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Wireless-Lautsprecher JBL Playlist
Der JBL Playlist. Viel Klang für vergleichsweise wenig Geld. 180 Euro kostet die smarte Bluetooth-Box, die nur bei der Bedienung Schwächen zeigt (Foto: S. Schickedanz)

Test JBL Playlist mit Google Cast: Großer Klang mit Hürden

Kürzlich debütierte der JBL Playlist. Die Form des Multiroom-fähigen Wireless-Lautsprechers erinnert an den Harman/Kardon Omni 20, einer Marke, die wie JBL zum kürzlich mit Samsung fusionierten Harman Konzern gehört. Das weckt gute Erinnerungen in Bezug auf die Hardware, weniger gute, was die Software betrifft. Auch die magische Zahlenkombination 24/96, mit der das Omni-System seinerzeit Markführer Sonos durch Hi-Res-Streaming abhängen sollte, taucht wieder auf. Der JBL Playlist ermöglicht via WLAN das Streaming mit bis zu 24 Bit /96 kHz.

Das akustische Konzept lässt trotz geschrumpfter Abmessungen ebenso Ähnlichkeiten entdecken: Auf der Rückseite des ovalen Streaming-Lautsprechers sitzt eine Passiv-Membran, die den hinter Stoff versteckten frontseitigen Treibern Unterstützung im Bass leistet. Das sollen laut JBL-Datenblatt zwei 5,7 cm durchmessende „Tieftöner“ sein.

Auch wenn wir uns damit im Widerspruch zu den Herstellerinfos sowie zahlreichen Blogs, die jene Information 1:1 wiedergaben, befinden und wir den Lautsprecher auch nicht auseinanderreißen wollen, folgere ich mal, dass es sich mangels im Datenblatt erwähnter separater Hochtöner um Breitbänder handeln muss. Ein erster Funktionstest zeigte nämlich unmissverständlich, dass der in den Farben Schwarz, Blau oder Weiß erhältliche Amerikaner nicht nur als Subwoofer konzipiert ist.

Wireless-Lautsprecher JBL Playlist
Wie der Harman/Kardon Omni 20 hat der JBL PlayList eine Passiv-Membran auf der Rückseite (Foto: S. Schickedanz)

Vor das Klangvergnügen haben die Entwickler allerdings etwas mehr Arbeit gestellt als bei einem gewöhnlichen Bluetooth-Lautsprecher wie dem JBL Flip 4. Der Playlist kann zwar auch mit wenigen Handgriffen direkt über Bluetooth mit dem Handy verbunden werden, um ihm zum Beispiel aus der Music App des iPhones direkt Musik zuzuspielen.

Aber der JBL Playlist unterstützt darüber hinaus mit seiner Google-Chromecast-Einbindung Musikdienste, die von der maximalen Auflösung des Lautsprechers Gebrauch machen. Um sie nutzen zu können, braucht man allerdings etwas mehr Geduld als für den Bluetooth-Quickie zu Anfang. Immerhin konnte ich mich nach dem Auspacken erst mal etwas mit dem Klang vertraut machen und mich in Stimmung bringen für den Akt mit den Apps und dem Wireless-Router.

Hier hat der Playlist einen Vorteil gegenüber den sonst so geschätzten Produkten von Sonos. Denn die beherrschen drahtloses Streaming nur via WLAN und halten den frischgebackenen, neugierigen Besitzer erst einmal mit einer langwierigen Installation auf, welche die Installation einer App auf dem Smartphone, Registrierung und selbstverständlich den obligatorischen Update-Download für den Lautsprecher beinhaltet. Eine Prozedur, an der kein Weg vorbeiführt und die wie beim Sonos PlayBase schnell mehr als eine halbe Stunde dauert. All das spart einem der JBL dank Bluetooth, das bei mir in der Wohnung auch problemlos durch Wände funktionierte.

JBL Playlist vertraut auf die Google Home App: Ein großer Fehler

Etwas mehr Zeit, vor allem aber mehr Geduld sind nötig, um den Playlist anschließend auch im Netzwerk zu betreiben. Den Zugang verschafft ihm in Verbindung mit dem integrierten WLAN die Google Home App, die Googles Chromcast-Standard unterstützt. Bis auf die – wie ich finde, lästige – Eingabe des Router-Passworts auf meinem Handy war es eine einfache, schnelle Sache, den Lautsprecher mit dem WLAN mit 2,4 oder 5 GHz (IEEE 802.11b/g/n respektive EEE 802.11 n/ac) zu verbinden.

