Eine echte Überraschung markiert für mich der 3-Zylinder – ein Motorkonzept, mit dem ich mich in kleinen Schritten vom ruppigen Smart fortwo über den geschliffeneren, sparsameren Nissan Micra und den Ford Fiesta anfreundete. Doch im Mini kam erstmals richtig Begeisterung auf. Der Motor klingt nicht nur gut, was dieser Zylinderanordnung durch die wie bei einem 6-Zylinder-V- oder Boxer-Motor ausgeprägten Oberwellen dritter Ordnung quasi von der Physik in die Wiege gelegt wurde. (Wegen solcher Effekte erinnern mich übrigens die neuen Black-Badge-Versionen der von BMW entwickelten V12-Zylinder von Rolls-Royce mit ihren zweiflutigen Sportabgasanlagen akustisch an Reihensechszylinder-Motoren aus ihrer Heimat).
Mini Cooper Countryman: British Motor Works
Die Mischung aus bayerischen Motoren und britischen Autos hat übrigens eine Tradition, die weit zurückreicht. Der erste BMW-Motor, der nicht zur Freude am Fliegen oder Fahren auf zwei Rädern gedacht war, trieb den als Lizenz des Austin 7 gebauten BMW Dixi an. Doch es kommt noch besser und sportlicher: Der legendäre AC Cobra besaß ursprünglich einen Reihensechszylinder auf Basis der Vorkriegsmotoren von BMW, die damals schon Querstromzylinderköpfe mit V-förmig angeordneten Ventilen aufwiesen, welche dank Kipphebeln anders als die damaligen DOHC-Rennmotoren von Alfa mit einer obenliegenden Nockenwelle auskamen. Die raren Karossen von Frazer Nash oder Bristol und später der legendäre McLaren F1 oder die modernen Morgans bedienten sich ebenfalls bayerischer Motorentechnik.
Kein Wunder, dass die meist mit sich selbst beschäftigten Amis Anfang der Siebzigerjahre glaubten, BMW stehe für “British Motor Works”. Auch mit halber Zylinderzahl und mit nur anderthalb Maß Hubraum bleibt der Fahrspaß nicht auf der Strecke. Der auf das thermodynamisch optimale Volumen von 0,5 Liter pro Zylinder ausgelegte Motor des Mini Cooper bleibt anders als übliche Downsizing-Aggregate auch über das gesamte Drehzahlband seidenweich und leise. Dagegen neigte gerade der 3-Zylinder im Smart unterhalb von 2.000 Umdrehungen pro Minute zu ausgeprägtem Schütteln in Verbindung mit schlechter Gasannahme.
Den Mini Cooper Countryman kann man knapp über 1.000 Touren schon erstaunlich vibrationsarm und durchzugsstark bewegen – selbst in den höheren Gängen. Die Leistungsentfaltung erfolgt ausgesprochen gleichmäßig und unspektakulär, das Aggregat gibt sich sehr elastisch. Nur wer es eilig hat, sollte die Drehzahl in den einzelnen Gängen idealerweise zischen 1.5000 und 5.000 Touren halten. Der Vortrieb wird erst bei 180 km/h etwas zäher, aber mit etwas Rückenwind kann man sogar die 200er-Marke überwinden. Das ist für die meisten mehr als genug und lässt entspanntes Mitschwimmen auf der linken Spur zu.
Vom Fahrspaß denkst du also keinen Moment darüber nach, dass du nur ein Schrumpf-Aggregat unter der Haube des immerhin über 1,4 Tonnen schweren Mini Cooper Countryman hast. Vom Verbrauch allerdings auch nicht: Den flotten Mini mit seiner hochskalierten Karosserie, den steilen Scheiben und der großen Stirnfläche kann man trotz seines nicht gerade asketischen Spritkonsums um die 8,5 Liter noch nicht als Trinker bezeichnen, zumal er selbst bei langanhaltender strammer Fahrweise im Schnitt nie über 8,9 Liter Super eskalierte (was mancher normale Vierzylinder dann schnell mal macht).
