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Lumin P1 Angled Front blueish
Der futuristisch anmutende Lumin P1 ist ein Streaming-DAC und Vorverstärker der Extraklasse und mit einem tollen Bedienkonzept. Sein Preis: 10.000 Euro (Foto: F. Borowski)

Test Lumin P1: Das Klang-Triumvirat – Streaming, DAC und Vorverstärker unter einem Dach

Mit dem P1 stellt der in Hong Kong ansässige Hersteller Lumin seine bisher vielseitigste und anschlussfreudigste Audio-Komponente vor. Der P1 ist Streaming-Player, DAC und Vorverstärker in einem futuristisch gestylten Gehäuse und mit feinsten technischen Leckerbissen ausgestattet. Im LowBeats-Test musste der Lumin P1 seine Qualitäten gegen einen funktional und preislich sehr ähnlichen (und doch ganz anderen) Gegner unter Beweis stellen: den Trinnov Amethyst.

„Ein Triumvirat – abgeleitet von lat. tres viri – bezeichnet ein Bündnis von drei Personen, die gemeinsame Interessen verbinden.“ Sagt Wikipedia. Abgewandelt auf HiFi beschreibt „Triumvirat“ meinen heutigen Testkandidaten wohl am besten. Der Lumin P1 beherbergt drei wichtige Baugruppen einer HiFi-Kette, die alle dasselbe Ziel verfolgen: Bestmögliche Klangqualität aus unterschiedlichsten Audio-Quellen. Dafür spielt im P1 die ausgezeichnete Lumin Streaming-Engine Hand-in-Hand mit einem hochwertigen DAC und einer Vorverstärker-Sektion, die verschiedenste digitale und auch analoge Quellen verwalten kann.

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Lumin P1 Front
Frontansicht des Lumin P1 (Foto: F. Borowski)
Lumin P1 Back ambient
Ansicht der Rückseite des Lumin P1 (Foto: F. Borowski)
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Wer Lumin schon ein wenig kennt, mag sich nun fragen, was daran so anders sein soll. Schließlich sind dank der inzwischen in allen Lumin-Modellen verfügbaren digitalen Lautstärkeregelung namens „Leedh Processing“ (welche Kollege Jürgen Schröder in seinem Test des U1 anschaulich erklärt hat) alle Lumin-Modelle im Prinzip auch als Vorverstärker zu gebrauchen. Mehr oder weniger jedenfalls.

Bei den bisherigen Lumin-Komponenten waren die Prioritäten aber anders verteilt. Denn was einen guten Vorverstärker auch auszeichnet, ist eine große Anschlussvielfalt, um als Quellensammler und -Umschalter, sowie als Zuspieler für Endstufen oder Aktivlautsprecher aller Art dienen zu können. Genau das verspricht nun der Lumin P1 und ist dabei zugleich mit vielen technischen Lösungen des Lumin-Streaming-Flaggschiffs X1 ausgestattet. Das macht ihn zum bislang vielseitigsten Produkt im Lumin-Sortiment.

Lumin Produktmatrix 06-2022 Korrektur
Das Angebot von Lumin im Sommer 2022 (Grafik: F. Borowski)

Lumin P1: auf Schatzsuche in der Verpackung

Eine der erfreulichsten Neuerungen findet sich gut versteckt unter einem doppelten Boden im Karton des P1: eine IR-Fernbedienung! Ich hebe das deswegen so hervor, weil ich stets gefordert habe, dass auch Streaming-Komponenten von dem Komfort einer traditionellen Fernbedienung profitieren müssen und die Steuerung nicht allein auf die obligatorische App geschoben werden sollte.

Lumin P1 Fernbedienung quer
IR-Fernbedienung: Flache aber dank kleiner Erhebungen und Kanten gut unterscheidbare Tasten ermöglichen die Steuerung der wichtigsten Funktionen ohne App (Foto: F. Borowski)

Der P1 ist das erste serienmäßig mit einer IR-Remote gelieferte Lumin-Gerät. Die meisten anderen Modelle können aber – einen freien USB-Port vorausgesetzt – mit dieser Fernbedienung und einem externen IR-Sensor nachgerüstet werden. Beim P1 sitzt der Sensor dezent als Schönheitsfleck getarnt in der geschwungenen Frontplatte.

