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Alle 6 neuen Sumiko Tonabnehmer im Vergleich

Das Sumiko Songbird

Jenseits der beiden BluePoints ist jedoch noch viel Raum für weitere Sumiko Tonabnehmer – Raum für vornehmere Nadelschliffe und -Träger, Raum für einen mechanisch wie elektromagnetisch noch verlustärmeren Aufbau.

In diesen Raum, der aktuell nur von dem etwas angejahrten 1.500-Euro-Modell Blackbird und exklusiven Holzkorpus-Sumikos jenseits der 3.000-Euro-Grenze okkupiert wird, schwingen sich nun die beiden neuen MCs Songbird und Starling auf – zu Preisen von jeweils etwas über 1.000 und 2.000 Euro.

Das MC-Tonabnehmer-System Sumiko Songbird mit offenem Systemkörper (Foto: P. Schüller)

Das Songbird ist wie die preiswerteren Sumiko Tonabnehmer ein High-Output-Modell, führt also etwas dickere, windungsreichere Spulen am hinteren Ende seines Alu-Nadelträgers, als man sie bei „echten“, leisen MCs finden würde.

So ergeben sich eine mit MM-Phonoeingängen kompatible Ausgangsspannung und damit völlig unkomplizierte Praxiseigenschaften, auch beispielsweise an Röhrenamps, denen es für leise MCs an Verstärkung und/oder Rauscharmut fehlt.

Eine weitere Parallele: Wie das Blue Point Special Evo III ist das Songbird „nackt“ aufgebaut, stellt seine filigranen inneren Bestandteile also völlig ungeschützt zur Schau. Es nähert sich der Platte also kein Milligramm Metall oder Plastik, das nicht wirklich unverzichtbar ist.

Wie in einem Modell aus dem Physikunterricht sieht man den länglichen grauen Neodym-Magnetquader, die vordere Polplatte mit ihrem Durchtrittsloch für den Nadelträger, direkt dahinter den Luftspalt mit dem darin auf einem Dämpferkissen gebetteten winzigen Spulenpaket, den zylindrischen Generatorträger mit den Justageschrauben für den Spanndraht und die spinnwebfeinen Signaldrähtchen, die zu den Anschlusspins am hinteren Ende des Systems führen.

Die verirrte Feder eines Staubwisch-Püschels kann hier ebenso schnell zu irreparablen Zerstörungen führen wie magnetisches Werkzeug, das zu nah an das Magnetfeld gerät und dann überraschend und mit erschreckender Gewalt angezogen wird.

Aus eigener Erfahrung weiß der Autor aber auch, dass man mit nackten Systemen völlig problemlos hören und arbeiten kann: Das meistgehörte und -montierte System am privaten Spieler war über Jahre ein nacktes Benz Glider, das auch ‚zig Ein- und Ausbauten schadlos überstand, obwohl es nicht mal einen Nadelschutz dafür gibt.

In dem Punkt haben sich die Amerikaner vorbildlich bemüht und dem Blackbird ein wirklich gutsitzendes, problemlos auf- und absetzbares Kunststoff-Verhüterli geschneidert, das auch weniger routinierten Monteuren eine Handhabung ohne Herzrasen ermöglicht.

Die Montage des nackten Systems gerät daher nicht etwa kniffliger, sondern unterm Strich sogar einfacher als bei vielen vollbekleideten Mitbewerbern: Mit geraden Kanten, moderaten Abmessungen und eingeschnittenen Gewinden lässt sich sein gefräster Alu-Rumpf in jedem Headshell problemlos unterbringen und ausrichten, die hinten leicht spitz zulaufenden Anschlusspins erleichtern das oft heikle Aufstecken der Tonarmdrähte und der freistehende, komplett sichtbare Nadelträger macht die geometrische Feinarbeit fast schon zum Vergnügen.

Die Messergebnisse des Sumiko Songbird

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Sumiko Tonabnehmer-Messungen Songbird
Sumiko Songbird: Frequenzgang und Übersprechen (Messung: P. Schüller)
Sumiko Tonabnehmer-Messungen Songbird
Sumiko Songbird: Doppelton IM-Verzerrungen (Messung: P. Schüller)
Sumiko Tonabnehmer-Messungen Songbird
Sumiko Songbird: Impulsverzerrungen (Messung: P. Schüller)
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Beim Songbird handelt es sich um ein MC-High-Output-System; es ist mit seiner Ausgangsspannung auf MM-Niveau für den Betrieb an „normalen“ MM-Eingängen vorgesehen. Aufgrund seiner im Vergleich zu MM-Tonabnehmern sehr niedrigen elektrischen Impedanz kann es auch bei niedrigeren Eingangswiderständen als den MM-üblichen 47 Kiloohm betrieben werden.