Wer sein Öko-Gewissen beruhigen will, kriegt erst mal einen Lachkrampf: An einem Ring um den Schaltknüppel lässt sich neben Sport- und Komfort- auch der Eco-Modus einlegen. Der Juke-Box-Ring – man kann ihn charmant finden oder abschalten – und das sehr schöne Ambient-Licht glüht dann zur Untermalung des Programmwechsels samt Türgriffen in tiefem Grün.
Als ich das ohne Vorwarnung im Dunkeln machte, dachte ich echt, ich steh im Urwald. Den Verbrauch kannst du damit tatsächlich auf Werte um 7 Liter drücken, aber dann war die “Grün-Phase” beim Umschalten vorerst deine letzte Freude. Der Mini gibt sich damit zwar ökologisch korrekt, macht dann aber in etwa so viel Spaß wie eine Grillparty mit Veggie-Wurst und anderen Fleischattrappen. Das kleine, feine SUV schleppt sich im Green-Mode so träge und lustlos voran, dass ich es nur in Verbindung mit dem gut gemachten Abstands-Tempomat empfehlen kann.
Dass ich den Spar-Modus trotzdem bei jeder sinnvollen Gelegenheit einlegte, ist aber letztlich der augenzwinkernden Inszenierung zu verdanken. In solchen bisweilen selbstironischen Gags liegt in meinen Augen die größte Stärke der kleinen britischen Autos, die ja letztlich die Fortsetzung von BMW Modellen mit anderen Mitteln sind. Wenn Mini vor vielen Jahren schon eine derart erwachsene Alternative im Angebot gehabt hätte, wäre ich nach sieben kurzweiligen, vergnügten Jahren vermutlich nicht mehr zu den inzwischen bierernsten Produkten des Münchner Mutterhauses zurückgekehrt.
Wächst und wächst und wächst: Minimalismus auf 4,3 Metern
Insofern kann ich Mini bei aller Kritik am Riesenwachstum seiner Produkte verstehen. Du kannst noch so begeistert sein vom “kleinen” Hatch, aber irgendwann wächst du raus, was bei Mini früher einem Markenwechsel gleichkam und mir besonders leidtat, weil ich auch mit der Mini-Werkstatt äußerst zufrieden war. Zwar werde ich vermutlich nie erwachsen, aber meine Redaktionen siedelten sich alle im Raum München an und ich muss inzwischen regelmäßig hinfahren.
Mit dem Mini Cooper Countryman könnte ich mir das durchaus vorstellen, wobei ich mir, weil ich gerne schnell unterwegs bin und inzwischen in der Stadt sowieso alles zu Fuß erledige, eine stärkere Motorisierung plus Allradantrieb gönnen würde. Allerdings muss ich sagen, dass sich der Frontantrieb selbst im SUV von seiner Schokoladenseite zeigt. Als größter Mini Cooper lenkt der Countryman richtiggehend aggressiv ein, seine aufwendige Multilenker-Hinterachse folgt willig hinterher. Die Kopflastigkeit des Konzepts spürst du eigentlich nur beim Bremsen, doch vor allem deshalb, weil Mini mal wieder den Bremsassistenten so scharf gemacht hat wie einen Kettenhund. Was in Kurven das äußere Vorderrad trotz des sportlich straffen Fahrwerks ruckartig stark eintauchen lässt und gleichzeitig das innere Hinterrad entlastet, aber etwas Bewegung in den solide wirkenden Aufbau bringt. Dies wird zwar von Sensibelchen bemerkt, bleibt aber dank der hohen Fahrstabilität des – gerade gegenüber den ersten, damals noch verhältnismäßig kleinen New Minis – gestreckten Countryman ohne besondere Skills beherrschbar.
Außerdem kommt der Mini in sämtlichen Variationen inzwischen mit einem ganzen Paket elektronischer Sicherheitsnetze serienmäßig daher. Meine übrigens in der gleichen Farbe wie der Testwagen zusammengestellte Cooper-S-Konfiguration von 2007 mit mechanischer Differentialsperre ohne ESP wäre heute gar nicht mehr zu kriegen.
