Der Hintergrund dieses Textes ist ein trauriger. Denn die Entwicklungen am Projekt Rotel A11 Tribute und CD 11 Tribute waren die letzten Arbeiten von Europas HiFi-Botschafter Ken Ishiwata. Der in Belgien lebende Japaner starb im November 2019 und konnte dieses Werk dementsprechend nicht mehr abschließen; einige Freunde brachten es für ihn zu Ende. Und sie unterstrichen mit dem Ergebnis eindrucksvoll die Devise der Audio-Legende: “Hast du eine gute Basis und das entsprechende audiophile Wissen, kannst du mit wenig Materialaufwand aus einer guten Audio-Komponente eine überlegene machen.”
Über 40 Jahre stand Ken Ishiwata in Marantz’ Diensten und hat für die Marke (meist unter dem Label “KI”) so manche Perle entwickelt. Aber er war auch so etwas wie Europas HiFi-Botschafter: ein gleichermaßen kenntnisreicher wie integrer, hoch kultivierter Entwickler, für den die Musik über allem stand. Als Marantz im Mai 2019 seinen Vertrag nicht verlängerte, war nicht nur er irritiert. Aber es gab andernorts (genauer: bei Rotel) Verantwortliche, die seinen Sachverstand ebenfalls zu schätzen wussten. Sie baten ihn, Rotels kleinsten Vollverstärker und kleinsten CD-Player nach bester Ishiwata-Kunst zu tunen. Natürlich sagte er zu, doch schon da war sein Körper durch eine Krankheit geschwächt; Ishiwata starb, kurz nachdem er die Tuning-Arbeiten aufgenommen hatte.
PR-mäßig hieß es dann, die Kinder von Ishiwata hätten das Projekt beendet. Aber das ist tatsächlich nur PR – die beiden sind HiFi-mäßig gänzlich unbeleckt. Also beendete unter der Hand ein Team von Freunden um Karl-Heinz Fink das Projekt. Fink & Co hatten mit Ken Ishiwata schon etliche solcher Projekte durchgearbeitet; sie wussten also, nach welchen Vorstellungen der Meister vorgegangen wäre. Und sie gaben sich viel Mühe, um dieses Projekt würdig und im Sinne des Meisters abzuschließen. Mit Erfolg: Der Rotel A11 Tribute wurde durch das Tuning zu einem der besten, wenn nicht gar dem besten Vollverstärker unter 600 Euro. Aber der Reihe nach…
Das Konzept des Rotel A11 Tribute
Der kleinste Vollverstärker von Rotel war eigentlich der A10. Als die neuen Rotel Amps auf den Markt kamen, hatte LowBeats ordnungsgemäß alle drei (A10, A12, A14) im Test. Doch ziemlich schnell stellte sich heraus, dass auch Rotel keinen Vollverstärker verkaufen kann, der keine Fernbedienung bietet. Also nahmen die Rotel Verantwortlichen den flachen A10 aus dem Programm und schoben den A11 nach. Der erfreut seine Käufer mit fast allen Ausstattungs-Details des größeren A12, unter anderem der Phonostufe, Bluetooth und eben der Fernbedienung. Es fehlen dem A11 im Vergleich zum A12 lediglich das Digitalboard und etwa 10 Watt sinus (an 8 Ohm) pro Kanal. Heißt: Der A11 kommt nominell auf 2 x 50 Watt.
Was wir im Juni 2017 schon dem A12 attestierten, gilt auch für den A11: Er ist ein richtig gut gemachter Vollverstärker mit grundsolider AB-Endstufen-Schaltung, der mit seinen knapp unter 100 Watt (an 4 Ohm) ausreichend Power hat, um den meisten Lautsprechern seiner Preisklasse Beine zu machen.
