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Unison Research S6 MK II: Test Titelbild
Italienisches Röhrenflair: Der Unison Research S6 Mk II holt 2 x 35 Watt aus sechs EL34 Röhren. Sein Preis liegt bei 4.000 Euro (Foto: C. Bussler)

Test Unison Research S6 Mk II – Röhre mit V6 Motor

Im Rahmen des Unison Research Familientests, bei dem LowBeats die drei kleineren Vollverstärker des italienischen Röhren-Spezialisten verglich, war der Unison Research S6 Mk II der größte und teuerste. LowBeats Gastautor Carsten Bussler, selbst ein ausgewiesener Röhrenspezialist, gefiel das Schwergewicht gut. Hier ist sein Bericht:

Unison Research Familientest: S6 Mk II
Der größte der drei Röhren-Amps des Familientests, der S6 Mk II verfügt über sechs Leistungsröhren vom Typ EL 34 – je drei pro Kanal (Foto: Unison Research)

Das Flaggschiff dieses Trios kommt schon rein optisch weit auffälliger daher als die beiden kleineren Geräte in der Hierarchie. Und die 25 Kilogramm Lebendgewicht gebieten eine gewisse Vorsicht beim (ungeschützten) Transport und Umgang in der heimischen Umgebung, bis das Gerät endlich auf seiner vorgesehenen Position auf dem Rack steht. Geschafft – der Rücken dankt es!

Rein technisch könnte ich ganz profan behaupten, es handele sich beim Unison Research S6 Mk II um einen aufgemotzten Simply Italy. Zwei ECC82 als Eingang beziehungsweise Treiber (wie gehabt), die, verdeckt unter der Metallhaube in der Mitte wiederum die Leistungsröhren EL34 ansteuern. Nur dieses Mal sind es eben deren sechs anstatt zwei, und zwar drei pro Kanal in Parallel-Single-Ended Schaltung – entsprechend verdreifacht sich die Ausgangsleistung auf 35 Watt pro Kanal im Vergleich zum „simplen“ Einstiegsmodell. Die Bias-Einstellung für die Röhren erfolgt hier kanalweise.

Unison Research S6 MK II: Bias
Die Bias Anzeige des Unison Research S6 Mk II ist für jeden Kanal einzeln ausgeführt (Foto: C. Bussler)

Trotz seiner Größe oder seines höheren Preises ist der Unison Research S6 Mk II alles andere als ein Ausstattungswunder. Im Gegenteil: Der Gegenkopplungsschalter der kleineren Modelle wurde bei ihm gestrichen, ebenfalls fehlt der „Sub Out“ RCA-Ausgang wie bei der Triode 25. Ansonsten komplettieren wieder eine Fernbedienung, die Röhrenabdeckung(en) sowie die Ruhestrom-Einstellmöglichkeit für die Pentoden den Ausstattungsumfang.

Unison Research S6 MK II: Anschlüsse
Der S6 Mk II von hinten: fünf analoge Cinch-Eingänge, ein Tape-Out (Foto: Unison Research)

Auch der S6 Mk II ist mit seinen 2 x 35 Watt kein Leistungsriese, der problemlos Impedanz-kritische und leise Lautsprecher treiben kann. Auch er möchte Lautsprecherpartner, die mit Bedacht gewählt und mit hohem Wirkungsgrad gesegnet sind. Und seien wir ehrlich: Von diesen Hocheffizienz-Lautsprechern gibt es nicht viele. Ich habe meine Eigenkonstruktionen, die diesen Ansprüchen genügen. Aber am breiten Markt sieht es dürftig aus. Aus gutem Grund bietet ja Unison Research mit der MAX 1 und der MAX 2 zwei exzellente Hornlautsprecher an. Doch diese hatten wir noch nicht im Test und deshalb tauchen sie in unserer Empfehlungsliste unten auch nicht auf.

Der Unison Research S6 Mk II im Hörtest

Cover Art U2 Joshua Tree
Das U2-Meisterwerk: The Joshua Tree von 1987 (Cover Amazon)

Im Verbund mit meinen Hochwirkungsgrad-Lautsprechern, die ich auch beim Test der beiden kleineren Modelle zuvor nutzte, war die technische Verwandtschaft zum Simply Italy sofort unverkennbar. Dessen großzügige Bühne mit schön schwarzem Hintergrund, die Instrumenten und Tönen genügend Raum zur freien Entfaltung und zum Ausschwingen bot, baute sich hier wieder auf. U2s atmosphärisch dichtes Meisterwerk The Joshua Tree (Island Records, 1987) nahm mich förmlich gefangen und erlaubte mir das tiefe Eintauchen in diese einmalige Produktion Brian Enos. Wie nachdrücklich der S6 MK II die Energie von Bonos Stimme transportierte oder wie habhaft er den Sänger darstellte: So intensiv – meine ich – können das nur Röhrenverstärker.

Bemerkenswert erscheint mir, dass der S6 MK II zwar alles etwas größer, wuchtiger und breitbandiger darstellte als der Simply Italy. Allerdings agiert Letztgenannter bisweilen minimal feinsinniger.

