Schaut man sich nur das Design, die Schaltung und die Ausstattung an, könnte dieser Vollverstärker auch gut und gern aus den frühen Achtzigerjahren stammen. Klanglich allerdings ist der Supravox Vouvray geeignet, modernste Vollverstärker-Konzepte in ärgste Erklärungsnot zu bringen. Dieser Hybrid-Verstärker klingt weit über seine Preisklasse hinaus grossartig.
Supravox. Kenner wissen womöglich um den Glanz dieses französischen Lautsprecher-Spezialisten, der schon seit 1956 mit allerfeinster Treibertechnik (meist Breitbänder mit AlNiCo-Magneten) die Fantasie vieler Audiophiler beflügelte. Sogar ein gewisser Bernard Salabert war eine Zeitlang für Supravox tätig. Dessen Hochwirkungsgrad-Breitbänder werden ja immer noch zu Höchstpreisen gehandelt.

Doch die Geschichte von Supravox war durchaus wechselhaft. 2017 übernahm Akylis Capital die Marke und brachte einen anderen Zungenschlag in die Sache. Zum einen fertigt man nun in China, zum anderen baut man nun auch Verstärker.

Wer jetzt zweifelnd die Augenbrauen hochzieht und die These vertritt, dass sich Investorentum und High End nicht vertragen, sei auf diesen Punkt hingewiesen: Akylis Capital ist auch im Besitz von Line Magnetic, die ja überragende Röhren-Verstärker wie den LM 34iA im Programm haben. Mit diesem Wissen im Hintergrund nähern wir uns jetzt also dem Vouvray, dem bislang einzigen Verstärker von Supravox seit der Neustrukturierung. Was aber schon einmal für die Verantwortlichen spricht: Dieser Vollverstärker passt konzeptionell auch klanglich perfekt zu den Oldschool Supravox Hochwirkungsgrad-Speakern.
Aber auch optisch. Die Lüftungsschlitze auf der Front erinnern ja eher an Gitarrenverstärker. Das umschließende Hochglanz-lackierte Holzgehäuse dagegen erinnert an edelstes Japan-HiFi der 1980er Jahre. Diese Form von Gehäuse ist wirklich ungewöhnlich: Die Vouvra-Schaltung steckt in einem herkömmlichen Metallchassis, das von einem MDF-Schuber aus 15 mm starkem MDF eingerahmt ist; nur Front und Rückseite bleiben frei. Das ist ungewöhnlich. Doch der Vouvray hat die CE-Prüfungen offenbar anstandslos bestanden…

Supravox Vouvray: die Technik
Dass der Vouvray Röhren-getrieben ist, sieht man sofort nach dem Einschalten. Hinter den Lüftungsschlitzen der Front glimmen zwei Doppel-Trioden vom Typ 12AU7 – und übernehmen einen gewichtigen Teil der Vorverstärkung. Die 12AU7 ist ja eine äußerst bewährte und gern genommene Vorverstärkerröhre. Ihr typischer Röhren-Sound ist einer der Gründe für den fein-satten Klang des Vouvray.
Die eigentliche Leistung aber erzeugt der Supravox Vouvray mit einer klassischen Transistor-Endstufe in A/B-Schaltung. Beim genauen Hinschauen sieht man, dass hier eindeutig Kenner am Werk waren. Zwei bipolare Transistoren (Toshiba 2SA1943 und 2SC5200) sorgen in Push/Pull-Schaltung für die Leistung von 2 x 70 Watt (8 Ohm) beziehungsweise 2 x 120 Watt (4 Ohm).

Wie auch Verstärker-Guru Nelson Pass ist Supravox Entwickler Yves Cochet kein Freund von Transistor-Gräbern. Die vier hier verwendeten Toshiba-Typen sind sozusagen die kleinstmögliche Anzahl für eine solch klassische Push/Pull-Schaltung. Die daraus erzielten 120 pro Kanal an 4 Ohm sind für einen Verstärker dieser Gewichts- und Preisklasse nur Durchschnitt. Aber Cochet hatte ja vor allem den besten Klang im Visier.
Noch so ein außergewöhnlicher Punkt ist die eingebaute Phonostufe. Ich meine, der Supravox Vouvray ist mit Eingängen jetzt nicht gerade fürstlich ausgestattet – er hat nur vier Cinch-Zugänge. Aber darunter ist halt dieser exzellente Phono-Zweig. Auch hier macht der chinesische Franzose auf gestrig. Aber sehr gekonnt.

