Tonabnehmer sind kleine Wunderwerke. Zur Betrachtung ihrer Abtastspitze (meist ein Diamant) brauchen wir fast schon ein Mikroskop. Die Generatoren im Systemkörper stellen nach der Abtastung der Rilleninformation nur einen winzigen Stromfluss bereit. Zu allem Überfluss ist dieses Signal auch noch verschlüsselt – es muss aufwändig entzerrt werden. Alles keine (Gegen-) Argumente für die echten Vinyl-Fans. Aber: Es braucht halt einen Extra-Verstärker im Signalweg. LowBeats fand drei besonders interessante Modelle unter 1.000 Euro: die AVM P30 (700 Euro), die Elac PPA-2 (ehemals Audio Alchemy, 1.000 Euro) sowie die Pro-Ject Tube Box DS2 (650 Euro). Und zwei dieser drei Phonostufen im Vergleich sind überwältigend gut…
Die wichtigsten Merkmale der Phonostufen hier in der Übersicht:
Modell | AVM P30 | Elac PPA-2 | Pro-Ject Tube Box DS2 |
MM/MC | x/x | x/x | x/x |
MM/MC anpassbar | –/x | x/x | x/x |
Besonderheiten | besonders klein | flexibel einstellbare Abschlusswerte | Röhren, Subsonic-Filter |
Besonderheiten | Subsonic-Filter | symmetrische Ausgänge, Mono-schaltbar | 2 schaltbare Anschlüsse |
Abmessungen | 15,0 x 5,2 x 10,8 cm | 44,5 x 5,0 x 38 cm | 24,0 x 9,3 x 22,7 cm |
Preis | 700 Euro | 1.000 Euro | 650 Euro |
Phonostufen Vergleich Teil 1: AVM P30
Gehen wir nach dem Alphabet – und fangen mit AVM an. Das ist die kleinste Box in diesem Testfeld. Was verwundert. Denn ansonsten ist die Audio-Video-Manufaktur insbesondere für ihre groß gewachsenen Boliden bekannt. Und für eine gehobene Preisgestaltung. AVM ist eine Edelmarke “made in Germany” – und entsprechend teuer. Hui, da können etliche tausend Euro die Richtung nach Malsch nehmen. Die AVM P30 ist die kleinste Komponente im Katalog.
Die „30“ im Namen deutet ein Jubiläum an. Eine Sonderauflage zum Firmengeburtstag, die anlässlich des 30-jährigen Bestehens der Company aufgelegt wurde. Die Front ist fein gebürstet, keinerlei Drehknöpfe lassen hier Raum für Feineinstellungen, alles findet über die Rückseite statt.
Über Cinch-Stecker wird die MC-Anpassung vorgegeben. Das ist elegant. Weil wir uns nicht übermäßig anstrengen müssen. In der Regel würde ein Hersteller die Vielfalt der Optionen über ein sogenanntes „Mäuseklavier“ anbieten – eine winzige Versammlung von Mikro-Schaltern. AVM hingegen nutzt deutlich griffigere Cinch-Stöpsel dafür. Drei Werte liegen bei, theortisch wären natürlich alle Abschluss-Widerstände auf diesem Weg möglich.
Schauen wir hinein. So wuchtig AVM sonst seine Elektronik aufbaut, so luftig schimmert uns hier das elegante Fast-Nichts entgegen. Kein großer Trafo, kein massiger Aufbau an Elkos und Widerständen. Doch das Konzept ist schlau. Hier werden die feinen Signale in maximal kurzem Signalweg verstärkt, nach der Philosophie der SMD-Bestückung – ein Computer druckt die winzigen Bausteine nach den Software-Vorgaben auf die Platine. Bedeutet aber auch: Wer so kompakt baut, der muss das Netzteil auslagern. Wie zwingend geschehen bei der AVM P30.
Stecken wir einmal für unsere Phonostufen im Vergleich die Zielgruppe ab. Wir haben Geld, wollen aber in unserer Vinyl-Leidenschaft nicht den maximalen Aufwand betreiben. Dann ist diese kompakte AVM-Box ein wunderbarer Mitspieler. Das Finish ist edel, die Praxiswerte hoch – doch wie steht es um den Klang?
