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Denon DP-3000NE
Mit dem DP-3000NE hat Denon einen unerwartet starken Analog-Trumpf auf der Hand: das massive Direkttrieb-Laufwerk klingt super und ist mit 2.500 Euro extrem fair bepreist (Foto: Denon)

Test Plattenspieler Denon DP-3000NE: besser spät als nie

Just als es keiner mehr zu hoffen wagt, findet Denon mit einem wunderschönen Laufwerk zurück zu alter Analog-Stärke. Der Denon DP-3000NE ist eine Reise durch die Analog-Geschichte, vom Tonarm nach historischen Plänen bis hin zum digital gesteuerten Direktantrieb. Und er klingt umwerfend gut.

Die Besonderheiten des Denon DP-3000NE

Der positive Eindruck beginnt mit dem Gewicht – dem einzigen Merkmal eines Plattenspielers, das man noch vor dem Auspacken spürt: Der DP-3000NE wiegt 18,5 Kilo, sieben Kilo mehr als der preislich am ehesten vergleichbare Technics SL-1200GR2. Und dieses Gewicht kommt nicht einfach tumb schwer daher, sondern liegt beim Auspacken satt, kühl und ausgewogen in der Hand. Irgendwie schafft es der Spieler, sich auch nach tagelanger Akklimatisierung im Hörraum stets auf angenehme, hochwertige Weise kühl anzufühlen, wenn beim Auflegen die Tonarmhand kurz darüber streift.

Was der Handballen zudem meldet, ist eine ganz feine, kaum merkliche Holzmaserung. Abends könnte man den Spieler für komplett mattschwarz halten. Fällt frisches Licht darauf, zeigt er einen tief rötlichbraunen Schimmer: Der Denon ist rundherum in feinstes Ebenholzfurnier gekleidet, zugleich bescheiden und herrlich dekadent, und nur am „lebenden“ Objekt wirklich zu würdigen. Selbst den professionell produzierten Marketingfotos, von denen auch einige auf dieser Seite auftauchen, entgleitet die üppige, tiefe Farbe zugunsten eines stumpfen Mattgraus.

Denon_DP-3000NE
Der neue Direkttriebler wird serienmäßig ohne System ausgeliefert, er verträgt sich aber mit einer Vielzahl von Tonabnehmern (Foto: Denon)

Wer also noch keine endgültige Entscheidung getroffen hat, möge sich diesen Spieler dringend mal live anschauen: Für noch nicht völlig absurdes Geld ist er aktuell der schönste Direkttriebler. Es ist das erste Mal in mindestens 30 Jahren, dass es sich lohnt, für einen Denon-Plattenspieler seine Wohnung zu verlassen. Am besten bringt man gleich ein paar eigene Platten mit und überredet den Händler, diese auch selbst auflegen zu dürfen. Denn „hands on“ überzeugt der Denon am meisten: Ich habe selten ein Laufwerk in dieser Preisklasse getestet, das angenehmer zu handhaben ist. Die mächtige Zarge sorgt mit einem halben Meter Breite zwar für Überraschungsmomente beim Auspacken und Aufbauen. Denn der DP-3000NE passt eventuell nicht in standardformatige Regalnischen und Rackfächer. Aber die Extrabreite und -tiefe bietet einem entsprechend längeren Zehnzoll-Arm Platz, der das Auflegen wahrlich zum Vergnügen macht: Der Lifthebel ist genau an der richtigen Stelle und bietet genau den richtigen Widerstand, und freihändig Auflegende finden eine große, glatte Abstützfläche für ihre rechte Hand, genau auf der richtigen Höhe in Relation zum Teller und ohne störende Bedienelemente.

Das Handling ist ganz ähnlich wie beim Urahn, der 1972 auf den Markt kam. Der war bereits direkt angetrieben – wie heute der 3000NE, der mit einer gewissen Unschärfe nicht nur das 50. Modelljubiläum, sondern überhaupt 50 Jahre Direktantrieb zelebrieren kann. Denn der Ur-3000 gehörte mit Geräten von Sony, Technics und JVC zur ersten frei käuflichen Generation von Direkttrieblern. Zuvor, nämlich seit 1970, hatte Denon bereits den japanischen Staatsrundfunk NHK mit der neuen Technik ausgestattet, in Form des Studiolaufwerks DN-302F. Das hatte Schrankformat und für Privatnutzer völlig prohibitive Kauf-Konditionen.

