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AudiaZ Opera im LowBeats Hörraum
Erneut hat uns die kleine bayerische Boxen-Manufaktur AudiaZ überrascht: Die Opera klingt auch wegen des außergewöhnlichen Mitteltöners herausragend transparent. Leider ist so viel Klangqualität nicht billig: das Paar kostet 39.000 Euro (Foto: H. Biermann)

Test Standbox AudiaZ Opera: die Schönheit höchster Transparenz

Als AudiaZ-Chef Dr. Herlmuth Weber am Anfang des Jahres 2022 seinen schlanken Standlautsprecher Cadenza vorbeibrachte, staunten wir nicht schlecht. So viel präzise Auflösung und mühelose Antrittsgeschwindigkeit hatten wir auch in der Klasse bis 30.000 Euro – das kostet die Cadenza – bislang nicht gehört und waren dementsprechend voll des Lobes. Dr. Weber freute sich zwar über die warmen Worte, ließ aber beim Abholen der Cadenza durchblicken, dass aus seiner Sicht noch einiges mehr ginge. „Da müsst ihr mal die AudiaZ Opera hören. Die kostet zwar 10.000 Euro mehr, kann aber auch viel mehr.“ Wir taten, wie uns der Doktor geheißen hatte und orderten die kaum größere Opera. Und nach über zehn lustvollen Wochen des Hörens kann ich sagen: Der Mann hatte Recht. Dieser Lautsprecher ist ein noch größeres Erlebnis.

Es ist ja eine dieser vielen eigenwilligen Geschichten, von denen die HiFi-Branche so reich ist: Dr. Helmuth Weber, anerkannte Augenarzt-Größe im Raum Rosenheim, legt Keratometer und Augenspiegel beiseite, um seiner wirklichen Passion zu folgen – die allerdings mit Ohren beziehungsweise dem Hören zu tun hat. Gleichwohl hat der Doktor einiges aus seiner früheren Tätigkeit mit in den Boxenbau herüberretten können: Mit der gleichen Präzision und Passion, mit der er seinerzeit die Operation am Auge durchführte, widmet er sich jetzt den Lautsprechern. Und ich finde: das hört man.

Die Besonderheiten der AudiaZ Opera

Obwohl Dr. Weber ja zweifelsfrei ein Seiteneinsteiger ist, zeigt sich der Mann erstaunlich Theorie-fest. Man kann jedenfalls herrlich mit ihm fachsimpeln. Fest steht: Er ist ein Verfechter des präzisen Impules und schwört daher auf die außergewöhnlichen Keramik-Treiber der Firma Accuton. Und damit befindet sich in durchaus prominenter Gesellschaft: Lyravox, Gauder, Tidal, Marten, um nur einige zu nennen, nutzen die bockelharten Membranen aus Pulheim ja ebenfalls mit großer Überzeugung.

Doch obwohl die Accuton-Spezialisten nun schon recht lange am Markt sind und ihre Treiber permanent verbessern, gelten vor allem die Hoch- und Mitteltöner noch als recht zickig. Man muss sich also elektrisch und/oder mechanisch einiges einfallen lassen. Normalerweise werfen wir ja immer auch viele Blicke in die Lautsprecher, doch Dr. Weber bat dieses Mal um eine Ausnahme von dieser Regel: „Ich will doch nicht, dass die Mitbewerber sehen, was ich da alles mache…“ Der Wunsch wurde ihm selbstredend gewährt und wir haben ja vom Test der Cadenza etliche Bilder, die einen Eindruck von seinen Lautsprecher-Ideen verschaffen

Wie die sehr ähnliche, nur etwas kleinere Cadenza ist auch die Opera eine 3-Wege Konstruktion mit Doppelbass-Bestückung. Den Hochtöner mit Keramik-Kalotte hat Dr. Weber einfach aus der Cadenza übernommen: „Der Hochtöner ist durchaus anspruchsvoll. Aber wenn man ihn richtig zähmt, klingt der toll.“ Da kann ich ihm nur zustimmen. Gleichwohl bietet AudiaZ für die Opera ein Upgrade auf den Diamant-Hochtöner von Accuton an.

