Platinum ist im klassischen Flottenprogramm bei Monitor Audio das Höchste der Gefühle; die Gold-, Silber- und Bronze-Linien sind dementsprechend in der Rangfolge nachgeordnet. Und wenn die Briten ihre Spitzenserie überarbeiten, darf man davon ausgehen, das Großes geboten wird. Und tatsächlich: Wir hatten das Top-Modell der neuen Serie, die Monitor Audio Platinum 300 3G, über einige Wochen im Test und fanden nicht nur spannende, technische Detaillösungen, sondern auch an etlichen Abenden zu bemerkenswert entspannten Hörstunden.
Auf der HIGH END 2022 tat sich Eigenwilliges bei Monitor Audio. Da spielte ein Schallwandler, der nur noch im weiteren Sinne etwas mit klassischen Lautsprechern zu tun hatte. Mit der Concept 50 stellten die Briten alles bislang Bewährte noch einmal auf den Prüfstand, gingen teils komplett (unter anderen bei der Optik) neue Wege oder verfeinerten Bewährtes dort, wo sie noch Potenzial sahen.
Die Concept 50 wird – falls sie je auf den Markt kommt – mindestens 60.000 Euro kosten. Aber sie ist halt auch ein Technologieträger, dessen Forschungsergebnisse zum Teil schon in der neuen Platinum-Serie zu finden sind.
Die Besonderheiten der Monitor Audio Platinum 300 3G
Zum Beispiel der magnetostatische Hochtöner namens MPD III: Er ist direkt aus den Untersuchungen zur Concept 50 entstanden. Natürlich nahm man als Basis den bisherigen MDP-Tweeter, harmonisierte aber dessen Abstrahlcharakteristik, indem man aus einer rechteckigen pulsierenden Fläche eine quadratische machte. Dass zudem nun eine kleines Horn, ein sogenannter Waveguide, die Pegelfestigkeit im Bereich der Übernahmefrequenz (3.000 Hertz) noch einmal erhöht, ist sicherlich auch kein Nachteil…
Ebenfalls neu gestaltet ist der Rückraum des Hochtöners. In diesem Bereich kann man noch sehr viel erreichen – siehe die aktuellen Dynaudio-, B&W- oder KEF-Hochtöner, die allesamt durch eine bessere/intelligentere Bedämpfung des (ja mit fast der gleichen Energie) nach hinten abgestrahlten Schalls einen großen Schritt nach vorn machten.
Gab es in den vorherigen Platinum-Serien bei den Konus-Treibern bislang immer einen Materialmix, so kamen die Entwickler für die 3G-Linie nun zu dem Schluss, dass es harmonischer klingt, wenn bei Mittel- und Tieftöner die gleichen Membranmaterialien (in diesem Fall RDT III) schwingen. Das harte und sehr leichte RDT ist bei Monitor Audio schon länger favorisiert und besteht aus insgesamt drei Schichten: Einem wabenförmigen Nomex-Kern zwischen einer sehr dünnen und sehr steifen Schicht aus keramikbeschichtetem Aluminium sowie einer Zwillingsschicht aus Karbonfasern, die im 90-Grad-Winkel zueinander geschichtet und verklebt sind.
Lautsprecher-Hersteller sind ja ständig auf der Suche nach dem perfekten Mix aus Steifigkeit, geringem Gewicht und bestmöglicher Dämpfung. Das sind lauter Eigenschaften, die sich eigentlich ausschließen, das macht die Sache so spannend. Monitor Audio scheint aber mit RDT III dem Ideal ein gutes Stück näher gekommen zu sein.
Der ganze Aufwand, den Monitor Audio hier betreibt, zeigt sich allerdings erst im Aufriss der Platinum 300 3G. Gleich, wo man hinschaut: es hat alles Hand und Fuß. Das Gehäuse ist so vielfältig verschachtelt, dass beim Draufklopfen keine Vibrationen zu hören sind. Und stehende Wellen, vor allem die gefürchtete Längswelle von oben nach unten, die gern dem Bass einen dröhnigen Beiklang gibt, hat in einer solch komplexen Struktur nicht den Hauch einer Chance, sich aufzuschaukeln. Das ist schon einmal ziemlich klasse gemacht.
