Die Messe in Darmstadt ist in vielen Bereichen besonders: Zum Beispiel bietet der Messe-Austragungsort, das sogenannte „Darmstadtium“, die mit Abstand schönste Plattform aller HiFi-Messen (dieser Größe) in Deutschland. Die Räume des Kongress-Zentrums sind luftig, groß, hell und allesamt mit einer akustischen Decke versehen. Man fühlt sich hier einfach wohl – auch, weil der Eingang so großzügig gestaltet ist. Man kann es meinen Zeilen entnehmen: Es ist von den Räumlichkeiten her meine absoluter Lieblingsmesse.
Dass die Deutsche HiFi-Tage 2022 überhaupt stattfindet, war für den Außenstehenden nicht so leicht zu erkennen. Der Veranstalter, die WEKA Media Publishing GmbH, die unter anderem die Audio, die stereoplay und die ehemalige video (jetzt: “Connect Home by Video”) unter ihrem Dach vereint, trommelte sehr dezent für diese schöne Messe. Trotzdem trauten sich die Veranstalter etwas, was bislang nur die HIGH END umsetzte: Der Eintritt war nicht kostenlos. Die Diskussion darüber brandete natürlich hoch, aber ich finde das angemessen: Für einen schönen Event zahle ich gern 10 Euro Eintritt.
Damit sind wir bei den Besucherzahlen: Offiziell gibt es keine, aber seriöse Schätzungen von Standbetreibern liegen so bei 1.500. Nicht genug? Doch. Ich war beide Tage vor Ort und hatte den Eindruck, dass alle Vorführungen immer gut gefüllt waren. Insofern: Für den genussvollen Besuch genau richtig.
Deutsche HiFi-Tage 2022: die Vorführungen
Die Messe war eine reinrassige HiFi-Show. Fast zumindest. Wie auch in Leipzig (siehe Messebericht Mitteldeutsche HiFi-Tage 2022) hatte Audio Reference in Darmstadt ebenfalls ein ambitioniertes Kino mit Perlisten-Lautsprechern und einer Mischung aus Yamaha/Krell-Elektronik aufgebaut. “Aufgebaut” ist hier ernst gemeint, weil im Erdgeschoss erst eine Raum-in-Raum-Konstruktion das gewünschte Ergebnis brachte. Ich war in einer der Vorstellungen und fühlte mich stark an das sehr überzeugende, mitreißende 3D-Erlebnis aus Leipzig erinnert. Allerdings mit leichten Vorteilen für Darmstadt: Die Bässe kamen hier noch ein bisschen knackiger.
Die Finsternis im Kino war ja gewollt: Die anderen Präsentationen profitierten dagegen von der lichten Konstruktion des Darmstadtiums. Das begann schon im Eingangsbereich, wo beispielsweise die Viernheimer Händler Home Tech Plus mit der gewaltigen Grand Acoustics Lautsprechern das gesamte Foyer beschallten.
Für die riesigen Speaker war das kein Problem: Hier arbeitet ein audiophiler 12-Zoll Koax aus dem Beschallungsbereich in Verbindung mit einer Vielzahl nicht sichtbarer Hochleistungsbässe. Wirkungsgrad und Belastbarkeit wahrscheinlich im Fabelbereich. Auch Preis & Verfügbarkeit gab es nicht. Es ist ein Forschungs- und Einzelstück, das aber – soweit man das im sehr halligen Foyer beurteilen wollte – durchaus beeindruckend klang und welches bald mehrere kleine Verwandte bekommen soll.
Den hellsten Vorführ-Raum (weil Eckraum mit zwei Glasfensterfronten) hatte wieder einmal Frank Urban vom Audium Vertrieb. Aber Audium hatte sowieso wieder viel zu bieten. Vor allem die Neuheiten von Atoll und Ayon haben es uns angetan:
Zwei Neuheiten, die sicherlich absolut marktrelevant werden, fanden wir bei Sound United. Beide aus dem Bereich der gehobenen AV-Receiver und beide mit dem Hinweis versehen, tatsächlich lieferbar zu sein:
Canton hatte den eh schon schicken Raum noch ein bisschen im neuen Canton-Stil aufgehübscht. Die Hessen feiern ja dieses Jahr ihr 50-jähriges Bestehen und so war es kein Wunder, dass auch hier ein Paar der wieder aufgelegten Ergo (Mitte) spielte. Die Ergo in ihrer Ur-Fassung war der erste Standlautsprecher von Canton.
Ebenso schön war es bei ATR. Die Mülheimer, die ihr Schloss-ähnliches Vorzeige-Hauptquartier mittlerweile in Eltville am Rhein haben, unterstrichen mit ihrem Auftritt in Darmstadt, dass sie die Integration von Top-High-End in eine schöne Wohnlandschaft mehr und mehr zu ihrem Markenkern machen.
Beim Aktivboxen-Spezialisten Backes & Müller bekam man, was man von der Marke seit Jahren zuverlässig bekommt: hohe Präzision und die volle Packung Dynamik. Das liegt unter anderem daran, dass einzelne Modelle der Saarländer mit spezieller Richtwirkung arbeiten. Publikums-Magnet war natürlich die Schmetterlings-artige Line 80 Mk II, die immerhin mit einer Viertelmillion Euro zu bezahlen ist, die aber auch mit einer brachialen Dynamik aufwartet.
High End @ Darmstadt 2022
Anders als beispielsweise in Leipzig fuhren in Darmstadt die highendigen Vertriebe richtig Material auf. Denn im Gegensatz zu Leipzig – aber auch zu Hamburg oder Stuttgart – inspirieren die Räume zum Aufbau von großem HiFi.
Händler-Urgestein Claus Büscher (CBA) hat einen Raum bespielt, wo eine fein austarierte Kette unter anderem die neue Gradient Revolution R-5 in Szene setzte. Wir hatten die kleine Schwester des finnischen Dipols ja schon im Test (Gradient 1.4) und waren höchst angetan. Die R-5 aber ist, das war schon bei den ersten Takten zu hören, ein anderes Kaliber – und sieht auch viel besser aus. Es steht also zu erwarten, dass die Finnin bald im LowBeats Hörraum auftauchen wird…
Man hätte meinen können, die R-5 sei für den großen Raum zu klein. Aber nichtsda: Bei der Vorführung “Große Stimmen”, die Meik Wippermann bei CBA machte, klangen die “großen” Stimmen über die Gradient wirklich “groß”, weil beeindruckend authentisch. Hier dürfte der Dipol-Charakter der Finnin seine Vorteile ausgespielt haben. Es klang nämlich wunderbar dreidimensional. Unterm Strich war die Demo bei CBA so etwas wie mein heimlicher Sieger – eben, weil mit durchaus bezahlbaren Lautsprechern erreicht.
Ich neige normalerweise nicht dazu, mich zu wiederholen. In diesem Falle schon. Die Deutsche HiFi-Tage 2022 war eine schöne Messe: mit gutem Wetter, bester Stimmung und vielen schönen Hör-Erlebnisse. Hoffentlich nächstes Jahr wieder.
Weitere Messeberichte:
Messereport Mitteldeutsche HiFi-Tage 2022: schön wars
Norddeutsche HiFi-Tage 2022: der Messebericht
Endlich wieder Messe: Rückblick auf die HIGH END 2022
Deutsche HiFi Tage 2019: Rückblick auf die schönste Messe des Jahres