Das ist eine Gratwanderung. Die AVM P30 ist kein Warmblüter. Sie analysiert und wirkt dabei ein wenig starr. Wer die samtige Vinyl-Note liebt, der wird nicht umschmeichelt. Dafür ist die Analyse hoch. Zudem äußerst rauscharm.
Coldplay hatte sein neues Album in die Vorweihnachtszeit gepumpt. Im Konzept eigentlich ein Doppelalbum.
Das kann die simple CD nur andeuten, der LP-Doppelpack lebt es besser vor. Der Mix ist hoch anspruchsvoll. Das hat in manchen Songs fast symphonische Ausmaße, machtvoll dazu die Bass-Linien, dann wieder die kleinen Balladen. Das alles zeigte die AVM vorbildlich – groß im Panorama, hell und transparent. Wer den großen Schub liebt, wird massiv bedient. Top-Noten für Preis, Finish und Geradlinigkeit, kleine Abzüge bei der musikalischen Spielfreude.
Phonostufen im Vergleich Teil 2: Elac Alchemy PPA-2
Das war eine der spannendsten Neuheiten des Jahres 2019. Auf der High-End-Messe zu München stellte Elac ein komplettes Elektronik-Trio vor. Denn der Lautsprecherhersteller aus Kiel wandelt sich zum Vollsortimenter. Nach Plattenspielern (Miracord) nun auch der Griff in die volle Elektronik-Palette. 2017 kaufte man die Edelschmiede Audio Alchemy auf und konnte den quirligen Mastermind Peter Madnick an Bord behalten.
Die neuen Komponenten der Serie 2 sind ein klassisches Madnick-Produkt: mehr als 44 Zentimeter in der Breite, doch die Höhe wurde auf ein Minimum begrenzt. Feine, flache Flundern, randvoll gestopft mit intelligent-audiophilen Schaltungen.
Natürlich darf – für einen Plattenspielerhersteller – in diesem Wurf auch eine Phono-Stufe nicht fehlen. Sie trägt das Kürzel PPA-2. 1.000 Euro hat Elac auf das Preisetikett geschrieben. Das ist erstaunlich günstig. Denn die PPA-2 kann natürlich MC- wie MM-Ströme wandeln. Dazu gibt es aber auch noch Signalwege mit XLR-Eingang und -Ausgang. Insgesamt stehen zwei Eingänge stehen bereit. Alle wichtigen Einstellungen lassen sich über Tipp-Schalter an der Front vorgeben.
Die Komponente liegt mit über fünf Kilogramm angenehm schwer in der Hand – und täuscht ein wenig über ihr Innenleben. Das ist nämlich recht luftig. Auf der linken Seite liegt ein durchaus stattlicher Ringkerntrafo und die weitere Stromaufbereitung. Dann ein Trennelement komplett durch das ganze Gehäuse.
Zwei Drittel des Raumes sind aufgespart für die Signalverarbeitung. Das Schaltungskonzept ist rein diskret und folgt den FET-Idealen. Rein äußerlich und innerlich halte ich die tausend Euro für echt günstig.
Als erstes: Stille. Die Elac PPA-2 ist die rauschärmste Phonostufe, die uns seit langem untergekommen ist. In dieser Preisklasse allemal. Und klanglich? Ein wirklich positiv anstrengendes Album ist Nick Cave gelungen – Ghosteen. Da schweben Akkorde, da erhebt sich der Sänger/Komponist zur allmächtigen Stimme. Man sollte seine Psychopharmaka genommen haben – es geht sehr düster, ja depressiv zu. Und wie gesagt – harte Kost für eine Phonostufe. Da gibt es böse Bassschwingungen, ätherischen Glanz.
Die PPA-2 verfügte über die Pracht, die Analyse und das Feingefühl. Toll, wie sich die Chöre im ersten Track „Spinnig Song“ plötzlich in die Präsenz schoben. Dann das feine Klavier in „Bright Horses“. Das Album könnte langweilen, wenn die Wandler die Feininformationen nicht erkennen. Vieles wirkt statisch, doch es gibt ein leises Brodeln. Das ist fraglos eines der besten Alben des Meisters. Vor allem, wenn es so reicht erklingt wie über den Alchemisten von Elac.
