Bei Rega fallen den meisten HiFi-Fans natürlich die Plattenspieler ein, mit denen sich die Briten seit 40 Jahren einen exzellenten Ruf erarbeitet haben. Aber die britische Analog-Großmacht hat auch etliche erschwingliche und vielfach bewährte Moving Magnet (MM-) Abtaster im Programm (Carbon, Bias2, Elys2, Exakt), die allesamt bereits den LowBeats Test durchliefen. Auch Moving Coil (MC-) Tonabnehmer (wie das sehr gute Apheta2) bieten die Briten an – allerdings bislang nur im analogen Oberhaus. Was fehlte, war ein noch erschwingliches Top-MC. Diese Lücke soll das Rega Ania für 649 Euro jetzt schließen. Man darf gespannt sein.
Wie auch das Apheta2 gehört das Rega Ania zu den “offenen” Tonabnehmern mit nicht geschlossenem Systemkörper. Sein Gehäuse ist aus Polyphenylensulfid (PPS) und damit extrem steif und weitestgehend resonanzfrei. Davon versprechen sich die Rega Entwickler eine hohe Klangreinheit.
Alle Moving Coil Tonabnehmer, das unterstreicht Rega Firmenchef Roy Gandy bei jeder Gelegenheit, werden bei Rega in England per Hand aufgebaut. So auch das Ania, das mit der gleichen, außergewöhnlich leichten und handgewickelten Mikrospule des deutlich teureren Apheta2 ausgestattet ist. Der Querschnitt des hier verwendeten Kabels liegt bei 0,018 Millimetern.
Als Abtast-Diamant bekam das Rega Ania Bewährtes mit auf den Weg: Es handelt sich um einen sogenannten “nackten” Diamanten mit elliptischem Schliff, den LowBeats Mess-Spezialist Peter Schüller wieder ausnehmend gut ins rechte Licht gerückt hat.
Und wie bei allen größeren Rega Modellen hat auch das Ania die Rega-typische 3-Punkt-Befestigungsmethode. Die dritte Schraube vorn am Tonabnehmer-Oberteil verspricht – zumindest bei Rega Tonarmen – eine noch bessere Verbindung zum Headshell sowie eine einfache Einstellung für den Überhang ohne langwidrige Justage.
Und tatsächlich: Die Montage mittels drei Schrauben im Rega-Arm ist perfekt einfach und macht mühsames Justieren überflüssig – vorausgesetzt, der Arm wurde korrekt montiert, was beim Referenzlaufwerk von LowBeats, dem Rega P9 mit Tonarm RB 1000 natürlich der Fall ist. Seine Nadelnachgiebigkeit (Compliance) passt gut zu mittelleichten Tonarmen (also auch zu allen Rega Tonarmen) – der wohl größten Gruppe am Markt. Doch auch bei Nicht-Rega-Armen geht der Einbau leicht von der Hand.
Die Empfehlungen zum Auflagegewicht liegen bei genau 20 mN (entspricht 2,0 Gramm); damit erreicht das Rega Ania eine Abtastfähigkeit von 90 Mikrometern. Das ist sehr ordentlich. Und damit sind wir schon im Bereich der Messungen, die wie üblich Peter Schüller in seinem Analog-Labor auf das Sorgsamste durchgeführt hat.
Die Messwerte des Rega Ania
Wie in jedem LowBeats Tonabnehmer-Test musste auch das Rega Ania MC den langen Mess-Parcours durchlaufen. Dazu wird jeder Abtaster perfekt im Referenzlaufwerk (Rega P9 mit Tonarm RB 1000) eingebaut und anschließend auf Herz & Nieren geprüft – siehe auch: So testet LowBeats Tonabnehmer). Die wohl anschaulichste Messung ist die vom Frequenzgang und vom Übersprechverhalten der beiden Kanäle:
Im Frequenzgang zeigt sich eine deutliche Brillanz-Betonung, die auch im “Dynamischen Frequenzgang” (der jetzt regelmäßig mittels Rechteckanalyse ermittelt wird) bestätigt wird. Das Übersprechen (die beiden unteren Kurven) ist zwar deutlich, aber recht kanalgleich. Hier zeigen sich einige, nicht vom Arm stammende, jedoch nur schwach ausgeprägte Resonanzen. Alle weiteren Messungen hier in der Slideshow:
Alle ermittelten Messwerte des Rega Ania in der Übersicht
Abtastfähigkeit bei 315Hz: 90 Mikrometer (20mN)
Harmonische Verzerrungen (h2&h3 at 300Hz, 0dB) L/R: 0,89/0,82%
Doppelton-Verzerrungen (1800+2200Hz, 0dB) L/R: 0,79/1,0%
Impuls-Verzerrungen (10kHz-Burst, -6dB) L/R: 0,24/0,28%
Systemimpedanz bei 1kHz: 6,0yH – 11Ohm
Ausgangsspannung L/R (DIN 0dB): 0,49mV (@ 5cm/s: 0,31mV)Tiefenresonanz (lateral): 7,9Hz
Die Ergebnisse des Messdurchgangs: Die Abtastfähigkeit ist mit 90 Mikrometern tadellos und auch die Verzerrungswerte liegen allesamt noch im grünen Bereich. Die Impedanz und die Ausgangsspannung liegen für MC-Abtaster im typischen Bereich.