Denon DP-3000
Der Denon DP-3000 aus dem Jahre 1972 weist viel Ähnlichkeiten mit dem neuen DP-3000Ne auf (Foto: Denon)

Mit dem 3000er ließ Denon nicht nur den Preis drastisch schrumpfen. Auch die Antriebstechnik passte nun in das Gehäuse-Äquivalent eines kleinen Reistopfs. Unten an Motor und Chassis angeflanscht, ergab das eine handliche Einheit im kreisrunden UFO-Format, die man in drei Versionen kaufen konnte. DP-3000 hieß dabei der reine Motor/Teller zum Einbau in beliebige Konsolen, Möbel oder Zargen. Als DP-3500 konnte man den Spieler mit Zarge, aber noch ohne Arm erwerben und dann einen Schwenker nach Wahl draufschrauben. Die Vollversion mit Denon-Arm hieß DP-3700. Heute wird fast nur noch der Name des ikonischen Grundmodells verwendet. Ein guter Name, der für eine Phase steht, in der Denon – wohl auch mit Unterstützung der Techniker des NHK – Grundlagenarbeit für den Direktantrieb leistete.

Der erste DP-3000 war kräftig genug, um seinen Teller in einer Viertelumdrehung auf Solldrehzahl zu katapultieren. Radio-DJs konnten ihn also wie gewohnt verwenden: Erste Note des Tracks manuell lokalisieren, von da aus ein Viertel zurückdrehen. Dann läuft das Stück rund eine halbe Sekunde nach dem Startimpuls (entweder von der Starttaste oder von einem Kontakt am Mischpult-Fader) mit der richtigen Geschwindigkeit. Die Mitbewerber von Technics konnten das mit ihrem SP-10 und den darauffolgenden Heimspielern natürlich auch. Sie verwendeten dafür aber eine andere Direktantriebs-Bauform: Der Denon-Motor arbeitete eisenlos, der Technics-Treibsatz nicht.

Ironischerweise ist es heute genau umgekehrt: Technics präsentierte mit dem Neustart 2016 nagelneue, eisenlose Motoren aus eigener Entwicklung. Und Denon verwendet im DP-3000NE einen Klon der klassischen „alten“ Technics-Hardware als Grundlage. Da dreht sich ein 16-polig magnetisierter Ferritring um einen Kreis aus zwölf eisenbewehrten Antriebsspulen. Der Rotormagnet ist dabei direkt mit der Nabe des Plattentellers verschraubt, was selbst für Direktantriebs-Verhältnisse einen ganz besonders direkten Energietransfer bewirkt. Für audiophile Laufkultur sorgt die neue Ansteuerung des Motors, die das virtuelle Gaspedal nicht mit einem simplen PLL-Kreis, sondern mit den komplexen Algorithmen einer Raumvektor-Pulsweitenmodulation betätigt. Der Name klingt digital und das Verfahren ist es auch, führt letztendlich aber zu einem absolut ruckfreien, stabilen, mithin besonders „analogen“ Zug am Teller, der sowohl die dynamische Bremswirkung der Nadel als auch jegliche andere Widerstände souverän überwindet.

Die rundfunktaugliche Hochlaufzeit behält der neue Denon bei, obwohl sein Teller rund dreimal so schwer ist wie bei seinem Vorfahren. Die Power wäre da, der DP-3000NE ist dennoch nicht als Scratch-Arbeitstier ausgelegt. Das sieht man schon daran, dass nach erfolgtem Start die „Härte“ der Regelung stark zurückgenommen wird. Die Drehzahl geht bei rüden Bremsmanövern mit der Hand also deutlicher in die Knie als etwa bei einem 1210er. Laufruhe hat klar Priorität vor gnadenlosem Durchzug.