Ebenfalls gut zu sehen, ist die höchst konsequente (und nur von Monitor Audio über alle Modelle verwendete) Befestigung aller Tief-, Mittel- und Hochtöner. “Single Bolt Through-Verschraubung” nennen die Briten diese Befestigungsform, bei der jeder einzelne Treiber über eine Gewindestange von hinten durch das Gehäuse fixiert und verschraubt wird. Die Slideshow zeigt das Prinzip anhand des Mitteltöners:
Neben vielen akustischen Vorteilen bietet besagte “Single Bolt Through-Befestigung auch eine optische: Man sieht auf der Schallwand einfach keine Schrauben. Sehr angenehm.
Die Frequenzweiche sitzt direkt auf der entkoppelten Bodenplatte und baut drei Etagen hoch. Die Bauteilequalität würde ich jetzt eher im mittleren Bereich einordnen. Gleichwohl sind neue, bessere Kondensatoren im Signalweg des Hochtöners Teil des 3G-Konzepts. Die Übergangsfrequenzen liegen mit 650 und 3.000 Hertz vergleichsweise hoch. Schon das spricht für eine hohe Belastbarkeit.
Zwei Punkte müssen an dieser Stelle noch erwähnt werden. Zum einen die wirklich in allen Belangen hervorragende Verarbeitung mit tollem Finish. Vor allem die Variante mit paarweise gematchtem Ebenholz-Furnier ist ein echter Hingucker. Aber auch die beiden Pianolack-Ausführungen schwarz und weiß (jeweils 16 Lackschichten) sind vom Allerfeinsten.
Punkt zwei ist der clevere Fuß der Platinum. Mittlerweile haben sich die auskragenden Aluminium-Füße ja durchgesetzt. So auch bei der 300 3G. Aber hier gibt die Konstruktion der zentnerschweren Standbox nicht nur einen fundamental besseren Halt: Ein Gummi-Element innerhalb der Spikes entkoppelt die Box auch wirkungsvoll vom Boden.
Praxis
Die bei LowBeats ermittelten Messwerte zeigen die hohe Praxistauglichkeit der 300 3G. Erfreulich ist vor allem der recht gute Wirkungsgrad von 87 dB sowie eine – erst einmal – völlig unkritische und schön lineare Impedanz von 4 oder mehr Ohm.
Ebenfalls sehr löblich ist der Phasenverlauf (blau), der kaum Schwankungen aufweist. Nun ermitteln wir aber auch den sogenannten EPDR-Wert, der sich aus der Impedanz und der Phase ergibt. Und der weist an zwei Stellen Werte um zwei Ohm auf. Der angeschlossene Verstärker sollte also über ein stabiles Netzteil verfügen – in der Preisklasse aber versteht sich das wohl von selbst.
Zumal die 300 3G Flaggschiff-gemäß hohe Pegel erzeugen kann. 108 Dezibel standen am Ende auf den Messschreibern. In der Realität, also mit impulshafter Musik und deshalb nicht dauerhaft, addiert sich das Ganze auf 120 Dezibel. Das ist für einen HiFi-Lautsprecher mit zwei 20er Bässen echt nicht übel.
Der Aufstellungstipp für die Platinum 300 3G ist im Grunde selbsterklärend: Es ist eine große Box mit – auch im Bass – Flaggschiff-Ambitionen. Dieser Lautsprecher hat daher direkt vor (oder gar neben) der Wand nichts verloren. Hier wird es im Bass und Grundton sonst schnell dicklich. Wer nicht mindestens 50 oder 60 Zentimeter Abstand wahren kann, ist mit diesem Lautsprecher nicht gut beraten. Das Bild aus dem Monitor-Katalog ist deshalb doppelt irreführend: dicht an der Wand und in der Ecke geht gleich gar nicht…
Hörtest
Man muss nicht lange hinhören, um einen der wesentlichen Charakterzüge dieses Lautsprechers herauszuhören: ihre wunderbar leichtfüßige Transparenz. Beim traumhaft schönen “Skyward Bound” der Fusionband Steps Ahead (übrigens eine exzellente Aufnahme aus dem Jahr 1983) zauberte die große Platinum das Saxophon, noch mehr aber das Xylophon, mit einer derartigen Feinheit und Leichtigkeit in den Hörraum, dass wir erst einmal verdutzt waren. Alles kam so kultiviert, nie scharf und trotzdem so detailverliebt. Wie genau hier die Klöppel zu hören waren, die auf das Metall niedersausen…
Genrewechsel, noch größere Musik. Bobby McFerrin und Chick Corea, die mit dem Saint Paul Chamber Orchester The Mozart Sessions eingespielt haben, zeigen ihre ganze Klasse. Und auch die 300 3G: Im “Prelude I – Allegro” ist zuerst McFerrins außergewöhnliche Stimme zu hören. Schon das schafft die Platinum traumwandlerisch schön mit allen Facetten. Noch begeisternder aber sind diese unglaublich perlenden Klavierläufe des Jazz-Pianisten: Nicht mit der letzten Kraft, aber mit einer wunderbaren Leichtigkeit.