Ich habe den neuen Pro-Ject Debut EVO mit Ortofon 2M Red angeschlossen. Wow: Schon mit diesem Plattenspieler ging die Sonne auf. Kraft, Substanz und pralle Klangfarben. Ich habe zum Vergleich den von mir sehr geschätzten PPA-2 von Elac (Preis: um 1.000 Euro) zum Vergleich angeschlossen. Von den möglichen Einstellungen her ist der Elac natürlich sehr viel flexibler. Mitreißender aber klang die Phonostage des Vouvray…
Praxis
Die Anzahl der Anschlüsse ist, wie schon angesprochen, mit drei analogen Hochpegel-Eingängen etwas karg. Die Leistung des Vouvray indes reicht für fast alle Lautsprecher am Markt. Wir haben auch eher Impedanz-kritische Speaker wie eine Canton A 45 oder eine Gauder Arcona 100 MK II (mit Bass-Extension) ausprobiert: keinerlei Probleme. Und beide genannten Lautsprecher, vor allem die Gauder, darf man als veritable Kombination-Tipps sehen.
Natürlich sind die etwas über 100 Watt des Vouvray an schwierigen Lautsprechern nicht die Welt. Aber für die meisten normal-effizienten Modelle reicht es für reichlich Pegel. Wird es dem Vouvray zu viel, kündigt er das ganz charmant an: Wenn die Pegelanzeige dauerhaft auf Rechtsanschlag ist, wird das Signal kurz unterbrochen. Da sollte man dann etwas leiser stellen…
Der Supravox Vouvray im Hörtest
Dieser Verstärker ist ein echtes Genussmittel. Man schließt ihn an und mag ihn einfach. Seine prallen Klangfarben und seine Substanz von unten heben diesen Verstärker sofort aus der Masse heraus. Im Bass und Grundton ist er kräftig, nach oben heraus fein, aber eher sanft als hochauflösend.
Ich hätte gern mein Gesicht gesehen, als Kollege Andreas Günther vom Naim Audio Uniti Nova auf den Vouvray umstöpselte: Was für ein Unterschied. Zugegeben: Der Nova ist ein Streaming-Amp, aber sein Verstärkerteil ist klanglich höchst überzeugend. Doch nicht im Vergleich zum Vouvray: Der Naim hat zwar etwas mehr Kontrolle im Bass, aber der chinesische Franzose klingt so viel organischer, praller, feiner und schöner. Der Naim klang im Vergleich fast schon etwas stählern und farblos. Das hätte ich nicht gedacht.

Doch auch im Vergleich zu erstklassigen Röhrenamps dieser Klasse, wie beispielsweise dem Cayin CS-150A, zeigt er vielleicht nicht ganz dessen luftige Offenheit und Präzision im Mittelhochtonbereich. Aber der Vouvray klingt noch etwas freundlicher, geschmeidiger. Greift etwa Nick Cave bei seinem Solo-Album Idiot Prayer beherzt in die Tasten, kommt das mit dem Vouvray druckvoller und wuchtiger, mit dem Cayin etwas kerniger und in den Oberlagen einen Hauch präziser.

Selbst den Vergleich mit unserer Allzeit-Vollverstärker-Referenz Neukomm CPA 155S meisterte der Vouvray absolut gekonnt. Natürlich liefert der Schweizer Ausnahmeverstärker das noch konturenschärfere Klangbild und vor allem bei höheren Pegeln noch mehr Nachdruck. Aber rein vom Ton, von der klanglichen Schönheit her, gelingt dem Vouvray eine nahezu perfekte Balance zwischen Klangfarbenfülle und Feinauflösung.
Fazit Supravox Vouvray
Dieser gekonnt auf Vintage gemachte Vollverstärker kann nicht so viel, aber das, was er kann, macht er herausragend gut. Da wäre vor allem der Klang. So prall, so schön und doch so angenehm fein klingen nur ganz wenige Verstärker dieser Preisklasse. Das sind dann meist Röhren-Amps, die in der Regel aber nicht seine Leistung und seine Stabilität mitbringen. Und dann hat er auch noch diese fantastische Phonostufe.
Im LowBeats Umfeld hat sich ein echter Fan-Kreis für den Vouvray gebildet. Für viele, die schon lange nach einem gehobenen Verstärker gesucht haben, aber bislang nicht glücklich wurden, ist er eine superbe Lösung. Weil er zwar Kraft hat, aber dennoch sehr geschmeidig klingt. Für mich ist er – Ende Dezember darf man so etwas sagen – die Verstärker-Entdeckung des Jahres.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Wunderbar organisch-natürlicher und fein-reifer Klang |
| Ausreichend Leistung, unkompliziert im Zusammenspiel mit verschiedenen Boxen |
| Herausragend gute MM-Phonostufe |
| Sehr gute Preis-/Leistungs-Relation |
Vertrieb:
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str.11
41352 Korschenbroich
Telefon: 02161 / 617830
www.iad-audio.de/
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Supravox Vouvray: 3.700 Euro
Mit- und Gegenspieler
Die technischen Daten
Supravox Vouvray | |
---|---|
Konzept: | Hybrid-Vollverstärker mit Röhrenvorstufe und AB-Endstufe |
Leistung: | 2 x 70 / 2 x 120 Watt an 8Ω / 4Ω |
Röhrenbestückung: | 2 x 12AU7 |
Eingänge: | 3 x Hochpegel, 1 x Phono MM |
Abmessungen (H x B x T): | 43,0 x 18,8 x 35,8 cm |
Gewicht: | 19,5 Kilogramm |
Mit- und Gegenspieler:
Phonostufen im Vergleich: AVM P30, Elac PPA-2, Pro-Ject Tube Box DS2
Test Naim Audio Uniti Nova: der überlegene Streaming Amp
Canton A 45 – Jubiläums-Spitzenbox für 3.000 Euro
Test Vollverstärker Neukomm CPA155S – der kompakte Favoritenkiller
Erster Test Dynaudio Contour 20i: die Messlatte noch höher gelegt