AudiaZ Opera Tweeter
Bei AudiaZ kommt nur noch die große Hochtonkalotte C-30 zum Einsatz. Sie bietet mehr Dynamik als die kleineren Kalotten des Anbieters und zudem die Möglichkeit einer vergleichsweise niedrigen Einsatzfrequenz – im Falle der Opera spielt die C-30 ab 2.000 Hertz (Foto: H. Biermann)

Wir haben diese Upgrades bei den Mitbewerbern von Gauder und Lyravox öfter schon durchgespielt. Der Diamant klingt insgesamt etwas besser, weil feiner und eleganter. Aber die kernige Keramik-Kalotte gefällt mir ebenfalls sehr gut – sie hat so etwas Ehrliches…

An den beiden Bässen sieht man, dass die Opera die große Schwester ist: Sie haben nun 22 satt 17 Zentimeter Durchmesser. Das erhöht die Membranfläche recht ordentlich. Und beim Mitteltöner griff Dr. Weber gleich ganz in die Vollen und verwendet hier den neuen C 168 CELL.

Hinter der spröden Bezeichnung steckt ein kleines Wunderwerk. Dessen Membran misst – natürlich aus dem extrem steifen Keramik-Komposit – 14,6 Zentimeter im Durchmesser und wird von einer ebenso großen Schwingspule angetrieben. Anders als bei fast alle anderen Membran-Mitteltönern am Weltmarkt setzt hier die Schwingspule also am äußeren Rand und nicht in der Mitte der Membran an. Wir finden diese Form des Antriebs bei Kalotten-Hoch- oder -Mitteltönern. Bei so großen Membranen macht man das gemeinhin nicht. Das Konstrukt funktioniert natürlich nur mit extrem verwindungssteifen Membranen. Aber wenn es klappt, hat es den immensen Vorteil, dass nach hinten kaum Reflektionen entstehen.

Ode an den Mitteltöner

In den letzten 30 oder gar 40 Jahren war immer die 75 Millimeter große Kalotte von ATC mein absoluter Lieblings-Mitteltöner. Sie verspricht – richtig eingesetzt – extreme Präzision und Feinseidigkeit. Doch mit dem Erscheinen des C 168 rutscht die ATC-Kalotte jetzt auf Platz zwei: Was man hier an Fein- wie Grobdynamik hören kann, welche Präzision und Detailfülle, das ist fraglos State Of The Art.

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AudiaZ Opera Mitteltöner-Membran
Wie alle Keramik-Treiber von Accuton muss auch der C168 hinter Gitter (Foto: H. Biermann)
AudiaZ Opera Mitteltöner Magnet
Von der Seite sieht man den offenkundig riesigen Magneten …
AudiaZ Opera Mitteltöner von hinten
… der allerdings nur ein Magnetring ist, dessen große Öffnung hier die Zentrierspinne erkennen lässt (Foto: H. Biermann)
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Natürlich ist es Unfug, einen Lautsprecher nach einer einzelnen Komponente hin zu beurteilen: Das Gesamtkonzept muss genauso passen wie die exakt auf das Ganze zugeschnittene Frequenzweiche. Aber wenn schon mal so außergewöhnliche Treiber ein Teil des Teams sind, ist das sicherlich hilfreich…

Obwohl sich Dr. Weber ja so ungern die Karten schauen lässt, erwähnte er beim Mitteltöner doch das ein oder andere Detail: So läuft die Mitteltonkammer nach hinten spitz zu, ihre Wände sind mit reinem Wollfilz beklebt. In Verbindung mit einer Handvoll des sogenannten Engelshaars (Tawron von Mundorf) will der Doktor die rückwärtigen Resonanzen komplett im Griff haben. „Das hat echt lange gedauert, bis wir hier die optimale Kombination herausgefunden hatten. Aber jetzt klingt der Mittelton einfach toll.“

Und natürlich hat Dr. Weber auch auf der Frequenzweiche den ein oder anderen Trick verwandt, der uns allerdings verborgen bleibt. Was man sehen kann, ist die extrem hohe Qualität aller verwendeten Bauteile. Hier bestimmt Silber das Bild. Heißt: die Opera ist vollständig mit einer Reinsilber-Innenverkabelung verdrahtet, die WBT-Polklemmen sind aus Silber und selbst der Kondensator vor dem Hochtöner arbeitet mit einer Reinsilberfolie.