Denon DP-3000NE Plattenteller
Wheels of steel: Unterm Alu trägt der Denon-Teller eine verschraubte Edelstahlplatte. Die massive Mittelnabe trägt – in sicherem Abstand zur Platte – den 16-polig magnetisierten Ferritring, der als Rotor des Direktantriebs dient (Foto: B. Rietschel)

Das unterstreicht auch der schwere, mehrlagige Teller, für den Denon zahlreiche Materialkombinationen ausprobiert hat. Nach ausgiebigen Hörtests entschied man sich in Japan schließlich für einen Alu-Hauptteller mit vollflächiger Edelstahl-Einlage an der Unterseite und einer dicken Gummimatte obenauf. Dass die insgesamt 3,2 Kilo schwere Kombination funktioniert, zeigt der Denon im Klopfvergleich mit dem SL1210GR2 von Technics: bei stehendem Teller, mit der Nadel in der Rille und aufgedrehtem Verstärker bringt ein Klopfen auf den Denon-Tellerrand nur ein ganz kurzes „Duck“ hervor, während der Technics ein etwas länger ausschwingendes „Dung“ vernehmen lässt. In diesem Punkt ähnelt der Denon schon mehr dem 4.500 Euro teuren SL-1200G mit seinem superschweren Messing-Alu-Gummisandwichteller.

Denon DP-3000NE Spindel
Vertrauter Anblick: Der Kranz aus zwölf Antriebsspulen mit (hier grün verkleideten) Ferritpolen erinnert an den jahrzehntelang bewährten „alten“ 1210er-Motor. Was man auch sieht: dass die Alu-Chassiswanne kein Blender ist, sondern eine sehr ernsthafte Wandstärke aufweist (Foto: B. Rietschel)

Das Laufwerk sitzt in einer massiven, aus Alu gegossenen und dann gefrästen Chassis-Wanne, die fest mit der HDF-Zarge verschraubt ist. Getreu dem historischen Vorbild bildet sie um den Teller herum eine Art Schutzwall, der den Tellerrand komplett verdeckt. Matte und Platte sind darüber erhaben und man bekommt den LP-Rand ganz gut zu fassen, auch wenn bei exponierteren Tellern der Zugriff noch einfacher ist. In der Praxis bedeutet der versenkte Teller aber schon deshalb keine Einschränkung, weil der DP-3000NE ohnehin nicht für Plattenwechsel bei laufendem Teller optimiert ist. Dazu ist nämlich auch die Matte viel zu griffig, was das Abheben einer rotierenden LP zwar nicht unmöglich, aber doch recht hakelig und in der Konsequenz nicht ganz ungefährlich macht. Nimmt man die Matte ab, offeriert der Hauptteller zwei Löcher, an denen man ihn sicher und bequem greifen und nach oben abziehen kann. Der Zusammenbau erinnert nochmal daran, dass der Teller nicht nur Teller, sondern zugleich eine Hälfte des Motors ist: Auf dem letzten Zentimeter, wenn der Magnetring in das Feld der Spulen eintaucht, saugen sich Stator und Rotor regelrecht gegenseitig an, bis die Mittelbohrung satt auf dem Messingkonus der Tellerachse steckt.

Die Bedienelemente sind übersichtlich: links vorne die Start/Stop-Taste, rechts die Drehzahlwahl, beide rund, mit seidiger Metalloberfläche, kurzem Hub und akkuratem Druckpunkt. Die Drehzahlwahl enthält auch die beiden einzigen leuchtenden Elemente am DP-3000NE: ein dezenter LED-Punkt für 33, ein weiterer für 45. Tippt man Start- und Drehzahltaste gleichzeitig, gehen beide LEDs an und der Teller beschleunigt auf 78 – auch wenn das wahrscheinlich nur selten genutzt wird. Denn echte, alte Schellacks erfordern nicht nur die höhere Drehzahl, sondern auch eine passende, stumpfer geschliffene Nadel – oder idealerweise gleich eine ganze Anzahl davon mit verschiedenen Radien zur Anpassung an Zustand und individuelle Besonderheiten der hundertjährigen Scheiben. Aber es könnte ja sein, dass man mal „Going Up The Country“ von Kitty, Daisy & Lewis hören will, eine 10“ aus dem Jahr 2007, die mit 78 Upm, aber modernen Rillen, geschnitten wurde. Von Graeme Durham übrigens, der bei The Exchange als Masteringingenieur arbeitet, Kittys, Daisys und Lewis’ Vater ist und die (damals) Kids zudem auf der Gitarre begleitet.

