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Als musikalische Highlights aus dem März 2024 haben wir fünf Alben erkoren. Mit dabei: Norah Jones "Visions"

Die musikalischen Highlights aus dem März 2024

Der März dieses Jahres war voller schöner Musik-Neuveröffentlichungen. Wir haben in diesem Beitrag fünf der interessantesten herausgepickt. Und zwar:

1.) Norah Jones: Die Tochter von Sitar-Koryphäe Ravi Shankar veröffentlicht mit „Visions“ ein illustres Cross-Over-Album auf dem renommierten Label Blue Note.

2.) Mit Marry Waterson & Adrian Crowly treffen sich eine formidable britische Sängerin und ein patenter irischer Singer-Songwriter im folkigen Album „Cuckoo Storm“.

3.) Midnight-Oil-Sänger Peter Garrett ölt mit „The True North“ herrlich die Down-Under-Indie-Rock-Szene.

4.) Oisin Leech fährt mit feinen Irish-Folk-Songs hinaus auf die tief schillernde „Cold Sea“ – ein chilliger Ausflug zur inneren Einkehr.

5.) Deep Purple feiern den 50. Geburtstag ihres Mega-Krachers „Machine Head“ als opulente „Super Deluxe Edition“ – hier steigt ein unerhört beißender, heiliger „Smoke“ auf, sogar mit Dolby-Atmos-Mixes!

Die musikalischen Highlights aus dem März 2024

Wir starten mit Norah Jones, die am 30. März Geburtstag feiert. Mit ihren 45 Jahren hat die Tochter des indischen Sitar-Stars Ravi Shankar und Schwester von Sitar-Virtuosin Anoushka Shankar nicht nur Jazz, sondern auch Crossover im Blut. Ihr Debüt „Come Away With Me“ von 2002 begeisterte vor allem Jazz-/Lounge- und R&B-Fans. Ihre samtig-zarte Stimme, gechillte Arrangements und ein Händchen für finessenreiche Arrangements überzeugen auch aktuell – mit stilistischen Neuerungen.

Die neunfache Grammy-Preisträgerin, Sängerin, Songwriterin und Pianistin machte für ihr neuntes Album gemeinsame Sache mit Produzent und Multiinstrumentalist Leon Michels. Der Plattenmanager, Songwriter plus Chef des Soul-Projekts El Michels Affair arbeitete bereits auf Norahs Weihnachtsalbum „I Dream Of Christmas“ prima mit ihr zusammen.

Norah Jones Cover
Norah Jones „Visions“ erscheint bei Blue Note als CD, LP, SACD sowie als Stream oder Download z.B. bei qobuz.com

Hier lieferte der US-Amerikaner nicht nur mit Bass, Gitarre und Klavier Support, sondern auch an Schlagzeug, Bass und Saxofon. So entstanden flüssig fließende Sound- und Klangsequenzen, auch im psychodelischen Ambiente, pastellig, warmherzig und klug in Szene gesetzt. Norahs Stimme vollzieht diese neuen stilistischen Ausflüge facettenreich und teils auch experimentell souverän mit. Das mäandert aber auch mal in sahnigen Soul-Pop, Stücke wie „All This Time“ sonnen sich zudem an der musikalischen Westcoast, „Queen Of The Sea“ schwärmt mit einem Hauch Country aus den Lautsprechern. „Alone With My Thoughts“ wiederum hebt ihre Stimme sanft in eine Vokal-Jazz-Ballade. Schöne Aussichten also für „Visions“.

Videoclip von Norah Jones mit „Staring At The Wall“

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Bei Marry Waterson & Adrian Crowly…

…zählt jede Stimme: Die beiden verbinden erdige Vocals mit zartbitterem Bariton und betten die Stimmpracht in herrlich poetisch schwebende Klangbilder. Kein Wunder, denn Adrian Crowley zählt zu den virtuosen Vertretern des Folk der 1970er-Jahre, den auch so bekanntere Größen wie Leonard Cohen oder Nick Drake melancholisch und tiefgründig schillernd aufs Notenblatt schrieben. Sein Debüt liegt dabei lediglich rund 25 Jahre zurück.

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Marry Waterson & Adrian Crowly „Cuckoo Storm“ erscheint bei One Little Independent als LP sowie als Stream oder Download, z.B. auf qobuz.com

Geboren auf dem sonnigen Malta, versteht er sich dennoch fabelhaft aufs Melancholische – wohl, weil er im westirischen Galway aufwuchs, bevor er nach Dublin wechselte. Marry Waterson legt ihre Genese als Tochter der britischen Folk-Queen Lal Waterson in die musikalische Waagschale. Und mit Co-Produzent Jim Barr von der TripHop-Band Portishead dringt das Team tief ein in sphärische Folk-Regionen, angereichert mit Upbeat-Nummern und Soft-Jazz-Einsprengseln. Vor allem aber ihre beiden Stimmen erheben das Album zu einem größeren Ganzen, während es das tolle Klangbild obendrein zum Strahlen bringt.

