbügelresonanz bei etwa 50 Hertz (Messung: J. Schröder)
Mechanical Crosstalk T+A Solitaire P-SE L>R
Mechanical Crosstalk T+A Solitaire P-SE; L>R: Selektives Kanalübersprechen durch Kopfbügelresonanz bei etwa 50 Hertz (Messung: J. Schröder)
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Die Messwerte sind allesamt unter dem Begriff „blitzsauber“ zu verorten. Wir stoßen allerdings auf ein Phänomen, das wir schon bei vielen anderen Kopfhörern beobachten konnten: das sogenannte Crosstalk (Übersprechen), sichtbar in den letzten beiden Mess-Schrieben. Bei 50 Hertz beeinflusst das Übersprechen über den Kunststoff-Kopfbügel das Verhalten der gegenüberliegen Ohrmuschel. Nicht schlimm, aber messbar. Und nun das Erstaunliche: Beim T+A Solitaire P mit seinem Alu-Bügel ist dieses Übersprechen nicht messbar. Das könnte den Unterschied im Bass erklären, den alle Tester im Vergleich der beiden Over Ear Hörer ausmachen konnten.

Praxis und Hörtest

Da ist er nun, der Solitaire P-SE. Er liegt vor mir auf dem Schreibtisch. Geschwungen die Ohrmuscheln, leicht der Effekt auf dem Kopf, umfassend anpassbar zum perfekten Sitz. 440 Gramm sind nicht viel. Zum Vergleich: der Solitaire P wiegt mit 530 Gramm deutlich mehr. Wirkt er durch seine Kunststoffanteile weniger wertig? Kaum. Das hat Eleganz. Zudem: Wer sieht seinen Kopfhörer, wenn er auf dem Schädel thront?

Die Logik kann manchmal ein schlechter Ratgeber sein. Denn sie nötigt uns zu der Aussage, dass der Solitaire P-SE ein paar Millimeter schlechter sein muss als der eben deutlich teuerere Solitaire P. Stimmt aber nicht. Die beiden liegen auf dem gleichen Niveau. Da kommen allenfalls Geschmacksfragen ins Spiel. Für mich ganz persönlich klingt der Solitaire P-SE sogar besser. Er bringt die humanen Werte des guten Klangs deutlich stärker ein, macht mehr Spaß, weil er sich einen Tick mehr Hochton gönnt und bei aller Unbestechlichkeit einen Hauch weicher wirkt – wie ein edler Moll-Akkord.

Oder um die Formulierung zu schärfen, lege ich die fünfte Symphony von Schostakowitsch auf. Eine Neueinspielung der Deutschen Grammophon, Andris Nelsons dirigiert das Boston Symphony Orchestra. Ich würde behaupten, das ist die Einspielung mit den höchsten Pferdestärken, alles drängt und trotzdem stimmt die Ordnung. Toll wie dieser Kopfhörer das Panorama aufstellt und jeder Energie folgt. Das wird mitunter fett und brachial. Alle Kontrabässe, dazu die Kesselpauke im Fortissimo – da müssen die Membranen einerseits Schub einbringen und dennoch nicht übertreiben. Also eine Kontrolle, die aber nicht als kaltherzig wahrgenommen wird – das ist die Königsklasse des High-End.

Schostakovich 5. Symphony, Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons
Die wohl druckvollste Einspielung eines großen Werks: Shostakovichs 5. Symphonie mit dem Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons (Cover: Amazon)

Denn gerade bei dieser Symphonie muss Rausch sein. Die CD ist lieb und nett, vollkommen und überbordend dagegen der Download bei 24 Bit und 96 Kilohertz. Dann der Sturz ins Finale, es wird laut, wirklich laut – der Solitaire P-SE liebt es regelrecht. Trotz der hohen Pegel eines Live-Konzerts wird es nie unangenehm. Wir werden emotional angefacht und zugleich intellektuell gefordert – das ist das Kerngeschäft von T+A.

Schmecken wir noch ein wenig Pop/Rock. Die Foo Fighters sind unterwegs. Das neue Album Medicine At Midnight mischt die Top Ten auf. In den schlechten Momenten wird ein Optimator über alles gelegt – dicke Dynamik ohne Unterschied. Aber der Track „Cloudspotter“ überzeugt uns. Super das Schlagzeug an beiden Membranen, in der Mitte groovt ein starker Bass. Da wird ein Lifestyle bedient. Wir wollen dabei sein. Und der Solitaire P-SE bringt uns das Lebensgefühl herbei wie auf dem silbernen Kaviarlöffel.

T+A Solitaire P-SE mit HA200 und Solitaire P
Der Vergleichstest wurde selbstredend am überragenden HA 200 Kopfhörerverstärker durchgeführt. Die neue LowBeats Referenz bietet auch symmetrische Signale an – was in der Regel zu etwas mehr Präzisison im Klangbild führt (Foto: H. Biermann)

Aber nun die spannende Frage: Wie schlägt sich der „kleine“ T+A Solitaire P-SE gegen den „großen“ Solitaire P? Absolut ebenbürtig. Der P-SE klingt minimal heller und somit etwas lebendiger, frischer – aber immer noch extrem ausgewogen. Der Solitaire P ist noch einen Hauch ausgewogener, was sich vor allem im Bass/Grundton niederschlägt. Der P-SE klingt hier etwas weicher, vielleicht einen Hauch wärmer. Er ist sozusagen der emotionalere der beiden – und damit mein Sieger der Herzen. Und natürlich Sieger des Portemonnaies…

Fazit T+A Solitaire P-SE

Gibt es noch Luft nach oben? Vielleicht. Aber es interessiert mich nicht. Hier ist mein neuer Liebling. Was mich wirklich glücklich macht: der kleine Bruder erreicht das Niveau seines Luxus-Verwandten. Diese Vielfalt an Impulsen, diese Macht, diese Feinheit – das ist ein ganz dicker Kauftipp. Jeder, der high-endige Sinne hat, sollte schon einmal ein Sparbuch anlegen.

T+A Solitaire P-SE
2021/02
Test-Ergebnis: 4,6
Überragend
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Hochdynamischer, zupackender Klang mit einer feinen Portion Schmelz
Perfekter, entspannter Sitz
Erstaunlich pegelfest, gute Messwerte
Symmetrische Ansteuerung möglich

Vertrieb:
T+A elektroakustik GmbH und Co. KG
Planckstraße 9–11
32052 Herford
www.ta-hifi.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
T+A Solitaire P-SE: 2.800 Euro

Technische Daten

T+A Solitaire P-SE
Konzept:offener Over Ear Hörer
Bestückung:
Planar-magnetischer Treiber TMP 2500
Impedanz:
45 Ohm
Übertragungsbereich:
8 Hz – 45 kHz
Übertragungsart:
kabelgebunden, unsymmetrisch 6,35 mm, symmetrisch 4,4 mm Pentaconn oder XLR-4-Pin
Maximalpegel:130 dB
Material:
Thermokunststoff, Stahl, allergenfreies Kunstleder, Velours
Gewicht:440 Gramm
Alle technischen Daten
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Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.