Als KEF vor über 20 Jahren die Q-Serie einführte, begann eine echte Erfolgsstory: “Q” entwickelte sich vom Start weg zur wohl wichtigsten KEF Linie, weil mit ihr der koaxiale Mittelhochtöner namens Uni-Q erschwinglich wurde – was die HiFi-Fans durchaus zu schätzen wussten. Und über all die Jahre war es gar nicht immer das Flaggschiff der Serie, das am besten lief, sondern die kleine Standbox, die sich – weil günstiger und kaum schlechter – in der Regel besser verkaufte. Man darf dieses Familienverhältnis auch bei der achten Generation der Q-Serie unterstellen: Die große Q950 hat bei LowBeats ihre Qualitäten schon unter Beweis gestellt, doch auch die kleine KEF Q550 macht für ihre 1.000 Euro pro Paar einen exzellenten Eindruck.
Die KEF Q550 ist quasi die geschrumpfte Version der Q950: Auch sie folgt dieser sehr kantigen Bauhausform, hat aber letztendlich die gelungeneren Proportionen. Und sie hat ziemlich genau denselben Aufbau.
Leider hat KEF von der Q550 keinen Querschnitt, deshalb muss hier noch einmal das offene Schaubild aus dem Q950-Test herhalten.
Weil beide – mit Ausnahme der Größe – konstruktiv sehr ähnlich sind, lassen sich von dem Foto auch der Aufbau und die Bestückung der KEF Q550 gut ableiten: Es gibt einen Uni-Q im 13 Zentimeter Format (oben), der in einem eigenen, geschlossenen Gehäuse sitzt.
Im Bassgehäuse darunter ist lediglich einer (nämlich der mittlere) der drei 13 Zentimeter Tieftöner aktiv – also mit eigenem Magnetantrieb ausgestattet. Die beiden anderen (von vorne absolut gleich aussehenden) Bässe sind sogenannte Passivmembranen, die eine ähnlich bassverstärkende Wirkung haben wie ein Bassreflexrohr.
Eine Lösung mit Passiv-Radiatoren entspricht physikalisch exakt der einer Bassreflex-Konstruktion. Nur, dass die Entwickler mit Passivmembranen die ganze Problematik von Bassreflexrohren (Strömungsgeräusche, ebenfalls austretende, störende Mittenanteile) vermeiden.
Eine teure, aber durchaus effiziente Lösung. Und hübscher ist sie auch: Löcher in Gehäusen sind einfach nicht sonderlich attraktiv.
Die Beschreibung in den technischen Daten der KEF Q550 könnte den Eindruck erwecken, es handle sich um eine geschlossene Basskonstruktion. Das stimmt nur für den Uni-Q; der Bassbereich insgesamt ist hingegen wegen der Passiv-Radiatoren eine Bassreflex-Konstruktion.
Das Gehäuse-Finish ist in einer schwarzen oder weißen Vinyl-Oberfläche gehalten. Das wirkt beim Anfassen nicht wirklich hochwertig, aber diese Lösung ist robuster als die meisten Lack- oder Furnier-Varianten. Es ist einer der wenigen Punkte, an denen man merkt, dass die KEF Q 550 knapp unterhalb 1.000 Euro angesiedelt ist.
Das Gehäuse der KEF Q550
Wirkt die Oberfläche vielleicht etwas niederpreisig, so gibt es dagegen am Aufbau der Standbox wenig zu mäkeln. Die Schallwand der KEF Q550 ist 20 Millimeter stark und die Löcher für die Treiber exakt ausgefräst.
Die Treiber sind mit Holzschrauben in der Front verankert, was man aber nicht sieht, weil optisch gut passende Kunststoffringe diesen Teil der Treiber verdecken. Auch hier gibt kaum Spaltmaße, alles sieht sehr ordentlich aus.
Gut sind auch die auskragenden Aufsätze für die Spikes an der Bodenplatte der KEF Q550. Das Anbringen der Füße und der Spikes ist Pflicht, weil die Q550 mit ihrer schmalen Bauform von nur 18 cm Breite sonst unweigerlich umfällt.