Freudig stelle ich außerdem fest, dass die Lumin-Fernbedienung nicht einfach nur eines dieser billig zugekauften Plastikdinger ist, bei denen oft nicht einmal die Tastenbeschriftung passt oder manche Tasten gar keine Funktion haben. Nein, dieser IR-Geber aus Metall (Zink) und Plexiglas ist äußerst edel und passend zum Lumin-Design gestaltet und entwickelt worden. Und zwar in Österreich, wo die Fernbedienung auch gefertigt wird.

Der schlanke IR-Zauberstab liegt gut und satt in der Hand und die Tasten lassen sich, trotz der oberflächenbündigen Montage, dank logischer Anordnung und kleinen Erhebungen und Kanten, auch blind gut bedienen. Einziges kleines Manko: Die Ober- und Unterseiten aus schwarzem Plexiglas sind empfindlich für Fingerabdrücke. Die Grabschflecken lassen sich auch nur schwer abwischen.

Lumin P1 mit Fernbedienung
Die schlanke, längliche Fernbedienung passt gut zum Design des P1 (Foto: F. Borowski)

Dank der Lumin-Remote muss für Steuerungsfunktionen wie Lautstärke/Mute, Play, Pause, Skip, Vor-/Zurückspulen, Repeat, Shuffle, sowie natürlich On/Standby und ein paar andere Funktionen, nicht jedes Mal das Smart-Dingens in die Hand genommen und die App aufgerufen werden. Und das Beste dabei ist, dass das nicht nur bei Nutzung der Lumin-eigenen Software funktioniert, sondern auch bei Verwendung von Roon. Dass der P1 Roon Ready ist, wäre damit auch geklärt.

Zusätzlich kann über die Fernbedienung auf TuneIn-Radio zugegriffen werden, die Display-Helligkeit gesteuert und die Phase der Analogausgänge umgeschaltet werden. Die zehn Zifferntasten dienen zur Wahl des Eingangs. Ich habe selten eine so gute und praxistaugliche IR-Fernbedienung für Streamer in der Hand gehabt.

Neben der Fernbedienung werden noch ein RJ45 LAN-Kabel und ein Stromkabel mitgeliefert. 

Das außergewöhnliche Design des Lumin P1

Wir wissen alle, dass Design Geschmacksache ist. Wer auf Retro/Klassik-Look steht, wird dem irgendwie spacigen Look des P1 mit seiner gerundeten und schräg stehenden Front vermutlich nicht viel abgewinnen können. Ich persönlich find‘s super.

Die etwas höhere als Lumin-übliche Bauform des P1 muss trotzdem mit dem relativ kleinen aber ordentlich informativen Display auskommen, das Lumin schon lange verbaut. Auf Vollfarbdarstellung mit Cover-Anzeigen am Gerät müssen P1-Besitzer verzichten. Dafür ist es Lumin bestens gelungen, das Display optisch in die gerundete Front zu integrieren, wobei die schräg verlaufenden seitlichen Linien von einer Aussparung an der Unterkante der Front aufgenommen werden. Ich kann mir nicht helfen, aber das erinnert mich an die Zylonenhelme aus der Originalserie „Kampfstern Galactica“.

Die Verarbeitung des Alu-Gehäuses ist, wie nicht anders zu erwarten war, ausgezeichnet. Jedoch verzichtet Lumin beim P1 aus Kostengründen auf die einteilige, aus einem massiven Block gefräste Bedachung, wie bei einigen seiner flacheren Komponenten und der Stereo-Endstufe AMP. Nur so konnte der Preis unter der 10.000-Euro-Schallmauer gehalten werden, erklärt Krey Baumgartl vom deutschen Lumin-Vertrieb IAD GmbH (Lumin-deutschland.de). Front, Deckel und Seiten sind hier also Einzelteile. An der äußerst soliden und monolithisch wirkenden Anmutung ändert das aber nichts.

