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Arcam Radia A5 von oben
Mit dem neuen Radia A5 hat die britische Traditionsschmiede Arcam mal wieder einen super-interessanten Vollverstärker unter 1.000 Euro im Programm (Foto: H. Biermann)

Test Vollverstärker Arcam Radia A5: die Wiederentdeckung von Stereo

Lange Zeit wusste man nicht, was eigentlich mit Arcam los ist. Die Briten, die wie viele andere namhafte Firmen unter das Dach des Harman-Konzerns (beziehungsweise Samsung) schlüpften, hatten ja einen exzellenten Ruf in Sachen Verstärker. Zum Schluss allerdings fast nur noch im Mehrkanalbereich und selbst dort kam lange, lange nichts Neues. Doch nun erfolgte eine Art highfideler Befreiungsschlag: Mit der neuen Radia-Serie präsentierte Arcam im Herbst gleich fünf neue, hoch interessante, weil bezahlbare Stereo-Komponenten – darunter drei Vollverstärker. LowBeats hatte den kleinsten der drei, den Arcam Radia A5, für einige Wochen im Hörraum, wo er sich verblüffend gut schlug…

Es war nicht selten zum Haare raufen: Bei LowBeats waren wir immer vom Arcam-Klang begeistert; der AVR 850 galt nicht nur Redaktions-intern als best-klingender AV-Receiver überhaupt. Und auch die Leute hinter dem Produkt haben wir als ausgesprochen freundlich und kompetent kennengelernt. Aber sie standen sich auch immer etwas im Weg: Software-mäßig final ausgereizt, war keines der Arcam-Komponenten der letzten zehn Jahre.

Das soll nun alles besser werden. Der Kopf hinter dem Aufbruch gehört zu Paul Neville. Naim-Jünger horchen jetzt auf, denn Neville war lange Zeit Entwicklungsleiter bei Naim und hat dort die großen Entwicklungen des letzten Jahrzehnts wesentlich mitverantwortet. Als neuer „Director of Global Engineering“ bei der Harman Luxury Group war er entscheidend für die Entwicklung der Radia-Serie und beantwortet damit auch gleich die Frage, warum hier so vieles nach Naim aussieht und nach Naim klingt…

Arcam Radia A5
Schlichte Eleganz: Auf der Front finden sich nur das Display und die beiden Bedienknöpfe. Und für jenen, der ganz genau hinschaut, auch noch links vorn eine 3,5mm Kopfhörerbuchse (Foto: Arcam)

Tatsächlich sind die Komponenten der Radia-Serie recht hübsch geraten: schlicht und dennoch mit vielen, kleinen Details, die sehr stimmig sind, wie zum Beispiel die geschmackvoll gelb-hinterlegten Schattenfugen.  Da haben sich die Produktdesigner des Konzerns mal echt Mühe gegeben. Das Blech des Gehäusedeckels ist zwar ziemlich dünn, aber großflächig verklebt. Klappern tut hier jedenfalls nichts. Da kenne ich in der 1.000 Euro Klasse etliche, sehr viel schlechtere Lösungen.

Arcam Radia A5 Display
Das Display des A5 (Foto: H. Biermann)

Das Besondere am Acram Radia A5

Obwohl Arcam für seine Marken-spezielle „Class-G“ Transistor-Verstärkerschaltung bekannt ist, folgt der kleine A5 (wie auch der nächstgrößere A15) der üblichen A/B-Schaltung. Ob man damit Geld spart oder einfach nur die Hierarchie einhalten will? Kann ja sein. Der Blick ins Innere zeigt eine Menge integrierter Bauteile, einen überschaubar großen Trafo und nur mittelgroße Siebkondensatoren. Gleichwohl reicht es für 50 Watt an 8 Ohm. Das ist absolut klassengerecht und hat in den Konfigurationen, die ich ausprobiert haben, in fast jeder Situation ausgereicht.

Arcam Radia A5 innen
Das Innenleben des A5 ist vergleichsweise bescheiden: Der Trafo ist sicherlich nicht der Größte seiner Klasse und viele Schaltungen sind mit integrierten Bauteilen umgesetzt. Auch die Digitalsektion ist nur dezent vom Rest der Schaltung separiert (Foto: Arcam)

Welche Kombinationen das waren? Die meiste Zeit lief der Arcam an der Kompaktboxen Referenz Dynaudio Heritage Special (Paarpreis: 6.000 Euro), was ja aber ein preislich krasses Missverhältnis darstellt. Im Verhältnis viel besser passten die ATC SCM11 oder (noch besser!) die Standbox Q Acoustics 5040. Beides Kombination, die echt Spaß machen.