Aber was macht nun den A11 zum A11 Tribute? Die Unterschiede sind für den Außenstehenden eher gering. Ishiwata (und später Fink & Freunde) hatten die Aufgabe, die Kosten für das Tuning moderat zu halten; der Preis sollte, wenn möglich, nicht steigen. Also beließen die Tüftler die Basis-Konstruktion unberührt und wechselten vor allem die standardmäßig eingebauten (nur mittelmäßig guten) Kondensatoren gegen klanglich exzellente aus. Wir haben nachgezählt: es sind zehn im Endstufenteil und sechs im Vorverstärkerbereich – siehe Slideshow:
Hinzu kommen zwei Widerstände im Signalweg, die gegen “audiophile” Widerstände getauscht wurden, eine neu gefundene Masse-Ableitung sowie zusätzliche Dämpfungselemente unter dem Deckel. Nicht wirklich viel. Aber es steckt natürlich eine Menge Wissen und Zeit zum Ausprobieren in diesem Tuning.
Das gleiche Bild beim CD11 Tribute. Die Grundkonstruktion des soliden Players blieb komplett erhalten, aber es wurden sowohl in der Wandler-Stufe als auch in der Stromversorgung Kondensatoren durch bessere ersetzt. Und auch hier wurde versucht, durch zusätzliche Dämpfer das gesamte Gehäuse ruhiger zu bekommen. Ich neige dazu, mich zu wiederholen: nicht sehr viel. Da kann doch kein großer Unterschied sein…?
Hörtest: A11 Tribute gegen A11
Doch Fink & Co verpassen dem Ungläubigen hier eine pfeffernde Ohrfeige. Wir haben uns aus dem Handel (besten Dank an die Frankfurter Hifi-Profis) einen normalen A11 zum Vergleich besorgt und waren doch einigermaßen erstaunt darüber, was der Austausch so weniger Bauteile doch bewirken kann. Denn, wenn man A11 und A11 Tribute nebeneinander hört, fällt es erst einmal schwer zu glauben, dass die beiden aus demselben Stall kommen. Der A11 spielt wunderbar ausgewogen, unaufgeregt uns sehr räumlich. Ein richtig guter Verstärker seiner Klasse.
Der Tribute aber geht los wie die Feuerwehr. Als ob hier diverse Bremsen gelöst worden wären, spielt die Tuning-Variante vor allem in den Mitten sehr viel offener, feiner, ungebremster. Stimmen wirken noch natürlicher, Bläsersätze haben mit ihm dieses Dynamisch-Kernige, wie man es von Live-Konzerten kennt. Wir mussten mehrfach nachschauen: Nein, der Tribute war nicht lauter eingestellt. Sein transparenter Klangcharakter ließ ihn nur einfach lauter und mitreißender klingen. So viel Offenheit und Schnelligkeit muss man an anderer Stelle oftmals mit sehr viel mehr Geld bezahlen…
Wie üblich haben wir die Hörtests von A11 und A11 Tribute nicht nur an den Kompakt-Referenzen Dynaudio Contour 20i, sondern auch an preislich passenden Lautsprechern gehört. Hier die Ergebnisse:
Die Frage, ob sich das Tuning klanglich bemerkbar gemacht hat, können wir eindeutig mit “ja” beantworten. Die Frage, ob wir den Tribute A11 dem normalen vorziehen würden, ebenfalls.
Aber wie schlägt sich nun der A11 Tribute gegen Mitbewerber? Unser Lieblingsverstärker der Einsteigerklasse heißt Cambridge Audio AXA35, der Dauerläufer in der Preisklasse darüber heißt Exposure 1010 S2 und der unserer Meinung nach bestklingende Vollverstärker unter 1.000 Euro ist der Atoll IN 50 Signature. Der Cambridge ist klasse, wird aber von dem getunten Rotel förmlich überrollt. Das Gleiche gilt für den Exposure, der allerdings mit noch mehr Raum und wunderschön samtiger Wiedergabe dagegenhält. Doch lebendiger, authentischer, letztendlich besser ist der Rotel.
Am Atoll indes kam der A11 Tribute nicht vorbei. Beide spielen ungemein energiegeladen, der Atoll allerdings halt noch einen Hauch souveräner. Aber der Franzose ist nicht nur teurer: Es fehlen ihm auch die Phonostufe und das Bluetooth-Modul. So bleibt der Rotel A11 Tribute in dieser Klasse das Highlight.
