Im Mai letzten Jahres brachte Yamaha seine überarbeiteten Oberklasse-Vollverstärker auf den Markt – drei an der Zahl. Und weil die Yamaha Entwickler traditionell ein enge Beziehung zu LowBeats pflegen, konnten wir als erste Redaktion in Deutschland das Flaggschiff A-S3200 einem ausgiebigen Test unterziehen. Aber die beiden kleineren Modelle Yamaha A-S1200 (2.000 Euro) und A-S2200 (3.000 Euro) sind ja nicht nur eklatant günstiger: Sie gelten technisch und akustisch als ziemlich verwandt. Beide hatten wir nun im Doppeltest. Und beide überzeugten uns mindestens so stark wie der große Bruder…
Die Tradition wird bei Yamaha seit jeher großgeschrieben. Es gibt aus meiner Sicht keinen der großen Anbieter, der sein Design so konsequent und gekonnt aus den Siebziger- und Achtzigerjahren in die Moderne überführen konnte. Nun steht vielleicht nicht jeder Musikfreund auf VU-Leistungsanzeiger, Batterien von Kippschaltern und hölzernen Hochglanz-Wangen an den Seiten. Mir jedoch, der bereits Mitte der 1970er Jahre sein Herz an HiFi verloren hat, zaubert solch eine Brücke zu den seligen HiFi-Jahren immer ein Lächeln auf die Lippen.
Direkt zum FazitDen Yamaha A-S1200 und seinen etwas teureren (“größer” kann man fast nicht sagen) Bruder A-S2200 unterscheiden auf der Front nur zwei Features – siehe Slideshow:
Was man ebenfalls unter “Tradition” verbuchen könnte, ist der fast immergleiche Aufbau der Verstärker. Nicht nur, dass man sich schwertut, Unterschiede zu den Vorgänger-Generationen zu finden – die einzelnen Mitglieder der dreiköpfigen Verstärkerfamilie ähneln sich auch technisch verblüffend stark.
Vor allem haben A-S1200 und A-S2200 nicht nur die gleichen Abmessungen, sondern auch die gleiche Stromaufnahme, den gleichen Trafo, die bis aufs Watt identische Leistung. Als ich Yamahas Entwicklungs-Teamleiter Susumu Kumazawa auf diesen irritierenden Punkt ansprach, antwortete er nur wissend: “Listen” – was wir dann auch ausgiebig getan haben.
Der Aufbau von Yamaha A-S1200 und A-S2200
Zunächst einmal handelt es sich beim Yamaha A-S1200 und beim A-S2200 um Verstärker der barocken Wuchtklasse. Was genau das heißt? Bitte einmal anheben: In der 2.000-Euro-Klasse dürfte der A-S1200 mit seinen 22 Kilo gewichtsmäßig ganz weit vorn liegen. Und obwohl der A-S2200 nur 700 Gramm mehr wiegt, ist er in seiner Klasse auch einer der Schwergewichts-Champions. Was sagt das über den Klang aus? Erst einmal natürlich nichts. Doch es vermittelt das Gefühl solider Technik, die mit vielen diskreten Bauteilen umgesetzt wurde. So viel Aufwand wird im Zuge der ständig “smarter” werdenden HiFi-Elektronik immer seltener.
Yamaha vertraut seit jeher auf das “Floating-Prinzip” seiner Verstärkerschaltungen. Bei dieser verwendeten Schaltung bestehen der linke und der rechte Leistungsverstärker aus je zwei parallelgeschalteten Single-Ended-Endstufen und werden aus jeweils eigenen, galvanisch getrennten Stromversorgungs-Kreisen gespeist.
Angesteuert werden die beiden Ausgangsstufen (die für einen möglichst schönen, weichen Klang mit MOS-Feldeffekttransistoren gleicher Polarität arbeiten) jeweils von einer invertierenden und einer nichtinvertierenden Treiberstufe, die beide über eigene Gegenkopplungspfade verfügen. Durch diesen Kniff entsteht ein vollständig symmetrisch arbeitender Verstärker, dem durch seinen erdfrei „floatenden“ Betrieb Störströme auf der Bezugsmasse nichts anhaben können. Die Yamaha Ingenieure nutzen diese Schaltung seit vielen Jahren – und wie oben schon angedeutet – in allen größeren Modellen.
