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Canton GLE 496.2 BT – Aufmacher
Die Canton GLE 496.2 BT ist ein aktiver Standlautsprecher mit Bluetooth und Virtual Surround – und dafür mit 1.500 Euro echt günstig (Foto: H. Biermann)

Test Canton GLE 496.2 BT: Standbox mit BT und 3D-Klang

Bisher tat sich bei Surround-Systemen eine Schere auf zwischen Platzbedarf und Klangqualität. Canton hat jetzt eine Lösung parat, die ausgetretene Pfade verlässt. Mit einem Paar Canton GLE 496.2 BT lassen sich nicht nur Center und Surround-Lautsprecher ersetzen, sondern auch der AV-Receiver; dazu gibt es Bluetooth-Streaming als Schmankerl obendrauf. Und dann verkaufen die Hessen ihren neue High-Tech-Lautsprecher auch noch im Set für extrem faire 1.500 Euro.

Diese Box aus der kürzlich überarbeiteten GLE-Serie gibt es nur im Zweierpack. Dahinter steckt kein Marketing-Kalkül, sondern eine technische Notwendigkeit. Einer der beiden 3-Wege-Bassreflex-Lautsprecher ist als Slave ausgelegt – er kann ohne seinen Master nicht existieren. Schließlich hat er nur einen einzigen Anschluss, nämlich eine Speakon-Buchse aus der Profitechnik. Darüber bezieht die Passiv-Box ihre Antriebsenergie von ihrem aktiven Pendant.

Auch dieses Konzept wurde nicht vom Marketing ausgetüftelt. Es gibt ebenfalls technische Gründe dafür. Die Ursache ist ein Organ-Transfer aus den beliebten Soundbars von Canton. Das flexibel und leistungsfähig aufgebaute Elektronik-Modul des Canton DM 90.3 bot die Basis für diesen smarten Remix, der sich lautsprecherseitig der Basis der Canton GLE 496.2 bedient.

Canton GLE 496.2 BT Boxenpaar
Die beiden Standsäulen von Canton vertrauen auf Aluminium-Membranen. Das ergibt gerade in der schwarzen Ausführung einen schönen Kontrast, wenn die Boxen ohne Abdeckung betrieben werden (Foto: Canton)

Die 2. Generation der 106 cm hohen Bassreflex-Standsäule vertraut auf modernste Aluminium-Membranen. Seidenkalotten oder Polypropylen-Konus-Membranen hat Canton inzwischen flächendeckend durch Leichtmetall ersetzt. Bei den Top-Linien sind Zusätze wie Keramik oder Titanium im Spiel, bei der preiswerten GLE-Serie muss Aluminium ausreichen. Das Leichtmetall verbindet Steifigkeit mit niedrigem Gewicht. Ideal, um die gesamte Membran einen perfekten kolbenförmigen Hub vollführen zu lassen, ohne dass Teilbereiche sich gegenphasig bewegen.

Modernste Leichtmetall-Chassis

Damit sich die drei Konus-Membranen, allen voran die beiden 20-cm-Bässe im unteren Bereich der Standbox gleichermaßen weit und widerstandsarm in beide Richtungen bewegen können, verwendet Canton inzwischen doppelt gewundene, sprich sinusförmige Varianten seiner Wave-Sicken. Solche Kniffe sind ein Hinweis darauf, dass das Entwickler-Team von Frank Göbl seine Chassis über die Jahre am Computer mit lasergestützten Mess-Systemen wie Klippel immer besser verstehen lernte.

Durch die Verwendung des aus den Soundbars entliehenen Elektronik-Moduls findet sich auf der Rückseite nicht nur die Bassreflexöffnung. Beim Master-Lautsprecher bündeln sich sämtliche Anschlüsse. Dazu zählen drei HDMI-Eingänge und ein HDMI-Ausgang mit Audio-Rückkanal ARC (Audio Return Channel). Sie ermöglichen das Durchschleifen von Videosignalen mit 4K-Auflösung und 3D-Bild. Das aktive Lautsprechersystem erfüllt also die Funktion eines AV-Receivers. Auf die Ausgabe von On-Screen-Menüs verzichtet Canton allerdings, was einen kleinen Nachteil gegenüber eigenständigen AV-Elektronik-Komponenten bedeutet.

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Canton GLE 496.2 BT – Tweeter
Die bekannte 25 Millimeter Hochtonkalotte von Canton sorgt auch in der GLE 496.2 BT für feine Hochtonklänge. Die Metallkalotte wird über einen Aufsatz bedämpft (Foto: H. Biermann)
Canton GLE 496.2 BT – Tieftöner
Der Tieftöner hat einen Korbdurchmesser von 20 cm, eine Aluminium-Membran und einen kräftigen Kunststoffkorb. Die Schallwand ist fast 3 cm stark Foto: H. Biermann)

 

Canton GLE 496.2 BT – Zubehör
Das Zubehör ist umfangreich: Neben der Fernbedienung, 1 x Opto-Kabel, 1 x Cinch-Verbindung, 1 x Subwooferkabel, 1 x HDMI-Kabel sowie die Neutrik-Verbindung zwischen linker und rechter Box (Foto: H. Biermann)
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Für das visuelle Feedback ist ein weithin sichtbares, aber leider nur dreistelliges LED-Display zuständig.  Minimalismus herrscht auch bei der IR-Fernbedienung. Sie besitzt nur neun Tasten, die teilweise in Kombination miteinander Doppelfunktionen übernehmen müssen. Um diese versteckten Einstellungen abzurufen, ist der Blick in die Bedienungsanleitung daher unerlässlich.