Im Vergleich zur AVM klingt die Elac PPA-2 in allem etwas reicher. Vor allem fällt ein Plus an Schwärze im Bass und eine etwas mühelosere Gangart auf. Aber auch die selten gehörte, feine Auflösung im Hochtonbereich.
Vergleich Teil 3: Pro-Ject Tube Box DS2
Es gibt eine Fangruppe für Vinyl plus Röhren. Als ob die schwarzen Scheiben am besten mit den leuchtenden Verstärkern tönen würden. Da ist natürlich etwas Wahres dran. In den späten Fünfzigerjahren mag es so gewesen sein, als Transistoren in der Minderheit verstärkten. Doch heute? Egal. Die Faszination ist ungebrochen.
Pro-Ject lebt sie aus. Schön und sogar erschwinglich. 650 Euro wollen die Österreicher für ihre Tube Box DS2. Das ist ein kompaktes Kästlein. Auf der Front gibt es einen Drehregler zur Anpassung von MC-Systemen, auf dem Rücken sind zwei Röhren eingesetzt. Das sind Doppeltrioden nach dem tausendfach gebauten Standard ECC83.
Pro-Ject inszeniert ein Fest daraus. Die Glühkörper stehen auf der zentralen Platine, ragen aber aus dem Gehäuse heraus. Man sieht sie arbeiten. Zugleich ist diese Lustigkeit natürlich Pflicht: Die Glimmer müssen an die frische Luft, sonst würde es zu heiß. Zwei Eingänge und Ausgänge sind möglich, das Netzteil arbeitet außerhalb, daher auch die kompakte Bauweise.
Die Einstellungs-Vielfalt ist gigantisch. Neben vielen Möglichkeiten, die allgemein üblich sind, findet sich hier auch eine fünfstufige Verstärkungs-Anpassung, die für MM und MC gleichermaßen funktioniert. Alle Feineinstellungen werden über die Front vorgegeben. Da steckt Sinn dahinter: Denn die Tube Box DS2 merkt sich in einem stromunabhängigen Permanantspeicher die zuvor gemachten Einstellungen für den jeweiligen Eingang. Schaltet man auf ihn zurück, bleiben die Einstellungen erhalten – man sieht es an den LEDs auf der Front. Auch das ist in dieser Preisklasse einzigartig.
Wer es ganz edel will, kann beim Kauf aus einem Fundus unterschiedlicher Seitenwangen wählen, vom Rohzustand bis zu edlem Walnuss- oder Eukalyptus-Holz. Der Aufpreis liegt bei 50 Euro.
Auch das banale Schaltnetzteil kann entschwinden. Für immerhin 550 Euro kann man die Phono-Box auch mit dem gleich großen externen Stromwandler Power Box DS2 Sources verbinden. Da hat Pro-Ject ein bisschen bei Naim abgeguckt: Diese zusätzlichen Netzteile, das haben viele Versuche immer wieder gezeigt, bringen mehr Souveränität und Lockerheit. Aber die zusätzlichen 550 Euro nagen natürlich am überragenden Preis/Klang-Verhältnis der kleinen Tube Box. Dennoch: Das macht alles Sinn und Spaß noch dazu. Das Schaltungskonzept selbst zeigt sich linear, keine Show, keine Umwege, sondern eine weitgehend diskret (also mit Einzelbauteilen) aufgebaute, schnelle Schaltung, sorgsam in linkem und rechtem Kanal getrennt.
Das Konzept und der Preis gefallen. Ebenso die klangliche Ausbeute. Hier wird die Vinyl-Leidenschaft aufs Schönste ausgelebt.
Klangtipp: Einige Superstars haben sich zu einem Huldigungsalbum für Paul McCartney versammelt – The Art of McCartney. Auf drei Edel-LPs stimmen Billy Joel, Jamie Cullum und Alice Cooper die unverwüstlichen Superhits des Beatles an. Das ist ein Hochamt.
Aber auch klangtechnisch. Kann so ein kleiner Vinyl-Amp bei unseren Phonostufen im Vergleich mithalten? Die Pro-Ject hatte alles: den Antrieb, den Charme, die Feinauflösung und nicht zuletzt eine sehr großzügige Raumdarstellung auch nach hinten. Nirgends eine Schwäche. Gerade dieses Saftige, Zupackende macht ihn zum perfekten Mitspieler. Die Analyse ist hoch, aber nicht ultimativ. Wer sich einmal so richtig mit analogem Schönklang panieren will – hier wäre der perfekte Mitspieler.