Der Blick unter die Haube zeigt das, was an gut gemachtem Japan-HiFi schon immer fasziniert: Diese perfekte Verarbeitung, diese unglaubliche Liebe zum Detail und das Gefühl, dass immer aus dem Vollen geschöpft wird. Der A-S1200 ist ja nicht nur der schwerste Verstärker seiner Klasse. Auch einen höheren Bauteile-Aufwand wird man bei den Mitbewerbern – gleich von welchem Anbieter – schlechterdings nicht finden. Dazu gehört ebenfalls, dass den Bedienschaltern eine ganze Batterie von Relais nachgeschaltet ist: Jeder Schaltvorgang wird von einem seidigen Klicken begleitet. Ich mag ja so etwas…
Wirklich irritierend ist der geringe Unterschied bei der Leistung. Bei A-S1200 und A-S2200 ist der Wert ja bis aufs Watt identisch. In jedem anderen Unternehmen würde jetzt zumindest die Marketing-Abteilung laut aufschreien und für einen erkennbaren Unterschied sorgen – und sei es nur auf dem Papier. Doch so denkt man nicht bei Yamaha. Die Japaner geben selbst dem (in Bezug auf den A-S1200) ja immerhin fast dreimal so teuren A-S3200 ungerührt nur 10 Watt pro Kanal mehr mit auf den Weg. Das muss man sich trauen. Überhaupt so große Ähnlichkeiten bei Verstärkern, die preislich doch recht weit auseinanderliegen. Wie stark sich die Brüder ähneln, zeigt die folgende Übersicht:
Modell | A-S1200 | A-S2200 | A-S3200 |
Leistung | 2 x 160 Watt (4 Ω) | 2 x 160 Watt (4 Ω) | 2 x 170 Watt (4 Ω) |
Eingänge | 3 x Cinch, Phono MM + MC, 1 x Tape | 3 x Cinch, Phono MM + MC, 1 x Tape, 1 x XLR | 3 x Cinch, Phono MM + MC, 1 x Tape, 2 x XLR |
symm. Aufbau/Pegelabschwächer/Phasen-Umschalter | – / – / – | X / X / X | X / X / X |
Trafo | 625VA (Toroidal) | 625VA (Toroidal) | 623 VA (Toroidal) |
Abmessungen | 43,5×15,7×46,3 cm | 43,5×15,7×46,3 cm | 43,5×18,0×46,4 cm |
Gewicht | 22.0 Kilo | 22.7 Kilo | 24.7 Kilo |
Der Blick in die Ausstattungsliste deutet nur an, warum A-S220 und A-S3200 eklatant teurer sind. Da ist die Bauteile-Qualität an klangrelevanten Stellen natürlich ein Thema. Doch auch der symmetrische Aufbau für die XLR-Eingänge; dieser erfordert nämlich den doppelten Bauteile-Aufwand.
Aber die Übersicht bringt uns auch schnell zu einer weiteren Besonderheit der Yamaha Amps: Sie müssen ohne integrierten DAC und ohne Bluetooth-Zugang auskommen. Dabei sind diese Features in fas allen Preisklassen längst usus.
Hier leistet sich Yamaha einen Sonderweg. Digitale Signalverarbeitung, so das Entwickler-Team unisono, hat in so hochwertigen Verstärkern nichts verloren. Digitales grenzt man daher konsequent aus, um die analogen Ströme möglichst unbeeinflusst zu lassen. Und an dieser Stelle könnte man bemängeln, dass Yamaha aktuell weder einen dieser Klasse entsprechenden CD-Player oder gar D/A-Wandler anbietet. Schade.
Was allerdings A-S1200 und A-S2200 auszeichnet, ist ihre eingebaute exzellente, weil extrem rauscharme Phonostufe. Nicht selten sind diese Phonostufen ja kaum mehr als eine Dreingabe. Der komplett mit diskreten Bauteilen aufgebaute Phono-Preamp der beiden Yamahas dagegen ist eine ernsthafte Alternative zu gut gemachten Phonostufen aus dem gehobenen dreistelligen Bereich.
