Die Begeisterung war groß, als wir im Sommer die kleine Dynaudio Emit 10 im Test hatten. Sie ist die derzeit günstigste Möglichkeit, an die überlegene Treibertechnik der Dänen zu kommen und verzauberte uns mit wunderbar musikalischer Spielweise, tollen Mitten, viel Charme und noch mehr Raum. Nur pegelmäßig zeigte sich die Kleine vergleichsweise schwach. Aber da gibt es in der Familie ja noch die fast doppelt so große Schwester Dynaudio Emit 20. Ist die teurere also größer lauter, besser? Na fast. Denn die beiden Schwestern sind unterschiedlicher als gedacht – was auch unsere bislang umfangreichste Vergleichstests bewies…
Zunächst einmal einige Rahmendaten der beiden Lautsprecher-Schwestern in der Übersicht:
Modell: | Emit 10 | Emit 20 | |
Tieftöner-Durchmesser: | 14 cm | 18 cm | |
untere Grenzfrequenz: | 64 Hertz | 53 Hertz | |
Gehäusevolumen: | 7,5 Liter | 14,7 Liter | |
max. Schalldruck: | 92 Dezibel | 98 Dezibel | |
empf. max. Raumgröße: | 16 Quadratmeter | 25 Quadratmeter | |
Abmessungen (B x H x T): | 17,0 × 29,0 × 27,1 cm | 205, x 37,0 x 31,1 cm | |
Paarpreis: | 730 Euro | 950 Euro |
Die Vergrößerung von Tieftönerfläche und Volumen bringt hier Pegel-mäßig einiges – nämlich ein Plus von 6 Dezibel. Das ist echt eine Menge und erlaubt der Emit 20, erheblich größere Räume angemessen zu beschallen. Sehr viel mehr Tiefbass bringt sie dagegen nicht.
Das Konzept der Dynaudio Emit 20
Wie auch die Emit 10 ist die Emit 20 eine klassische 2-Wege Bassreflexbox. Und wie auch bei der kleinen 10er, wird bei der 20er der Wille erkennbar, die feine Dynaudio Treibertechnik für möglich moderates Geld anzubieten. Dafür muss man offenkundig beim Gehäuse sparen. Heißt: Der Korpus ist ein kantiger Kasten aus 20 mm starken MDF-Platten und mit robuster Vinyl-Folie (schwarz, weiß oder Nussbaum-Imitation) bezogen. Allein die Schallwand sorgt für einen Hauch von Raffinesse: Sie ist lackiert und oben wie unten mit einer leicht geschwungen Fase verziert.
Klopft man auf das Gehäuse (oder legt die Hand bei einem Bass-intensiven Stück drauf), spürt man Vibrationen und einen leichten Nachklang. Und man ahnt, dass es auch in dieser Klasse durchaus besser geht…
Anders sieht es bei der Treiber-Bestückung aus. In der Dynaudio Emit 20 sitzt ein 18 cm Tiefmitteltöner, der mittels Doppelmagneten auf hohen Wirkungsgrad getrimmt ist und einen ungewöhnlich breiten Frequenzbereich übernimmt: Erst bei knapp 4.000 Hertz übernimmt der Hochtöner.
Der Hochtöner ist tatsächlich genial und zählt mit zum Besten, was die Dänen je im Hochtöner-Portfolio hatten. “Cerotar” nennen die Dänen ihr neues Schmuckstück und haben bei ihm dank “Hexis-Innenkuppel” die nach hinten abgestrahlten Schallenergie erheblich besser im Griff. Er klingt jedenfalls wunderbar fein und ohne jede Künstlichkeit.
Dass die Dynaudio-Ingenieure dieses Schmuckstück erst ab knapp 4.000 Hertz ins Rennen schicken, ist etwas rätselhaft. Normalerweise dürfte er locker eine Oktave (also ab 2.000 Hertz) spielen können. Wahrscheinlich aber fällt durch diesen hohen Übergang die Abstrahlung zu den Seiten homogener aus. Auch dieses Verhalten müssen die Entwickler ja immer im Blick haben. Die Frequenzweiche, die Hoch- und Tiefmitteltöner trennt, hat nur fünf Bauteile, deren Qualität für diese Preisklasse echt in Ordnung ist.
Praxis
Die Dynaudio Emit 20 ist in vielen Belangen ein anderes Kaliber als die kleine Emit 10. Sie kann sehr viel mehr Luft bewegen und erheblich größere Pegel bringen. Daraus ergibt sich: Sie kann auch größere Räume beschallen. Konkret heißt das: Mit Dauerpegel erreicht die kompakte Emit im Messabstand von einem Meter immerhin stolze 98 Dezibel; kurzfristig sogar 110 Dezibel. Das ist eine Art Rekord. Damit überrascht die Dynaudio in einer Disziplin, in der Dynaudio bislang noch nie ernsthaft reüssieren konnte…
Neben der höchst erfreulichen Pegelausbeute zeigt die Emit 20 auch elektrisch ein sehr verträgliches Verhalten:
Die Messungen zeigen, dass die Emit 20 in Bezug auf Impedanz, Phase und EPDR-Wert ausgesprochen Verstärker-freundlich ist. Amps, die ich empfehlen würde, also den Atoll In 50 Signature, den Rotel RA 11 Tribute oder den Cambridge Audio CXA 61, dürften mit diesem Lautsprecher keinerlei Schwierigkeiten haben.