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AudiaZ Opera Caps
Audyn und Dueland-Kondensatoren bestimmen das Bild auf der Frequenzweiche – zumindest im Signalweg. Aber auch der Kölner Nobel-Zulieferer Mundorf (nicht im Bild) ist stark vertreten (Foto: H. Biermann)
AudiaZ Opera Silber-Innenverkabelung
Die Innenverkabelung besteht aus Reinsilberleitern in einem Dielektrikum aus extrudiertem Teflon und wird exklusiv von GORETEX für AudiaZ gefertigt (Foto: H. Biermann)
AudiaZ Opera Anschluss
Das Single-Wire Terminal ist mit WBT 0710 Reinsilber Polklemmen ausgestattet. Oberhalb der Klemmen ist ein Kippschalter eingelassen, mit dem man den Hochton dezent anpassen kann. In den Hörtests blieb er allerdings stets in der Neutral-Stellung (Foto: H. Biermann)
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Die beiden 22er Tieftöner laufen in der Opera nur bis 180 Hertz. Damit strahlen sie über den gesamtem Bereich noch komplett kugelförmig ab. Im Gehäuse stehen sie im 90° Winkel zueinander. Das ist zwar nicht die sogenannte Impuls-Korrektur mit zwei gegenüberliegenden Tieftönern, wie es heute von vielen Herstellern angeboten wird. Aber trotzdem wirkt diese Anordnung natürlich mit einer anderen Energie auf das Gehäuse, als wenn beide Bässe in die gleiche Richtung arbeiten würden: Vibrationen werden wie bei einem V-Motor reduziert.

AudiaZ Opera Paar
Das Bild der AudiaZ Opera macht schnell deutlich, warum Dr. Weber hier vom OVO-Design spricht: zwischen den beiden „Os“ der Bässe ist ein großes, schräges „V“ (Foto: H. Biermann)

Das Gehäuse…

…der Opera ist im Grunde eine schlanke Säule (Höhe: 1,25 Meter) mit quadratischem Grundriss (28,4 x 28,4 Zentimeter) an deren oberen Hälfte ein Dreieck herausgeschnitten wurde. Dieser Trick hat akustisch fast nur Vorteile: Das Gehäuse wird durch die Schräge versteift, die Gehäuse-Resonanzen verteilen sich besser und die Schallentstehungszentren von Hoch- und Mitteltöner (also ihre Schwingspulen) sitzen durch die Schräge ziemlich genau übereinander. Wenn der geneigte Zuhörer seinen Kopf (beziehungsweise die Ohren) beim Musikhören in etwa 1 Meter Höhe hat, sollten – so das Ideal von Dr. Weber – die Signale von Hoch- und Mittelton zeitgleich ankommen.

Aufgebaut ist die Säule aus 19 mm starkem Ahorn Plexwood. Hinzu kommen etliche Teiler und die Mitteltonkammer. All diese Verstrebungen versteifen das Gehäuse und schwächen die gefürchtete Längswelle ab. Auf die Gehäusewände ist eine 4 mm starke Schalldämpffolie aus dem Automobilbereich geklebt, auf die noch eine Lage mit 15 mm starkem Wollfilz aufgebracht ist. Beim Klopftest ist dieser Aufwand hörbar: Es klingt fast „tot“.

AudiaZ Opera BR-Port
Die Bodenplatte mit dem ausgehenden (Downfire-) Bassreflexport ist prinzipbedingt besonders vibrationsanfällig. Dr. Weber versteift sie daher mit einer zusätzlichen Metallplatte. Für die Entkopplung vom Boden hat die Opera Metallfüße mit einer Distanzscheibe aus Kunststoff (Foto: H. Biermann)

Praxis

Im High End begegnen uns nur selten Schallwandler, die elektrisch weitgehend anspruchslos sind. Die Opera ist so eine Ausnahme. Der Phasenverlauf (blaue Kurve) ist fast linear und auch die Impedanz (rote Kurve) sollte keinen angeschlossenen Verstärker vor Probleme stellen. Einzig der von uns ebenfalls ermittelte EPDR-Wert (graue Kurve), der sich aus dem Impedanz- und Phasenverhalten ergibt, mutet dem Verstärker unter 20 Hertz Impedanzen unter 2 Ohm zu. Das dürfte in der Praxis aber nur wenig relevant sein