Videoclip: „Watching The Starlings“

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Midnight-Oil-Sänger Peter Garrett ölt…

…mit „The True North“ herrlich die Down-Under-Indie-Rock-Szene – nach wie vor. Ebenso wie der ehemalige Abgeordnete und nimmermüde Verfechter von Wirtschafts-Gerechtigkeit, Umweltschutz und Anwalt für die Rechte der indigenen Bevölkerung des Aussie-Kontinents energiestark eintritt. Ein trauriges Kapitel – und nicht das einzige – unserer westlichen Wertekultur, in der Indigene als minderwertig abgestempelt und mit derben Mitteln zum Christentum umerzogen wurden oder werden sollten.

Garrett war Minister für Umwelt, Kulturerbe und Kunst, am 16. April feiert er seinen 71. Geburtstag und jetzt, kurz vorher, hat er seinen Fans und sich ein klasse tönendes Geschenk in Form eines Soloalbums gemacht. Hier geht’s zur Kritik zum jüngsten Album von Midnight Oil.

Peter Garett
Peter Garrett „The True North“ erscheint bei Sony als CD oder LP sowie als Stream oder Download, z.B. auf qobuz.de

Mit seiner eigenen Band The Alter Egos, zu der auch Gitarrist Martin Rotsey von den Oils gehört, stemmte Peter sein zweites Solo-Album. Mit an Bord war zudem unter anderem die wunderbare Heather Shannon der Aussie-Indie-Band The Jezabels (Keyboards, Klavier). Obendrein kamen seine beiden Töchter May und Grace als Sängerinnen ins Studio, ebenso wie KollegInnen mit Drums, Bass, Cello und Pedal Steel im Gepäck.

Videoclip „Permaglow“

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Produzent Tony Buchen (Smashing Pumpkins, Tim Finn) führte dezent Regie über die neun Songs, einem herb-schönen Reigen aus Alternative-/Roots-Rock, Folk-Passagen und Country-eskem Aussie-Outback-Charme, der die nach wie vor eindringlichen Texte von Natur, Leben und Alltagspoesie zu einem flüssigen Soundtrack formt.

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Oisin Leech fährt…

…mit feinen Irish-Folk-Songs hinaus auf die tief schillernde „Cold Sea“ – ein chilliger Ausflug zur inneren Einkehr. Wenn man so will. Das imaginäre Bild dazu: Ein, zwei oder auch mehr Guinness in hyggeligem Pub-Ambiente, die dezent salzige Brise des nahen Atlantiks, darauf wellentaumelnd ein paar Fischkutter mit blinkenden Lichtern. Und ein paar Musiker, die in diesem Ambiente zurück auf Los gehen, Roots-Musik im Auge haben, um das verrückte Rad der Welt anzuhalten. Zumindest für die Dauer einer Albumlänge – von leider nur rund 27 Minuten.

Steve Gunn (The Violators/ Kurt Vile) studierte Kunst und Musik, anscheinend genau der richtige Kumpel, um im nordirischen Malin dieses Album mit Oisin einzuspielen.

Der New Yorker Gunn nahm dort auch die Aufnahmen unter seine Fittiche, im „Rock Cottage, Schoolhouse“. Was schonmal klanglich eine ganz besondere Atmosphäre zaubert, mit feiner Auflösung, schönen Klangfarben und toller Feindynamik.

Osin Leech
Oisin Leech „Cold Sea“ erscheint auf Outside als CD oder LP sowie als Stream oder Download, z.B. auf qobuz.de

Hier klingt die Stille, hier musizieren Ebbe und Flut. Hier riecht es nach Algen, Moos und Salz, metaphysische Nährlösung für nahe gehende Geschichten aus Leben und Alltag. Stimme, Synthies, elektrische und akustische Gitarren, Bass, Bouzouki, Streicher, Percussion und Slide-Gitarre vereinen sich als Botschafter.

Videoclip „One Hill Further“

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Oisin Leech spielte vor diesem Solo-Debüt im Folk-Duo The Lost Brothers mehrere Alben ein. „Mit diesem Album wollte ich eine Kollektion von Songs schreiben, die eine ganze Geschichte erzählen. Und die in der Nähe des Atlantik aufzunehmen und den Ozean als eine Art Spiegel für sie zu integrieren“, erklärt Oisin, der dies mit sanft-sonorer Stimme, teils wie Nick Drake, in die Welt flüstert. Steve Gunn ergänzt: „Die Landschaft in einem Lied zu reflektieren ist integraler Bestandteil vieler musikalischer Traditionen. Ich versuche dies dabei immer im Gedächtnis zu behalten, wenn ich selbst Songs schreibe. Ich denke, dieses Album vereint beides: die Landschaft und die wunderbare Zeit, die wir gemeinsam am Ozean hatten.“

Und ich möchte ergänzen: „Zum Hineinstürzen schön und melancholisch-kraftvoll.“

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Deep Purple feiern…

…den 50. Geburtstag ihres Mega-Krachers „Machine Head“ als opulente „Super Deluxe Edition“ mit 1 LP, 3 CDs und 1 Blu-ray – hier steigt ein unerhört beißender, heiliger „Smoke“ auf, sogar mit Dolby-Atmos-Mixen!