Lumin P1 und AMP
Der Lumin AMP (unten) hat ein aus dem Vollen gefrästes Gehäuse. Aus Kostengründen wird darauf beim P1 verzichtet. (Foto: F. Borowski)

Die inneren Werte des P1

Beim Blick unter die „Motorhaube“ des P1 sticht neben den Platinen ein großer Metallkasten ins Auge. Darunter verbirgt sich, gut geschirmt, ein doppeltes Linearnetzteil höchster Güte. Wie es inzwischen zum HiFi-Allgemeinwissen gehört, ist eine saubere und stabile Stromversorgung das A und O für guten Klang. Auch und ganz besonders bei Vorverstärkern und digitalen Komponenten. Lumin hat sich hier wirklich nicht lumpen lassen.

Lumin P1 Inside
Innenansicht: Rechts unter einer Metallabdeckung verbirgt sich das doppelte Linearnetzteil. Vor der Hauptplatine wäre noch Luft für interne SSD-Schächte. (Foto: Lumin)

Auf der Hauptplatine sind die beiden ESS SABRE ES9028PRO DAC-Chips in einem strikten Doppel-Mono-Aufbau zu erkennen. Damit ist (via USB) eine Wiedergabe bis DSD512 bzw. PCM mit 384 kHz möglich. Das sind längst keine Rekordwerte mehr in Sachen Samplingfrequenz, aber nach derzeitigem Stand ist der P1 über viele Jahre zukunftssicher aufgestellt.

Höhere Samplingfrequenzen haben dann doch eher akademischen Wert. Wichtiger ist, wie das Signal vor und nach dem DAC verarbeitet wird. Der P1 sorgt zunächst mit einer hoch präzisen Femto-Clock und einem selbst entwickelten, FPGA-basierten „Takt-Verteilungssystem“ für eine jitterfreie Zuführung des Signals zum DAC. Anschließend kümmern sich kostspielige Lundahl Ausgangstransformer um die Weiterverarbeitung des Analogsignals.

Lumin P1 Inside Detail
Rot: Die beiden ESS Sabre DAC-Chips in Dual-Mono-Konfiguration. Dahinter werden die Signale unter anderem von Lundahl Ausgangstransformatoren verarbeitet (Pfeile). (Foto: Lumin)

Das geräumige Gehäuse böte theoretisch noch genügend Platz für zwei interne SSD/HDD-Anschlüsse. Massenspeicher können aber nur extern angebunden werden. Womit wir zu den Anschlüssen kommen…

Konnektivität: der P1 als Schaltzentrale

Ein digitaler Hub und Vorverstärker, der das Herz eines umfassenden A/V-System sein soll, muss für alle Eventualitäten gerüstet sein, ohne es mit der Buchsenflut auf der Rückseite zu übertreiben. Lumin hat den P1 in dieser Hinsicht gut durchdacht und nur eingebaut, was für eine moderne Anlage wirklich sinnvoll ist. „Nur“ ist aber relativ. Immerhin stehen am P1 neun Anschlüsse für lokale Quellen parat –zehn, wenn man den als Output designierten HDMI ARC als Toneingang vom TV mitzählt.

Lumin P1 Anschlüsse
Eingänge sind am P1 mit grau hinterlegter Markierung gekennzeichnet (Pfeil). Analoge Eingänge sind hier blau umrahmt, die digitalen Inputs rot markiert (Montage: F. Borowski)

Neben den üblichen digitalen Buchsen S/PDIF (Coax), Toslink und USB für Computer ist auch die etwas seltener anzutreffende AES/EBU-Schnittstelle mit XLR dabei. Noch seltener ist eine Auswahl von gleich vier HDMI-2.0-Ports. Drei davon dienen für Videoquellen wie Blu-ray-Player oder Game-Konsolen mit 4K-Video throughput und ein weiterer HDMI-Port zur Verbindung mit dem TV-Gerät oder Beamer. Diese Buchse bietet einen Audio Return Channel (ARC) und kann somit auch Ton vom TV entgegennehmen. Der hier getestete T+A DAC 200 bietet eine ähnliche HDMI-Konfiguration, jedoch nur gegen Aufpreis. Die meisten anderen Streaming-Devices beschränken sich – wenn überhaupt – auf eine einzelne HDMI-ARC-Buchse.