AudiaZ Opera: Impedanz, Phase, EPDR
Impedanz (rote Kurve) und Phase (blaue Kurve) sind verträglich: die Phase macht keine wilden Sprünge, die Impedanz rutscht nie unter 3,2 Ohm – ist also DIN-gerecht (Messung: J. Schröder)

Obwohl die Impedanz eigentlich mustergültig verläuft, bietet Dr. Weber noch eine Impedanz-Linearisierung an. Das kleine Metallkästchen ist ebenfalls nobel mit Reinsilber-Klemmen und -Kabel bestückt, obwohl die Schaltung ja nur parallelgeschaltet wird. Aber bei der AudiaZ Opera ist Qualität halt überall Trumpf – auch auf den Nebenbaustellen.

AudiaZ Opera Impedanz-Korrektur
Die Impedanz-Linearisierung (die in der Regel nur aus einem Kondensator + Spule + Widerstand besteht) ist standesgemäß in einer noblen Metallbox untergebracht und kann direkt am Verstärker oder der Endstufe angeschlossen werden (Foto: H. Biermann)

Der hohe Aufwand ist aus meiner Sicht gar nicht unbedingt nötig. Alle angeschlossenen Verstärker (Canor Röhren-Endstufe M1, SPL Stereoenstufe s1200 sowie die beiden Vollverstärker Westend Audio Monaco (Röhre) und German Physiks „The Emporer“ (Transistor) quittierten das Hinzuschalten der Impedanz-Linearisierung mit weniger Dynamik und etwas weniger Raumtiefe. Einzig der Fezz Audio Mira Ceti, ein süßer 300B Röhren-Amp, schien mit dem Impedanz-Kästchen im Bass stabiler und etwas kraftvoller. Aber selbst bei ihm gab es Stimmen in der Testercrew, die lieber „ohne“ hörten.

Aber Moment mal: Der Mira Ceti hat gerade einmal neun Watt pro Kanal. Passt das überhaupt? Ziemlich gut sogar. Denn die AudiaZ Opera ist erfreulich wirkungsgradstark: Spielt man ihr 2,83 Volt zu, erzeugt sie in 1 Meter Abstand (das ist eine weltweit anerkannte Standardmessung) erstaunliche 88,5 Dezibel. Mit den nicht einmal zehn Watt des Mira Ceti erreicht sie knapp 97 Dezibel. Das ist schon eine Menge; viele Leute hören nie lauter.

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LowBeats Pegel-Messung AudiaZ Opera@105dB
Bei der klassischen Wohnzimmerpegel-Messung (85 dB) zeigt die Opera quasi keine Verzerrungen (Messung: J. Schröder)
LowBeats Pegel-Messung AudiaZ Opera@105dB
Bei 105 dB übersteigen die Klirr-Komponenten die 10%-Marke, dann signalisieren die LowBeats Mess-Systeme das Ende der Fahnenstange (Messung: J. Schröder)
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Doch die Opera kann auch anders. Das Mess-System ermittelte für die AudiaZ einen Dauer-Maximalpegel von 105 dB. Ein guter Wert. Denn zusammen mit der zweiten Box (gemessen wird ja immer nur eine) und vor dem Hintergrund, dass Musik ja nun einmal eine sehr dynamische Sache ist, darf man für den kurzfristigen Maximalpegel satte 12 dB addieren.

Und nach 117 dB hört sich die AudiaZ tatsächlich an, wenn ein Verstärker vom Schlage des German Physiks „The „Emporer, der die geforderten 160 Watt geradezu lässig aus den Transistoren schüttelt, an den Klemmen hängt. Dann wird aus der fast zart wirkenden Säule auf einmal eine pegelfeste Beschallung. So viel feine Auflösung bei höherem Konzertpegel – das hat schon was…

Noch ein Wort zur Aufstellung: Die Cadenza kann  man wegen ihrer eher schlanken Abstimmung zum Bass auch getrost in die Nähe der Rückwand stellen. Bei der Opera ist das nicht angeraten. Sie verlangt nach mindestens 40 – 50 cm Platz nach hinten. Das sollte man beim Kauf bedenken.