Ausgestattet ist Radia A5 mit drei Line-Pegel-Eingänge sowie einer MM-Phono-Stufe. Wir haben sie natürlich ausprobiert. Man darf an dieser Stelle keine allzu hohen Erwartungen an eine highendige Wiedergabe haben – die von mir bei solchen Gelegenheiten stets zum Vergleich herangezogene Musical Fidelity V90-LPS klang um einiges offener. Aber für einen analogen Anfang ist das schon recht gut.

Arcam Radia A5 Anschlüsse
Drei Digital-Eingänge, 3 x Hochpegel, 1 x Phono sowie ein Vorstufenausgang: die Anschlüsse des Arcam Radia A5 (Foto: H. Biermann)

Komplettiert wird das Ganze durch ein Trio von Digitaleingängen, das die Signale bis zu 24/192kHz) direkt an einen ESS ES9018 DAC weiterleitet – sicherlich nicht die schlechteste Option. Ich persönlich hätte mich über einen USB-Anschluss gefreut, aber der hat bei Verstärkern der 1.000 Euro Klasse komischerweise immer noch Seltenheitswert.

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Arcam Radia A5 FB
Die Fernbedienung ist zwar nur aus Kunststoff, aber hübsch gestylt und schlüssig zu bedienen (Foto: H. BIermann)
Arcam Radia A5 Phono
Die Phonostufe bietet eine für die meisten MM-Abtaster passende Eingangs-Impedanz von 47kΩ bei 100pF (Foto: H. BIermann)
Arcam Radia A5 Stromanschluss
Arcam folgt bei der Strom-Versorgung (wie auch etwa Yamaha) dem sogenannten Floating-Konzept. Klassische Spannungs-Ableitungen, wie etwa das Shunyata Altaira Erdungs-System, können hier nicht zur Anwendung kommen (Foto: H. BIermann)
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Ebenfalls heute kaum wegzudenken ist ein aptX-Bluetooth-Zugang. Der Radia A5 kann allerdings noch mehr: Er ist in der Lage, BT-fähige Lautsprecher oder Kopfhörer auch anzusteuern, der Amp hat also auch einen Bluetooth-Sender eingebaut. Das ist schon sehr nett und unterstreicht noch einmal die Möglichkeiten des großen Konzerns. Man kann Kopfhörer natürlich auch per Kabel anschließen. Ich hatte von der Möglichkeit gelesen, brauchte aber eine Zeit, um die 3,5 mm Kopfhörerbuchse zu finden: Sie befindet sich ganz unscheinbar unten links auf der Front.

Prinzipiell aber ist der Radia A5 leicht zu bedienen. Einzig der Umstand, dass man die Quelle anwählen und dann auch noch per Druck bestätigen muss, ist etwas ungewöhnlich.

Hörtest

Die Phonostufe hatte ich oben schon beschrieben: Ihr Klang ist recht ausgewogen, aber etwas mehr Auflösung wäre noch schöner. Der Kopfhörer-Ausgang hat ausreichend Power auch für große, stationäre Kopfhörer mit 300 Ohm und klingt ohne Einschränkungen gut: schwarz im Bass und nach oben sehr ansprechend luftig.

Der eingebaute DAC macht ebenfalls einen sehr guten Eindruck und klingt einen Hauch heller als die Analog-Sektion. Und die klingt, wie man es sich in dieser Klasse kaum schöner vorstellen kann. Stimmen hatten mit dem Radia A5 einen angenehm sonoren Ton und auch akustische Instrumente gefielen mit einer reichhaltigen Palette schöner Klangfarben.

Das soll nicht heißen, dass der kleine Arcam ein reiner Schmeichler wäre: Andrea Kleinmanns Harfe auf „Saitenwind“ stellte der Radia A5 sehr plastisch in den Raum, ließ die Einzelsaiten mühelos-echt nachschwingen und bildete auch den Aufnahmeraum (die Klosterkirche in Lorch) absolut realistisch nach.

Andrea Kleinmann
Ehrwürdiges Klangambiente: Das Kloster Lorch bei Stuttgart diente als Aufnahmestätte für das audiophile Harfenalbum von Andrea Kleinmann (Foto: J. Schröder)

Nach den ersten zwei Tagen Hörtest war ich rundum zufrieden mit dem Arcam. Aber wie würde er sich gegen unsere Referenzen dieser Klasse schlagen? Ich kann es kurz machen: gut. Mit dem Atoll IN50 Signature haben wir einen gleichteuren (850 Euro) Verstärker im Vergleich, der sich vor allem wegen seiner ungebremsten Dynamik und Spielfreude aus dem Gros der Masse abhebt. Und den Leak 230, der durch eine hohe Natürlichkeit und viel Kraft von unten für sich wirbt.

