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JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Unauffälliges Äußeres, aber beeindruckender Raumklang: der JVC XP-EXT1 für 1.000 Euro (Foto: R. Vogt)

Test JVC Exofield Theater XP-EXT1 – Kopf(hörer)-Kino mit Atmos-Sound

Da hat man schon ein aufwändiges Heimkino und doch kann man es nicht immer nutzen: die Kinder schlafen gerade, der Ehepartner hat was anderes vor oder die Nachbarn fühlen sich vielleicht gestört. Was also tun? Vieles an Musik und Film macht mit Flüsterpegeln einfach keinen Spaß. Einen Kopfhörer müßte es geben, der Stereo bis Dolby Atmos mit allem Schnick & Schnack wiedergeben kann. Genau das bietet der JVC Exofield Theater XP-EXT1 auf bislang einzigartige Weise. Und gleich vorweg: Mit den generischen Techniken wie bei Yamahas Silent Cinema oder Dolby Headphones ist das nicht vergleichbar!

Dieses neuartige Kopghörer-Konzept fiel dabei nicht vom Himmel. Schon vor zwei Jahren konnte ich mir während der IFA im Hinterzimmerchen des JVC Stands ein Bild machen, beziehungsweise einen eingemessenen Kopfhörerton dieser „Exofield „-getauften Technologie anhören. Damals wurde mit einem neu entwickelten In-Ear Messmikrofon (siehe Slideshow) meine Außenohrfunktion vermessen. Auf Grundlage dieser Messung konnte ich dann Surround im Kopfhörer hören. Stereo natürlich ebenso. Das technische Stichwort hierzu lautet Head Related Transfer Function, kurz HRTF, zu der LowBeats-Kollege Jürgen Schröder bereits eine Technik-Wiki verfasst hat.

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IFA 2018: Präsentation der Exofield Technologie (Foto. R. Vogt)
IFA 2018: Präsentation der Exofield Technologie (Foto. R. Vogt)
IFA 2018: Prototyp des In-Ear Meßmikrofons (Foto. R. Vogt)
IFA 2018: Prototyp des In-Ear Messmikrofons (Foto. R. Vogt)
IFA 2018: Raphael Vogt bei der Messung, mit In-Ear-Mikros unter dem Kopfhörer (Foto. R. Vogt)
Der noch skeptische Autor bei der Messung mit In-Ear-Mikros unter dem Kopfhörer während der IFA 2018 (Foto. R. Vogt)
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JVC Exofield Theater XP-EXT1 – wirklich Kopf-Kino

Inzwischen sind aus den Laborversuchen unter dem Label Exofield Theater fertige Produkte erwachsen, so auch das erste komplette Set mit dem Namen JVC XP-EXT1. Es umfaßt eine Basisstation mit externem Netzteil und einen Kopfhörer mit integrierten Messmikrofonen. Dabei wird die Musik (oder der Filmton) drahtlos mittels digitalem 5GHz Signal von der Blackbox zum Hörer gesendet. Nur die Messmikrofone brauchen einmalig ein beiliegendes Miniklinke-Kabel für das Einmessen.

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JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Basisstation HDMI 2.1: 1x eARC Aus-, 3x Eingang. Toslink Ein- und Durschleif-Ausgang, analoger Eingang (Foto: R. Vogt)
JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Schalter auf der Unterseite für die Empfindlichkeit des Analogeingangs und die Steuerung via HDMI (Foto: R. Vogt)
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Nach der Präsentation vor zwei Jahren gab es hielt sich JVC mit weiteren Informationen zur Produktentwicklung auffällig bedeckt. Entgegen aller derart genährten Befürchtungen haben die Japaner eine wirklich durchdachte und hochmoderne Lösung erdacht. Vor allem eine, die auch die befürchteten Anschlussprobleme löst. Die Elektronik der Blackbox bietet vier HDMI Anschlüsse mit aktuellstem 2.1-Standard, darunter einen eARC Ausgang (extended Audio Return Channel), damit selbst Dolby-Atmos-Ton vom TV für den Kopfhörer keine Hürde darstellt. Damit ist das Kästchen wahlweise zwischen Quellen und AV-Receiver, zwischen AV-Receiver und Display oder komplett autark zu betreiben. Für Toslink gibt es ebenfalls eine Durchschleif-Buchse und noch einen analogen Stereo-Cinch-Eingang.

JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
JVC XP-EXT1 Exofield Theater: Tasten- und Anzeigenfeld (Foto: R. Vogt)

Im Alltag bedient man das Set entweder mit den Tasten auf der Gerätefront oder per App. Die gibt es für iOS und Android kostenlos; sie kommuniziert via Bluetooth mit der Hardware. Aber ganz ehrlich: Im Alltag, und ich habe das Exofield-Set ein paar Tage benutzt, braucht man die App selten. Denn ist das Ganze einmal eingerichtet, kann man alles Relevante am Kopfhörer selbst regeln – und sogar die Basis-Station ferneinschalten.

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JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Taster für Power, Exofield-Processing und Input. Für Lautstärke rechts hoch- oder herunterstreichen (Foto: R. Vogt)
JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Linke Seite mit Ladebuchse, rechte mit Miniklinke für das Messmikro (Foto: R. Vogt)
JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Sehr weiches Kopfbügel-Polster (Foto: R. Vogt)
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War vor zwei Jahren bei dem Prototypen die Einmessung mit dem In-Ear-Mikrofonbügel und dem Kopfhörer noch separat, haben die cleveren Japaner nun einen Weg gefunden, das Mikrofon innerhalb der Ohrmuschel des Kopfhörers so zu platzieren, dass es nahe genug am Gehörgang sitzt, um die Vermessung der Außenohrfunktion durchzuführen.

JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Das Mikrofon sitzt links neben dem „R“ und passt genau vor den Gehörgang (Foto: R. Vogt)

Auf dem Foto sieht man sehr schön, wo unter dem groben Bespannstoff die Mikrofonkapsel positioniert ist. Die fällt beim Tragen des Hörers überhaupt nicht auf. Der eigentliche Treiber ist eine spezielle Kopfhörermembran von 40 mm Durchmesser mit extrem kräftigen Antrieb dank Neodym-Magneten. Das Ohrpolster muss prinzipbedingt gut und vollständig abschließen. Und das tut es dank supersofter Polsterung und Kunstlederbezug sogar mit gutem Tragekomfort.

JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
JVC Exofield Theater XP-EXT1 App beim Einmessen des Systems (Foto: R. Vogt)

Der Kalibrierungsvorgang gestaltet sich mit der App quasi selbsterklärend mit klaren, deutschsprachigen Anweisungen und eindeutigen Grafiken: 1.) Kopfhörer und Elektronik per Miniklinkenkabel verbinden. 2.) Kopfhörer korrekt aufsetzen, mit der App die Einmessung starten. Dann folgen in beiden Seiten des Kopfhörers selbst erzeugte Klick- und Gleitsinus-Testsignale, deren durch die Ohrmuschel geformte Resonanz von den Mikrofonen aufgenommen wird.

Die so erzeugten Messungen überträgt die JVC-Elektronik per Bluetooth in die App. Dort werden sie mit der Rechenpower des Smartphones analysiert und online mit einer Datenbank in JVCs Datenwolke abgeglichen. Die resultierenden Korrekturfilter, die eigentliche HRTF, wird dann per Bluetooth zurück in das Elektronik-Kästchen übertragen. Beim JVC Exofield Theater XP-EXT1 stehen vier Speicherplätze für Messungen zur Wahl, etwa für Papa, Mama, Sohn und Tochter oder wie auch immer. Nun kann das Mikrofonkäbelchen wieder abgestöpselt werden. Fertig.

JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
Exofield virtualisziert bis zu 7.1.4 Kanäle (Foto: R. Vogt)

Das Ergebnis ist wirklich verblüffend. Kristallklar ortbar bildet der Exofield-Prozessor nun sieben klassische Surroundkanäle plus vier Höhenkanäle ab, gerade so als wären da Lautsprecher außerhalb des Kopfes angebracht. Auch der LFE (der „.1“-Kanal) wird selbstverständlich wiedergegeben, der aber hat normgemäß keine klare Richtung, ist irgendwo vor mir. Diese Abbildung klar außerhalb des Kopfes gelingt eben nur, wenn die Wiedergabe exakt der individuellen Außenohrfunktion des jeweils Hörenden entspricht. Für die Qualität der Synthese spricht auch eine klare Vorne/Hinten-Ortung, die besonders schwierig zu erzeugen ist. Das haben wir mit meinen Ohren und mit denen des Kollegen Jürgen Schröder probiert. Funktioniert perfekt. Einzig die virtuellen Lautsprecher empfand ich als relativ nahe am Kopf, Jürgen Schröder beschrieb sie als ein bis zwei Armlängen entfernt.