Der Hörtest
Glücklicherweise hatte ich mich gerade mal wieder mit einem Stapel schöner neuer Platten versorgt und so machte der Hörtest gleich doppelt so viel Spaß. Zum Beispiel mit David Gilmores Live at Pompeij, unserer Platte der Woche 39. Wahrscheinlich ist diese Aufnahme mit Bildern noch beeindruckender, aber auch ohne ist die Platte ein Erlebnis. Die Bässe in „One Of These Days“ sind treibend, die Gitarre in “Shine On You Crazy Diamond” oder „Run Like Hell“ kommt derartig klar und konturiert, als spielte sie direkt vor der Nase des Zuhörers. Das Rega Ania ist für Musik wie diese gemacht. Mit seinem eher helleren Timbre peppt es jede Aufnahme ein bisschen auf – nicht unangenehm, sondern gut im Sinne des Erlebens von Musik.
Aber wo muss man das Rega Ania einordnen? Gegenüber dem Exakt, dem größten Moving Magnet Abtaster aus gleichem Haus, zeigt das Rega Ania deutlich mehr Offenheit, “Schnelligkeit” und wirkt um einiges dynamischer. Hört man das Ania, mag man (das eigentlich sehr ordentliche) Exakt nicht mehr. Gerade Stimmen wirken mit dem Ania wie befreit. Gegen das Apheta 2 allerdings hat das Ania schlechte Karten: Die Hochtonstrukturen bildet das große Rega MC noch einmal viel feiner nach, Stimmen haben mehr Wärme, Streicher die schöneren Klangfarben. Es klingt einfach souveräner.
Innerhalb der Familie wird die Hierarchie also standesgemäß eingehalten. Aber wie sieht es mit gleichteuren Mitbewerbern aus? Das beste MC um 600 Euro, das bislang das LowBeats Testlabor durchlief, ist das Sumiko Blue Point Special Evo III. Dieses Sumiko ist in Bezug aus geschmeidige Souveränität, natürliche Klangfarben und Selbstverständlichkeit bei der Wiedergabe kaum zu toppen. Auch vom Rega Ania nicht. Das allerdings sammelte mit seiner schnelleren, dynamischeren und im Bass präziseren Gangart etliche Pluspunkte für sich.
Für alle, die sich selbst ein Bild machen wollen, verweise ich wie gewohnt an dieser Stelle auf das LowBeats Klang Orakel. In diesem Sound-Archiv sind alle Rega Tonabnehmer – aber auch das Sumiko Blue Point Special Evo III und viele weitere mehr – als Musik-File hinterlegt, sodass man sie mit einem möglichst guten Kopfhörer leicht miteinander online vergleichen kann.
Fazit
Rega füllt eine große Lücke seines Abtaster-Programms mit einem bemerkenswerten Tonabnehmer: Das Ania ist vielleicht nicht so Klangfarben-getreu wie ein vergleichbar teures Sumiko MC oder wie die größeren Rega MCs, aber es ist wunderbar dynamisch, zackig und macht richtig viel Spaß. Abgerundet wird das gute Bild durch seine guten Messwerte und die Dreipunkt-Einbauhilfe, mit der die Justage – zumindest an Rega Tonarmen – zum Kinderspiel wird. Eine schöne Bereicherung des Abtaster-Markts.
Bewertung
KlangPraxisMesswerteGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Lebendig-dynamisches Klangbild |
| Gute Abtastfähigkeit |
| Dreipunktbefestigung |
| Hochtonbetonung |
Vertrieb:
TAD Audio Vertriebs GmbH
Rosenheimer Straße 33
83229 Aschau
www.tad-audiovertrieb.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rega Ania: 649 Euro
Weitere Rega Tonabnehmer:
Test MC-Abtaster Rega Apheta2
Test MM-Abtaster Rega Carbon
Test MM-Abtaster Rega Elys2
Test MM-Abtaster Rega Exact
Alle getesteten Rega MM-Tonabnehmer im Vergleich
Zum Selberhören: Das LowBeats Klang Orakel Tonabnehmer
Der Gegenspieler:
Test MC-Tonabnehmer Sumiko Blue Point Special Evo III
Ratgeber:
So gelingt es perfekt: Tonabnehmer selber einbauen