ende
Lumagen Radiance Pro: Der Highend-Videoprozessor kann HDR-Bilder für Projektoren in bisher unerreichter Qualität optimieren. 7.500 Euro (Foto: R. Vogt)
Lumagen Radiance Pro: Der Highend-Videoprozessor kann HDR-Bilder für Projektoren in bisher unerreichter Qualität optimieren. 7.500 Euro (Foto: R. Vogt)

Test: Highend-Videoprozessor Lumagen Radiance Pro – HDR-Tuning für Projektoren

Zauberwort “High Dynamic Range”. Die HDR funktioniert ja bestens und verbessert die Bildqualität klassischer Displays zum Teil drastisch. Aber HDR ist auch ein Problem – jedenfalls für Projektoren. Die für HDR geforderten Helligkeiten und Dynamiken sind nämlich auf Leinwänden weder erwünscht noch erreichbar. Man muss also tricksen. Mit dem Lumagen Radiance Pro war erstmals ein Prozessor im LowBeats Testkino, mit dem jegliche Bild-Einstellung möglich ist und mit dem auch dieses Problem gelöst werden kann. Und zwar absolut überzeugend: Das Radiance Pro getunte Bild sah, das sei hier vorweg genommen, phantastisch aus.

Lumagen Radiance Pro im LowBeats Testkino (Foto: R. Vogt)
Lumagen Radiance Pro im LowBeats Testkino. Platz gefunden hat er nicht zufällig auf dem Trinnov Altitude 32. Denn was der Trinnov im Audio-Bereich ist, ist der Lumagen Radiance Pro bei den Projektoren (Foto: R. Vogt)

Der Lumagen Radiance Pro ist ein unscheinbar schmales Kistchen; sein ohnehin geringes Gewicht kommt rein vom Gehäuse und der massiven Frontplatte. Denn die eigentliche Intelligenz und Rechenpower im Inneren des Radiance Pro wiegt – wie so oft in der Digitaltechnik – praktisch nichts, zumal das Netzeil ausgelagert ist. Den Großteil des gewichtigen Preises macht aber ohnehin die Software mit ihren jahrelangen Entwicklungskosten aus, ähnlich wie beispielsweise bei Trinnov auf der Audioseite.

JVC DLA-NX9 mit seinem riesigen Highend-Objektiv (Foto: R. Vogt)
JVC DLA-NX9 mit seinem riesigen Highend-Objektiv (Foto: R. Vogt)

Doch wo genau liegt nochmal die Problematik? Wie bereits im Artikel zu JVCs Frame Adapt HDR ausführlicher beschrieben: alles, was wir heute als HDR-Bilder vom TV, von Streaming oder UltraHD-Blu-ray bekommen, ist für TV-Displays optimiert, die Spitzen-Helligkeiten zwischen 700 und 2.000 Nit erreichen und dabei einen riesigen Farbraum abdecken. Sie können also extrem satte und dabei helle Farben darstellen.

Projektoren liefern in aller Regel eine Spitzenhelligkeit von 50 bis 150 Nit auf einer typischen Heimkino-Leinwand. Dazu haben sie praktisch alle gewisse Einschränkungen beim Farbraum, insbesondere bei Grün. Außerdem reagiert unser Sehsinn im komplett dunklen Raum etwas anders als in einem beleuchteten Wohnzimmer mit Display, das nur einen Teil des aktiven Gesichtsfelds ausfüllt. Wer sich mit Colorimetrie auskennt, kann daher einem Projektor eine entsprechend verschobene Proportionierung der verschieden hellen Bildanteile verpassen. Tonemapping nennt sich das. Statisch eingestellt passt das mal besser mal schlechter.

Eine automatische Anpassung bietet bislang nur JVC mit seinen Projektoren der N-Serie ab Firmware-Generation 3 (Funktion “Frame Adapt HDR”). Dabei passt die Software in Echtzeit die Helligkeits-Proportionen von Hauptmotiv und Spitzlichtern permanent an die Fähigkeiten des Projektors an. Das macht der Algorythmus von JVC wirklich überzeugend.