Geblieben ist allein das etwas ausgefallene Gefühl, in einem Mini zu sitzen, welches sich ungeachtet der Abmessungen und der höheren Sitzposition sofort einstellt. Das liegt am Ambiente, dem knuffigen Sportlenkrad, allem voran jedoch an der steilen Frontscheibe und dem agilen, direkten Einlenken. Dass es diese bewährte Mischung jetzt auch in richtig praktischer Verpackung gibt, ist es wert, den kleinen Riesen mit dem falschen Namen gegen die programmierten Lästereien zu verteidigen, die immer so oder so ähnlich beginnen: “Ich mag ja Mini, aber…”
Klar, das mit dem knapp 1,6 Meter hohen SUV namens Mini ist fast so, als würde sich zum Beispiel eine Partei nach einer bunten Farbe benennen und dann einen tiefschwarzen Ministerpräsidenten hervorbringen. Aber mal ehrlich: Wir in Baden-Württemberg mögen doch trotzdem alle unseren Landesvater Winfried Kretschmann.
Apropos: Die aufrechtstehende Windschutzscheibe ist total gut fürs Klima. Zumindest im Innenraum lässt sich nur so die Aufheizung im Sommer sinnvoll stoppen. Gegen die Brennglaswirkung der sonst üblichen großen, flachen Schreiben durch volles Aufdrehen der Klimaanlage anzukämpfen, ist dagegen ein begrenzt wirksames Herumdoktern an den Symptomen. Wenn dir die Sonne durch riesige Glasflächen direkt auf den Arm brennt, bringt dir das nicht viel, außer vielleicht einer Erkältung. Zudem sind Windschutzscheibe und Dachkante beim Mini nicht so nah am Kopf, was das Raumgefühl erheblich steigert.
Alarmstufe Rot
In Verbindung mit dem schwarzen Dachhimmel und der roten “Defcon-1”-Innenbeleuchtung im U-Boot-Stil fühle ich mich als Ko-Autor eines Unterwasser-Thrillers (Crash: Das letzte Rendezvous) im Mini pudelwohl, zumal Details wie die Lüftungsdüsen deutlich ansprechender als im aktuellen 3-Türer gerieten. Und die für mich maßgeschneiderten Sportsitze möchte ich am liebsten gar nicht mehr hergeben: Leder an den Wangen, ein dezent gemusterter, flauschiger Tweed Stoff – er findet sich auch an der Tür – in der Mitte. Breiteren Naturen jenseits von Jeansgröße 35 würde ich allerdings von den enganliegenden hochgezogenen Seitenwangen dieser sportiven Bestuhlung abraten. Ein besonderes Faible für SUVs braucht man allerdings nicht. Die Macher des Mini Cooper Countryman treffen genau das richtige Maß aus leicht erhöhter Sitzposition, die den Fahrer über den Dingen schweben lässt und Sportlichkeit mit guter Bodenhaftung.
Der ausgewogene Allrounder gibt dir ein beruhigendes Gefühl, wenn du wieder mal in der Autobahnbaustelle einem eiligen Geschäftsreisenden im mausgrauen Turbodiesel-Kombi nicht schnell genug Platz machen kannst und fährt agil, um nicht zu sagen elegant ums Eck, wenn mit dir dann mal in den Serpentinen die Gäule durchgehen. Wie der mit B&W Boxen ausgestattete Volvo XC 60 ist er ein SUV für alle, die eigentlich keine SUVs mögen.
Und wie sang schon Genesis Frontmann Peter Gabriel im kongenialen Konzeptalbum The Lamb Lies Down On Broadway? “I’d rather trust a countryman than a town man” heißt es im Song “Chamber Of 32 Doors”. Nach dem Album war die Band zerstritten. Gabriel ging auf Solo-Tour und ich erlebte mein erstes Rock-Konzert, zu dem mich meine Französisch-Nachhilfe aus der Oberstufe in ihrem knallroten Mini Baujahr 1972 mitnahm. Keine Missverständnisse, ich durfte nicht ran! Für den Mini fehlte mir noch der Führerschein und sie war nicht nur einige Jahre älter als ich, sie hatte selbstverständlich einen Freund – is’ klar, ne? Wie ich schon sagte, 1977 brauchte man zu seinem Mini noch einen erfahrenen Schrauber.