Doch die Fußkonstruktion ist pfiffig gemacht: Zum einen, weil man sie – folgt man der Bedienungsanleitung – schon beim Auspacken dranschraubt und die Q550 dann fertig aus dem Karton holt. Und zum anderen, weil die Spikes von oben zugänglich und mit dem beigelegten Imbus in der Höhe verstellbar sind. So bekommt man die KEF Q550 problemlos perfekt in Waage.
Das Konzept der KEF Q550
… basiert wie bei allen Modellen der Q-Serie auf dem namensgebenden Koaxialtreiber Uni-Q. KEF hat dieses Prinzip, bei dem der Hochtöner im Zentrum des Tiefmitteltöners sitzt, in mehr als zwanzig Jahren und über mehr als zehn Versionen optimiert. Der größte Vorteil des Koax ist, dass die Schallentstehungszentren von Hoch- und Tiefmitteltöner auf einer Ebene liegen und somit eine perfekte Punktschallquelle entsteht.
Im Falle der KEF Q550 arbeitet der kleinste (nämlich 13 Zentimeter durchmessende) Koax der Q-Serie, der allerdings dem Uni-Q der großen KEF Flaggschiffe aus der Blade und der Reference Serie sehr, sehr ähnlich sieht…
Und nicht nur das: In der neuesten Version des Uni-Q wurde auch die Konstruktion des integrierten Hochtöners auf KEF Reference Stand gebracht – damit wird die rückseitige abgestrahlte Schallenergie noch effizienter reduziert.
Und das macht diesen Test so spannend: Bekommt man hier etwa die Uni-Q-Technik von Reference und Blade für ganz kleines Geld in einer aparten Standbox?
Könnte sein, aber der Uni-Q der KEF Q550 läuft unter gänzlich anderen Bedingungen als der in Reference oder Blade. KEF Entwickler Dr. Jack Oclee-Brown verfiel bei der modernen Q-Serie auf die Idee, den Uni-Q breitbandig laufen zu lassen: keine Frequenzweiche bewahrt ihn vor den tiefen Bässen. Der einzige “Schutz” ist die Federsteife der Luft in dem kleinen Gehäuse hinter ihm. Nur diese verhindert, dass der kleine Tieftöner zu große Hübe ausführt.
Das Konzept ist eigenwillig: Man bekommt natürlich eine homogenere Wiedergabe, als wenn Frequenzweichenbauteile im Signalweg lägen – nämlich die einer kleinen Regalbox mit 13er Tieftöner. Aber die Belastbarkeit ist bei einem solchen Konstrukt eben auch nur so hoch wie bei einer Kleinbox.
Die LowBeats Verzerrungs-Messungen zeigen das Dilemma der schlanken KEF Q550: Die größten Verzerrungen liegen zwischen 1.000 und 2.000 Hertz; ein Resultat der hohen Membranauslenkung.
Und dennoch ist die KEF Q550 durchaus Bass-potent. Ein zusätzlicher Tieftöner – ebenfalls im 13 Zentimeter Format – plus zwei Passivmembranen mit gleichem Durchmesser sorgen für ein stattliches Fundament.
Dr. Jack Oclee-Brown gelang hier ein kleines Kunststück beim Impedanzverlauf. Die Messung zeigt nur zwei Impedanz-Maxima: eines vom Uni-Q im geschlossenen Gehäuse bei 83 Hz und eines beim Übergang des Tiefmitteltöners zum Hochtöner bei knapp über 2.000 Hz.
Das ist ungewöhnlich, weil die KEF Q550 ja eigentlich eine verkappte Bassreflexbox ist und deren Impedanzverläufe sind in der Regel sehr viel welliger. Ob das eine Rolle spielt? Aber ja! Je welliger der Impedanzverlauf, umso mehr ist der Verstärker gefordert, weil er sich ja bei unterschiedlichen Frequenzen unterschiedlich hohen Widerständen ausgesetzt sieht.
Die meisten kleinen Verstärker (und fast alle Röhren) tun sich mit welligen Impedanzen richtig schwer und spielen dann weit unter ihren Möglichkeiten. Die KEF Q550 ist hingegen mit ihrem extrem glatten Verlauf für kleine Verstärker wie gemacht.
Selbst Einsteiger-Verstärker wie der Exposure 1010 S2 oder der Rotel A10 laufen prächtig mit der Q550. Allerdings ist ihr Potenzial höher. Mir gefiel die Kombination mit dem Rotel A12 sehr gut, aber fast noch besser ging die KEF mit dem Pioneer A70 DA (Test in Kürze), der mit seiner feinsilbrigen Art ein exzellenter Partner ist.
