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Supravox Vouvray
Der Supravox Vouvray sieht aus, wie aus der Zeit gefallen. Aber klanglich ist dieser Verstärker das Schönste und Packendste was man unterhalb 4.000 Euro bekommen kann (Foto: Supravox)

Test Hybrid-Vollverstärker Supravox Vouvray

Schaut man sich nur das Design, die Schaltung und die Ausstattung an, könnte dieser Vollverstärker auch gut und gern aus den frühen Achtzigerjahren stammen. Klanglich allerdings ist der Supravox Vouvray geeignet, modernste Vollverstärker-Konzepte in ärgste Erklärungsnot zu bringen. Dieser Hybrid-Verstärker klingt weit über seine Preisklasse hinaus grossartig.

Supravox. Kenner wissen womöglich um den Glanz dieses französischen Lautsprecher-Spezialisten, der schon seit 1956 mit allerfeinster Treibertechnik (meist Breitbänder mit AlNiCo-Magneten) die Fantasie vieler Audiophiler beflügelte. Sogar ein gewisser Bernard Salabert war eine Zeitlang für Supravox tätig. Dessen Hochwirkungsgrad-Breitbänder werden ja immer noch zu Höchstpreisen gehandelt.

Supravox Breitbänder Profite 215
Der 215 RTF 64 bi-cone war einer der bekanntesten Breitbänder der Franzosen. Man sieht, dass er schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Hier die neueste Version aus dem Jahr 95 (Foto: Supravox)

Doch die Geschichte von Supravox war durchaus wechselhaft. 2017 übernahm Akylis Capital die Marke und brachte einen anderen Zungenschlag in die Sache. Zum einen fertigt man nun in China, zum anderen baut man nun auch Verstärker.

Supravox Vouvray made in
Der Aufdruck auf der Rückseite klärt die Herkunft: Entworfen wurde der Supravox Vouvray von Yves Cochet, gebaut wird er in China (Foto: H. Biermann)

Wer jetzt zweifelnd die Augenbrauen hochzieht und die These vertritt, dass sich Investorentum und High End nicht vertragen, sei auf diesen Punkt hingewiesen: Akylis Capital ist auch im Besitz von Line Magnetic, die ja überragende Röhren-Verstärker wie den LM 34iA im Programm haben. Mit diesem Wissen im Hintergrund nähern wir uns jetzt also dem Vouvray, dem bislang einzigen Verstärker von Supravox seit der Neustrukturierung. Was aber schon einmal für die Verantwortlichen spricht: Dieser Vollverstärker passt konzeptionell auch klanglich perfekt zu den Oldschool Supravox Hochwirkungsgrad-Speakern.

Aber auch optisch. Die Lüftungsschlitze auf der Front erinnern ja eher an  Gitarrenverstärker. Das umschließende Hochglanz-lackierte Holzgehäuse dagegen erinnert an edelstes Japan-HiFi der 1980er Jahre. Diese Form von Gehäuse ist wirklich ungewöhnlich: Die Vouvra-Schaltung steckt in einem herkömmlichen Metallchassis, das von einem MDF-Schuber aus 15 mm starkem MDF eingerahmt ist; nur Front und Rückseite bleiben frei. Das ist ungewöhnlich. Doch der Vouvray hat die CE-Prüfungen offenbar anstandslos bestanden…

Supravox Vouvray Holzgehäuse
Der fix & fertige Vouvray steckt in einem Schuber aus Hochglanz-lackiertem MDF. Sicherlich die einfachste, aber nicht die schlechteste Art, auf Vintage-HiFi zu machen (Foto: H. Biermann)

Supravox Vouvray: die Technik

Dass der Vouvray Röhren-getrieben ist, sieht man sofort nach dem Einschalten. Hinter den Lüftungsschlitzen der Front glimmen zwei Doppel-Trioden vom Typ 12AU7 – und übernehmen einen gewichtigen Teil der Vorverstärkung. Die 12AU7 ist ja eine äußerst bewährte und gern genommene Vorverstärkerröhre. Ihr typischer Röhren-Sound ist einer der Gründe für den fein-satten Klang des Vouvray.