Tatsächlich liegt der Arcam klanglich-tonal ziemlich genau zwischen diesen beiden Ausnahme-Verstärkern. Die Impulsivität des Atoll hat der Aracam ebenfalls nicht zu bieten – da ist Franzose einfach klasse. Aber der Radia A5 zeigte ein bisschen mehr Schmelz, ein bisschen mehr Wärme und zeichnete die Details in den oberen Mitten noch etwas feiner und eleganter.

Der Leak ist dem Arcam klanglich stärker verwandt. Beide kommen von der eher natürlich-ausgewogenen, minimal warm-klingenden Seite. Allerdings schien der Arcam noch einen Hauch offener als der sympathische Retro-Amp von Leak.

Arcam Radia A5 Vergleich im LowBeats Hörraum
Der Dreier-Vergleich: Leak 230 (links), Atoll IN50 Signature (Mitte) und Arcam Radia A5. Natürlich wurden alle Vollverstärker mit entsprechenden Spezial-Füßchen vom IKEA-Regal entkoppelt (Foto: H. Biermann)

Hörbar allerdings war auch, dass sowohl der Atoll als auch der Leak beide mehr Kraft haben, um bei höheren Lautstärken Pauken und Bassdrums richtig lebensecht knallen zu lassen. Vor diesem Hintergrund sei noch einmal auf die überragend gut passende Kombination mit der Q Acoustics 5040 verwiesen. Die britische Standbox frischt die dezenten Mitten des Arcam etwas auf und verblüfft mit enorm hohen Wirkungsgrad, für den die 50 Watt des Radia A5 komplett ausreichend sind. Das gilt übrigens uneingeschränkt auch für die kompakte Q Acoustics 5020 aus der gleichen Linie…

Fazit Arcam Radia A5

Der Radia A5 hat offenkundig viele Väter: den größten UE-Konzern der Welt (Samsung/Harman), die Menschen, die seit vielen Jahren die Arcam-DNA bewahren und einen Entwickler (Paul Neville), der bei Naim alles über guten Klang gelernt hat.

Und so präsentiert sich dieser Vollverstärker als das womöglich beste Angebot unter 1.000 Euro. Klanglich total sympathisch, lassen den Radia A5 der eingebaute DAC, der MM-Phono-Eingang, die sehr ordentliche Kopfhörerstufe sowie die pfiffigen Bluetooth-Möglichkeiten als ausgesprochen modern und alltagstauglich erscheinen. Zudem bietet Arcam ja noch einen Streamer und einen CD-Player mit gleichem, optischen Auftritt. Für all jene, die noch die klassische Komponentenbreite schätzen, eine ganz runde Sache.

Arcam Radia Serie
Der kleineste Amp aus der Arcam Radia Serie leistet 2x 50 Watt an 8 Ohm. Wie bei seinen Brüdern ist auch hier ein DAC verbaut. Unter dem Verstärker steckt der neue Streamer Arcam ST5 (Preis: 949 Euro) der sich mit Spotify Connect, Tidal Connect, Qobuz und Amazon Music versteht (Foto: Arcam/Harman)
ARCAM Radia A5
2023/12
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.

 

Musikalisch-natürlicher Klang
Eingebauter DAC
Guter Kopfhörer-Ausgang
Auch als Bluetooth-Sender einsetzbar

Vertrieb:
GP Acoustic
Nordhofstraße 2
45127 Essen.
www.arcam.co.uk

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Arcam Radia A5: 849 Euro

Technische Daten

Arcam Radia A5
Konzept:DAC-Vollverstärker
Leistungung:2 x 50 Watt (8 Ohm)
Eingänge analog:3 x RCA, 1 x Phono MM (Eingangs-Impedanz: 47kΩ + 100pF, RCA)
Eingänge digital
1 x optisch, 2 x Koax
Ausgänge:1 x Pre-Out (RCA), 1 x Kopfhörer (3,5 mm)
Besonderheit:Bluetooth-Empfänger und -Sender
Abmessungen (B x H x T):43.1 x 8.3 x 34.4 cm
Gewicht:
8,0 Kilogramm
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.