Den direkten Vergleich von CD11 und CD11 Tribute konnten wir leider nicht durchführen – einfach, weil wir keinen “normalen” CD11 in der Redaktion hatten. Allerdings hatten wir den Rotel Einsteiger-CD-Player während des 3er-Test von A10, A12 und A14 ausgiebig gehört. Damals hatte ich den Eindruck, der CD11 sei eher Durchschnitt in seiner Preisklasse.
Doch mit so einem Urteil tät man dem CD11 Tribute Unrecht: Auch hier darf man getrost unterstellen, dass das Tuning sehr viel mehr Leben in die Mitten und auch mehr Ruhe in die Wiedergabe gebracht hat. Wir haben weite Strecken der Hörtests auch mit dem CD11 Tribute bestritten und der 450 Euro-Player schlug sich souverän. Mir fällt jedenfalls kein CD-Player unter 500 Euro ein, mit dem ich lieber hören würde…
Fazit
Es ist immer wieder erstaunlich, um wie viel besser Komponenten werden können, wenn Leute, die sich auskennen, durch geschickte Veränderungen viel bewirken. Beim Vollverstärker Rotel A11 Tribute und dem dazugehörigen CD-Player CD11 Tribute ist das Ganze noch erstaunlicher, weil ja die Preisgrenze nicht angehoben wurde. Das adelt beide Tribute-Komponenten zu audiophilen Schnäppchen.
Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass das letzte Projekt des Tuning-Meisters Ken Ishiwata prachtvoller gewesen wäre. Eine große Vor-/Endstufen-Kombination vielleicht, keine Ein-/Aufsteiger-Elektronik. Er aber hätte auf diesen Einwand verschmitzt lächelnd gesagt: “Unfug. Gerade im Kleinen liegt doch das Große.” Und er hätte Recht. Insofern sind die beiden Tribute Komponenten nicht nur ein echt klasse CD-Player und ein noch besserer Verstärker, sondern auch ein würdiges Vermächtnis für jemanden, der immer – auch im Kleinen – für den besseren Klang kämpfte.
| Druckvoller, lebendiger Klang |
| RS 232 Schnittstelle |
| Gute Preis/Klang-Relation |
| Etwas lange Einlesezeit |
Vertrieb:
B&W Group Germany GmbH
Kleine Heide 12
33790 Halle / Westfalen
www.bowers-wilkins.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rotel CD11 Tribute: 450 Euro
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Lebendiger, souveräner Klang, hohe Mittentransparenz |
| Recht hohe Leistung, gute Stabilität |
| Gute Ausstattung: Phono MM, Bluetooth |
| Gute Preis/Klang-Relation |
Vertrieb:
B&W Group Germany GmbH
Kleine Heide 12
33790 Halle / Westfalen
www.bowers-wilkins.de
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rotel A11 Tribute: 600 Euro
Technische Daten
Rotel CD11 Tribute | |
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Konzept | CD-Player mit klassischem Laufwerk |
Ausstattung: | Fernbedienung |
Besonderheiten: | Ishiwata/Fink-Tuning |
Ausgänge: | analog (Cinch), digital (Cinch) |
Abmessungen (B x H x T): | 43,0 × 9,8 × 31,4 cm |
Gewicht: | 5,8 Kilo |
Alle technischen Daten |
Rotel A11 Tribute | |
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Konzept: | Vollverstärker mit AB-Endstufen |
Ausstattung: | Fernbedienung, Phono MM, Bluetooth |
Besonderheiten: | Ishiwata/Fink-Tuning |
Eingänge: | 4 x Hochpegel (Cinch) |
Abmessungen (B x H x T): | 43,0 × 9,3 × 34,5 cm |
Gewicht: | 6,8 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test B&W 607: so klein kann High End sein
Erster Test: Kompaktbox Monitor Audio Bronze 100
Cambridge Audio AX Familientest: A25, A35, C35
Test Exposure 1010 S2: Feinster Klang für 650 Euro
Test Vollverstärker Atoll IN 50 Signature: volle Klangpracht für 750 Euro
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