Die Bedienung der wichtigsten Funktionen einschließlich des Bluetooth-Pairings mit klangstarkem Apt-X-Codec für Android-Geräte gelingt problemlos. Die Canton GLE 496.2 BT merkt sich selbstständig den zuletzt verwendeten Sound-Modus für die unterschiedlichen Quellen und schaltet beim nächsten Abruf automatisch auf Stereo oder Surround um.

Die Canton GLE 496.2 BT lernt die Codes von TV-Fernbedienungen und ermöglicht damit die bequeme Steuerung derer zahlreicher Funktionen. Dazu zählt DTS TruSurround.

Das früher mal als SRS TruSurround bekannte Virtual-Surround-Verfahren sorgt schon seit Jahren in den Soundbars des Herstellers aus dem Taunus für eine bemerkenswerte Räumlichkeit, die wirklich die Hinten-Ortung von Phantomschallquellen erlaubt. Dank leistungsfähigem Texas-Instruments-DSP ist ist das Elektronik-Modul aus dem Canton DM 90.3 flexibel genug, um an den neuen Einsatzzweck angepasst zu werden.

Canton änderte für den Einsatz in der GLE 496.2 BT das Signal-Routing und verteilte den LFE- Kanal von 5.1-Bitstreams auf die Tieftonkanäle beider Lautsprecher. Vier 75-Watt-PWM-Class-D-Amps (Texas Instruments Pure-Path) teilen sich wie beim Bi-Amping die Bass- und die Mittelhochtonsektionen. Die Auftrennung geschieht digital im DSP.

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Canton GLE 496.2 BT – Rückwände
In der Masterbox (rechts) sitzen alle Anschlüsse und die gesamte Elektronik, die linke Box ist nur passiv abhängiger „Slave“ (Foto: H. Biermann)
Canton GLE 496.2 BT – BR-Rohr
Am unteren Ende der Rückwand befindet sich das Bassreflexrohr in Form eines Schlitzes sowie der Kontakt für die Neutrik-Verbindung zur anderen Box (Foto: H. Biermann)
Canton GLE 496.2 BT – Neutrik
Die Verbindung zwischen Master- und Slave-Box ist dank der praktischen (und quasi unzerstörbaren) Speakon-Stecker aus der Studiotechnik denkbar einfach (Foto: H. Biermann)
Canton GLE 496.2 BT – Verbindung
So werden Master und Slave miteinander verbunden: über ein langes, recht dickes Speakon-Kabel (Foto: H. Biermann)
Canton GLE 496.2 BT – DSP
Der DSP-Chip für die DTS-Dekodierung (Foto: H. Biermann)
Elektronikboard
Das Elektronikboard der Masterbox mit Endstufen, DAC und Surroundprozessor (Foto: H. Biermann)
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Eine 18-dB-Passivweiche übernimmt die Trennung zwischen dem aus der GLE-Serie bekannten 2,5-cm-Alu-Mangan-Horchtöner und dem 18-cm-Alu-Mitteltöner. Um auf die von Canton favorisierten 24 dB Trennung zu kommen, nutzen die Entwickler den mechanische Chassis-Roll-off, der die fehlenden 6 dB beisteuert. Beim Bass reicht ein digitaler 12-dB-Tiefpass, denn der 20-cm-Alu-Tieftöner fällt am oberen Ende seines Arbeitsbereichs bei 300 Hz mit 12 dB ab. Mit einer situationsabhängigen Strombegrenzung des PWM-Netzteils vermeidet Canton Überlastungsschäden an den Treibern bei sehr hohen Pegeln.

Canton GLE 496.2 BT im Hörtest

Im LowBeats Hörraum durften die beiden Canton GLE 496.2 BT richtig laut loslegen. Sie spielten sehr laut, ohne dabei angestrengt zu wirken. Schon mit CD – dazu gibt es einen optischen und einen koaxialen Digital-Eingang oder analoge Cinch-Buchsen – erzeugte das Team eine großzügige Abbildung mit stabiler Bühne. Schnell stand fest, dass man damit eine ganze Stereo-Anlage ersetzen kann, denn auch die Neutralität war trotz einer ganz leichten Brillanz-Betonung für diese Preisklasse sehr ordentlich. Immerhin kosten die beiden Aktivisten gerade mal so viel wie ein Pärchen GLE 496.2 mit einem 500-Euro-Amp. Ob der aus zwei Passivboxen einen derart kontrollierten und tiefen Bass schöpfen würde, darf überdies bezweifelt werden.