ON-Screeen-Menü: Signalinformation (Foto: R. Vogt)
On-Screeen-Menü: Signalinformation (Foto: R. Vogt)

Und dennoch bleibt ein Problem, weil JVCs Processing primär die Helligkeits-Proportionen beeinflusst. 2D Tonemapping nennt sich das und zieht die Problematik nach sich, dass man vor allem beim Aufhellen an Farbsättigung verliert. Man kann es sich vorstellen wie bei einem Bottich mit roter Farbe. Soll das Rot heller werden, rührt man entsprechend Weiß hinein. Jetzt wird der Farbton zawr heller, aber eben auch blasser. Es braucht einen weiteren Freiheitsgrad, um mit einem 3D Tonemapping die Helligkeit und den Farbton gleichzeitig zu korrigieren. Man kippt praktisch gleichzeitig weiße Farbe und einen zusätzlichen (satteren) roten Farbton dazu, um eine hellere Farbe der gleichen Sättigung und Tönung zu erhalten. Das genau erfordert allerdings Rechenpower, die bislang kein Hersteller in einen Projektor integriert.

Screen Professional Chef Ralf Lulay (Foto: R. Vogt)
Ralf Lulay (Foto: R. Vogt)

Diese gar nicht banale Aufgabe löst der Lumagen Radiance Pro. Um das auszuprobieren und den Vergleich mit JVCs Technik zu demonstrieren, reiste Ralf Lulay mit dem besagten Lumagen Radiance Pro sowie JVCs Dickschiff DLA-NX9 im Gepäck an. Der Chef von Screen Professional kennen viele als Vertrieb für Stewart Filmscreen, ist aber auch für JVC Projektoren in Österreich zuständig und hat neben Lumagen noch weitere spannende Produkte im Portfolio.

Das kleine Familienunternehmen Lumagen aus Oregon, USA feiert im kommenden Jahr 20-jähriges Bestehen und stellt seit vielen Jahren clever designte Videoprozessoren her. Die Radiance Serie gilt seit je her als einer der besten De-Interlacer und Scaler mit cleveren Features zum Anpassen der Bilder ohne Qualitätsverlust. Das gilt selbst für exotische Anforderungen wie beispielsweise Projektion mit anamorphotischen Vorsatzlinsen.

Cinemike Hausmesse 2018: Lumagen-Chef Jim Peterson mit Hausherr Michael Schiffers (Foto: R. Vogt)
Hausmesse 2018: Lumagen-Chef Jim Peterson (links) mit “Cinemike” Michael Schiffers (Foto: R. Vogt)

Lumagens Chef Jim Peterson ist ein bodenständiger Video-Techniker mit einem genialen Programmierer im Hintergrund. Showmanship ist weniger sein Ding, ihn interessiert primär das reine Videobild. So sieht denn auch das On-Screen-Menü bis heute eher aus wie von einem Homecomputer aus den Achtzigern.

Aber es ist informativ. Und es zeigt sehr schön das Konzept. Man kann alle Parameter in Grüppchen organisieren und verwalten, etwa die Farbverwaltung (Color Management System, CMS). Oder alles, was mit der Geometrie des ausgehenden Bildes zu tun hat, wie im Fall des LowBeats-Kinos mit 2,35:1 CinemaScope Leinwand. Der Vorteil des Lumagen Radiance Pro: Jeder Teilaspekt der Signalverarbeitung lässt sich separat verwalten. Dann setzt man für den gewünschten Modus die gewünschten Speichergruppen zusammen, ohne jedesmal alles komplett neu einstellen zu müssen – und zwar getrennt nach Eingangs- und Ausgangsignal.

ON-Screeen-Menü: Dynamic Tone Mapping (Foto: R. Vogt)
ON-Screeen-Menü: Dynamic Tone Mapping (Foto: R. Vogt)

Das gilt auch für das nun im leistungsstarken FPGA-Video-DSP realisierte Dynamic Tone Mapping. Basis für dessen Korrekturen ist zwangsweise ein 3D-Farbkorrekturprofil, der sogenannte Look-Up-Table, kurz 3D-LUT. Man verwendet hier das Kürzel 3D, weil gleichzeitig Helligkeit (Gamma/HRTF), Farbtemperatur und Farbton berücksichtigt werden.

Für diesen Vorgang schließt man den Lumagen Radiance Pro an den Projektor an, stellt diesen auf Standard-Gamma und den größen Farbraum ein. Anschließend wird mit einer Kalibriersoftware und einem professionellen Lichtsensor der Ist-Zustand des Bildes vermessen und zwar je nach gewünschter Genauigkeit mit wenigen Dutzend bis einigen Tausend Meßpunkten aller Farbtöne, -sättigungen und Helligkeitsstufen. Daraus errechnet die Software den LUT, der in den Lumagen importiert wird. Der Videoprozessor konvertiert fortan alle Bilder in Echtzeit auf die realen Fähigkeiten der Signalkette bis zur Leinwand. Das gilt für konvetionelles Video (SDR) genauso wie für HDR. Damit macht er mit Videobildern das Gleiche wie der Trinnov Optimizer mit dem Ton.

