Karl-Heinz Fink ist einer der umtriebigsten und erfolgreichsten Lautsprecherentwickler weltweit und arbeitet für viele renommierte Marken – derzeit unter anderem AVM, Castle, Peak Consult oder Quad. Und bei vielen weiteren unterliegt sein Tun der Geheimhaltung. Gleichwohl muss man sich immer die Frage stellen, was wohl dabei rauskommt, wenn er frei von Vorgaben nach Herzenslust und eigenem Gusto entwickeln darf. Das kann man sich jetzt sehr schön am Beispiel der Epos 14N ansehen und hören. Fink hat die Marke 2020 gekauft und belebt sie jetzt wieder – nur ganz anders, als ich gedacht hätte…
1983 gründete Robin Marshall die britische Lautsprecher-Manufaktur Epos. Marshall, ein wirklich lustiger und blitzgescheiter Kerl, hatte ein paar Ideen, mit denen er den angegrauten britischen HiFi-Sound ein bisschen auffrischen wollte. Sein wohl größter Wurf war die Epos 14: Zum einen, weil die für eine Kompaktbox ganz schön groß (Abmessungen B x H x T: 48,8 x 22,6 x 29,0 cm) ausfiel, zum anderen, weil sie tatsächlich erfrischend anders klang, weshalb sie heute noch ihre Fans hat.
Marshall setzte auf die damals noch selten verwendete Metallkalotte und einen Tiefmitteltöner mit (der fast überall verwendeten) hochdämpfender Polypropylen-Membran. Sein Clou aber war das Weglassen einer Frequenzweiche. Einzig vor dem Hochtöner fand sich ein Kondensator als Filter und ein Widerstand zur Pegelanpassung. Den Tiefmitteltöner hatte er so geschickt ausgesucht, dass der ohne Frequenzweiche auskam und dadurch direkt am Verstärker hing – die Epos 14 war quasi eine Teilaktivbox.
Damals wie heute sind solche Konstruktionen rar; bei LowBeats hatte in den letzten Jahren lediglich einige Totem Acoustic Modelle (etwa die Element Metal V2) im Test, die genauso beschaltet sind. Vom Charakter her spielen diese Lautsprecher nicht immer unbedingt “schön”, aber immer sehr direkt, dynamisch und impulsiv. Das galt auch für die Epos 14.
Aber bringen wir die kurze Epos-Geschichte noch zu Ende: Bereits 1988 verkaufte Marshall das Unternehmen an Mordaunt Short, die damit nicht sonderlich viel anstellten. Konsequenterweise wurde Epos 1999 wieder verkauft, dieses Mal an den Verstärkerspezialisten Michael Creek, der unter diesem Label auch nur wenige Lautsprecher mit bescheidenem Erfolg auf den Markt brachte. Wie sagt der Brite? “Nothing to write home about.”
Die Andersartigkeit der Epos 14N
Richtig Fahrt nimmt die Sache erst wieder seit etwa zwei Jahren auf. Karl-Heinz Fink kaufte die Marke 2020 und brauchte wohl eine Zeit, um sich darüber klarzuwerden, wie denn die Reinkarnation auszusehen und zu klingen habe. Das Ergebnis seiner Überlegungen zeigte er auf der vorigen HIGH END im Jahr 2022. Und wie so oft, wenn Fink einen Lautsprecher vorstellt, ist die HiFi-Gemeinde schnell euphorisch. Zumal hier ambitioniertes Fink-Engineering für 4.000 Euro pro Paar angeboten wurde; bei seiner anderen Marke, dem FinkTeam (siehe Borg und Kim) wird das Ganze doch gleich spürbar teurer.
Allerdings ist von der ursprünglichen Epos 14 in der modernen Fink-Auslegung nicht mehr viel zu erkennen. Man sieht dem neuen Lautsprecher förmlich das Ringen an, mit dem Fink anfangs versuchte, möglichst viel der alten Epos 14 zu übernehmen, um dann irgendwann entnervt festzustellen, dass man heute einen solchen Lautsprecher nach neuesten Erkenntnissen in dieser Form nicht mehr bauen würde. Vor allem an der mega- simplen Frequenzweiche verzweifelte der Meister. O-Ton Fink: “Das kann man so einfach nicht machen. Also ich kann es jedenfalls nicht.”
Am Ende warf Fink – so mein Eindruck – alle Ideen von einer Wiederauferstehung der ursprünglichen Epos 14 über Bord und machte das, was er am besten kann: Eine richtig gute Kompaktbox ohne jegliche Vorgabe im Kopf. Wobei sich zwei Reminiszenzen aber doch finden: Die Metallkalotte im Hochtöner und die Polypropylen-Membran des Tiefmitteltöners. Das sind beides Materialien, die Fink nicht unbedingt favorisiert, aber als Verneigung vor der alten Epos 14 dann doch einsetzt. Dem Klang ist das nicht abträglich…
Das Gehäuse entspricht dem, was man von einer ambitionierten Fink-Konstruktion der gehobenen Preisklasse erwarten darf: Alle Wände bestehen aus zweilagen MDF-Platten, die mittels hoch dämpfendem Kleber zusammengehalten werden. Das ist fester und “ruhiger” als eine durchgehende MDF-Platte mit gleicher Wandstärke. Die Schallwand ist noch einmal aufgedoppelt, sechs Verstrebungen halten das Gehäuse punktgenau ruhig und die drei Schrägen im Aufbau verhindern stehende Wellen.