Analog stehen ein symmetrischer XLR- und ein unsymmetrischer Cinch-Eingang zur Verfügung. Etwa zum Anschluss einer Phono-Vorstufe. Raus aus dem P1 geht es wahlweise analog per XLR oder Cinch, oder auch digital über Coax BNC. Per USB-A-Buchse kann eine externe Festplatte/SSD angeschlossen werden.

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Lumin P1 Buchsen 1
Analoge Eingänge als Cinch und XLR mit hochwertigen Buchsen. (Foto: F. Borowski)
Lumin P1 Buchsen 2
Digitale Anschlüsse und Netzwerk-Ports. Die BNC-Buchse fungiert als digitaler Ausgang. (Foto: F. Borowski)
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Und dann gibt es da noch zwei Netzwerkbuchsen. Eine herkömmliche RJ45-LAN und ein Slot für eine Netzwerkverbindung per Glasfaser.

In meinem Test des Melco S100 Switch hatte ich bereits ausführlich die Vorzüge einer solchen optischen Netzwerkverbindung erläutert und die Installation mittels sogenannter SFP-Module beschrieben. Dieses Zubehör kostet nicht viel und ist leicht zu installieren. Die folgende Bilderreihe veranschaulicht das. 

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Lumin P1 SFP-Modul 1
Für den Anschluss per Glasfaser ist außer einem entsprechenden optischen Kabel ein SFP-Modul erforderlich (Foto: F. Borowski)
Lumin P1 SFP-Modul 2
Modul in den Schacht einführen… (Foto: F. Borowski)
Lumin P1 SFP-Modul 3
… Schutzkappe abnehmen und Bügel runterklappen… (Foto: F. Borowski)
Lumin P1 SFP-Modul 4
… Modul ganz einschieben und Hebel hochklappen… (Foto: F. Borowski)
Lumin P1 SFP-Modul 5
… Glasfaserkabel einstecken, fertig. Der Anschluss verhält sich wie eine normale LAN-Verbindung. Zusätzliche Konfigurationen in der Software sind nicht erforderlich (Foto: F. Borowski)
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Mit dem P1 habe ich nun erstmals Gelegenheit, ein Endgerät optisch mit dem Melco-Switch zu verbinden und damit vom entfernt stehenden Router über den audiophilen Netzwerkverteiler bis zum Streamer eine rein optische Übertragungsstrecke zu nutzen. Der dann freie LAN-Port ist damit aber nicht überflüssig, denn der P1 kann wie eine Art Minimal-Netzwerk-Switch Daten vom einen an den anderen LAN-Port weiterleiten. So bietet sich für die freie RJ45-Buchse der Anschluss eines NAS (Network Attached Storage) an.

Alles in allem deckt der P1 wirklich sehr viele Anschluss-Szenarien ab. Nur eine kleine Einschränkung fällt auf: es gibt keinen Subwoofer-Ausgang. Und wer sich fragt, ob Bluetooth oder WLAN an Bord ist: No! Aus klanglichen Gründen verzichtet Lumin auf diese Drahtlos-Zuspielwege. Das ist nur konsequent, denn beim P1 dreht sich alles um die Vermeidung jeglicher elektromagnetischer Störeinflüsse. 

Praxis: So komfortabel kann Streaming sein

Eine einfachere Inbetriebnahme eines Streaming-Device habe ich zuvor nie gehabt. P1 auspacken, Glasfaserkabel mit dem Switch verbinden, Endstufe anschließen, Stromkabel dran, einschalten … läuft. Die Lumin-App hatte ich noch auf dem iPad und sie hat den P1 sofort automatisch erkannt.

Okay, ich muss dazu sagen, dass das Testgerät schon benutzt und quasi Vor-eingerichtet war und ich kenne mich mit der App bereits gut aus. Aber selbst für Neueinsteiger mit einem fabrikfrischen P1 ist der Einrichtungsprozess absolut keine Hürde. Ab Werk ist erst mal alles in der App aktiviert. Wird etwas nicht benötigt, lässt es sich später deaktivieren und der entsprechende Reiter in der App verschwindet. – Etwa Tidal oder Qobuz, wenn dafür kein Account vorhanden ist.

