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Burmester B28
Mit der B28 hat Burmester die womöglich beste Standbox der 15.000 Euro-Klasse im Angebot (Foto: Burmester)

Test Standbox Burmester B28: primus inter pares

Dieser Tage ist der Berliner Vorzeige-Highender Burmester ja immer für eine Überraschung gut. Auf der Elektronikseite präsentieren sie Endstufen und Verstärker (beispielsweise 218 und 232), die die Konkurrenz blass vor Neid werden lassen, und Lautsprecherseitig mit der B28 einen Vertreter der 15.000 Euro-Liga, der mal eben fast die gesamte arrivierte Konkurrenz dieser Klasse in den Schatten stellt. Wir hatten dieses Schallwandler-Schmuckstück für einige Wochen im Test.

Ajan Hannemann
Ajan Hannemann ist der Team Leader Acoustic Engineering und somit verantwortlich für die exzellente B28. Mit ihm hat Burmester seine Lautsprecher auf Augenhöhe mit den besten der Welt gehievt (Foto: Burmester)

Schaut man bei Burmester in die Preisliste, kommt man schnell in Bereiche, die auch bei ikonischen Sportwagenherstellern aufgerufen werden. Heißt: Wirklich günstig gibt’s woanders. Da stellt sich natürlich im Umkehrschluss die Frage: Ist ein solcher Nobelhersteller in der Lage, auch in noch bezahlbaren Bereichen konkurrenzfähig zu sein? Oder erkennt man Abstriche?

Die Burmester B28…

…liegt mit ihrem Paarpreis von 15.700 Euro noch in einem Bereich, der im gehobenen HiFi mittlerweile eher normal ist und der bei Burmester wohl als Einstiegsklasse gehandelt wird. Trotzdem lässt die schlanke 3-Wege Strandbox an jeder Ecke erkennen, dass sie aus dem wohl nobelsten aller deutschen Ställe kommt. Da ist zunächst einmal der blitzblanke Aufbau. Ein Gehäuse aus sauber lackiertem oder furnierten MDF mit einer massiven Metallfront. Die hohe Steifigkeit der metallenen Front ermöglicht eine feste Anbringung der Treiber. Das bei der Boxen-Herstellung üblicherweise verwendete MDF ist – egal wie stark – nachgiebiger und in Bezug auf Präzision bei der Wiedergabe meist nur zweiter Sieger…

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Burmester B28 Aufbau
Die Schallwand aus Metall ist leicht angefast und vom eigentlichen Gehäuse entkoppelt (Foto: H. Biermann)
Burmester B28 BR-Port
Selbst das Bassreflexrohr auf der Rückseite ist perfekt eingelassen (Foto: H. Biermann)
Burmester B28 Anschluss
Die Lautsprecherklemmen sind von Mundorf und dafür gemacht, Kabelschuhe extrem fest einzuklemmen. Der Schalter für die sogenannte „Room-Adaption“ hebt auf Wunsch den Bass unter 120 Hertz um 2 dB (Foto: H. Biermann)
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Doch wie hoch der Burmester-Anspruch bei der B28 wirklich ist, erkennt man spätestens beim Blick auf die Frequenzweiche. Auf der Platine tummeln sich – sauber verlötet und klug nach elektromagnetischen Gesichtspunkten verteilt – ausschließlich Bauteile vom Edelzulieferer Mundorf. Es ist der Gegenentwurf zu den oft handverdrahteten Simpelweichen vieler audiophiler Kleinanbieter.

Burmester B28 Frequenzweiche
Doppelt kaschierte Platine mit sauberstem Aufbau: die Frequenzweiche der Burmester B28 (Foto: Burmester)

Aber auch die Grafik des Innenaufbaus unterstreicht, dass hier alles Hand und Fuß hat. Das überwiegend aus MDF-Platten aufgebaute Gehäuse (Ausnahme: Metall-Schallwand) ist vielfach versteift und sehr massiv ausgeführt: 37 Kilo summieren sich da auf der Waage. Und dann sind es die Kleinigkeiten, die hier die große Ernsthaftigkeit erkennen lassen: Wie zum Beispiel das Bassreflexrohr, das durch eine außen angebrachte Lage Dämmwolle beruhigt wird. Oder die punktuelle Bedämpfung des Gehäuses. Ein zu üppiges Einbringen von Dämm-Material lässt die Basswiedergabe nämlich schnell dünn und wattig werden.