Wireless-Lautsprecher JBL Playlist
Die Lautstärkeregelung am JBL Playlist ist mit dem Smartphone via Bluetooth synchronisiert. Man kann dabei auch die Wiedergabe starten und stoppen (Foto: S. Schickedanz)

Doch dann war Schluss mit Lustig. Die Google Home App gewährte mir nicht den Zugriff auf die Songs auf meinem iPhone oder von meinem Computer im Netzwerk. Das ist ärgerlich. Man hat nur zwei Möglichkeiten, Musik zu hören: Entweder man nutzt die in die Google App integrierten (kostenpflichtigen) Online-Dienste wie Spotify, Pandora, Deezer beziehungsweise Google Play oder man nutzt nach der Einrichtung die Apps von Drittanbietern.

Musixmatch – eine App, die ich bisher nur wegen der Anzeige von Liedtexten auf dem Handy hatte – erschließt einem dann immerhin die eigene Musikbibliothek auf dem iPhone. Doch zu welchem Preis? Es gibt ständig Werbeeinblendungen, was bei einer Gratis-App vielleicht noch zu tolerieren wäre, auch wenn ich beim Kauf eines BT-Lautsprechers eigentlich erwarte, dass mir dessen Hersteller eine App für kostenlosen, werbefreien Zugriff liefert. Aber die unzuverlässige Funktion nervte gewaltig. Jedes Mal, wenn ich einen anderen Titel anwählte, brach die Verbindung zum Playlist ab und musste über das Chromecast-Logo rechts oben im Fenster des Musixmatch-Players erneuert werden, was nicht immer gelang. Manchmal half nur der Neustart des Lautsprechers oder der App, die sich auch gerne mal total aufhängte.

Auch TuneIn nervte gewaltig

Mit der anderen App, die Zugriff auf kostenlose Inhalte ermöglichte, sah es noch düsterer aus. Während Musixmatch wenigstens über die Tasten am Handy die Regelung der Lautstärke ermöglichte, war über TuneIn in dieser Hinsicht gar nichts zu machen. Dafür funktionierte die Webradio-App noch unzuverlässiger und wollte überhaupt erst nach dem X-ten Neustart den Ton über den Lautsprecher wiedergeben.

Wohl bemerkt betraf das Problem die beiden Apps nur in Verbindung mit Google Home und dem JBL-Lautsprecher, denn von den beiden Apps allein kenne ich solche Sorgen nicht. So spielte auch TuneIn teilweise einfach ohne die externe Box los und verstummte, wenn man neue Verbindungsversuche unternahm.

Daher ist, gemessen an meiner Verärgerung – ich riss irgendwann einfach verärgert den Stecker aus der Dose und packte den Lautsprecher wieder ein – die noch vergleichsweise milde Praxis-Wertung allein dem tadellosen Bluetooth-Betrieb geschuldet. Als Netzwerk-Lautsprecher für ein Multiroom-System hat mich nach dem Omni einmal mehr eine vielversprechende Hardware aus dem Hause Harman wegen einer in meinen Augen unzumutbaren, unausgereiften Software versagt. Es gibt ja Leute, die es auch geil fanden, Nächte lang an ihren doofen DOS-Rechnern herumzubasteln, weil immer irgendetwas nicht funktionierte, doch als Macianer verbinde ich damit keinerlei Nostalgiegefühle – schon gar nicht bei einem Produkt, das mich unterhalten soll.