Damit sind wir am Ende unserer Erprobungstour mit dem Fünftürer mit automatischer Heckklappe, in dem man Klassiker wie “Chamber Of 32 Doors” zwar noch lange nicht wie auf einem Live-Konzert, aber zumindest zehnmal besser als auf unseren Schulfeten Mitte der Siebziger hören kannst.
Fazit: Mini Cooper Countryman mit Harman Kardon HiFi-System
Mit dem Cooper Countryman wächst Mini endgültig über sich hinaus. Das können böse Stimmen nun als Ende des Minimalismus werten, aber all jene, für die Namen Schall und Rauch sind, als Beginn eines wunderbaren Mobilitätsangebots sehen. Viele liebevolle und einzigartige Lösungen machen den Briten zu einem Highlight für alle, die einen nutzwertigen kompakten Kombi mit gutem Rundumblick suchen, der trotzdem Sport und Spaß in seinen Genen trägt. Ganz besonders sei der Mini Cooper Countryman aber allen ans Herz gelegt, die sich ein solches für junge Musik bewahrt haben. Das knackige HiFi-System von Harman Kardon mag mit ernster Musik einen Tick unterkühlt erscheinen, je mehr seine Zuhörer allerdings über Rock und Pop zu Hip-Hop tendieren, desto größer dürfte die Begeisterung ausfallen. Dann fällt auch die leicht diffuse Abbildung kaum ins Gewicht.
Die knapp 800 Euro für das ab Werk lieferbare Sound-Extra sind abgesehen davon auch in anderen Situationen sehr gut angelegt: Nicht nur beim Telefonieren über die Freisprechanlage, gerade auch die vom Lenkrad aus kontrollierbare Kombination aus Apples Siri und dem namenlosen Sprachassistenten von Mini hat diese große Bühne verdient. Außerdem kannst du mit dem Mini blind aus der Garage fahren: Wenn der Parkpieper aktiv ist, spielt die Stereo-Anlage sogar in “Mehrkanal-Surround” und zwar mit toller Ortbarkeit. Während du in vielen Autos in einer unsäglichen Piep-Show untergehst, unterlegt der Cooper Countyman die Distanz-Anzeige durch Töne, die sich an der jeweiligen Stelle perfekt lokalisieren lassen, selbst wenn es an mehreren Stellen gleichzeitig eng wird: Das ist wahrlich ganz großes Kino für ein vergleichsweise kleines Auto.
Zum Glück ist LowBeats keine Stiftung, die Waren testet. Daher führt die falsche Deklaration eines an sich tollen Produkts nicht automatisch zur Abwertung. Aber bitte, liebe “Mini-Malisten”, übertreibt es nicht. Genug ist genug!
Kleiner Tipp: Die Harman-Sound-Systeme lassen sich jetzt auch ganz ohne Autokauf genießen: Zahlreiche Minis und BMWs des Carsharing-Dienstes DriveNow sind jetzt mit dem Premium-Sound-System ausgerüstet.
Zweiter Tipp: Die Smartphone-Einbindung von Mini Connceted ist so gut gelöst, dass sich auf das optionale Apple CarPlay leicht verzichten lässt. Durch langen Tastendruck am Lenkrad konnte ich auch so Siri bitten, mir SMS vorzulesen oder Antworten nach Diktat verschicken.
Kleines Geständnis: Der Einstieg in den Bericht war mir schon vorher in den Sinn gekommen. Man kann sich nämlich auf die Bahn heute immer noch 100-prozentig verlassen. Ich wusste ganz genau, dass wieder irgendwas richtig schiefgehen würde und wurde nicht enttäuscht. Thank you for inspiring, Deutsche Bahn!
Bewertung
AutoAnlageFahrspassGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Sehr guter Klang in der ersten und zweiten Reihe für einen fairen Preis |
| Ebenso angenehmes wie ausgefallenes Ambiente |
| Exzellente Bedienung mit Head-up Display, iDrive und toller Sprach-Assistenz |
| Schaltgetriebe in Verbindung mit umfangreichem Infotainment nicht zu empfehlen |
Vertrieb:
BMW AG
Petuelring 130
80788 München
www.mini.de
Preis (Herstellerempfehlung):
26.950 Euro, Harman Kardon HiFi-System 790 Euro Aufpreis
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Im Beitrag erwähnt:
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