de
Advance Paris A10 Classic Front
Der Advance Paris A10 Classic ist ein Wandler/Vollverstärker mit imposanten Auftritt, der auch eine enorme Leistung anbietet. Dafür ist sein Preis von 1.500 Euro sehr fair kalkuliert (Foto: Advance Paris)

Test Vollverstärker Advance Paris A10 Classic

Der Advance Paris A10 Classic fällt auf: Sein mächtiges Chassis hat eine imposant-faszinierende Front, seine Ausstattungsliste ist fast endlos, sein eingebauter D/A-Wandler exzellent und die Leistungsdaten erstaunen selbst Hartgesottene. Diesen Pariser Vollverstärker könnte man schnell in die 3.000-Euro Liga einordnen, er kostet aber nur die Hälfte. Haben wir es hier mit einem Blender zu tun? Viel Schein und nichts dahinter? Au contraire! Als Gesamtpaket ist er fast unschlagbar.

Bevor ich mit dem Test starte, möchte ich diese kleine geografische Unkorrektheit gerade rücken: Die Entwicklung und Verwaltung von Advance Paris ist gar nicht in Paris, sondern in der beschaulichen Gemeinde Brie Comte Robert zu Hause – knapp 30 Kilometer vor den Toren der Hauptstadt. Und auch die Komponenten entstehen – wen wundert’s bei dem Preis? –  ganz weit entfernt auf chinesischen Werkbänken. Aber diese Arbeitsteilung ist ja mittlerweile bei den meisten Audio-Anbietern usus…

Der Aufbau des Advance Paris A10 Classic

Bei LowBeats hatten wir von Advance Paris bereits den Flaggschiff-Verstärker X1-1100 und den All-In-One Streaming-Amp MyConnect 150 im Test, die beide ebenfalls durch ihre Optik und ein exzellentes Preis/Leistungsverhältnis auffallen. Vom deutschen Vertrieb (Quadral) war zu hören, dass der A10 ein auf das Wesentliche reduzierter MyConnect 150 sei, der uns ja bereits mit seinem kraftvollen Auftritt begeistert hatte. Und so ist es nicht verwunderlich, dass die Leistungsdaten des A10 bis aufs Komma mit denen des MyConnect 150 übereinstimmen: 2 x 130 Watt sinus an 8 Ohm-, 2 x 190 Watt sinus an 4-Ohm- und 2 x 250 Watt sinus an 2-Ohm-Lautsprechern. Das ist in dieser Preisklasse außergewöhnlich viel und lässt eine hohe Stabilität im Umgang mit den verschiedensten Lautsprechern erwarten.

Doch zuerst holt uns der Advance Paris A10 Classic über die Augen ab. Die Front ist Hollywood, schwarzes, hochglänzendes Plexiglas im Cinemascope-Format. In der Mitte glimmen die hintergrundbeleuchteten Röhren, links und rechts davon zucken die VU-Zeiger. Rot trifft blau.

Advance Paris A10 Classic Röhren
Faszinierendes Farbenspiel: blauer VU-Meter trifft rot-glimmende Röhren und einen hellweiß beleuchteten Regler. Die hintergründig beleuchteten Vorstufen-Röhren sind übrigens Doppel-Trioden vom Typ ECC81/12AT7 (Foto: Advance Paris)

Gerade diese Zeiger sind das Markenzeichen und Erkennungsmerkmal von Advance Paris. Wir sehen die Musik pulsieren und freuen uns, dass der Amp so spät erst an seine Grenzen stößt. Genau in der Mitte über dem Lautstärke-Knopf hat Advance Paris ein Schaufenster eingebaut. Dahinter die beiden Röhren der Vorstufe, die natürlich festlich glimmen sollen – was sie aber von Haus aus nicht machen. Deshalb agieren die Advance-Designer mit einem kleinen Trick: Eine LED mit dem richtigen Farbton wurde dahintergesetzt und nun glimmen die Tubes im Lagerfeuer-Rot.

Nun spannen wir die Muskeln und drehen den mächtigen A10 um, denn auch auf der Rückseite gibt es eine Form von Pracht: eine Anzahl von Ein- und Ausgängen, wie man sie eher von AV-Receivern kennt.

Advance Paris A10 Classic Anschlüsse
Die Fülle an Ein- und Ausgängen ist enorm – siehe „technische Daten“ unten. Wir wollen hier den Blick auf die Besonderheiten lenken: den XLR-Eingang (ganz rechts), den anpassbaren Phono-MM-Eingang gleich links daneben sowie den HDMI-Eingang mit ARC ganz oben links (Foto: Advance Paris)

Und dann hat der A10 noch ein As im Ärmel – nämlich einen in drei STufen anpassbaren Phono-Port für MM-Tonabnehmer. Super, also können wir hier auch unsere schwarzen Scheiben direkt anschließen. Damit meint es jemand wirklich ernst. Und zwei weitere Zugaben haben wir noch gar nicht benannt: den echten XLR-Port – sehr ungewöhnlich in dieser Preisklasse – und den HDMI-Eingang mit Audio Return Chanel (ARC). Das ist derzeit die denkbar beste Art & Weise, seine Anlage mit dem TV zu verbinden.

