Wenn Meridian, einer der wichtigsten Vorreiter des digitalen High End, einen neuen Streamer vorstellt, sollte man die Ohren spitzen. Denn die Entwickler im britischen Huntingdon brachten schon oft Maßstab-setzende Audio-Entwicklungen auf den Markt. Doch die waren meist ambitioniert teurer. In so fern ist der neue Meridian 210 für 1.100 Euro doppelt interessant. Allerdings ist der Kleine, wie der LowBeats Test zeigt, auch nicht ganz ohne Einschränkungen…
Meridian gilt als einer DER Pioniere im Bereich Digital Audio. Nicht nur, dass die Briten bereits kurz nach der Einführung der CD erkannten, dass noch weit mehr Klangpotential in der Silberscheibe steckt und sie dafür den weltweit ersten High End CD-Player auf Basis des Philips CD100 entwickelten. Nein, schon 1990 stieß Meridian mit den digital-aktiven Lautsprechern DSP 6000 in technische Bereiche vor, die andere erst sehr viel später zu betreten wagten. Die Philosophie dahinter ist ganz einfach, nämlich den Signalpfad so lange wie möglich auf der digitalen Ebene zu belassen und erst kurz vor den Chassis der Lautsprecher analog zu wandeln.
Heute verfügt Meridian über das wohl umfassendste Angebot an DSP-geregelten, digital-aktiven Lautsprechern für jeden Anspruch und einige der hochkarätigsten digitalen Player und DACs. Meistens steht dabei der Systemgedanke im Vordergrund, insbesondere, wenn hauseigene DSP-Lautsprecher in der Kette genutzt werden.
Der Aufbau des Meridian 210
Der brandneue Streamer mit dem schlichten Namen „210“, um den es in diesem Test geht, macht da eigentlich keine Ausnahme. In erster Linie ist das Gerät für Besitzer von Meridian DSP-Speakern oder einem Meridian Zone Controller interessant, wofür der 210 entsprechende RJ45 Systemschnittstellen besitzt. Doch er kann auch mit markenfremden Geräten genutzt werden, was ich für Sie ausprobiert habe.
Der Begriff „Black Box“ kommt einem in den Sinn: Der Meridian 210 ist eine sehr schlichte, schwarze Komponente, etwa mit den Ausmaßen einer Zigarrenkiste. Der Formfaktor wurde so gewählt, um das Gerät möglichst unauffällig zum Beispiel im Regal oder einem Schrank verschwinden zu lassen. Da der 210 außer ein paar Status-LEDs über kein Display im Gerät verfügt, steht einer unsichtbaren Platzierung nichts im Wege. Für den Einbau in 19“ Racks gibt es optional eine passende Halterung.
Als Streamer muss der 210 natürlich Netzwerkfähig sein. Dafür steht eine LAN-Buchse und Dual-Band WLAN zur Verfügung. Letzteres arbeitet dank der schwarzen Kunstsoffeinlagen im Gehäuse, die optisch an andere Meridian-Geräte mit Glas-Elementen erinnern, ohne externe Antennen. Zur Konfiguration und Steuerung der Ein- und Ausgänge kommt die für iOS und Android erhältliche Meridian Control App zum Einsatz.
Musikdaten akzeptiert der 210 über das Netzwerk via UPnP, drahtlos per AirPlay oder Bluetooth (aptX HD) und vom Steamingdienst Spotify, der über die Connect-Variante direkt angesprochen werden kann. Also ohne den Umweg über andere Quellengeräte. Leider beschränkt sich Meridian derzeit ausschließlich auf Spotify als Web-Streamingdienst. Nicht einmal Tidal, die das von Meridian entwickelte MQA-Format zur Übertragung anbieten (dazu später mehr), ist ohne zusätzliche Quellenhardware verfügbar. Ich hoffe, das Angebot der direkt nutzbaren Streamingpartner wird schnell ausgebaut. Wer einen Roon-fähigen Server nutzt (das kann auch ein Mac oder PC mit roon-Software sein), kann den 210 als Endpoint nutzen und mit der Roon Control App steuern.
Eine eigene Player-App gibt es für den 210 derzeit nicht. Wer keinen roon Core oder Meridians Sooloos Server nutzt und per UPnP Musik über das Netzwerk zuspielen möchte, kann auf eine der vielen verfügbaren Apps wie mConnect oder Audirvana auf Mac/PC zurückgreifen.
Eine USB-Buchse an der Rückseite erlaubt den Anschluss externer Massenspeicher direkt am 210, wodurch er selbst zum Server wird. Einen USB-Audio-Eingang (zu erkennen an einer USB-B-Buchse) bietet der 210 nicht.
Für die Verbindung mit externen DACs von Drittherstellern hat der Meridian 210 leider nur eine einzige Anschlussoption, nämlich einen koaxialen S/PDIF-Ausgang. Die Ausgabe ist auf 24Bit/96kHz beschränkt, was in der heutigen Zeit etwas wenig erscheint, kann doch jeder Billig-DAC inzwischen mindestens 192kHz verdauen.
Natürlich ist der 210 als echter Meridian ganz auf das hauseigene Übertragungsformat MQA ausgelegt. Das bietet, etwas vereinfacht ausgedrückt, die Möglichkeit, hochauflösende Musikdaten auf sehr clevere Weise zu komprimieren und in kleineren Datenpaketen zu übertragen, ohne dabei klangliche Einbußen wie beispielsweise beim verlustbehafteten MP3 hinnehmen zu müssen. Der eigentliche Clou von MQA ist aber, dass die Musik mit diesem Format „authentifiziert“ wird und dadurch eine Art Ende-zu-Ende-Verschlüsselung entsteht, mit der sichergestellt wird, dass die Musik ohne jede Beeinflussung vom Tonstudio bis in den MQA-Decoder des Nutzers gelangt.