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Supravox Vouvray Bedienelemente
Die Röhren glimmen bei Betrieb dezent sichtbar durch die Lüftungsschlitze der Frontplatte aus gebürstetem Aluminium. Hier sieht man auch die Bedienelemente: Lautstärke, Quellenwahl, Balance (Foto: H. Biermann)
Supravox Vouvray Supravox Vouvray
Die Röhren vom Typ 12AU7 von oben. Vouvray-Entwickler Yves Cochet hat für sie ein geschirmtes Metall-Separee ersonnen, damit die empfindlichen Bauteile frei von elektromagnetischen  Einflüssen ihrer Arbeit nachgehen können (Foto: H. Biermann)
Supravox Vouvray Trafo
Der Trafo mit EI-Kern ist komplett gekapselt und wurde speziell auch für die Ansteuerungen der Vorstufenröhren entwickelt. Nicht im Bild sind die 10.000 μF großen Siebkondensatoren pro Kanal (Foto: H. Biermann)
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Die eigentliche Leistung aber erzeugt der Supravox Vouvray mit einer klassischen Transistor-Endstufe in A/B-Schaltung. Beim genauen Hinschauen sieht man, dass hier eindeutig Kenner am Werk waren. Zwei bipolare Transistoren (Toshiba 2SA1943 und 2SC5200) sorgen in Push/Pull-Schaltung für die Leistung von 2 x 70 Watt (8 Ohm) beziehungsweise 2 x 120 Watt (4 Ohm).

Supravox Vouvray Transistoren
An den Kühlkörpern sitzen je ein Pärchen bipolarer Transistoren pro Kanal. Yves Cochet hat sich für Toshiba-Typen entschieden (Foto: H. Biermann)

Wie auch Verstärker-Guru Nelson Pass ist Supravox Entwickler Yves Cochet kein Freund von Transistor-Gräbern. Die vier hier verwendeten Toshiba-Typen sind sozusagen die kleinstmögliche Anzahl für eine solch klassische Push/Pull-Schaltung. Die daraus erzielten 120 pro Kanal an 4 Ohm sind für einen Verstärker dieser Gewichts- und Preisklasse nur Durchschnitt. Aber Cochet hatte ja vor allem den besten Klang im Visier.

Noch so ein außergewöhnlicher Punkt ist die eingebaute Phonostufe. Ich meine, der Supravox Vouvray ist mit Eingängen jetzt nicht gerade fürstlich ausgestattet – er hat nur vier Cinch-Zugänge. Aber darunter ist halt dieser exzellente Phono-Zweig. Auch hier macht der chinesische Franzose auf gestrig. Aber sehr gekonnt.

Supravox Vouvray Phono-Board
Die Phonostufe des Vouvray ist fast ausschließlich mit diskreten Bauteilen bestückt. Das hört man (Foto: H. Biermann)

Ich habe den neuen Pro-Ject Debut EVO mit Ortofon 2M Red angeschlossen. Wow: Schon mit diesem Plattenspieler ging die Sonne auf. Kraft, Substanz und pralle Klangfarben. Ich habe zum Vergleich den von mir sehr geschätzten PPA-2 von Elac (Preis: um 1.000 Euro) zum Vergleich angeschlossen. Von den möglichen Einstellungen her ist der Elac natürlich sehr viel flexibler. Mitreißender aber klang die Phonostage des Vouvray…

Praxis

Die Anzahl der Anschlüsse ist, wie schon angesprochen, mit drei analogen Hochpegel-Eingängen etwas karg. Die Leistung des Vouvray indes reicht für fast alle Lautsprecher am Markt. Wir haben auch eher Impedanz-kritische Speaker wie eine Canton A 45 oder eine Gauder Arcona 100 MK II (mit Bass-Extension) ausprobiert: keinerlei Probleme. Und beide genannten Lautsprecher, vor allem die Gauder, darf man als veritable Kombination-Tipps sehen.

Natürlich sind die etwas über 100 Watt des Vouvray an schwierigen Lautsprechern nicht die Welt. Aber für die meisten normal-effizienten Modelle reicht es für reichlich Pegel. Wird es dem Vouvray zu viel, kündigt er das ganz charmant an: Wenn die Pegelanzeige dauerhaft auf Rechtsanschlag ist, wird das Signal kurz unterbrochen. Da sollte man dann etwas leiser stellen…

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Supravox Vouvray Anzeige
Auch die VU-Meter geben dem Vouvray dieses herrlich klassische Aussehen (Foto: H. Biermann)
Anschlüsse
Nur vier Eingänge, die aber sind von guter Qualität. Auf Line 1 und Line 2 sitzen noch die schützenden Kunststoff- Kappen (Foto: H. Biermann)
Fernbedienung
Die Fernbedienung des Supravox Vouvray als Sinnbild des ganzen Verstärkers: Der Ferngeber steckt in einem edlen Alu-Gehäuse und liegt gut in der Hand, kann aber nur laut/leise und Muting (Foto: H. Biermann)

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Der Supravox Vouvray im Hörtest

Dieser Verstärker ist ein echtes Genussmittel. Man schließt ihn an und mag ihn einfach. Seine prallen Klangfarben und seine Substanz von unten heben diesen Verstärker sofort aus der Masse heraus. Im Bass und Grundton ist er kräftig, nach oben heraus fein, aber eher sanft als hochauflösend.