Lumin P1 on Amethyst 2
Der P1 auf dem Rücken des Trinnov Amethyst (Foto: F. Borowski)

Von hier an hatte ich die Wahl, entweder die Lumin-App zu benutzen oder mein favorisiertes Roon, denn darin ist der P1 auch mit zwei, drei Klicks aktiviert. Natürlich habe ich beides ausprobiert, aber am Ende lande ich – allein schon wegen meiner eigenen Playlists für Hörtests – doch immer wieder bei Roon. Der Komfort der inzwischen sehr ausgereiften Lumin-App gehört aber zum Besten aller proprietären Streaming-Lösungen. Auch wenn das Basis-Interface nicht exklusiv von Lumin kommt. Zum Beispiel verwendet TEAC mit seiner „HR Streamer“ genannten App die gleiche Software. So wundert es nicht, dass sich der Lumin auch mit der HR-Streamer-App steuern lässt. (Korrektur 14.06.22: Die App stammt, wie der Vertrieb mir bestätigte, tatsächlich aus der Feder der Lumin-Entwickler. TEAC/Esoteric nutzt das Interface in einer angepassten, von Lumin lizenzierten Version.

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Lumin P1 App 01
Bei Testbeginn stand ein Firmware-Update zur Verfügung. Die Installation ist in wenigen Minuten erledigt (Screenshot: F. Borowski)
Lumin P1 App 02
Einstellungen für die App-Bedienung (Screenshot: F. Borowski)
Lumin P1 App 03
Einige der Geräteeinstellungen (Screenshot: F. Borowski)
Lumin P1 App 04
Eingangsauswahl (Screenshot: F. Borowski)
Lumin P1 App 05
Webradio (Screenshot: F. Borowski)
Lumin P1 App 06
Tidal Streaming (Screenshot: F. Borowski)
Lumin P1 Roon 1
Der P1 ist Roon Ready und (zur Not) auch AirPlay-kompatibel. (Screenshot: F. Borowski)
Lumin P1 Roon 2
Der P1 im Klangvergleich mit dem Amethyst via Roon (Screenshot: F. Borowski)
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Die Freuden der mitgelieferten IR-Fernbedienung hatte ich ja oben schon beschrieben. Beim Musikgenuss im Hörsessel ist es wirklich äußerst angenehm, einfach zu der auf dem Tisch liegenden Remote greifen und direkt die Lautstärke einzustellen, einen Titel zu skippen oder die Quelle wechseln zu können.

Im Testalltag machte der Lumin keinerlei Zicken. Es gab weder Abstürze noch Hänger oder irgendwelche Tonaussetzer. Der P1 ist ein Paradebeispiel an Praxistauglichkeit und eine Zier für seine Gilde.

Ganz ohne Schelte kommt er jedoch nicht davon. Mit dem Ohr direkt auf dem Gehäuse (und nur da) ist ein leichtes Trafo-Brummen zu vernehmen – unkritisch. Ganz im Gegensatz zum Standby-Verbrauch, wenn man das überhaupt so nennen kann. Der „Standby“ schaltet offenbar nur das Display ab. Denn ob Ruhezustand oder eingeschaltet und Musik-spielend liegt der Stromverbrauch stets bei knapp 21 Watt.

Der Lumin bietet den Komfort, jederzeit per Netzwerk oder Fernbedienung aufgeweckt werden zu können. Dass hierfür aber rund um die Uhr 21 Watt verbraten werden müssen, ist weder EU-konform noch zeitgemäß. (Seit Januar 2017 dürfen Geräte im vernetzten Bereitschaftsbetrieb je nach Art des Geräts nicht mehr als 3 bis 12 Watt verbrauchen.) Nur zum Vergleich: Der 1.000 Euro Netzwerk-Receiver Technics SA-C600 CD (Testbericht) schafft die volle Netzwerkbereitschaft mit gerade mal 1,5 W Standby-Verbrauch. Da sollte Lumin dringend nachbessern. Bis es soweit ist, hilft ein beherzter Griff zum rückseitig angebrachten Hauptschalter. Das „Booten“ nach einem Neustart dauert weniger als zwei Minuten.