Denon DP-3000NE Made in
Transparent: Denon betreibt keine eigene Plattenspielerfertigung mehr. Gemäß Typenschild entsteht der DP-3000NE in China. Qualität und Finish – auch und gerade des Tonarms – sind überragend (Foto: B. Rietschel)

Egal, mit welcher Drehzahl es läuft: Das Denon-Laufwerk funktioniert klasse. Es läuft extrem ruhig, startet und stoppt schnell und zeigt auch klanglich so hohes Niveau, dass man nicht umhinkommt, den Preis von 2500 Euro als nachgerade günstig zu empfinden. Zumal dafür ja nicht nur eine reine  Motoreinheit, auch keine tonarmlose Laufwerk-Zargenkombi, sondern ein kompletter Spieler im Karton steckt, dem nur der Tonabnehmer fehlt. Wer jetzt fürchtet, Denon hätte beim Arm geschwächelt, könnte nicht weiter daneben liegen. Der Kenner reibt sich ungläubig die Augen: Rechts hinten auf der Ebenholzzarge steht kein Geringerer als der leibhaftige DA-309. OK, natürlich nicht das Original aus dem Jahr 1976. Aber ein optisch wie technisch makelloser Wiedergänger, eine namenlose, aber originalgetreue Neuauflage dieses S-förmigen Zehnzöllers.

Der Tonarm

Offenbar haben die Denon-Entwickler für den Arm also nicht die Kataloge chinesischer OEM-Werke studiert, sondern sind tief ins hauseigene Archiv hinabgestiegen, haben alte, längst pensionierte Kollegen befragt und letzten Endes ihre Wahl getroffen: Wie der 309 soll der neue Arm werden. Historisch ist der 309 etwas jünger als der DP-3000, und er dokumentiert eine Phase fieberhafter Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in den Denon-Laboren. Da wurden die richtigen Fragen gestellt: Wohin geht die Vibrationsenergie, die das System beim Abtasten in den Arm einleitet? Wie sieht das Schwingungs-Eigenleben des langen Armrohrs genau aus, und wie lässt es sich beeinflussen? Und dann wurden Antworten gesucht. Mit Versuchsaufbauten und wissenschaftlicher Sorgfalt, die noch heute, 50 Jahre später, topaktuell wirken. Da wurden Resonanzspektren an beiden Enden des Arms aufgezeichnet, während man das jeweils gegenüberliegende Ende mit eigens gebauten Excitern in Schwingung versetzte. Und die Schwachpunkte des S-förmigen Alu-Armrohrs mit Laser-Interferometrie aufgespürt – damals absoluter State of the Art.

Denon DP-3000NE
Ausgewogene Proportionen: Der Tonarm ist deutlich länger als der Neunzoll-Quasistandard. Weil die Zarge proportional mitgewachsen ist, fällt das aber erst auf, wenn ein anderer Spieler danebensteht (Foto: B. Rietschel)

Die resultierende  Konstruktion polarisiert heute wie damals, weil sie gegen das Dogma der maximalen Steifigkeit verstößt, an das auch ich gerne glaube – wenn nicht gerade ein Arm daherkommt, der auf ganz anderem Weg ans Ziel gelangt. Das kann der Well Tempered Arm sein, wie wir ihn auf dem fantastischen Amadeus MkII erlebt haben. Oder eben der wiederauferstandene DA-309 auf dem Denon DP-3000NE. Dieser Arm trägt sein Rohr nicht starr am Lagergehäuse angeflanscht, sondern bettet es in eine Art Gummikragen. So erhält das Rohr lateral eine gewisse Elastizität, soll jedoch axial sowie gegen Torsion so steif bleiben wie bei einem gewöhnlichen Arm. Eine weitere elastische Komponente in Form eines dünnen Silikonkissens findet sich im abnehmbaren Magnesium-Headshell des Denon-Arms.