Zum Beispiel bei 1 Kiloohm Abschluss: Das verschlechtert den Rauschabstand zwar minimal, kann aber deutliche Klangvorteile bringen. Auch gegenüber einer für MM-Tonabnehmer normalerweise schädlich hohen Eingangskapazität sind solche MC-Typen immun.

Der Frequenzgang des Sumiko Songbird ist erfreulich ausgewogen und breitbandig. Die leichte Höhenbetonung zeigt sich nur bei der JVC-Messschallplatte, die dynamische Messung mittels Rechteckspektrum ist dagegen sehr ausgewogen.

Auch das Übersprechen ist erfreulich niedrig, allerdings mit leichter Kanalungleichheit. Die Abtastfähigkeit geht mit 80 Mikrometer absolut in Ordnung – ein Wert, der in der Praxis auch in schwierig abzutastenden Passagen völlig ausreicht. Auch die Abtastverzerrungen halten sich in Grenzen.

Am Rega Arm RB1000 liegt die Tiefenresonanz bereits im günstigen Bereich, wie sie bei Armen mit einer effektiven Masse zwischen 8,5 und 18 Gramm erreicht wird.

Der Nadelträger des Songbird erinnert stark an das Aluröhrchen etwa des MM-Modells Moonstone, und auch der eigentliche Diamant, ein gefasster elliptischer Stein, könnte von diesem stammen. Der mechanische Aufbau des Songbird hat jedoch eine Resonanz- und Spielfreiheit, die einerseits eben nur mit MCs und ihrer prinzipbedingt nicht tauschbaren Nadel möglich ist und andererseits auch die aus den 90er-Jahren stammenden BluePoint-Verwandten weit in den Schatten stellt.

Sumiko Songbird Nadel
Dert Diamant des Sumiko Songbird (Foto: P.Schüller)

Zu der mechanischen Überlegenheit kommt eine weitere MC-Stärke: die größere Linearität und Übertragungsbandbreite des Generators durch die viel kleinere Induktivität der winzigen Spulen. Das bringt, anders als etwa bei HiRes-Digitalfiles, nicht nur subtile Vorteile, sondern eine klar transparentere, offenere, klangfarblich differenziertere Wiedergabe.

So jedenfalls stellte sich das Sumiko Songbird neben dem gewiss nicht schlechten Moonstone dar – wohlgemerkt mit praktisch gleicher Nadel-Nadelträger-Kombination, in identischen Tonarmen (zwei Linn Ekos mit dicht beieinanderliegenden Seriennummern) und an der gleichen Phono-Vorstufe (der feinen, neutralen Natalija von Rike Audio).

Wer einen modellhaften Hörvergleich sucht, um den Schritt aus der MM- in die MC-Welt zu demonstrieren – mit dem Moonstone und dem Songbird gelingt genau das. Und zwar so überzeugend, dass der Faktor drei, der zwischen den Preisen liegt, gar nicht mehr dekadent wirkt.

Wir empfehlen hier den Online-Vergleich der Sumiko Tonabnehmer im LowBeats Klang Orakel. Allerdings hört man in unserem Klang Orakel die Unterschiede natürlich nur mit guten Kopfhörern und ordentlichen Kopfhörer-Verstärkern wirklich im vollen Ausmaß.

Dass der Preis des Songbird unterm Strich schon in Ordnung geht, erkennt man auch bei Vergleichen mit Produkten anderer Hersteller – von Transrotor (Merlo) über EAT (das fabelhafte, noch separat zu besprechende Jo No. 5) bis hin zu Dynavector (DV-20X2): In jedem System steckte genügend Klang-Perfektion, um damit bis zum Ende seiner Tage glücklich Musik hören zu können.

Aber jedes setzte etwas andere Schwerpunkte. Das Songbird ist in diesem Umfeld nicht das System mit dem feinsten, saubersten Hochtonbereich, spielt bei Struktur, Timing und musikalischer Traktion aber ganz vorne mit und hat mühelos die größte Abbildung.

Mit guten Aufnahmen aus realen Akustik-Umfeldern – Clubs, Konzertsäle, Kirchen – gelingt dem Sumiko trotz seines tonal eher runden Charakters immer wieder eine auffallend stabile, weit aufgefächerte und zugleich präzise organisierte Darstellung, die den Musikern und Instrumenten zu greifbarer Präsenz verhilft.

Ob das auch mit dem Verzicht auf Gehäuse oder sonstige Verkleidungen in der direkten Umgebung des Generators zu tun hat – der Autor ist davon überzeugt, denn bei Nadel und Generator selbst treibt die Konkurrenz teilweise klar größeren Aufwand.

Sumiko Songbird

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Autor: Bernhard Rietschel

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Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.