Praxis & Hörtest
Die beiden Yamahas vereinen ausgefeilte Verstärkertechnik – das spürt man an allen Ecken. Konkret heißt das: Die Leistung von 2 x 160 Watt (4Ω) reicht locker für 90% aller Lautsprecher am Markt, die Stabilität der Endstufenschaltung ist hoch. Sollte man es pegelmäßig übertreiben (oder der angesprochene Lautsprecher hat absurde Impedanz-Minima) schaltet die Sicherung zuverlässig ab – um dann nach kurzem Aus- und Wiedereinschalten der Verstärkung wieder freien Lauf zu lassen. Und sollte die Leistung wirklich nicht reichen, ermöglichen die Vorstufen-Ausgänge (Main Out), stärkere Endstufen anzuschließen.
Ebenfalls echt erfreulich ist die Rauscharmut der Phonostufen: Selbst bei offenem Eingang muss man bis 12 Uhr drehen, um überhaupt ein Räuscheln zu hören. Dabei klingt die Phonostufe im Spielbetrieb keineswegs überbedämpft oder leblos, sondern im Gegenteil wunderbar seidig und transparent.
Früher durfte man den Yamaha Komponenten zu Recht einen leicht höhenlastigen Sound nachsagen. Dieser klangliche Charakter verbot die Kombination mit hochtonfreudigen Lautsprechern. Noch immer kann man bei den Yamahas diesen Charakterzug ausmachen. Aber – und das war die spannende Erkenntnis in diesem Hörtest – deutlich abgemildert.
Seit seinem Test im Oktober 2015 begleitet uns der A-S1100. Äußerlich ist dieser Verstärker vom Nachfolger A-S1200 durch nichts zu unterscheiden. Klanglich dagegen sehr wohl. Spielt der ältere A-S1100 in den Basslagen noch etwas burschikos und setzt in den Höhen noch beherzt eine Extraportion obendrauf, spielt der Neue deutlich moderater, ausgewogener und letztendlich “schöner”.
Konnte man schon dem Vorgänger einen gewisse “barocke” Wiedergabe nicht absprechen, ist diese Tendenz beim A-S1200 fast noch deutlicher ausgeprägt. Doch er bringt zusätzlich noch eine höfliche Form von Eleganz mit: Von unten schiebt ein satter, sehr kraftvoller Bass, oben glitzert es sehr fein und offen.
Der A-S1200 ist nicht der kernig-drahtige Typ, der Impulse und feinste Details dem Zuhörer unmittelbar um die Ohren haut. Nein. Bei ihm ist alles etwas prunkvoller und gleichzeitig gemütlicher. Er macht den Raum schön weit auf und lässt die Musik wunderbar relaxed aus den Lautsprechern perlen. Das konnten frühere Yamaha Verstärker bei weitem nicht so gut. Auch er ist immer noch ein echter Yamaha. Aber einer, der gefällig und elegant klingt. Und so harmoniert der A-S1200 mit fast allen Schallwandlern am Markt. In unserem Arsenal fanden wir jedenfalls keinen, mit dem es zu einem echten Missmatch gekommen wäre…
Der neue 1000er Verstärker von Yamaha klingt also besser als der alte. Aber auf welcher Flughöhe bewegen wir uns überhaupt? Der Exposure 3010 S2D ist zwar nicht mehr der allerneueste, aber immer noch mit das Beste, was die 2.000 Euro-Klasse zu bieten hat – ein typischer Vertreter des “British Sound”. Sein Vergleich mit dem Yamaha A-S1200 ließ uns erneut erkennen, dass zwischen der britischen und der japanischen Klang-Philosophie immer noch Welten liegen.
An der herausragend guten Kompaktbox Dynaudio Hertiage Special spielten beide Amps ihre Stärken aus: Der deutlich kleinere Brite klingt deutlich schlanker, in den Mitten griffiger-agiler und in den Höhen dezenter. Der Yamaha A-S1200 dagegen tönt sehr viel stattlicher, größer, man könnte sagen: prunkvoller.
Beim liebevoll remasterten Cat Stevens Klassiker Tea For The Tillerman in der 50th Edition arbeitet der Brite die Nuancen in der Stimme noch etwas feiner heraus, ließ die Gitarrensaiten noch etwas lebendiger schwingen. Mit dem Yamaha hatte Cat Stevens’ Stimme noch mehr diesen unnachahmlichen, dunkel-melancholischen Zug, die Gitarre klang etwas größer und die Obertöne der Saiten funkelten noch etwas feiner.