Burmester B28 Aufriss
Von oben bis unten durchdacht: Die Schallwand ist doppelt massiv ausgeführt, Dämm-Material wird nur dort eingesetzt, wo es unbedingt gebraucht wird, und die Frequenzweiche sitzt in einer eigenen Kammer vor den Druckwellen der Tieftöner geschützt. Viel besser geht es nicht (Grafik: Burmester)

Bestückt ist die 3-Wege Standbox mit dem bei Burmester schon aus der B38 bekannten AMT-Hochtöner sowie drei 17-Zentimeter Tiefmitteltönern mit Glasfaser-Membran. Die drei sehen zwar aus wie Drillinge, doch der Mitteltöner ist tatsächlich anders, weil auf seinen Arbeitsbereich zwischen 150 – 2.500 Hertz ausgelegt: Die Membranmasse ist geringer, die Schwingspule kürzer. Das macht es dem Schwingsystem leichter, den Impulsen noch schneller zu folgen.

Burmester B28
Der hoch belastbare AMT-Hochtöner der B28 wird auch in der größeren B38 eingesetzt (Foto: H. Biermann)

Praxis:

Die optimale Aufstellung im LowBeats Hörraum war völlig problemlos. Weil die B28 einen präzis abgestimmt Bassbereich ohne nennenswerte Überhöhungen produziert. Hilfreich sind auch die mitgelieferten Schaum-Pfropfen zum Verschließen der Bassreflexrohre – für den Fall, dass es wirklich dröhnt. Für den entgegengesetzten Fall, dass es etwas zu dünn klingt, haben die Burmester-Entwickler einen kleinen Bass-Boost eingebaut: Legt man den Kippschalter am Terminal auf Position „+“, kommen im Bereich unter 120 Hertz dezente 2 Dezibel hinzu. Ich jedenfalls bin sehr schnell zur optimalen Position gekommen und die war mit 40 Zentimeter Abstand zur Rückwand jetzt keineswegs Raum-fordernd.

Auch bezüglich der angeschlossenen Verstärker kann man bedenkenlos agieren: Die Impedanz der B28 liegt immer über der DIN-Vorgabe von 3,2 Ohm, die Phase läuft erfreulich flach. Man muss also nicht zu einem der erzstabilen Burmester-Amps greifen, um hier ein formidables Ergebnis zu erzielen. Ich hatte meine schönsten musikalischen Stunden mit der B28 übrigens mit dem A2 von Soulnote, einem Vollverstärker für 7.000 Euro.

Impedanzprofil Burmester B 28 (Room Adaption +)
Impedanzprofil Burmester B 28 (Room Adaption +) (Messung: J. Schröder)

Die Pegelfestigkeit der B28 entspricht dem, was man heute aus zwei 17er Bässen (meist ist es der Bass, der den Maximalpegel limitiert) herausholen kann. Insofern sind die 103 dB dauerhafter und 115 dB kurzfristiger Maximalpegel absolut klassen- und größengerecht. Die 200 Watt (an 4 Ohm) des Soulnote A2 waren deshalb wohl proportioniert.

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MTD-Spektrum Burmester B 28 @85dBC/1m (Room Adaption plus)
MTD-Spektrum Burmester B 28 @85dBC/1m (Room Adaption plus): Breitbandige Wiedergabe und keinerlei Verzerrungs-Artefakte bei üblichem Wohnzimmerpegel (Messung: J. Schröder)
MTD-Spektrum Burmester B 28 @103dBC/1m (Room Adaption plus)
MTD-Spektrum Burmester B 28 @103dBC/1m (Room Adaption plus): deutlicher Anstieg über den gesamten Bereich. Einzig der AMT-Hochtöner scheint für deutlich höhere Pegel ausgelegt… (Messung: J. Schröder)
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Hörtest:

Die B28 ist eine der wenigen Lautsprecher, die den Zuhörer sofort mitreißt. Der Bass hat Saft und Kraft, der Mittelhochtonbereich eine ungemein präzise und offene Spielweise, die aber nie anstrengend wird. Es gibt ja immer noch viele HiFi-Fans, die meinen, ein klassischer Konus-Mitteltöner dürfe nicht mit einem so „schnellen“ Hochtöner wie mit einem AMT kombiniert werden. Spätestens mit der B28 werden sie komplett widerlegt. Denn der B28 gelingt dieses sehr offene, sehr griffige Spiel völlig bruchlos und fein. Als Beispiel mag hier unsere jüngster audiophiler Album-Tipp dienen: der „Desert Dream“ von Tiwayo. Wie fein und harmonisch die Stimme des Sängers rüberkam, wie mitreißend genau das Rutschen der Finger über die Saiten wiedergegeben wurde – klasse.

Während ihres Aufenthalts in der LowBeats Redaktion musste sich die B28 gegen viele Lautsprecher ihrer Klasse beweisen. Zum Beispiel gegen die Perlisten S5t, die ja – mit Hinblick auf ihre Heimkino-Qualitäten – ein wahres Energiebündel ist und Bässe sehr trocken, die Mitten aber ebenfalls sehr klar und offen wiedergibt.