Und unter allem liegt – falls gefordert – dieser stets tiefsatte Bass. Bei einem Wechsel auf die Filmmusik von Hans Zimmer waren wir doch ziemlich erstaunt, welche Gewalten in diesen beiden 20er Tieftönern schlummern. Und der Bass sorgt nicht nur für ein fast permanentes Wohl-Gefühl, sondern auch für eine enorm große Raumtiefe, die – seien wir ehrlich – auch immer schön ist. Die Platinum 300 3G klingt einfach großzügig. In allen Bereichen.
Wir hatten in den vergangenen Monaten etliche Vertreter dieser Klasse im Test. Und mit einigen von ihnen konnten wir die neue Platinum vergleichen. Zum Beispiel mit der Perlisten S5t. Die Amerikanerin mit dänischen Wurzeln ist so etwas wie der Gegenentwurf zur britischen Platinum: Im Bass sehr viel knackiger und straffer, in den Mittellagen deutlich präsenter und direkter. Die 300 3G spielt erheblich relaxter, mit mehr Feinheit und deutlich mehr Bass.
Die Burmester B28 (Test in Kürze) liegt genau zwischen diesen Extremen und zeigt einen fast so feinsinnig-kultivierten Mittelhochtonbereich wie die Platinum und über den gesamten Wiedergabebereich die noch höhere Präzision. Aber in Bezug auf Pegelfestigkeit, satte Bässe und großzügige Räumlichkeit macht in dieser Klasse der Platinum keiner so schnell etwas vor.
Nicht einmal unsere Referenz von FinkTeam. Die Borg ist die nochmals natürlich klingendere Form der Burmester B28, die Stimmen noch etwas authentischer klingen und Pauken noch etwas präziser ausschwingen lassen kann. Gleichwohl bleibt die Quintessenz: Wer auf diese Monitor-Audio-typische, feingeistige Gelassenheit steht, wird schwerlich woanders Besseres finden. Ich hatte mit der Platinum jedenfalls viele Abende, an denen ich mit ihr einfach nur Musik gehört habe. Zum Teil sehr lang. Zum Teil sehr laut. Das alles geht mit der neuen Platinum hervorragend.
Fazit Monitor Audio Platinum 300 3G
Man bekommt viel mit diesem Lautsprecher. Die Optik wird sicherlich polarisieren, aber die Verarbeitung ist klasse. Dazu gehören auch der makellose Pianolack und die pfiffige Treiberbefestigung. Was die Platinum 300 3G aber wirklich über die meisten Mitbewerber selbst dieser gehobenen Klasse erhebt, ist die selbstverständliche Transparenz ihrer Darstellung, die auch bei sehr hohen Pegeln nicht leidet. Die neue Platinum ist natürlich immer noch eine klassische Monitor Audio mit saftvoll warmem Bass und Grundton. Aber in dieser Form fraglos die Beste des Programms und eine der besten ihrer Klasse. Ein Lautsprecher, mit dem man wenig verkehrt machen kann.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Audiophil-natürliches Klangbild mit hoher Transparenz |
| Fantastische Räumlichkeit |
| Hohe Pegelfestigkeit |
| Überragend gemachtes Finish, akustisch kluge Treiberbefestigung |
Vertrieb:
Pannes Vertriebs KG
Berliner Straße 3
23795 Bad Segeberg
derbesteklang.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Monitor Audio Platinum 300 3G: 14.000 Euro
Technische Daten
Monitor Audio Platinum 300 3G | |
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Konzept: | 3-Wege Bassreflex |
empfohlene Raumgröße: | bis maximal 40 Quadratmeter |
Anschlüsse: | Bi-Wiring |
Wirkungsgrad (2,83V/1m): | 87 Dezibel |
Maximalpegel (Dauer / kurzfristig): | 108 / 120 Dezibel |
Minidestleistung für Max.-Pegel: | >140 Watt an 4 Ohm pro Kanal |
Ausführungen: | Pianolack schwarz + weiß, Ebenholz |
Abmessungen (H x B x T): | 111,4 x 43,0 x 52,4 cm |
Gewicht: | 53,6 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
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