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JBL Playlist Google App
Die Einrichtung des JBL Playlist im Netzwerk ging mit der Google Home App vergleichsweise leicht und clever vonstatten (Foto: S. Schickedanz)
JBL Playlist Google App
Auch das Herstellen der Google-Cast-Verbindung ist smart gelöst, aber…
(Foto: S. Schickedanz)
JBL Playlist Google App
…die Verbindung brach nach jedem Titelsprung mit der zur Wiedergabe der Songs auf unserem iPhone erforderlichen Musixmatch App ab und musste neu aufgebaut werden. Auch in anderen Situationen gab es viele Abbrüche und Fehlermeldungen, ein riesiges Ärgernis (Foto: S. Schickedanz)
JBL Playlist Google App
Außerdem gab es in allen an der Wiedergabe beteiligten Programmen – hier TuneIn für Webradio – ständig Werbeeinblendungen (Foto: S. Schickedanz)
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Das ist sehr schade, denn der Klang des JBL Playlist lässt keine Wünsche offen. Angesichts des Preises vermag der kompakte Lautsprecher regelrecht zu begeistern. Da wäre zunächst die ausgewogene Klangbalance, die bis auf eine minimale, in dieser Klasse allerdings nicht weiter tragische Stimmverfärbung perfekt gelungen ist. Man kann mit dieser Box sogar Klassik hören, ohne dabei selbst als Audiophiler die Krise zu kriegen. Wenn dabei etwas stört, dann am ehesten das leichte Pumpen des Kompressors bei höheren Lautstärken, aber nicht die Tonalität.

Natürlich mag die mit dem JBL Playlist hauptsächlich angepeilte überwiegend junge Zielgruppe vor allem auch satte Bässe, ein Punkt in dem das Alter relativ spurlos an mir vorüberging. Allerdings mag ich Bässe zwar satt, aber sauber. Und auch diesem Anspruch wird der JBL in geradezu verblüffender Weise gerecht. Er klingt salopp gesagt hammermäßig, kommt mit Titeln wie „Ballerina“ (Remix) feat. Ty Dolla $ign oder „Thunder“ von den Imagine Dragons richtig tief in den Keller und hat erstaunlich guten Kick. Dazu passt die Attacke in den anderen Frequenzbereichen sehr gut, alles wirkt wie aus einem Guss, das Timing ist auf den Punkt.

Dabei wirkt der JBL immer sehr entspannt, scheint sich niemals den tollen Punch mit letzter Kraft herauszupressen. Stellenweise fragt man sich, wo dieses Fliegengewicht nur diese Kraft und dieses Volumen hernimmt. Man kann damit selbst ein mittelgroßes Wohnzimmer lauter beschallen, als für den Hausfrieden gut ist.

Fazit: JBL Playlist

Was für ein toller Lautsprecher – und dann noch mit so kompakten Abmessungen und für deutlich unter 200 Euro. Das war mein erster Eindruck und das gilt abgesehen vom sehr kurzen Netzkabel auch zum Schluss. Doch er hat ganz eindeutig eine bessere Software verdient.

Wer auf eingebauten Akku und Outdoor-Tauglichkeit beim Gehäuse verzichten kann, findet im Playlist eine preislich attraktive, dabei auch noch klanglich überlegene Alternative zu reinen Bluetooth-Boxen wie dem JBL Charge3 (den Test des Vorgängers, JBL Charge 2+ finden Sie hier). Als drahtlose Multi-Room-Lösung, als die der WLAN-Speaker eigentlich konzipiert wurde, käme er für mich mit der momentanen Software nicht in Frage.

Am Ende stelle ich mir die gleichen Fragen wie nach dem Test des Harman/Kardon Omni 20: Wie kann ein Unternehmen, das aus kleinsten Gehäusen derart dynamischen, ausgewogenen Klang zaubern kann, wofür auch der Akustik-Forscher Dr. Sean Olive mit seinem immensen Wissen steht, nur wiederholt dermaßen bei der Software daneben greifen – auch wenn sie in diesem Fall von Google kommt?

JBL Playlist
2017/09
Test-Ergebnis: 4,0
sehr gut
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Homogene Klangabstimmung mit tiefem, sattem Bass, kann sehr laut und verzerrungsarm spielen
Problemloser Betrieb mit Bluetooth
Benötigt für WLAN-Betrieb die Google Home App plus kostenpflichtige Online-Dienste oder weitere Apps wie Musixmatch oder TuneIn
Apps sind sehr störanfällig und nerven mit ständigen Werbeeinblendungen

Vertrieb:
Harman Deutschland GmbH
Allee 18
74072 Heilbronn
Deutschland
www.jbl.com

Preis (Hersteller-Empfehlung):
180 Euro

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Autor: Stefan Schickedanz

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Schneller testet keiner. Deutschlands einziger HiFi-Redakteur mit Rennfahrer-Genen betreut bei LowBeats den Bereich HiFi im Auto sowie die Themengebiete Mobile- und Smart-Audio.