Ich hätte gern mein Gesicht gesehen, als Kollege Andreas Günther vom Naim Audio Uniti Nova auf den Vouvray umstöpselte: Was für ein Unterschied. Zugegeben: Der Nova ist ein Streaming-Amp, aber sein Verstärkerteil ist klanglich höchst überzeugend. Doch nicht im Vergleich zum Vouvray: Der Naim hat zwar etwas mehr Kontrolle im Bass, aber der chinesische Franzose klingt so viel organischer, praller, feiner und schöner. Der Naim klang im Vergleich fast schon etwas stählern und farblos. Das hätte ich nicht gedacht.

Supravox Vouvray im LowBeats Hörraum
Der Supravox Vouvray im kleinen Hörraum von LowBeats. Hier liefen die meisten Hörtests an den Dynaudio Contour 20i – an denen der Vouvray ebenfalls fantastisch klingt. Mit auf dem Bild: der Cayin CS-150 (rechts) und der Midsize-Verstärker Neukomm CPA 155S in der Mitte (Foto: H. Biermann)

Doch auch im Vergleich zu erstklassigen Röhrenamps dieser Klasse, wie beispielsweise dem Cayin CS-150A, zeigt er vielleicht nicht ganz dessen luftige Offenheit und Präzision im Mittelhochtonbereich. Aber der Vouvray klingt noch etwas freundlicher, geschmeidiger. Greift etwa Nick Cave bei seinem Solo-Album Idiot Prayer beherzt in die Tasten, kommt das mit dem Vouvray druckvoller und wuchtiger, mit dem Cayin etwas kerniger und in den Oberlagen einen Hauch präziser.

Nick Cave Iodiot Prayer am Flügel
Nick Cave bei den Aufnahmen zu Idiot Prayer. Ein ergreifendes Solo-Album, entstanden in Zeiten der Pandemie. Zudem sehr gut aufgenommen (Foto: J.Ryan)

Selbst den Vergleich mit unserer Allzeit-Vollverstärker-Referenz Neukomm CPA 155S meisterte der Vouvray absolut gekonnt. Natürlich liefert der Schweizer Ausnahmeverstärker das noch konturenschärfere Klangbild und vor allem bei höheren Pegeln noch mehr Nachdruck. Aber rein vom Ton, von der klanglichen Schönheit her, gelingt dem Vouvray eine nahezu perfekte Balance zwischen Klangfarbenfülle und Feinauflösung.

Fazit Supravox Vouvray

Dieser gekonnt auf Vintage gemachte Vollverstärker kann nicht so viel, aber das, was er kann, macht er herausragend gut. Da wäre vor allem der Klang. So prall, so schön und doch so angenehm fein klingen nur ganz wenige Verstärker dieser Preisklasse. Das sind dann meist Röhren-Amps, die in der Regel aber nicht seine Leistung und seine Stabilität mitbringen. Und dann hat er auch noch diese fantastische Phonostufe.

Im LowBeats Umfeld hat sich ein echter Fan-Kreis für den Vouvray gebildet. Für viele, die schon lange nach einem gehobenen Verstärker gesucht haben, aber bislang nicht glücklich wurden, ist er eine superbe Lösung. Weil er zwar Kraft hat, aber dennoch sehr geschmeidig klingt. Für mich ist er – Ende Dezember darf man so etwas sagen – die Verstärker-Entdeckung des Jahres.

Supravox Vouvray
2020/12
Test-Ergebnis: 4,5
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Wunderbar organisch-natürlicher und fein-reifer Klang
Ausreichend Leistung, unkompliziert im Zusammenspiel mit verschiedenen Boxen
Herausragend gute MM-Phonostufe
Sehr gute Preis-/Leistungs-Relation

Vertrieb:
IAD GmbH
Johann-Georg-Halske-Str.11
41352 Korschenbroich
Telefon: 02161 / 617830
www.iad-audio.de/

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Supravox Vouvray: 3.700 Euro

Mit- und Gegenspieler

Die technischen Daten

Supravox Vouvray
Konzept:Hybrid-Vollverstärker mit Röhrenvorstufe und AB-Endstufe
Leistung:2 x 70 / 2 x 120 Watt an 8Ω / 4Ω
Röhrenbestückung:2 x 12AU7
Eingänge:3 x Hochpegel, 1 x Phono MM
Abmessungen (H x B x T):43,0 x 18,8 x 35,8 cm
Gewicht:
19,5 Kilogramm
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.