Dies alles einzig und allein zu dem Zweck, das Gehäuse so vibrationsarm wie möglich zu bekommen. Das Fink’ sche Entwicklungsbüro hat dafür eine ganze Phalanx von Lasern und Analysegeräte, deren Ergebnisse in aufwändige Simulationen gesteckt werden. Einen ähnlichen Aufwand leistet sich sonst nur die Automobil-Industrie. Oder andersherum: Bei anderen Lautsprecherherstellern findet man so etwas nur ganz selten.
Hier einige Impressionen des Gehäuses:
Praxis
Die Ingredienzien sind also allesamt vom Feinsten. Doch bevor wir hören, wie gut der Meister alles zusammengefügt hat, werfen wir noch einen Blick auf die Praxistauglichkeit der Epos 14N. Da ist zunächst einmal die schiere Größe, die eine Unterbringung auf dem Sideboard komisch aussehen lässt und auch klanglich nicht zu empfehlen ist.
Stattdessen verlangt die recht basskräftige Epos nach freier Aufstellung – am besten auf dem Ständer, der ihr von Fink optisch/akustisch auf den Leib geschneidert wurde. Dessen Preis ist mit 600 Euro – gemessen an anderen Ständern dieser Qualität – echt moderat.
Es macht also keinen Sinn, den Ständer nicht zu nutzen, zumal die Epos 14N in unseren Hörraumen schon einen Abstand von mindestens 50 Zentimeter zur Rückwand wollte. Der geschätzte Kollege Bernd Theiss schrieb in seinem informativen und lesenswerten Test in der stereoplay 6/2023, der Epos 14N habe anfänglich die Souveränität im Bass gefehlt. Man darf hier keine Fehlschlüsse ziehen, denn Bass hat dieser Lautsprecher fraglos genug. In unserem kleinen Hörraum (16 Quadratmeter) war es mir fast ein bisschen zu viel, weshalb ich mit ihr in den großen Hörraum (70 Quadratmeter) umzog. Und selbst den wusste sie anstandslos zu füllen.
Doch viel und tiefer Bass aus (immer noch) vergleichsweise kleinem Gehäuse lässt einen nur geringen Wirkungsgrad erwarten. Und tatsächlich: Mehr als 85 dB (pro Watt und Meter) bringt sie nicht aufs Trapez. Das ist ein noch immer ordentlicher Durchschnittswert, verweist aber darauf, dass die neue Epos gern Verstärker der 100-Watt-Klasse im Rücken weiß.
Ein Soulnote A1 (im Bild vorn) oder ein Rega Elicit wären hier auch vom Charakter her eine Top-Empfehlung. Oder, wenn es insgesamt noch den Tick offener klingen soll, ein Yamaha A-S 2200 oder dessen Derivat mit eingebautem Streamer, dem R-N2000A.
Aber weil die Epos 14N auch – wie bei einer Fink-Konstruktion nicht anders zu erwarten – ein blitzsauberes Impedanz/Phasenverhalten hat, kommen auch Röhren-Amps in Frage: Sogar der 300B-Verstärker Mira Ceti von Fezz Audio musizierte mit der neuen Epos auf bezaubernde Art und in erklecklicher Lautstärke.
Tendenziell würde ich aber, wenn der geneigte Epos-14N-Besitzer mit Röhrenverstärkern liebäugelt, eher auf die etwas kräftigeren Modelle zielen. Mit dem Cayin CS-55A beispielsweise könnte sich hier ein absolut audiophiles und immer noch bezahlbares Super-Gepann entstehen…
Hörtest
Ich hatte die Epos 14N ja schon auf der HIGH END 2022 ausgiebig hören können und wusste in etwa, was auf mich zukam. Doch im großen LowBeats Hörraum, angeschlossen an die große Canor-Elektronik, beeindruckte sie mich nochmals mehr. Weil sie mit viel Platz um sich herum und mit einem klanglich so hochklassigen Verstärker im Kreuz auf höchst selbstverständliche Weise musizierte und zudem im Bass sehr viel fester und strukturierter zu Werke ging als noch im kleinen Hörraum am Rega Elicit.