Denon-DP-3000NE-Tonarm-Gewicht
Komfortabel, vielseitig und präzise: Das lange Gegengewicht besitzt einen verschiebbaren Massering. Hier sitzt er ganz hinten, um eine besonders schwere Headshell-System-Kombi auszubalancieren. Im Hintergrund liegt das Zusatzgewicht bereit, das einfach am hinteren Ende des Arms angeschraubt werden kann. Die Skala mit Zehntelgramm-Teilstrichen arbeitet absolut genau (Foto: B. Rietschel)

Verarbeitung, Lagerqualität und Einstellbarkeit des Denon-Arms sind zumindest bei meinem Exemplar durchgängig überragend. Das Gegengewicht sitzt satt und doch ausreichend leichtgängig auf seinem Gewinde. Dank eines verschiebbaren Masserings und eines einschraubbaren Zusatzgewichts deckt der DA-309 einen großen Bereich von Systemgewichten und -nachgiebigkeiten ab. Mit der serienmäßigen Magnesium-Headshell dürfte er aber zu den gehoben mittelschweren Armen zählen.

Denon DP-3000NE Tonarm
Vorbildliche Höhenverstellung: Der Kragen um den Tonarm enthält ein Helikoidgewinde und lässt sich mit Hilfe des kleinen Auslegers (der Zugleich als Verriegelungsschraube dient) drehen. Der Arm fährt dann im Kamerobjektiv-Stil auf und ab. Der Verstellbereich ist dabei deutlich größer (und praxisfreundlicher) als bei den ähnlich funktionierenden Technics-Verstellungen (Foto: B. Rietschel)

Sehr schön gemacht ist das Antiskating, das magnetisch arbeitet und mit einem kleinen, skalierten Drehknopf präzise einstellbar ist. Zieht man den Stellknopf heraus, statt ihn zu drehen, ist das Antikskating komplett deaktiviert, behält aber den zuvor eingestellten Wert bei. Das ist superpraktisch, wenn man beispielsweise kurz eine Schablone oder Tonarmwaage verwenden will. Wobei man ersteres kaum benötigen dürfte, da Denon eine transparente Überhanglehre beilegt, in die man direkt die abnehmbare Headshell einlegen kann. Das funktioniert ähnlich wie die klassische Technics-Lehre, aber praktischer, weil durch das transparente Material die Nadelposition viel einfacher zu peilen ist.

Denon DP-3000NE
Justierhilfe: Am 50mm-Strich muss die Nadel des montierten Systems sitzen, dann entsprechen Überhang und Spurfehlwinkel den Berechnungen der japanischen Ingenieure (Foto: B. Rietschel)

Wer das Denon-Tool daher jetzt auch für seinen Technics verwenden will, sei jedoch gewarnt: Die Geometrie ist nicht ganz kompatibel. Denon spezifiziert 50mm Abstand zwischen Nadelspitze und Bajonett-Anschlag, Technics verlangt bei den Standardarmen 52mm. Steckt man also ein im Headshell montiertes System vom einen auf den anderen Arm um, etwa zu Vergleichszwecken, muss man entweder mit einem leicht erhöhten Fehler leben oder das System jedes Mal zwei Millimeter vor- oder zurückschieben.

Beim naheliegendsten Systempartner für den DP-3000NE könnte man auf derlei Justagefeinheiten aber zur Not auch verzichten. Denn der Denon-Arm wurde einst ziemlich sicher mit dem und für das hauseigene MC DL-103 entwickelt. Und das kommt – zumindest in den beiden heute noch verfügbaren Versionen – mit einem geometrisch völlig unkritischen sphärischen Diamanten. Was ich damit zu hören bekam, war zudem so gut und stimmig, dass mir die Lust am Hin- und Herwechseln schlagartig verging – um einer unbändigen Lust auf Musik Platz zu machen.