Deep, very deep. Und akustisch auch purple: „Machine Head“ gilt als eines der Hammer-Alben der britischen Hardrock-Recken. Zusammen mit Led Zeppelin und Black Sabbath zelebrierten Gitarrero Ritchie Blackmore, Organist/ Keyboarder Jon Lord und Sänger Ian Gillan plus Drummer Ian Paice und Bassgitarrist Roger Glover Anfang der 1970er Jahre den heiligen Gral des British Metal Rock.

Und die „Mutter aller Gitarren-Riffe“ schmückt diesen Longplayer: „Smoke On The Water“, inspiriert und entstanden während der Aufnahmen im Dezember 1971 in Montreux am Genfer See, als das dortige Casino während eines Frank-Zappa-Konzerts bis auf die Grundmauern niederbrannte.

Das Original-Album umfasst „nur“ sieben Songs, entsprechend dem LP-Format limitiert und mit rund 37 Minuten Spielzeit. Aber was für welche. Was haben wir gelacht! Und gerockt. Und getanzt. Damals in den 70ern. Hier und da auch schonmal vorsichtig geflirtet, auf Schulbällen oder im Jugendzentrum.

Und nun das: Ein packendes Dé-jà-vu, beinahe eine nostalgische Offenbarung, dank der Opulenz dieser Geburtstags-Box. Eine Stimmexplosion jagt die nächste, in Nummern wie „Maybe I’m A Leo“ oder den melodiöseren Stücken wie „Never Before“ oder „Pictures Of Home“. Das Jubiläums-Oeuvre erweitert die Basis um gleich 27 Tracks – darunter Live-Aufnahmen, Remixe und Soundchecks. Plus gelungenem Remastering und Sound-Raritäten wie Dolby-Atmos-Mixes von Dweezil Zappa (ja genau: der Sohnemann von Frank…) nebst Quadrophonie-Mix (!) aus den frühen Tagen der Vierkanal-Surround-Technik.

Deep Purple "Smoke On The Water"
Deep Purple mit „Machine Head – Super Deluxe Edition“ erscheint bei Universal Records

„Wie sind sie bloß darauf gekommen?“ fragt Dweezil Zappa, der Zugang auf die Originaltapes hatte, in den Linernotes. „Da sind einerseits diese Klassik-Einflüsse im Gitarrenspiel, auch beim Keyboard, aber dann spielt auch der Blues mit rein – und ab und zu blitzt sogar ein Funk-Element auf. Vor allem ist da dieser Sänger, der einfach mal eine absolute Killerstimme hat. All das kommt hier zusammen. Und zwar so, dass es gar nicht wie kommerzielle Musik klingt – obwohl die Leute ja trotzdem massenweise darauf abgehen sollten. Ist schon echt eine faszinierende Rezeptur.“ Wie wahr.

Neuer Videoclip zum Hammer-Hit „Smoke On The Water“, Obacht: Das coole Video hat ganz viel mit Vinyl und Plattenspieler zu tun…

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Dank Zappas klasse Remastering geht die Post gleich doppelt ab: „Maybe I’m A Leo“ pumpt mächtig packenden Tieftondruck aus den Boxen, inklusive samtig leuchtender Klangfarben. Eine Sound-Auferstehung des Songs, ähnlich wie die anderen Stücke mit Hammer-Drums und sonoren Vocals wie auf „Never Before“. „Highway Star leuchtet ebenso packend, farbecht gut aufgefächert – kann laut. „Lazy“ besitzt eine immense Stereobandbreite und prima Durchhörbarkeit.

Deep Purple
„Smoke On The Water“
2024/03
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertungen
Musik
Klang
Repertoirewert

Gesamt

Live in Paris punktet ebenso mit packendem Klang inklusive knackiger Drums. Hinzu gesellen sich Album-fremde Stücke wie das fantastische „Strange Kind Of Woman“ Die Live-Takes aus dem Casino Montreux hinken klanglich hinterher, formen jedoch zumindest ein beinahe kultiges Tondokument.

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Monatsrückblick: die musikalischen Highlights des Januar 2024
Monatsrückblick: die musikalischen Highlights des Dezember 2023
Monatsrückblick: die musikalischen Highlights des November 2023
Monatsrückblick: die musikalischen Highlights des Oktober 2023
Monatsrückblick: Die musikalischen Highlights des September 2023
Monatsrückblick: die musikalischen Highlights des August 2023
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Autor: Claus Dick

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Musikfachmann seit Jahrzehnten, aber immer auch HiFi-Fan. Er findet zielsicher die best-klingenden Aufnahmen, die besten Remasterings und macht immer gern die Reportagen vor Ort.