Klangtest: Und die Sonne geht auf

Getestet habe ich den Lumin in zwei verschiedenen Ketten. In meiner Hauptanlage hinter dem Melco S100 Switch per Glasfaser angeschlossen und mit dem Aavik I-580 Vollverstärker mit aktiviertem Bypass-Mode verbunden, so dass der Amp als Endstufe fungiert. Als Lautsprecher kamen die Børresen 02 SSE zum Einsatz. Meine ultimativen Referenzen. In der zweiten Kette lief der P1 – auch wenn er dafür eigentlich zu groß ist – an meinem Desktop, per USB verbunden mit dem Mac als Musiklieferant und symmetrisch an die T+A Endstufe A 200 angeschlossen, die ihrerseits die Wilson Audio TuneTot befeuerten.

Auch nicht ganz unwichtig: Als Verkabelung kamen verschiedene Modelle von Wireworld (Vertrieb: Phonar) zum Einsatz. Darunter das Topmodell Platinum Eclipse 8 RCA in der Hauptanlage, sowie das günstigere Silver Eclipse 8 als XLR und Stromkabel Electra 7. Die Wireworld-Kabel haben in ihren verschiedensten Klassen ein sehr gutes Preis-/Klangverhältnis bewiesen und sind trotz ihrer Performance nicht so abgehoben teuer, wie es bei einigen Marken in deren Top-Serien inzwischen der Fall ist.

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Wireworld Silver Eclipse 8 1
Wireworld Silver Eclipse 8 XLR Interconnect für 800 Euro/Stereometer (Foto: F. Borowski)
Wireworld Silver Eclipse 8 2
Das Silver Eclipse 8 hat sehr solide und schwere XLR-Stecker. Allerdings sind sie auch relativ lang. (Foto: F. Borowski)
Wireworld Electra 7 1
Das Wireworld Electra 7 Stromkabel für 260 Euro/Meter (Foto: F. Borowski)
Wireworld Electra 7 2
Die Stecker des Electra 7 (Foto: F. Borowski)
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Als direkter Vergleichsmaßstab diente mir in der Hauptkette der Trinnov Amethyst, der genau wie der P1 ein Streamer/DAC/Vorverstärker ist – nur zusätzlich mit der überragenden Trinnov Raumkorrektur ausgestattet, die für den Quercheck natürlich ausgeschaltet blieb.

Der Lumin P1 gehört zu den seltenen Ausnahmeerscheinungen in der HiFi-Welt, die mich vom ersten Ton an überzeugt haben. Es brauchte keine zehn Sekunden, um zu erkennen, dass es sich hier nicht um irgendeine beliebige Digitalkomponente handelt, sondern um einen äußerst musikalischen Vorverstärker mit zusätzlichen digitalen Features.

Die Musik perlte nur so aus den Børresen-Speakern, die mit ihrer sagenhaften Reinheit eigentlich nie das Gefühl aufkommen lassen, Musik aus der Konserve zu genießen. Aber bei mittelmäßigen Zuspielern entlarven sie auch gnadenlos deren Schwächen und verlieren dann viel von ihren außerordentlichen Fähigkeiten, wie etwa die Musik wirklich vollständig von den Gehäusen zu lösen. Mit dem P1 fächert sich das Klanggeschehen so realistisch zwischen den Speakern auf, wie sonst nur mit wenigen anderen Komponenten.

Lumin P1 on Amethyst 1
Lumin P 1 und Trinnov Amethyst (Foto: F. Borowski)

Beispiel Trinnov: So sehr ich dieses Wundergerät mit seiner unübertroffenen Raumkorrektur auch liebe, aber als DAC und Vorverstärker kann er dem P1 nicht annähernd das Wasser reichen. Zwar fiel mir diese Schwäche des Amethyst schon früher auf. Was auch der Grund ist, warum ich im Normalfall nur seine Raumkorrektur nutze und ihn über einen Digitalausgang mit dem Aavik D-280 DAC und I-580 Vollverstärker betreibe. Der Vergleich mit dem Lumin P1 macht aber noch mal besonders deutlich, was ein guter DAC/Vorverstärker für eine wichtige Aufgabe in der Kette hat.