Denon DP-3000NE DL 103
Prädestinierte Partner: Die Denon-MCs DL-103 (links) und DL-103R mögen lange und schwere Arme. Im DP-3000NE performten beide makellos (Foto: B. Rietschel)

Neben dem DL-103 – primär in der feineren, dynamischeren R-Version – habe ich aber auch anspruchsvollere MCs wie das Lyra Delos und das Audio-Technica AT33Sa montiert. Also auflösungsfreudige Systeme mit MicroRidge- beziehungsweise Shibata-Nadel, die wirklich genau geführt werden wollen. Was sich aber auch bei diesen stets durchsetzt, ist der Grundcharakter des Spielers, der von Kraft und Ruhe geprägt ist. Was zuerst auffällt, wenn man von anderen Spielern kommt, ist der Bass: Fester, massiver, aber auch artikulierter, als das zum Beispiel ein SL-1200GR mit dem gleichen System hinbekommt. Viel fester. Viel massiver. In engem Zusammenhang zur Bass-Performance steht der ruhige, kraftvolle Zug, den der Spieler der Musik verleiht, eine Autorität, die manche Laufwerke haben und die meisten anderen nicht – und die mich immer, wenn ich ihr begegne, an große Bandmaschinen erinnert.

Der Klang

Ich bin ein großer Fan der Technics-Spieler. Und natürlich ist der überragende 1200GR2 der richtige Vergleich: Da treten zwei große japanische Direkttriebler gegeneinander an, von Marken, die beide als Pioniere dieser Antriebstechnik gelten dürfen. Die Listenpreise unterscheiden sich etwas zugunsten des Technics. Aber nach ein paar Betriebsjahren und Tonabnehmerkäufen verschwimmen solche Feinheiten.

Denon DP-3000NE Abtaster
Während der Hörtests kam überwiegend das hauseigenen DL-103 in der neueren R-Variante zum Einsatz (Foto: B. Rietschel)

Was bleibt, ist der Klang, und da ist der Denon überlegen. Vor allem mit hochwertigen MC-Systemen klingt er einfach sauberer, großformatiger und druckvoller. Nicht dramatisch, aber nachvollziehbar. Das kann bei bestimmten Platten den entscheidenden Unterschied machen. Etwa bei „Rituals“, dem vorletzten Album der US-Band Other Lives, das erschreckenderweise auch schon wieder acht Jahre alt ist. Die Band aus Oklahoma braut da einen wunderbaren Cinemascope-Mix aus US-Folk- und Countryeinflüssen und orchestralen Arrangements, wo Beach-Boys-Harmonien und große, einsame Melodien vor endlosen Horizonten verhallen und Holzbläser mit Ennio-Morricone-Kastagnetten flirten. Die Produktion ist verschwenderisch dicht, mit gefühlten 100 Mischpultspuren und einem warmen, fülligen Gesamtsound. Die weiße Vinylpressung klingt auf Durchschnittsspielern gerne matschig und strukturschwach – muss sie aber nicht, wenn der Spieler die klangliche Größe des Denon mitbringt. Hier öffnet sich die volle Breite der Aufnahme wie im Kino, wenn nach der Werbung die Leinwandmasken rechts und links zur Seite fahren und das Saallicht ganz ausgeht. Da ist dann Platz für die Bläser- und Streicherinseln, die Chöre und Countrygitarren und natürlich die hypnotischen Rhythmen, die die kunstvollen Songgebäude in Bewegung halten.

„Mystères“ vom Bulgarian State Female Choir kommt da wesentlich unbescheidener: Das ist Material, das selbst live grenzwertig in den Ohren klingeln kann. Für Analogspieler zählen die psychedelisch polyphonen Gesänge, mitunter begleitet durch Percussion, Orgel und allerlei trötendes und fiedelndes Folk-Instrumentarium, klar zur Kategorie „Endgegner“, zumal die LP-Seiten (Jaro Medien – JARO 4153-1) obszön lang sind. Hier zeigt der Tonarm des Denon seine Qualitäten, indem er selbst die Rundnadel des DL-103, die für solche Strafexpeditionen wirklich nicht ideal scheint, sicher und ohne Verzerrungen bis zum letzten Track reitet. Auf der A-Seite ist das dann Track 12: „S’gaida Na Horo“, der dann noch einen Synthibass mitbringt und die Hörer nach insgesamt 27 Minuten dann doch recht sprachlos zurücklässt. Heieieiei, pfffff, harter Stoff. Aber beeindruckend souverän inszeniert von unserem Denon-Testgespann.