Weil die Emit 20 zwar eine Menge Bass erzeugt, dieser aber nicht mit der letzten Präzision kommt, ist die große Kompaktbox eindeutig am besten auf einem Ständer aufgehoben. Es gibt welche von Dynaudio, ich empfehle an dieser Stelle aber immer den Standfuß von Monitor Audio. Der ist hübsch, klug gemacht, aber leider mit 550 Euro auch nicht eben billig…
Hörtest
Klemmt man die kleine Emit 10 an die Verstärker, klingt es aus dem Stand überragend schön. Die kleine 10er hat so schöne Mitten, dass es einem schlagartig warm ums Herz wird. Im Vergleich zur 10er klingt die große Schwester in den Mitten deutlich nüchterner, blasser. Gerade Stimmen erscheinen mit der Kleinen lebendiger und voller. Aber auch Streicher und Blasinstrumente klangen mit der Emit 10 nicht nur charmanter, sondern auch “echter”.
So dauert es ein bisschen, bis wir uns auf die Emit 20 eingehört hat. Denn natürlich klingt auch die größere Schwester ausgewogen und selbstredend hat auch sie audiophile Meriten. Da sind zunächst einmal die (kaum vergleichbaren) Vorteile in Sachen Dynamik und Bass-Power. Mit den üblich verwendeten Power-Stücken von Infected Mushroom, Yello oder Underworld blies die größere Dynaudio ihre kleine Schwester förmlich aus dem Hörraum.
Und es ist ganz unzweifelhaft zu hören, dass auch die Emit 20 über diesen fantastischen Cerotar-Hochtöner verfügt. Denn auch, wenn er nur über 2,5 Oktaven (von 4.000 – 25.000 Hertz) läuft, verhilft er den Aufnahmen zu einer wunderbaren Leichtigkeit.
Im Vergleich zur nagelneuen Canton Vento 20 (der Test erscheint in Kürze) wirkte die Emit 20 in den Mitten etwas weniger lebendig und weniger farbig. Allerdings ist die Canton auch eine Ausgeburt an Agilität. Bei Gitarrenmusik (Friday Night in San Francisco) saßen wir mit der Canton den drei Guitar-Heroes förmlich auf dem Schoß, während die Dynaudio sehr viel mehr Distanz schuf. Auch die Schläge und das Pochen auf den Gitarrenkörper kamen mit der Vento 20 viel zupackender.
Doch auch in diesem Vergleich offenbarte die Dynaudio nach kurzer Zuhörzeit, dass sie zweifelsfrei aus einem noblen Stall kommt. Allein die Räumlichkeit: Die Emit 20 zieht den Raum ungemein weit auf und schafft eine herrliche Tiefe – was vor allem bei Klassik noch etwas beeindruckender klingt. Und natürlich toppt die Dynaudio auch die Canton beim Abspielen der Kodo-Drums mit sehr hohem Pegel. Allerdings knallten die Trommeln mit der Canton noch etwas härter und präziser. Das Ausschwingen der Felle jedoch, die plastische Darstellung feiner Hochtondetails gelang der Emit 20 nochmals feiner und selbstverständlicher.
Fazit Dynaudio Emit 20
Die Emit 20 ist nicht einfach eine vergrößerte Emit 10. Nein, an deren überragende Natürlichkeit kommt die größere Schwester nicht heran. Doch durch deutlich mehr Potenz in Bass und Pegel eröffnet sie ganz neue Möglichkeiten. Neben ihrer fraglos vorhandenen, audiophilen Qualitäten bringt die mittelgroße Kompaktbox eine Pegelfestigkeit mit, wie sie in dieser Größen- und Anspruchsklasse wirklich selten ist und die auch größerer Räume problemlos füllt.
Nun gibt es in dieser Preisklasse sicher Alternativen, die besser klingen. Und doch gibt es viele Gründe, die für eine Emit 20 sprechen. Vor allem Freunde des gehobenen Klang-Anspruchs, die es gern auch mal laut krachen lassen wollen und/oder auf besonders Bass-intensive elektronische Musik stehen, sind mit dieser Dynaudio bestens bedient.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Ausgewogener Klang mit feinen Höhen und toller Räumlichkeit |
| Enorm Pegelfest |
| Elektrisch gutmütig, klingt mit fast jedem Verstärker |
| In den Mitten etwas blass |
Vertrieb:
Dynaudio Germany GmbH
Ohepark 2
21224 Rosengarten
www.dynaudio.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Dynaudio Emit 20: 950 Euro
Technische Daten
Dynaudio Emit 20 | |
---|---|
Konzept: | 2 Wege Bassreflex |
Bestückung: | HT = 29 mm (Cerotar), TMT = 18 cm (MSP-Membran) |
empf. Mindest-Leistung des Verstärkers: | 2 x 30 Watt |
empf. max. Raumgröße: | 25 Quadratmeter |
Besonderheit: | Hohe Impedanz, Verstärker-freundlich |
Maximalpegel (Dauer /kurzfristig: | 98 / 110 dB |
Farb-Varianten: | Schwarz + Weiß + Nussbaum |
Abmessungen (B x H x T): | 20,5 × 37,0 × 31,2 cm |
Gewicht: | 10,3 Kilo (Stück) |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
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Doppeltest Vollverstärker: Cambridge Audio CX61 und CX81
Erster Test Vollverstärker/CD-Player: Rotel A11 Tribute / CD11 Tribute
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