Im Vergleich zur AVM gefällt die deutlich “vollere”, ich möchte fast sagen: mehr lebensbejahende Wiedergabe. Die Klangfarben sind satter, schöner. Die AVM zeigt die etwas höhere Präzision.
Die Schönheit der Klangfarben, das “Baden im Klang” zeichnet die Pro-Ject auch gegenüber der Elac aus. Diese allerdings ist in ihrer Breitbandigkeit und enormen Basskraft unterm Strich mehr als ebenbürtig – aber ja halt auch um einiges teurer.
Phonostufen im Vergleich – Fazit
Ein schönes Ergebnis für unseren Phonostufen Vergleich, der mit einer leisen (AVM) und zwei sehr lauten Empfehlungen – eine fürs Herz (Pro-Ject) und eine für den Verstand (Elac) – endet. AVM liebt seit neuestem die Schallplatte – siehe auch die Plattenspielertests AVM R5.3 und R2.3. Der Aufbau der kleinen AVM P30 ist stringent, ebenso das Klangbild. Bei den drei Phonostufen im Vergleich tönt die P30 etwas heller, analytisch. Die samtige Vinyl-Sehnsucht wird weniger bedient als die lineare Ehrlichkeit. Keine schlechte Phonostufe, doch im Vergleich zu den anderen beiden wirkt die kleine AVM etwas zu teuer.
Die Pro-Ject Tube Box DS2 zeigt klanglich enorm viel Saft und Kraft – das ist eine Anbetung des analogen Lebensgefühls. Sehr samtig und warm, zugleich mit schönem Druck in der Tiefe. Klasse ist die Staffelung, alles bildet sich aus den reichen, harmonischen Mitten ab. Wer mehr will, kann über ein passgenaues Power-Netzteil aufstocken und schöne Holzwangen an die Seiten schrauben. Berücksichtigt man noch die einzigartig vielseitige Ausstattung (Anpassung, Ein-/Ausgänge), ist dies fraglos die stärkste und interessanteste Phonostufe ihrer Preisklasse.
Wer noch einmal 50% mehr ausgeben kann, sollte unbedingt die Elac PPA-2 ins Auge fassen. Hier bleibt wirklich kein Wunsch mehr offen, weil die PPA-2 auch in den tiefen Lagen eine enorme Stabilität und im Mittelhochtonbereich eine traumhaft gute Auflösung zeigt. Hinzu kommt eine ebenso pfiffige wie rauscharme Schaltung und diese fast schon einzigartig umfassende Ausstattung. Im Mix von Gefühl und Analyse ist Elac zwar die teuerste, aber auch die kompletteste unter den aktuellen Phonostufen im Vergleich. Doch auch im Verhältnis zu anderen starken 1.000 Euro Phonostufen (wie etwa der Clearaudio Basic V2 oder der Gold Note PH-10) dürfte sich die PPA-2 – genau wie die Pro-Ject in ihrer Klasse – ziemlich gut schlagen…
| Feiner, eleganter, präziser Klang |
| Klein, fein, edel |
| Piekfeine Verarbeitung |
| Mäßiges Preis/Klangverhältnis |
Vertrieb:
AVM Audio Video Manufaktur GmbH
Daimlerstraße 8
76316 Malsch
www.avm.audio.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
AVM P30: 700 Euro
| Klingt wunderbar satt und fein |
| Aufwändige Anpassung an MM + MC |
| Einzigartig vielseitige Ausstattung |
| Extrem preisgünstig |
Vertrieb:
ATR Audio Trade
Schenkendorfstraße 29
45472 Mülheim an der Ruhr
www.audiotra.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Pro-Ject Tube Box DS2: 650 Euro
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Sehr feiner Klang, luftig, kraftvoll, souverän |
| Große Anschluss- und Funktionsvielfalt, mono-schaltbar |
| Ungewöhnlich rauscharm |
| Sehr gute Klang/Preis-Relation |
Vertrieb:
Elac Electroacustic GmbH
Fraunhoferstraße 16
24118 Kiel
www.elac.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Elac PPA-2: 1.000 Euro
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