Der Hörtest
Haben wir der großen Q950, der kompakten LS 50 vor allem aber der kompletten Reference-Familie noch einen eher dezenten Klangcharakter attestiert, ist die kleine KEF Q550 ein anderes Kaliber. Sie spielt ausgesprochen frisch und frei, mit viel Energie in den Mitten.
Stimmen wie die von Tori Amos auf ihrem neuen Album Native Invader kommen großartig: Wie auf dem Präsentierteller zeigt die kleine KEF alle Nuancen der Stimme, macht jeden noch so kleinen Räusperer hörbar.
Das Piano, mit dem sich die Sängerin begleitet, hat Kraft und wird von der KEF fast zum Anfassen dreidimensional in den Hörraum modelliert. Hier spielt der koaxiale Uni-Q seine Vorteile gegenüber klassischen Mehrwege-Konstruktionen auf sehr gekonnte Weise aus.
Wichtig für seine großzügige Raumtiefe und die glaubhafte Plastizität ist die Unterstützung durch den Bass und seine beiden passiven Mitstreiter. Was die drei miteinander produzieren, ist nicht immer ganz sauber, aber ungemein satt und druckvoll.
Das neue Album von Martha & The Muffins, Where Blue Meets Green, lebt zum Teil von extremem Tiefbass und wichtigen Schlägen. Die Q550 pumpt diese tiefen Tiefton-Samples so mühelos in den Raum, dass man sich ernsthaft fragt, ob das alles von einem 13er Tieftönerchen plus zwei Passivmembranen kommen kann. Alles in allem jedenfalls ist die KEF Q550 eine jener Konstruktionen, die den Zuhörer aus dem Stand mitreißen kann.
Der Zauber verfliegt allerdings, wenn man der kleinen Q550 zu viel Pegel zumutet. Die Bässe sind dann immer noch beeindruckend und schieben und hämmern mit einer Energie, die verblüfft. Aber die Mitten beginnen dann angestrengt zu klingen. Der bei kleinen Pegeln ungemein klare und aufgeräumte Klang bekommt unschöne Härten und auch die so plastische, großzügige Räumlichkeit schrumpft merklich.
Das Metallica Meisterwerk S+M, auf dem die Hardrocker ihre Stücke mit dem San Francisco Symphony Orchestra eingespielt haben, kann man ja eigentlich nicht leise hören. Mit der KEF Q550 aber sollte man.
Es ist nämlich absolut faszinierend, wie viele Details dieser Lautsprecher ans Tageslicht fördert, wie enorm lebendig diese Live-Aufnahme mit ihm klingt. Wie auch das 950er Flaggschiff der Familie ist sie ein Feingeist und für Party-Beschallungen kaum geeignet.
Fazit: erwachsener Klang aus schlanken Gehäusen
Die kleinste Standbox der neuen KEF Q-Serie macht trotz der schlanken Bauform ordentlich was her: Der Mittelhochtonbereich ist frisch und energisch, die Bässe satt. Sind öfter auch mal Lautstärken weit über Normalnull gefordert, gibt es sicherlich pegelfestere und verzerrungsärmere Angebote.
Für Musikfreunde aber, die überwiegend in Zimmerlautstärke hören wollen (oder müssen), ist die KEF Q550 eines der stärksten Angebote, die die 1.000 Euro Klasse derzeit zu bieten hat.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Offener, quicklebendiger Klang |
| Exzellente räumliche Abbildung |
| Erstaunlich tiefer & satter Bass |
| Klingt bei höheren Pegeln etwas nasal |
Vertrieb:
GP Acoustics GmbH
Kruppstraße 98
45145 Essen
https://de.kef.com
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
KEF Q550: 1.000 Euro
Im Beitrag erwähnt:
Test KEF Q950 – große Klasse für kleines Geld
Test KEF LS 50 – die Legende lebt weiter
Familientest KEF Reference – Noblesse oblige
Test Exposure 1010 S2 – Feinster Klang für 650 Euro
Test Rotel A10 – Audiophiler Amp für 500 Euro
Test Rotel A12 – Der Rundumsorglos-Amp