Bei extrem Tiefton-intensiver Musik wie etwa Hans Zimmers Live In Prague faszinierte der Exposure durch seine Impulsivität und die hohe Präzision im Oberbass/Grundtonbereich. Doch der Yamaha ließ die Pauken noch finsterer grollen und schien beim Fortissimo auch noch mehr Reserven im Netzteil zu haben. Deshalb hatte er am Ende etliche Pluspunkte mehr auf den Testnotizblöcken.
Aber wie klingt er im Vergleich zum größeren A-S2200? Unsere Erwartungen waren gering, weil ja die Technik und Schaltung sehr ähnlich sind. Und dennoch wurden wir freudig überrascht. Auch der A-S2200 klingt natürlich wie ein Yamaha. Aber gemessen am A-S1200 noch eleganter, präziser und “richtiger”.
Vor allem im klangrelevanten Bass/Grundtonbereich punktet der größere Bruder mit mehr Genauigkeit und einer sehr ansprechenden Dynamik. Die Pauken kommen knackiger, mitreißender, die Bassdrums haben mehr Nachdruck, das ganze Klangbild wirkt freier und mitreißender. Selbst bei den ganz lauten Passagen könnte man den Eindruck gewinnen, der A-S2200 hätte noch ein paar Watt mehr in den Transistoren…
Wie die Japaner das hinbekommen, aus einer doch so artverwandten Schaltung einen erkennbaren Unterschied zu zaubern, bleibt ihr Geheimnis. Mit dieser klanglichen Ausrichtung jedenfalls muss sich der A-S2200 auch vor den arrivierten Amps dieser Klasse, etwa einem Atoll In 300, einem Marantz PM-KI Ruby oder einem Naim Nait XS3 in keinster Weise zu verstecken.
Fazit
Nach vier Jahren erneuert Yamaha seine Verstärker-Oberklasse und wieder einmal kann man die Unterschiede zu den Vorgängern kaum erkennen. Zumindest technisch. Klanglich haben der Yamaha A-S1200 und sein größerer Bruder A-S2200 deutlich zugelegt.
Der ehemals eher spektakuläre, glitzernde Yamaha Sound wird Zug um Zug ersetzt: durch einen Klang, der eleganter, feiner und irgendwie weltmännischer ist. Damit werden die beiden – das gilt selbstredend auch für den großen A-S3200 – für einen erheblich größeren Kreis von Musikfreunden attraktiv.
Dass auch die neuen Spitzen-Verstärker von Yamaha keine DACs eingebaut haben, ist unter klanglichen Gesichtspunkten verständlich, gleichwohl irritierend. Denn es gibt in der Yamaha Oberklasse weder einen entsprechenden externen DAC noch einen CD- beziehungsweise Netzwerk-Player mit DAC, der diese Funktion übernehmen könnte. Da bleibt also nur der Griff zu den hochklassigen Angeboten der Mitbewerber.
Die Frage nach dem besten Angebot unter den drei Yamaha Top-Verstärkern beantwortet sich von selbst. Es ist natürlich der A-S1200, der in Bezug auf Preis/Leistung und vor allem auf die überragende Verarbeitungsqualität schier nicht zu toppen ist. Mein persönlicher Favorit ist dennoch der A-S2200. Er klingt fast so gut wie der A-S3200, hat auch den symmetrischen Aufbau, kostet aber nur etwas mehr als die Hälfte dessen, was für den großen A-S3200 aufgerufen wird. Auch extrem anspruchsvolle Hörer dürften mit ihm rundum glücklich werden.
| Lebendig-ausgewogener, sehr transparenter Klang |
| Aufwändig gemachter symmetrischer Anschluss |
| Exzellente MM-/MC-Phonostufe |
| Fantastische Verarbeitung |
Vertrieb:
Yamaha Music Europe GmbH
Siemensstraße 22-34
25462 Rellingen
Tel.: +49-4101-303-0
Yamaha-Homepage
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Yamaha A-S2200: 3.000 Euro
Bewertungen
KlangPraxisVerarbeitung |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Barocker, satter und feinseidiger Klang |
| Exzellente MM-/MC-Phonostufe |
| Fantastische Verarbeitung |
| Sehr gute Preis-/Leistungs-Relation |
Vertrieb:
Yamaha Music Europe GmbH
Siemensstraße 22-34
25462 Rellingen
Tel.: +49-4101-303-0
Yamaha-Homepage
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Yamaha A-S1200: 2.000 Euro
Mit- und Gegenspieler:
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