Die B28 zeigte nicht ganz diese stupende Energie, langte aber in den Basslagen deutlich saftiger (aber immer noch präzise) zu und blieb insgesamt feiner und bei den Mikro-Details nochmals genauer und körperhafter.

Burmester B28 vs Perlisten S5t im lowBeats Hörraum
Die Burmester B28 im LowBeats Hörraum im Vergleich zur Perlisten S5t (Foto: H. Biermann)

Die Perlisten sollte nicht die einzige Mitbewerberin bleiben, mit der sich die B28 auseinanderzusetzen hatten. Da waren noch die Fyne Audio F702, die Totem Acoustic Wind und die Piega Coax 611 – allesamt Standboxen dieser Klasse, die eindeutig ihre Meriten haben. Die Fyne Audio spielt mit ihrer Kraft dynamisch alles an die Wand – das Schicksal bleibt auch der Burmester nicht erspart. Doch die B28 klingt einfach genauer, griffiger und feiner – und somit noch dieses Stück realistischer.

Im Vergleich mit der Totem Acoustic Wind mit der B28 schenke ich mir den Vergleich vom Ami-Straßenkreuzer versus Porsche 911, obwohl es hier gut gepasst hätte. Die Kanadierin klingt vor allem in den unteren Lagen sehr viel satter und voller. Es fehlt ihr das zupackende Element der B28, diese Offenheit und Präzision, aus der die B28 fast aus jeder Aufnahme ein Erlebnis macht. Was die „Wind“ aber exemplarisch gut macht, ist die großzügige Räumlichkeit, die der sie die Zuhörer schnell für sich einnimmt. An dieser Stelle allerdings muss ich festhalten, dass auch die B28 mit einer absolut glaubwürdigen und körperhaften Abbildung für sich zu werben weiß…

Lautsprecher um 15.000 Euro
Die Prominenz dieser Klasse im LowBeats Hörraum von links: Fyne Audio F702, Totem Acoustic Wind, Piega Coax 611 und Burmester B28 (Foto: H. Biermann)

Die Piega Coax 611 ist fraglos der härteste Gegner für die B28 in dieser Klasse. Nicht nur, weil auch die 611 dank Alu-Gehäuse überragend verarbeitet ist, sondern weil das neue Coax-Bändchen der Schweizer meiner Meinung nach eine echte Sensation in Sachen homogener Feinauflösung darstellt.

Und nun haben wir also auf der einen Seite einen unglaublich feinen, bruchlosen Mittelhochtonbereich mit einem perfekt eingebundenen schlanken und „schnellen“ Bass (Piega) und auf der anderen Seite eine fast ebenbürtige Offenheit und Präzision, allerdings garniert mit einem etwas satteren Bass und einer größeren Lebendigkeit (Burmester). Und was ebenfalls das Pendel zugunsten der B28 schlagen lassen könnte: Die Berlinerin hat im Maximalpegel-Contest einiges mehr zuzulegen. Wer also Live-Mitschnitte gern mit (Fast-) Original-Pegel hört, bekommt auch diesbezüglich mit der B28 mehr geboten.

Fazit Burmester B28

Weil wir in den vergangenen sechs Monaten viele relevante Standboxen dieser Klasse im Test hatten, ist das Urteil wohlbegründet: Wer sich vorstellen kann, Standboxen im Bereich um 15.000 Euro zu kaufen, kommt um einen Hörtermin mit der Burmester B28 definitiv nicht vorbei. In meinen Ohren ist sie das klanglich universell beste Angebot unter 20.000 Euro, ist zudem überragend gut verarbeitet und elektrisch wenig anspruchsvoll. Ergebnis: Glatte Eins, überragend.

Burmester B28
2023/06
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Aufgeräumt-souveräner, impulsiver und sauberer Klang
Perfekte Verarbeitung
Elektrisch anspruchslos
Im Bass dezent anpassbar

Vertrieb:
Burmester Audiosysteme GmbH
Wilhelm-Kabus-Straße 47
10829 Berlin
www.burmester.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Burmester B28: 15.700 Euro

Mit- und Gegenspieler:
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Technische Daten

Burmester 28
Konzept:passive Standbox, Bassreflex
Bestückung:HT: 1 x AMT, MT: 1 x 17 cm, TT: 2 x 17 cm
Trennfrequenzen:150 / 2.400 Hertz
Wirkungsgrad:88,3 dB (2,83 Volt/Meter)
Max. Schalldruck (Dauer / kurzfristig):103 / 115 Dezibel
Mind. empfohlene Leistung für Max.-Pegel:>130 Watt
Ausführungen:schwarz, weiß, mittelgrau und amerikanischer Nussbaum
Gewicht:
37,0 Kilo
Abmessungen (B x H x T):22,3 x 114,5 x 46,5 cm
Alle technischen Daten

 

 

Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.