Vorwärts Zurück
Lumagen Radiance Pro bietet wahlweise bis zu 8 Eingänge (Foto: R. Vogt)
Lumagen Radiance Pro bietet wahlweise bis zu 8 Eingänge (Foto: R. Vogt)
JVC DLA-NX9 mit Lichtwellen-Leiter HDMI versorgt bis 18 Gbps versorgt (Foto: R. Vogt)
JVC DLA-NX9 mit Lichtwellen-Leiter HDMI versorgt bis 18 Gbps (Foto: R. Vogt)
Vorwärts Zurück

Die Kombination Lumagen plus DLA-NX9 stand uns leider nur einen knappen Tag lang zum Testen zur Verfügung. Da war es praktisch, dass der 3D-LUT für genau diesen Projektor bereits von Ralf Lulay im eigenen Kino kalibriert worden war. Wir mussten nur noch einmal die absolute Helligkeit ermitteln und im Radiance Pro eintragen. Die gut 10 Meter HDMI zum Projektor überbrückte ein Lichtwellen-Leiter, der sonst im hauseigenen JVC DLA-X7900 steckt und für alle Auflösungen bis 18 GBps (4K bis 60 Fps und 12 Bit) gut ist.

Ich war froh, das Ralf Lulay die Lumagen Maschine seit Jahren verwendet und sie deshalb flott und routiniert konfigurieren und anpassen kann. Sonst würde ihre Komplexität doch mehrere Tage der Einarbeitung benötigen. “Mal eben” gibt es hier nicht.

Lumagen Radiance Pro: Bildvergleich in der Praxis

Nun ist ein kalibrierter JVC DLA-NX9 schon per se einer der besten Projektoren, die man für Geld kaufen kann: Knackscharf, neutrales, plastisches Bild mit realistischen Farben und Bomben-Kontrast. Dazu frei von Show-Effekten durch irgendwelche “Wunder-Automatiken”. Dennoch. Auch bei konventionellem Videobild (BT.709, SDR) von Blu-ray Disc zeigt sich ein nochmals ausgewogenerer und ruhigerer Bildeindruck via Lumagen mit 3D-LUT Korrektur. Klar, der Unterschied ist eher fein, aber gut wahrnehmbar.

JVC DLA-NX9 mit seinem riesigen Highend-Objektiv (Foto: R. Vogt)
JVC DLA-NX9 mit seinem riesigen Highend-Objektiv (Foto: R. Vogt)

Das änderte sich bei HDR. Unumstritten zaubern die JVC Beamer mit ihrem Frame Adapt HDR Modus die besten und realistischsten HDR-Bilder auf die große Leinwand. Doch wenn das Bild im Mittel sehr hell wird oder hell werden müsste, fehlt es an Reserven für Farbe in den Spitzlichtern. Und der Algorythmus der Japaner treibt als Kompromiss die Übersteuerung bis in die native, unkorrigierte Lampen-Farbe und damit einen dezenten Grünstich in die hellsten Spitzen.

Lumagen Radiance Pro (Foto: R. Vogt)
Lumagen Radiance Pro (Foto: R. Vogt)

Anders mit dem amerikanischen Prozessor. Korrekt für die erreichbare Helligkeit auf der Leinwand eingestellt, war das Bild im Schnitt und vor allem unabhängig von Film und Szene heller, homogener und trotzdem reicher an Farben – vor allem in den Spitzlichtern. Positiv: So etwas wie Banding oder Solarisation, wie es bei schlichteren HDR-Konvertierungen etwa in Blu-ray-Playern entsteht, trat dabei nicht auf. Dazu haben wir auf jedes geschmackliche Tuning wie Nachschärfen oder Kontrastboost durch den integrierten Darbee Prozessor verzichtet.

Hierzu eine Anmerkung in eigener Sache: Warum belegen wir diese Unterschiede nicht mit entsprechenden Fotos? Weil das für Fotos verwendete JPEG-Format technisch SDR-Video entspricht. Den erweiterten Farbraum und mehr an Dynamik kann JPEG gar nicht abbilden.  Auch das Display, auf dem Sie diesen Test lesen, müsste in der Lage sein, diesen Unterschied darzustellen. Ein realistisches Abbild ist daher kaum vermittelbar. Etwa, wie viel realistischer und satter beispielsweise Gold schimmert, wie deutlich plastischer die Bilder werden und vor allem in den Farben realitätsnäher.