Ein Nachteil dabei ist, dass verarbeitende Digitalkomponenten wie DACs keine eigenen Filter auf den Datenstrom anwenden dürfen. Zur „Entfaltung“ der Daten sind MQA-zertifizierte Komponenten erforderlich. Aus dem Grund tun sich viele Anbieter von DACs etwas schwer mit MQA, weil das ihren eigenen Strategien zur digitalen Signalverarbeitung zuwider läuft – und weil es Lizenzkosten verursacht.
MQA ist ein Thema für sich und hat starke Befürworter wie auch Gegner. Aus meiner und der Sicht der LowBeats Redaktion ist MQA zwar eine im Grundsatz sehr begrüßenswerte Sache, in der Praxis aber manchmal kontraproduktiv und zur Einsparung von Bandbreite in Zeiten schneller Internetverbindungen sogar überflüssig. Wer 4K-Video von Netflix & Co. streamen kann, hat auch keine Probleme mit unkomprimierten HiRes-Audio Datenströmen, beispielsweise von Qobuz. Die sind dann allerdings nicht „authentifiziert“. Was mit der Musik auf dem Weg vom Studio zum Verbraucher geschieht, entzieht sich der Kontrolle.
Aber zurück zum 210. In der Praxis zeigt sich Meridians langjährige Erfahrung mit digital vernetzten Komponenten. Die Einrichtung über die Meridian Control App gestaltet sich kinderleicht und selbsterklärend. Alles, was man über die Control-App wissen muss, erfährt der Nutzer beim ersten Start in einem Screen mit einfachen Bedienungshinweisen:
Aber auch insgesamt ist der Meridian 210 fast selbsterklärend und gibt über alles genauestens Auskunft:
Ist der 210 verbunden, verhält er sich fast, als wäre er gar nicht da. Die Steuerung erfolgt nach entsprechender Netzwerkeinbindung über die gewählte App oder – in einem Meridian DSP-System – auch über die Meridian Remote. Am Gerät selbst gibt es nichts weiter zu bedienen. So kann er getrost unsichtbar in der Einrichtung versteckt werden.Was man aber wissen muss: Für die optimale Nutzung ist ein Roon- oder Sooloos-Core ratsam, oder alternativ eine UPnP-fähige Serverlösung plus eine entsprechende UPnP-App. Für sich allein spielt der Meridian 210 Musik über AirPlay, Bluetooth, online per Spotify, oder (mit UPnP-App) von einem angeschlossenen Massenspeicher ab.
Hörtest
Auch aus klanglicher Sicht weiß der 210 zu überzeugen. Die Beschränkung auf max. 96kHz Abtastrate hinderte ihn nicht daran, in meinem Setup bestehend aus der Exogal-Digitalkombi Comet und Ion PowerDAC und meinen neuen Referenzlautsprechern Børresen 02 (siehe Test des kleineren Modells Børresen 01) mit einer herrlichen Offenheit und viel Feingefühl zu agieren. Etwas, das bei rein digitalen Streamern, vor allem in dieser Preisklasse, keineswegs so selbstverständlich ist. Weniger anspruchsvolle Netzwerk-Audiokomponenten können zum Beispiel mit ordentlichen CD-Playern klanglich oft nicht mithalten und verursachen die Art von digitaler Härte, die eigentlich schon längst ausgerottet sein sollte.
Dem Meridian sind solche Unarten, die in der Regel von der computerbasierten Netzwerktechnik und primitiver Netzstrom-Versorgung eingeschleppt werden, weitestgehend fremd. Zwar erreicht er nicht ganz die innere Ruhe und Souveränität des rund doppelt so teuren Auralic Aries G1 oder die überragende Brillanz und Musikalität des Melco N10, aber dazwischen liegt sowohl preislich als auch in Bezug auf den technischen Aufwand einiges.
Fazit Meridian 210 – der ideale Meridian für Einsteiger
Meridian war schon immer eine sehr spezielle High-End-Marke, mit Konzentration auf den digitalen Systemgedanken. Der Streamer 210 ist da eigentlich keine Ausnahme, bietet er sich doch primär für Nutzer an, die bereits DSP-Lautsprecher oder andere mit entsprechenden Link-Buchsen versehene Meridian-Komponenten nutzen. Für sie ist der 210 die logischste Ergänzung, um ihre Kette um eine Streaminglösung zu ergänzen.
Aber der Meridian 210 ist auch für all diejenigen einen näheren Blick wert, die einen DAC oder Verstärker mit Coax-Digitaleingang besitzen und diesen um eine klangstarke und optisch unauffällige Streaming-Zentrale ergänzen wollen. Vielleicht sogar mit dem Hintergedanken, später einmal in die gesamte digitale Klangwelt von Meridian einsteigen zu wollen…
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Weitreichende Quellen- und Formatunterstützung, Roon-ready |
| Außerordentlich klangstark |
| Nur bix maximal 96 KHz |
| Nur einen Coax Digitalausgang für DAC |
Vertrieb:
Audio Reference GmbH
Alsterkrugchaussee 435
22335 Hamburg
www.audio-reference.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Meridian 210: 1.100 Euro
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