Ebenfalls an Bord ist ein großartiger Wandler-Chip. Ein AK4490. Der nimmt über die optischen Eingänge 24 Bit und 96 Kilohertz entgegen. Aber sagen wir einmal, ich hätte Super-High-Res-Files auf meinem Rechner, dann könnte ich diese per USB hinzustreamen bis 32 Bit und 384 Kilohertz. Das ist eine Potenz, die weit in die Zukunft der Klangwandlung zeigt. Als Sahnehäubchen, als Maraschino-Kirsche gibt es noch DSD bis 11,2 Megahertz dazu.

Die hybride Konstruktion aus Röhren-Vorstufe und Transistor-Endstufe gehört ja bei Advance Paris fast schon zum guten Ton. In der Vorstufe werkeln zwei Doppel-Trioden vom Typ ECC81/12AT7; sie sollen nicht nur optisch für stimmungsvollen Sound sorgen, sondern auch durch die Röhren-markanten Oberwellen den Klang angenehmer machen.

Endstufe Innenansicht
Je ein Pärchen Transistoren wird von den Kühlkörpern auf ein arbeitsfreundliches Klima gebracht. Der große Ringkern-Trafo (links) sorgt in Verbindung mit einer ganzen Batterie von Sieb-Kondensatoren für die nötige Stabilität auch bei niedrigen Impedanzen (Foto: Advance Paris)

Die A/B-Endstufe ist eine Schaltung wie aus dem Lehrbuch: Ein großer Ringkerntrafo sorgt in Verbindung mit je einem Pärchen Transistoren (in Push/Pull-Schaltung) für die erstaunlich hohe Leistung pro Kanal.

Der A10 Classic in der Praxis

Der A10 erwies sich als erfreulich praxistauglich – einfach, weil er jede angeschlossene Box anstandslos antrieb. Und darunter waren in Bezug auf doe Impedanz so kritische Modelle wie die Canton A 45 oder die Soundkaos Vox 3 (bald im Test). Der A10 murrte nicht; selbst bei sehr hohen Pegeln ging seine Endstufe nicht in die Knie. Ich persönlich kenne in dieser Preisklasse keinen vergleichbar potenten Verstärker.

Hinzu kommt die fast schon riesige Anzahl möglicher Anschlüsse. Was fehlt? Zum einen ein  Streaming-Renderer. Aber wer Streaming auf höherem Niveau erleben möchte, muss dann halt zum MyConnect 150 greifen. Zum anderen Bluetooth. Hier stellt sich wirklich die Frage, warum die Franzosen beim A10 diese offene Flanke lassen. Aber man kann sie recht simpel mit einem Bluetooth-Dongle von Advance Paris schließen; man sollte den Dongle nur gleich beim Kauf mitordern…

Bluetooth Dongle
Diese Zugabe kostet extra: gut 100 Euro muss derjenige ausgeben, der auch einen Bluetooth-Zugang wünscht. In diesem Fall wird ein zusteckbarer Dongle mitgeliefert. Natürlich auf der heute maximalen Edelrate mit aptx HD (Foto: Advance Paris)

Der Advance Paris A10 Classic im Hörraum

Der Franzose sieht faszinierend aus, aber klingt er auch? Kann er Musik mit Blut, Schweiß und Tränen? Ich kann es vorwegnehmen: Ja, das kann er. Als erstes lassen wir eine schwarze Scheibe rotieren. Auf dem erst kürzlich getesteten Pro-Ject Debut Carbon EVO. Auch die Platte kommt von Pro-Ject. Die Wiener legen erfreulicherweise auch legendäre Platten der Wiener Philharmoniker neu auf.

Ganz frisch erschienen ist eine Sammlung von Strauss-Tondichtungen unter Herbert von Karajan auf Doppel-LP. Pro-Ject durfte an die Heiligtümer aus den frühen 60er Jahren von der Decca. Unter Pro-Ject Regie wurden die analogen Master frisch für die LP neu aufgelegt und an das Optimal-Presswerk weitergeleitet. Das Doppelalbum gibt es im hauseigenen Store und natürlich beim deutschen Vertrieb (ATR – Audiotrade).

Der Advance suhlte sich in dieser Musik, die Phono-Stufe zeigte eine hohe Lebendigkeit und echten Biss. Was für ein Wunder der frühen Stereophonie. Super, wie die Bässe hart rechts das Panorama auslegten. Diese Griffigkeit spricht nach meinem audiophilen Lebensgefühl klar für den Advance A10. Ich bin echt überrascht, in einem eigentlich so digital fokussierten Verstärker ein so feines analoges Keinod gefunden zu haben.