Denon DP-3000NE Musik
Rhythmus à gogo: Platten, von denen man es nicht wirklich erwartet, entwickeln mit dem DP-3000NE bemerkenswertes Feuer (Foto: B. Rietschel)

Niemand kann behaupten, dass eine solche Mischung klanglicher Talente einfach aus Glück, Zufall und (auf der Hörerseite) einer Prise Einbildung resultiert. Dagegen sprechen zahllose Hörvergleiche, aber auch zahlreiche Spieler, die mit ähnlichem oder höherem Aufwand kein stimmigeres Gesamtbild – nicht mal ein vergleichbar stimmiges – erzielen. Der Denon verleiht der Musik Kraft, Signifikanz und Autorität. Er klingt dabei insgesamt eher rund (was natürlich auch über den Tonabnehmer beeinflussbar ist) und zeichnet eine auffallend weite, stabile Bühne vor einem herrlich dunklen Hintergrund. Am lebhaftesten in Erinnerung bleibt vom Hörtest der dynamische, kraftvoll eloquente Bass des japanischen Direkttrieblers. Gerade Rockhörer, die möglichst nichts von dem oft knappen Groove-Gut verschenken wollen, werden diese Eigenschaft lieben. Und würden den DP-3000NE, sollten sie die Möglichkeit eines direkten Vergleichs haben, vermutlich praktisch allen anderen vergleichbaren Angeboten am Markt vorziehen.

Fazit Denon DP-3000NE

Unabhängig von der Antriebsart ist der DP-3000NE definitiv eines der attraktivsten Laufwerke bis 3000 Euro. Um ihn zu einem vollständigen Spieler zu machen, reicht das DL-103 aus gleichem Haus, wobei die R-Version, sofern der Phono-Preamp dafür ausreichend rauscharm ist, ihren moderaten Mehrpreis mehr als wert ist. Der Aufbau ist für High-End-Verhältnisse denkbar einfach: Die Dämpferfüße funktionieren prächtig und sind höhenverstellbar, das Serien-Headshell harmoniert perfekt mit den Denon-MCs (tatsächlich besser als zum Beispiel das Ortofon LH-4000, das wir ebenfalls probiert haben), selbst das beiliegende Anschlusskabel bietet keinen Anlass zur Kritik. Und sogar eine schöne Plexiglashaube mit Federscharnieren ist dabei.

Denon DP-3000NE Haube
Kann sich in jedem Wohnzimmer sehen und hören lassen: Denon DP-3000NE (Foto: Denon)

Der Preis geht angesichts des gebotenen Aufwands nicht nur in Ordnung, sondern erscheint nach High-End-Maßstäben fast günstig. Ähnlich wie beim Thorens TD 1600 mit TP 160 hätten wir vermutlich auch nicht (oder nur leise) protestiert, wenn uns der Tonarm solo zum gleichen Kurs angeboten worden wäre. Wurde und wird er aber nicht. Er hat ja offiziell nicht mal einen Namen. Wer ihn will, muss halt in Gottes Namen den ganzen Dreher kaufen und bekommt ein wunderschönes Edelholzfurnier und einen superben Direktantrieb quasi als Beilagen dazu.

Denon DP-3000NE
2024/03
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse
Kraftvoller, rhythmisch akkurater Klang
Exzellenter Tonarm, der den montierten Abtaster zu Höchstleistungen befähigt
Schönes Ebenholz-Finish
Der Tonarm hat keine Azimuth-Verstellung

Vertrieb:
Denon Deutschland
D&M Germany GmbH
A division of Sound United
An der Kleinbahn 18
D-41334 Nettetal
www.denon.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Denon DP-3000NE: 2.499 Euro
Denon DNP-2000NE (Silber-Graphit): 1.799 Euro

Die technischen Daten

Denon DP-3000NE
Konzept:Plattenspieler mit Direktantrieb
Tonarm:Static Balanced S-Shaped; Länge 244 mm
Headshell-Material:Aluminium
empf. Tonabnehmergewicht:
4 – 16 Gramm
Farbe:Dark ebony
Abmessungen (B x H x T):
50,0 x 18,5 x 39,4 cm
Gewicht:
18,5 kg
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Technics SL-1200G: Neuauflage einer Ikone
Test MC-Tonabnehmer Denon DL-103 + DL-103R: 60 Jahre und kein bisschen lauter

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Autor: Bernhard Rietschel

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Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.