JVC XP-EXT1 Exofield Theater (Foto: R. Vogt)
DTS und Dolby Upmixer wählbar (Foto: R. Vogt)

Der JVC XP-EXT1 Prozessor kann einfaches Stereo, 5.1 oder 7.1 Kanäle wiedergeben und diese wahlweise per DTS Neural:X oder Dolby Surround auf volles 7.1.4 upmixen, maximal direkt 7.1.4 decodiert DTS:X oder als Dolby Atmos. Und wer jetzt nach Auro-3D fragt, ehrlich gesagt habe ich das in dem Zusammenhang nicht vermisst, denn im Kopfhörer funktioniert insbesondere Dolby Surround mit Musik verblüffend gut. Und ich habe viel Musik mit dem Exofield gehört…

JVC XP-EXT1 On-Screen-Display (Foto: R. Vogt)
JVC XP-EXT1 On-Screen-Display mit zahlreichen Informationen (Foto: R. Vogt)

Und wie klingt nun das Exofield Set?

Zunächst: Schaltet man den Exofield Prozess komplett ab, hört man einen „normalen“ Kopfhörerklang, mit der typischen In-Kopf-Ortung. Tonal wirkt das Klangbild dabei allerdings weich und aufgedickt. Mit Aktivierung der eingemessenen Parameter stimmt die tonale Balance fast schon, doch der Eindruck bleibt etwas nüchtern wenn auch ausgewogen. Die gesamte Performance wird stimmiger, Exofield-An/Aus bringt aber keinen realistischen Vergleich. Dynamisch und feindynamisch ist die Wiedergabe auf gutem Niveau, aber nicht wirklich highendig. Dafür bleibt trotz der ja erheblichen Filterung der Signalanteile das Klangbild frei von starken Verfärbungen, wie sie andere Virtualizer erzeugen. Irgendwas haben die JVC-Entwickler also richtig gemacht.

Mir persönlich ist regulärer Kopfhörer-Klang stets zu abstrakt und unnatürlich mit seiner 100% Kanaltrennung und In-Kopf-Ortung. Aber mit dieser sich an Lautsprecher-Wiedergabe annähernden Wiedergabe kann ich lange und entspannt genießen. Das gilt für Film genau wie für Musik. Die dezent eingreifenden Klangmodi Lineare Wiedergabe, Film, Musik und Game sind praxisgerecht und wer den Klang selbst regeln möchte, nutzt den grafischen Equalizer. Einzig, dass man keinen Baß fühlt, ist ein Mangel, allerdings gilt das für jede Kopfhörer-Wiedergabe. Insbesondere bei Action-reichen Film ist das auffallend. Manch einer wird vielleicht die nicht ausreichende Maximal-Lautstärke bekritteln, aber da verschätzt man sich bei Kopfhörern leicht und riskiert gegebenenfalls sein empfindliches Gehör. Mir und dem Kollegen Schröder hat es mehr als gereicht.

JVC XP-EXT1 Exofield Theater Logo auf dem Kopfhörerbügel (Foto: R. Vogt)
JVC XP-EXT1 Exofield Theater Logo auf dem Kopfhörerbügel (Foto: R. Vogt)

Fazit JVC Exofield Theater XP-EXT1 – Atmos-Kino ohne Lärm!

Da haben die JVC-Entwickler wirklich einen coolen Problemlöser entwickelt: vollständige Surround-Wiedergabe nach allen wichtigen Standards inklusive Dolby Atmos und DTS:X, und dass mit einer Abbildungsqualität wie ein gutes, physisches 7.1.4-Heimkino. Der Exofield Einmessvorgang ist simpel und flott, das Ergebnis überzeugt mit einer verfärbungsarmen Darstellung aller virtualisierten Lautsprecher mit punktgenauer Ortbarkeit. Tonal ist alles gut ausbalanciert. Die Steuerung per App und auch direkt am Kopfhörer wirken praxisgerecht, intuitiv und durchdacht, genau wie die Anschlüsse mit eARC und Durchschleifmöglichkeiten für HDMI 2.1 und Toslink. Wer Heimkino genießen möchte, ohne dabei seine Anlage laut aufdrehen zu dürfen oder zu wollen, findet hier eine geniale Lösung, zumal für unter 1.000 Euro. Echtes Kopfkino!

JVC Exofield Theater XP-EXT1
2020/09
Test-Ergebnis: 4,5
überragend
Bewertungen
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Perfekte Surroundwiedergabe
Exofield HRTF-Einmessung
HDMI2.1 inkl. eARC
durchdachte Anschlüsse

Vertrieb:
JVCKENWOOD Deutschland GmbH
Konrad-Adenauer-Allee 1-11
61118 Bad Vilbel
https://de.jvc.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
JVC Exofield Theater XP-EXT1: 999 Euro

 

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Autor: Raphael Vogt

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Technischer Direktor bei LowBeats und einer der bekanntesten Heimkino-Experten der Republik. Sein besonderes Steckenpferd ist die perfekte Kalibrierung von Beamern.