Display
Das Display am Fuß der GLE 496.2 BT ist auch aus der Ferne noch gut zu lesen (Foto: H. Biermann)

Und selbst vom Smartphone via Bluetooth drahtlos zur Box gestreamt, brauchte sich die differenzierte, spritzige Wiedergabe nicht zu verstecken. Wer damit nicht gerade Klassik hören möchte und schon wie die meisten Menschen in Deutschland ein MP3-fähiges Handy besitzt, braucht also nichts weiter als dieses Rundum-sorglos-Paket, um standesgemäß Musik in seinem Wohnzimmer zu hören. Aktuelle Hits wie „Spotlight“ von Marshmello & Lil Peep oder „Famous“ von French Montana kamen damit satt und spritzig herüber.

Besonders interessant war die Frage, wie überzeugend die beiden Canton 496.2 BT ein Surround-System ersetzen würden. Und auch hier stand schnell fest, dass der Best-of-Canton-Remix aus Soundbar und Standbox voll aufgeht. Der straffe, saubere Bass zeigte sich selbst Hollywood-Spezialeffekten von Blu-ray gewachsen. Doch auch gerade die Räumlichkeit der 2-Kanal-Lösung war zumindest im Zentrum des Stereo-Dreiecks eine gute Alternative zu 5.1-Systemen. Wer nämlich bei solchen Lösungen an Budget und Platzbedarf knausert, wird meist definitiv schlechter bedient.

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Innenversteifung
Wie üblich bei Canton ist auch dieses Gehäuse ordentlich gemacht und innen versteift (Foto: H. Biermann)
Canton GLE 496.2 BT – Fuß
Auf der Unterseite sind entkoppelnde Füße angebracht – keine Spikes (Foto: H. Biermann)
Bespannung
Die Bespannung der Front ist sauber gemacht und wird durch Metallstifte gehalten (Foto: H. Biermann)
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Die beiden Canton GLE 496.2 BT können tatsächlich Phantomschallquellen im Rücken der Zuhörer platzieren, was über die diffusen Klangwolken der meisten Soundbars hinaus geht. Und diese Natürlichkeit und Breitbandigkeit sucht man bei den meisten Bars ebenso vergeblich wie bei den vielen kleinen Satellitenboxen mit Billig-Subwoofern, gerade wenn man noch ein paar Hunderter für den AV-Receiver abzieht.

Wer dialoglastige Filme bevorzugt, der braucht erst recht nicht mehr als die beiden GLE 496.2 BT, die Sprache sehr sauber und deutlich wiedergeben.

Fazit: Canton GLE 496.2 BT

Die Canton GLE 496.2 BT ist das, was man im Automobilbau die eierlegende Wollmilchsau nennt. Mit diesem erschwinglichen Lautsprecher-Paar lässt sich eine ganze Stereo-Anlage ersetzen und gleichzeitig der Komfort eines Bluetooth-Lautsprechers genießen. Der Klang wirkt dabei ebenso erwachsen wie die Verarbeitung. Je nach Ausbaustufe entfällt die gesamte sonst übliche Elektronik, die mit ihren meist schmucklosen schwarzen Kästchen ganze Regale bevölkert. Mit einem Flatscreen und einem Handy kann man bereits Musik und Film in zünftigem Stereo und Surround genießen. Dabei fällt der Aufpreis für die integrierte Elektronik gegenüber der erfolgreichen passiven Variante Canton GLE 496.2 mit knapp 500 angesichts der immensen Möglichkeiten ausgesprochen moderat aus. Dass Canton auf Fernbedienung statt App setzt, kann man je nach Bedienphilosophie als Vor- oder Nachteil betrachten. Echte Schwächen konnten wir im Test nicht feststellen. Und dass die GLE so günstig ist, hat natürlich auch seinen Grund: Canton vertreibt die smarten Aktiv-Standboxen in seinem Online Shop.

Canton GLE 496.2 BT
2018/04
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Druckvoller, natürlicher Klang mit sauberem, tiefreichendem Bass, feiner Auflösung und stabiler Abbildung
4 HDMI-Anschlüsse inkl. ARC, Bluetooth, serienmäßige 2-Wege-Funkfernbedienung
Geringer Platzbedarf in Relation zu einer gleichwertigen Stereo- oder Surround-Anlage
Überragende Preis/Klang-Relation

Vertrieb:
Canton Elektronik GmbH + Co. KG
Neugasse 21 – 23
61276 Weilrod
www.canton.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Canton GLE 496.2 BT: 1.500 Euro (Paarpreis)

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Autor: Stefan Schickedanz

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Schneller testet keiner. Deutschlands einziger HiFi-Redakteur mit Rennfahrer-Genen betreut bei LowBeats den Bereich HiFi im Auto sowie die Themengebiete Mobile- und Smart-Audio.