Lumagen Radiance Pro dezent grün beleuchtete Fernbedienung (Foto: R. Vogt)
Lumagen Radiance Pros dezent grün beleuchtete Fernbedienung (Foto: R. Vogt)

Weitere Tricks und Automatismen

Doch nur bessere Farben ist das Eine, das Andere sind die coolen kleinen Tricks, die der Lumagen Radiance Pro drauf hat. Für mich als bekennender Fan des CinemaSope Formats auf entsprechend breiter Leinwand ist die automatische Formatumschaltung eines der genialsten Features des Amerikaners. Man richtet den Projektor auf die komplette Breite ein und konfiguriert den Videoprozessor entsprechend. Der kann nun das Bild stets genau soweit skalieren, dass es vertikal exakt auf die Leinwand passt, wobei er entsprechend links und rechts nur soviel frei lässt wie nötig. Formatwechsel im Film, ein plötzlicher Untertitel im schwarzen Balken oder schlicht der Wechsel zwischen Diskmenü und CinemaScope-Film gehen natlos und passen stets genau auf die Leinwand. Super, zumal Lumagen das tatsächlich mit einer Bildanalyse steuert und kaum mehr als eine Sekunde zum Umschalten braucht.

Gibt es Einschränkungen? Ja, klar. Wie schon immer beim Thema Projektor sind Dolby Vision oder HDR10+ nicht möglich. Es wird stets der HDR10 Core verarbeitet. Der zweite HDMI-Ausgang bietet nur extrahiertes Audio, kein Video, dafür aber inklusive Atmos und DTS:X. Einen ARC oder gar eARC Eingang gibt es nicht. Für solch einen Fall muss man also einen AV-Receiver verwenden und den Lumagen nachschalten. Bei vollem Bildprocessing mit 3D-LUT Verarbeitung et ceterea meldete der Radiance Pro ein Lipsync-Delay von 198 Millisekunden an. Das taugt keinesfalls mehr zum Gaming und ist an der Grenze dessen, was typische AV-Receiver kompensieren können.

Lumagen Radiance Pro. Wenn's stört: Das helle, blaue Power-LED ist abschaltbar (Foto: R. Vogt)
Lumagen Radiance Pro. Wenn’s stört: Das helle, blaue Power-LED ist abschaltbar (Foto: R. Vogt)

Fazit Lumagen Radiance Pro: HDR so gut wie nie zuvor auf der Leinwand

Was spricht denn nun für und wider den Lumagen Radiance Pro? Ein Contra ist für viele sicherlich der Preis mit 7.500 Euro. Und ohne routinierte Kenntniss und Erfahrung im Kalibrieren von Displays kommt man auch nicht weit. Das sollte also ein entsprechender Fachhändler oder Dienstleister erledigen. Und für’s Gaming ist die Latenz zu groß. Das aber war es schon auf der Soll-Seite.

Im Haben steht schlicht das beste HDR-Bild, dass ich je auf einer Heimkino-Leinwand gesehen habe. Und so komplex die Maschine intern ist, so leicht lässt sie sich im Alltag handhaben, weil man eben alles, wirklich alles auf die eigenen Bedürfnisse und Geräte anpassen und automatisieren kann. Das legt man sich auf die Speichertasten; voilá. Wirklich begeistert hat mich persönlich die automatische Formatanpassung auf CinemaScope-Leinwand. Aber das ist nur eine der unzählichen Möglichkeiten der Anpassung.

Vielleicht ist der Lumagen auch die Alternative zur Anschaffung eines neuen Projektors. Denn mit diesem Prozesser bekommt man selbst alte Highend-Projektoren perfekt HDR-tauglich.

 

Lumagen Radiance Pro
2020/07
Test-Ergebnis: 4,7
überragend
Bewertungen
Bild
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Perfekte Farbkorrektur mit 3D-LUT
Sensationelle HDR-Wiedergabe für Projektoren
Perfektes Scaling, inkl. adaptives CinemaScope
Nur vom Fachmann zu kalibrieren/konfigurieren

Vertrieb:
SCREEN PROFESSIONAL GMBH
Zweibrückenstr. 39
D-91301 Forchheim
www.screenprofessional.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Lumagen Radiance Pro: 7.500 Euro

Der Partner im Test:
Exklusivtest 8K-Highend-Projektor JVC DLA-NX9

Autor: Raphael Vogt

Avatar-Foto
Technischer Direktor bei LowBeats und einer der bekanntesten Heimkino-Experten der Republik. Sein besonderes Steckenpferd ist die perfekte Kalibrierung von Beamern.