Denn klassisch über CD war der Zauber kleiner, die Wiedergabe weniger mitreißend. Seltsam. Es könnte ein Missverständnis sein. Also haben wir einen doppelten Test gefahren. Im CD-Player rotierte das neue Album von Paul McCartney namens McCartney III. Zugleich legten wir den 24 Bit / 96 Kilohertz Download an den USB-Port an. Als ob sich zwei Welten gegenüber stünden. Klar war der Download besser. Da steckte mehr Bodenhaftung dahinter, mehr Drive auf dem Asphalt. Die CD hingegen klang etwas blasser.

Aber wo steht der A10 insgesamt? Wir zogen den Pioneer A70DA und den Exposure 3010 S2D aus dem Referenzregal. Beide sind fantastische Amps, beide haben eingebaute DACs, beide liegen etwa in dieser Preisklasse.

im LowBeats Hörraum
Der Advance Paris A10 Classic im Wettstreit mit altbewährten Referenzen: dem Pioneer A70DA und dem Exposure 3010 S2D (Foto: H. Biermann)

An die feine Auflösung des Pioneer kommt der A10 nicht heran; der Japaner klingt enorm feinsilbrig und aufgeräumt; der A10 klang im Vergleich etwas grobkörnig. Auch den musikalisch unbestechlichen Exposure kann der A10 in Bezug auf Feindynamik und Klangfarben nicht übertrumpfen. Nein. Aber der Franzose kann etwas anderes: ungemein dynamisch aufspielen. Keinem der anderen Verstärker gelang es derart beeindruckend, die Bassdrums auf James Blood Ulmers „Crying“ in Szene zu setzen. Der A10 zeigte eine Schnelligkeit und Dynamik, die in dieser Preisklasse höchst selten vorkommt. Man kann es anders formulieren: Es macht echt Spaß, mit diesem Verstärker laut Musik zu hören. Am besten Live-Konzerte.

Fazit

Dem A10 mag es vielleicht am letzten Quentchen audiophiler Auflösung fehlen. Aber seine unglaublich spielfreudige Spielweise, die beinahe ungezügelte Energie geben Aufnahmen etwas sehr Authentisches. Und das auch bei Pegeln, die man gemeinhin mit Verstärkern dieser Preisklasse an „normalen“ HiFi-Boxen nie und nimmer erreichen kann.

Zählen wir einmal alles zusammen: ein stattlicher Auftritt, ein lebendig-mitreißender Klang, Leistung ohne Ende sowie eine Fülle von Anschlüssen. Vor dem Hintergrund seines Preises von 1.500 Euro bleibt nur ein Schluss: Als Gesamtpaket hat der A10 in dieser Preisklasse eigentlich keine Konkurrenz.

Advance Paris A10 Classic
2020/12
Test-Ergebnis: 4,4
SEHR GUT
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Kraftvoll-treibender, lebendiger Klang
Umfassende Ausstattung mit DAC und Phono MM
Enorm hohe Leistung von 2 x 190 Watt/4 Ohm
Viel Ausstattung & Power für’s Geld

Vertrieb:
Quadral GmbH & Co. KG
Am Herrenhäuser Bahnhof 26
30419 Hannover
www.advance-paris.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Advance Paris A10 Classic: 1.500 Euro

Die technischen Daten

Advance Paris A10 Classic
Konzept:Hybrider DAC-Vollverstärker
Sinus-Leistung:2 x 130 Watt (8 Ω), 2 x 190 Watt (4 Ω),  2 x 250 Watt (2 Ω),
Bluetooth:nur über zusätzlichen Dongle (129 Euro)
Digital-Eingänge:3 x optisch, 1 x koaxial, 2 x HDMI, 2 x USB
Analog-Eingänge:6 x Cinch, 1 x XLR, 1 x Phono MM (anpassbar)
Analog-Ausgänge:2 x Subwoofer (ungefiltert, Cinch) 1 x Tape (Cinch)
Besonderheiten:Röhren-Vorstufe
Abmessungen
(B x H x T):

143,0 x 7,5 x 38,5 cm

Gewicht:14,5 Kilo
Alle technischen Daten
Im Beitrag erwähnt:

Standbox Canton A 45 im Familientest der Canton Anniversary Serie
Test Vollverstärker Exposure 3010 S2D: Hohe Dynamik & Agilität

Mehr von Advance Paris:

Test DAC-Verstärker Advance Paris X-i 1100: lass’ die Zeiger zucken…
Test Streaming-Amp Advance Paris MyConnect 150

Autor: Andreas Günther

Avatar-Foto
Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.