Hörtest

Das passiert auch uns nicht oft, dass wir eine Kombination im Hörraum stehen haben, die so gut wie keine Frage mehr offenlässt. Aber dann doch mal wieder geschehen im Münchner Hörraum, als wir neben der Opera auch noch die große Vor-/Endstufen-Kombination Hyperion P1 und Virtus M1 von Canor zu Besuch hatten. Die M1 Mono-Blöcke sind auch im Trioden-Betreib ziemlich kräftig und harmonierten derart gut mit den Operas, dass den meisten unserer Besuchern schlicht der Mund offenblieb. Alles klang so vielfältig, so prall und richtig, dass ich mich mehrfach abends dabei erwischte, wie ich meine alten Lieblings-Scheiben rauskramte und dann bei gedimmtem Licht und einem Gläschen leckeren Rosés den Tag ausklingen ließ.

Curtis Mayfield Live @ Bitter End
Eines der schönsten Konzerte von Curtis Mayfield. Live eingefangen in einem kleinen Club im Bitter End (Cover: Qobuz)

Beispiel Curtis Mayfield „Live at Bitter End/New York“. Die Stimmung des kleinen Clubs gibt die Opera so lebensecht wieder, dass man sich direkt an die Theke versetzt fühlt. Schlagzeug und Congas haben so etwas habhaft-Authentisches, dass man meint, diese feinen Vibrationen der Schläge zu spüren

Fast noch mehr in ihrem Element aber waren die Schallwandler des Dr. Weber bei jeder Art von akustischer Musik. Das „Saturday Night in San Francisco“ ist ja fast noch geiler als das legendäre „Friday Night…“: Die selben Protagonisten (Al Di Meola, John McLaughlin und Paco De Lucia), die selbe Location, dasselbe Wochenende des Jahres 1980 und die selben Tonmeister, die im Hintergrund eine fantastische Arbeit verrichten. Ein Gitarren-Feuerwerk der Extraklasse. Und jeder noch so kleine Oberton ist zu hören.

DiMeola, McLaughlin, DeLucia: Saturday Night in San Francisco
Die „Friday Night In San Francisco“ der Herren Di Meola, McLaughlin und De Lucia war klanglich und von der Atmosphäre her ein Hammer. „Saturday Night In San Francisco“ wurde nur wenig später aufgenommen, wird aber erst jetzt veröffentlich – und sprüht ebenfalls nur so vor Dynamik und genialem Live-Konzert-Klang… (Cover: jpc)

Spektakulär ist, wie dicht die Opera den Zuhörer an die Instrumente der Gitarren-Meister heranzog, welche Details sie aus dem Gitarren der drei extrahierte, wie mühelos sie den dynamischen Impulsen der Aufnahme folgte. Das hatte ich noch nie so gut gehört.

Ebenso das großartige „Girl From The North Country“ der Herren Dylan und Cash. Manch Musikfreund wird sich vielleicht einen Hauch mehr Wärme und Schmelz wünschen; da gibt sich die Opera etwas karg. Aber auch hier war wieder umwerfend, wie klar und genau die AudiaZ die Eigenheiten der Stimmen herausarbeitete.

Wir konnten auch nach vielen Tagen des Hörens bei diesem Lautsprecher keine klanglichen Schwächen ausmachen. Eher Charakterzüge. Es bleibt diese sehr offene und klare Spielweise, die man häufig bei Accuton-bestückten Schallwandlern findet. Wie zum Beispiel den von mir ebenfalls hoch geschätzten Lyravox-Modellen. AudiaZ wie Lyravox sind eine Art Gegenentwurf zu den eher auf „harmonischen“ Klang getrimmten Schallwandler aus dem Bereich jener Firmen, die sich früher um die BBC tummelten – also Harbeth, Spendor, Graham & Co.

Und anders als die englischen Speaker kann die Opera unten richtig hinlangen. Das urgewaltige „Red Warrior“, aus Hans Zimmers Soundtrack für The Last Samurai, kam mit der Opera herrlich bedrohlich und mit viel Bass von ganz unten. Es gibt in dem Stück eine Stelle, da lässt Zimmer alle Furien los: dutzende Streicher, untermalt von den düsteren Posaunen, die Kampfrufe der Samurai und als i-Tüpfelchen Pauken und Kodo-Drums.