Da gerate ich ein wenig ins Grübeln. Wie wunderbar wäre es denn erst, wenn der Lumin P1 über die Raumkorrektur des Trinnov verfügte? Nun, dieses Feature wird für den P1 wohl ein feuchter Traum bleiben. Doch wer bereits über einen akustisch gut optimierten Raum verfügt und auf digitale Korrekturmaßnahmen verzichten kann, erhält mit dem P1 einen der besten Streamer/DAC/Vorverstärker überhaupt.

Fazit Lumin P1: hoher Reifegrad und toller Klang

Kurzum: Der Lumin P1 Streaming-DAC und Vorverstärker ist einer der unkompliziertesten, vielseitigsten, schönsten und klanglich kultiviertesten seiner Art. Ein ganz großer Wurf. Großes Lob verdient auch der gesteigerte Bedienkomfort dank der exzellenten Fernbedienung. Von seiner sehr ausgereiften und flotten Streaming-Funktion ganz zu schweigen. Als zentraler Hub zum Anschluss diverser analoger und digitaler Komponenten steht der P1 zwar nicht allein auf weiter Flur. Das können viele, selbst deutlich billigere Komponenten.

Doch unter Berücksichtigung seiner wirklich famosen klanglichen Performance lichtet sich die Konkurrenzauswahl erheblich. Hier steht der P1 auch preislich mit seinen knapp 10.000 Euro erstaunlich gut da.

Nur bei dem zu hohen Standby-Verbrauch muss Lumin nachbessern. Hierfür gibt es Abzüge in der Praxis-Note, wodurch dem P1 ganz knapp eine Einstufung als „Überragend“ entgeht.

 

Lumin P1
2022/06
Test-Ergebnis: 4,4
Sehr gut
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
hervorragender Klang
edle und praktische IR-Fernbedienung
ausgereifte Software, schnelles Interface
viele Anschlüsse und Quellenoptionen, tolle Verarbeitung
unzeitgemäßer Standby-Verbrauch

Vertrieb:
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str. 11
41352 Korschenbroich
Lumin-Deutschland.de
www.audiolust.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Lumin Lumin P1: 9.990 Euro

Technische Daten

Lumin P1
KonzeptRoon-zertifizierter, Streaming-DAC und Vorverstärker mit vielen Quellenoptionen (unterstützt MQA, Tidal, Qobuz, Spotify, AirPlay, TuneIn Radio).
Ausstattung:Internes Doppel-Linearnetzteil, Dual ES9028Pro Sabre DAC, Lundahl Output-Transformer, IR-Fernbedienung
Besonderheiten:Vier HDMI-2.0-Ports, davon drei für Video Throughput und ein TV Audio Return Channel, Leedh Processing digitale Lautstärkeregelung, Glasfaser-LAN-Anschluss
Eingänge/Ausgänge:
Digital IN: S/PDIF koaxial und optisch; AES3 (galvanisch getrennt); USB-Audio, 4x HDMI; Digital OUT via BNC; Analog IN: XLR und Cinch; Analog OUT: XLR und Cinch; Netzwerk: RJ45 LAN und optisch (SFP) – USB-Buchse zum Anschluss externer Massenspeicher (Dateiformat: FAT32; exFAT; NTFS).
Abmessungen
(B x H x T):
350 x 107 x 380 mm
Gewicht:12 kg
Alle technischen Daten
In diesem Test erwähnte Beiträge

Test Streaming-Controller Lumin U1 – die perfekte Digitaltonquelle
Test T+A DAC 200 und Endstufe A 200 – maximaler Musikspaß im Midi-Format, Made in Germany
Test Melco S100: der audiophile Netzwerk-Switch
Test Netzwerk-Receiver Technics SA-C600 CD: Premiumklasse für unter 1.000 Euro?
Test Aavik I-580: Dieser Vollverstärker macht vieles anders – und klingt überirdisch gut
Test Standbox Børresen 02 SSE: mehr Silber, mehr Musik?
Test Wilson Audio TuneTot – der ultimative High-End Monitor
Test Trinnov Amethyst: Digitale Traumvorstufe mit Profi-Einmessung

Autor: Frank Borowski

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LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.