Es ist ein Effekt, der mir in der Vergangenheit bereits häufiger untergekommen ist: Oft ist weniger Leistung mehr, zumindest in der Welt der Eintakter im Verbund mit Hochwirkungsgradlautsprechern. Denn bei einem Wirkungsgrad des Lautsprechers von 96 Dezibel pro Watt und Meter tuckern die 35 Watt des S6 MK II auch bei gehobener Zimmerlautstärke nahezu im Leerlauf; sehr viel mehr als drei bis vier Watt dürften dem Vollverstärker selbst bei heftigen Bassgewittern nicht abverlangt werden. Will sagen: Während der S6 MK II in meinem Setup nie mehr als zehn Prozent seiner Nennleistung liefern musste, entsprach dies circa 25-30 Prozent beim Simply Italy – dem Idealwert für Eintakter, bei dem immer noch genügend Reserven („Headroom“) blieben. Der „Kleine“ wurde von mir in meinem spezifischen Setup also schlichtweg in einem günstigeren Bereich gefahren, was natürlich nicht dem „untertourig“ laufenden S6 MK II anzulasten war. In Kombinationen mit konventionellen Lautsprechern wie der kleinen ProAc Tablette 10 war die höhere Leistung sehr wohl zu hören und sorgte für mehr Substanz und einen etwas größeren Tiefgang.

Doch trotz aller Sympathie für den Simply Italy: Letztendlich ist der S6 Mk II dank der höheren Substanz und der größeren Kraft überlegen; den Triode 25 hängt der große Unison mit seinem geschmeidig-natürlichen Klangbild noch sehr viel deutlicher ab.

Nichtsdestotrotz lebt auch der Unison Research S6 Mk II erst auf, wenn passende Lautsprecher angeschlossen sind. Meine Hocheffizienz-Lautsprecher sind ja alles Unikate. Deshalb hat LowBeats Chefredakteur Holger Biermann an dieser Stelle auch für den S6 Mk II gut funktionierende Kombinations-Empfehlungen abgegeben:

1.) ProAc Tablette 10. Das kleine Wunderding im Gewand der LS 3/5a ist zwar auch sehr leise, hat aber eine lineare Impedanz oberhalb 8 Ohm und passt klanglich für kleinere Räume und normale Pegel. Eine ungewöhnliche, aber sehr klangstarke Kombination.

2.) Heco Direkt Zweiklang. Wie auch die ProAc gehört die Heco zu den LowBeats Referenzen und wird besonders oft genutzt. Mit dem Unison Research S6 Mk II harmoniert die sehr effiziente Heco hervorragend und kommt mit den 35 Watt der großen Röhre auf recht hohe Pegel.

3.) Klipsch Cornwall III. Die Cornwall sieht zwar etwas rau aus, ist aber noch effizienter als die Heco und erzeugt in Verbindung mit dem Unison Research S6 Mk II ein substantielles, souveränes und fein differenziertes Klangbild.

4.) Heco Direkt Dreiklang. Das riesige Heco Flaggschiff schafft locker 120 dB Maximalschalldruck, geht aber auch äußerst effizient mit zugeführter Leistung um. Die Kombination mit dem S6 Mk II ist zwar nicht hundertprozentig optimal, aber es ist erstaunlich, was für beeindruckend farbstarke Klangbilder mit diesem Verstärker an diesem Lautsprecher entstehen.

Fazit Unison Research S6 Mk II

Der S6 Mk II ist die gelungene Umsetzung des Simply Italy-Konzepts auf einer höheren Leistungsebene. Klanglich sind die Vorteile des Großen gegenüber dem Kleinen weniger groß als gedacht. Aber die deutlich höhere Leistungsausbeute von 2 x 35 Watt erweitert die Möglichkeiten der angeschlossenen Lautsprecher erheblich. Ob das aber tatsächlich glatt den doppelten Preis (nämlich 4.000 Euro) wert ist, sollte man beim gut sortierten Fachhändler – oder noch besser zu Hause an den eigenen Lautsprechern – beurteilen. Da wird schnell Vieles klar.

Unison Research S6 Mk II
2017/12
Test-Ergebnis: 4,1
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Sattes, natürliches Klangbild
Gute Verarbeitung
Wenig Ausstattung
Vergleichsweise teuer

Vertrieb:
TAD Audio Vertriebs GmbH
Rosenheimer Straße 33
83229 Aschau
www.tad-audiovertrieb.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Unison Research S6 Mk II: 4.000 Euro

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Gegenspieler:

Test Tektron TKEL34PSES-I – die Mitte ist alles

Lautsprecher Empfehlungen:

Test ProAc 10 – legitimer LS 3/5a-Nachfolger
Test Heco Direkt Zweiklang – modern, laut, klasse
Test Klipsch Cornwall III – kerniger US-Sound
Test Heco Direkt Dreiklang – Topklang mit 120 dB

Autor: Special Guest