Hans Zimmer "Last Samurai
Der letzte Samurai war natürlich ein Amerikaner… Trotzdem ein toller Film mit grandioser Musik von Hans Zimmer (Cover: Oobuz)

Bei diesem Pegel begann den famosen Canor-Monos ab und an die Kraft auszugehen. Also verkabelte ich den keinen Deut leichteren, dafür brutal kräftigen (und vom Namen auch noch besser zum Film passenden) „The Emperor“ mit den Opera. Und der trat tatsächlich eine Hölle los. Es ist echt beeindruckend, was in diesem Stück im Bassbereich alles passiert – und mit welcher Akribie die Opera das alles auffächert. Ich habe selten einen Lautsprecher gehört, der selbst in so unüberschaubar komplexen Passagen derart selbstverständlich die Übersicht behält – Wahnsinn.

Natürlich musste die Opera sich auch gegen die LowBeats Referenz, die FinkTeam Borg beweisen. Obwohl nicht ganz mit der Membranfläche der Opera gesegnet, hämmerte die Borg die Pauken mit noch mehr Autorität in den Raum. Insgesamt klang die – ja ebenfalls für ihre Präzision hoch gelobte – Borg in den Mitten etwas sanfter. Die Opera wirkte hier offener, freier, dynamischer und einen Tick präziser. Aber irgendwo müssen sich ja auch die Vorzüge dieses außergewöhnlichen Mitteltöners niederschlagen…

Fazit AudiaZ Opera

Die Cadenza war ja schon ein echtes Ausrufezeichen, doch die nächstgrößere Opera klingt einfach noch einmal viel souveräner. Der sattere Bass und der nochmals präzisere Mittenbereich scheinen auch die Höhen zu beflügeln, die über die Opera noch einen Tick feiner kommen. Ebenfalls auf der Habenseite stehen der hohe Wirkungsgrad und der geringe Anspruch der schlanken Säule an den angeschlossenen Verstärker. Aber nur elektrisch: Klingen sollte der Amp möglichst – wie auch die Opera – überragend gut.

Denn diese AudiaZ ist ein Quell an Offenheit und Detailfreude. Wer Spaß daran hat, Musik so direkt und hautnah zu erleben (ich gehöre dazu), der wird sich schwertun in dieser Preisklasse Besseres zu finden. Und obwohl die Opera ja fast 10.000 Euro teurer ist als die kleine Cadenza, so ist sie doch der „preiswertere“ Schallwandler: Sie bietet unterm Strich einfach mehr.

Und auch das ist richtig: 39.000 Euro sind eine stattliche Summe. Aber wenn man mal vergleicht, was die Anbieter ähnlich bestückter Passiv-Lautsprecher nehmen, wird man sich schnell wieder den Modellen von Dr. Weber zuwenden…

AudiaZ Opera
2022/10
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ungemein transparenter, harmonisch-präziser Klang
Druckvoll-trockener Bass
Elektrisch gutmütig, auch für Röhren geeignet
Wirkungsgradstark und pegelfest

Vertrieb:

AudiaZ
Niederdonauweg 10
Amalienstraße 45
83024 Rosenheim
08031 33738
www.audiaz.de

Paarpreis
AudiaZ Opera: 39.000 Euro

Die technischen Daten

AudiaZ Opera
Technisches Konzept:3-Wege Standbox, Bassreflex
Treiber (alles Accuton):TT: 2 x 22,0 cm, MT: 1 x 16,8 cm, HT: 1 x 30 mm
Wirkungsgrad:88,5 dB (2,83 Volt)
Maximaler Pegel (Dauer / kurzfristig):105 dB / 117 dB
Verstärkerleistung für max. Dauer-Pegel
160 Watt
Min. Impedanz:
3,2 Ohm @ 23 Hertz
Abmessungen B x H x T:28,4 × 125,7 × 28,4 cm
Gewicht:56,0 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Vor-/Endstufen-Kombination Canor Hyperion P1 + Virtus M1
Test German Physiks The Emperor: Vollverstärker der Kaiserklasse
Test Röhrenvollverstärker Westend Audio Monaco
Test FinkTeam Audio Borg: die neue LowBeats Referenz
Test Stereo-Endstufe SPL S1200: der smarte Big Block

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Standbox AudiaZ Cadenza: der perfekte Impuls

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.