Das Klangbild der Epos 14N ist minimal dunkel abgestimmt und wirkt damit eher dezent und entspannt. Dennoch kommen Details wunderbar fein aufgelöst und plastisch dargestellt, aber es fehlt jeder Anflug von Schärfe – was Lautsprecher mit einer solch glaubhaften Abbildung gern als Nachteil mit sich bringen. Und überhaupt: Für all jene, die ihre Vorbehalte gegen Metallkalotten bislang nicht ablegen konnte, ist die Epos 14N das perfekte Gegenmittel: So wenig nach “Metall” hat noch keine Metallkalotte im LowBeats Test geklungen.
Je länger ich mit der neuen Epos hörte, umso mehr zog sie mich in ihren Bann. Denn irgendwann wird deutlich, dass sie zwar wirklich “schön” klingt, aber auch ungemein realistisch. Ein Beispiel: Mittlerweile hat sich “Boderland” von Anne Clarke zu einem festen Bestandteil meiner Hörtests etabliert. Das atmosphärisch dichte Zusammenspiel von Violine, Harfe und Anne Clarks sonorer Stimme mischten die Tonmeister von Stockfisch Records zu einem audiophilen Meisterwerk in Sachen Transparenz, Feindynamik und Körperhaftigkeit.
Ich saß also im Hörraum, ließ “Borderland” laufen und konnte es fast nicht glauben, mit welch intensiver Plastizität die Harfe im Raum stand. Und die Lautsprecher schienen rein gar nichts mit diesem Erlebnis zu tun zu haben, so mühelos löste sich das Klangbild von den Epos. Aber auch den Ton der angeschlagenen Harfensaite habe ich in dieser Preisklasse noch nicht so “echt” gehört. In Bezug auf natürliche Klangfarben dürfte dieser großen Kompaktbox so schnell keiner das Wasser reichen.
Das gilt sogar für unserer Kompaktboxen-Referenz. Die Dynaudio Heritage Special, ja selbst eine Verkörperung von hoher Natürlichkeit, konnte die Epos 14N mit ihrer etwas größeren Lebendigkeit und der höheren Präzision in Bass und Grundton auf Abstand halten. Aber nicht lang: Die Epos zeigte noch ein bisschen mehr Schmelz, gab den Stimmlagen noch einen kleinen Schuss mehr Wärme mit auf den Weg und klang auch deshalb noch ein Stückweit “schöner” und entspannter. Vor allem bei Freunden der klassischen Musik und gut gemachter Singersong-Writer-Aufnahmen sollte diese neue Epos auf dem Wunschzettel ganz oben stehen.
Fazit Epos 14N
Karl-Heinz Fink hat die Marke Epos wiederbelebt. Aber weder von der gradlinigen Optik noch vom impulsiv-direkten Klangcharakter der ikonischen 80er-Jahre-Konstruktionen ist irgendetwas übriggeblieben. Was kein Nachteil sein muss: Denn diese neue Epos 14N ist mit großer Wahrscheinlichkeit einer, wenn nicht DER stimmigste Lautsprecher seiner Klasse und dürfte in Sachen Natürlichkeit so manch andere, vielfach teurere Box schlicht an die Wand spielen. Wer Wert auf authentische Klangfarben, plastische Klangbilder und eine sehr feine, niemals scharfe Wiedergabe legt, wird mit der Epos 14N überreich beschenkt. Ein Ausnahmetalent, das gemessen am Gebotenen nicht teuer ist.
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Wunderbar harmonisch-feiner, audiophiler Klang |
| Erstaunliche Bassfülle, tolle Tiefenstaffelung |
| Gute Verarbeitung |
| Braucht freie Aufstellung, der Ständer ist fast schon Pflicht |
Vertrieb:
IDC Klaassen oHG
Am Brambusch 22
44536 Lünen
www.idc-klaassen.com
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Epos 14N: 4.000 Euro
Epos 14N Stands: 600 Euro
Technische Daten
Epos 14N | |
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Konzept: | 2-Wege Passivbox (Bassreflex) |
Bestückung: | HT: 1 x 28 mm Metallkalotte, TT: 1 x 18,5 cm Polypropylen-Membran |
Wirkungsgrad: | 85 Dezibel |
Maximalpegel (Dauer): | 102 Dezibel |
Min.-Leistung für Max-Pegel: | >80 Watt |
Aufstellungs-Tipp | frei, auf Ständer (600 Euro Aufpreis) |
Farben: | Nussbaum, Weiß, Schwarz |
Abmessungen (H x B x T): | 49,1 x 25,0 x 38,5 cm |
Gewicht : | 16,0 Kilo |
Alle technischen Daten |
Mit- und Gegenspieler:
Test 300B-Röhrenverstärker Fezz Audio Mira Ceti
Test Röhren-Vollverstärker Cayin CS-55A: Evolution und Emotion
Test Vollverstärker Rega Elicit Mk5: der perfekte Flow
Test Streaming-Receiver Yamaha R-N2000A
Test Dynaudio Heritage Special: in der Tradition der großen Sondermodelle