Bei Volvo erscheinen die Kombis gewöhnlich vor den Limousinen. Das zeigt, dass dort die Prioritäten umgekehrt sind wie bei den meisten anderen Herstellern, von denen die Kombi-Varianten mit Verzögerung nachgeschoben werden. Was meinen Geschmack betrifft, fallen mir keine stilvolleren Kombis als die der Schweden ein. Dennoch finde ich den S90, den ich vorletztes Jahr gefahren bin und den kürzlich vorgestellten kleinen Bruder Volvo S60 als einer der letzten Limousinen-Liebhaber ausgesprochen schön.
Bei der Fahrvorstellung konnte ich einen roten Volvo S60 T5 R-Design Geartronic ergattern. Dessen rote Lackierung unterstreicht den dezent sportlichen Auftritt des 250 PS starken Viertürers. Obgleich es sich dabei nicht um die Top-Motorisierung handelt, verschafft der aufgeladene 2-Liter-Vierzylinder-Benziner dem 4,76 Meter langen und immerhin 1.708 Kilo schweren Schweden einen sportlichen Antritt. In nüchternen Zahlen schafft er den Standardsprint von 0 auf 100 km/h in 6,7 Sekunden. Allerdings verleitet der von einer 8-Gang-Automatik unterstützte füllige Drehmomentverlauf wie auch das gesamte Konzept des Wagens eher zu einer ausgeglichenen Fahrweise.
Wer es mit dem frontgetriebenen T5 Geartronic etwas sportlicher angehen lässt, darf sich dennoch auf eine hohe Agilität, ordentliche Rückmeldung und gute Bremsen freuen.
Die Anlage aus dem V60 im Volvo S60
Im Testwagen war auch ein alter Bekannter verbaut, der in der Kombi-Version V60 einen tollen Job machte. Die Rede ist vom Harman Kardon Sound-System. Mit seinen 14 Lautsprechern und strammen 610 Watt Ausgangsleistung musizierte es auf einem Level, der gewöhnlich Top-Systemen vorbehalten bleibt. Doch das für 840 Euro im Bundle mit dem Infotainmentsystem Sensus Connect angebotene Sound-System Harman Kardon High Performance Pro ist nur die mittlere Lösung für den Volvo S60 und V60. Ganz oben gibt es noch das in Verbindung mit dem Infotainmentsystem Sensus Connect 3.300 Euro teure Bowers & Wilkins Premium Sound System mit 1.100 Watt. Durch den Einsatz von Dirac Unison und Dirac Live erreichte das Team von Volvo und Harman Traumergebnisse in Bandbreite, Ausgewogenheit, Staging und vor allem Bass-Präzision.
Dirac Unison bietet außerdem ausgeklügeltes Bassmanagement, das sich automatisch an Fahrzeuginnenraum und Lautsprecher anpasst. Das ermöglicht eine Basswiedergabe, die viel differenzierter und straffer ist, als man es bisher aus Fahrzeugen kannte. Die von der Universität im schwedischen Uppsala entwickelte, von Harman eingesetzte Software erzielt ihre überragenden Ergebnisse durch die Verbindung von aktiver Auslöschung unerwünschter Töne, Schallfeldsynthese und Raumkorrektur.
Volvo S60 vertraut auf Quantum Logic Surround
Harman Kardon High Performance Sound Pro bietet ein volles 7.1-Kanal-Surround-Sound-Erlebnis von jeder Mono-, Stereo- oder Mehrkanalquelle. Quantum Logic heißt der auf einem Patent von Dr. Gil Soulodre basierende semantische Algorithmus, der solche Kunststücke ermöglicht.
Dagegen ist dieser Kunstgriff ziemlich verbreitet: Der DSP-Verstärker erkennt automatisch die Fahrzeuggeschwindigkeit und passt über einen Equalizer die Lautstärke der einzelnen Frequenzbereiche an die Geräuschkulisse an.
Das Lautsprecher-Konzept des Volvo S60 entspricht weitgehend dem V60. Der Unterschied liegt in der Positionierung der Surround-Lautsprecher, die bei der Limousine nicht im Dachhimmel, sondern auf Höhe der Hutablage sitzen. Ansonsten bleibt es bei vergleichsweise aufwendigen 3-Wege-Systemen mit 16,5-cm-Tieftönern in den vorderen sowie 2-Wege-Systemen in den hinteren Türen. Der kompakte Fresh-Air-Subwoofer wurde wie beim V60 in die linke Seitenwand des Kofferraums integriert. Nicht zuletzt dank der vorderen 3-Wege-Systeme gelang Volvo eine perfekte Anbindung: Alle Instrumente inklusive Bass Drums oder Kontrabass kamen von vorne, standen stabil vor einem.
Der Breitband-Center-Lautsprecher stabilisierte die Abbildung, die ebenfalls von den bei Volvo vorbildlich eng beisammen sitzenden Hoch- und Mitteltöner. Das von Harmans Design-Abteilung Huemen im Stil des Schrägstrich-Namens Harman/Kardon gestaltete Lochmuster der gemeinsamen Abdeckung schafft einen hohen Wiedererkennungswert. Besser als Volvo kann man HiFi kaum in ein Fahrzeug integrieren. Das gilt sowohl für Optik wie Akustik.
Mit dem Volvo S60 machte einfach jede Art von Musik mächtig Spaß. Die Auflösung und Dynamik der Kalottenhochtöner stimulierte nicht nur die Impulswiedergabe bei Rock und Pop. Mit ihnen klangen auch Violinen ausgesprochen angenehm und natürlich. Abhängig vom Geschmack und der jeweiligen Aufnahmecharakteristik kann mit mit Aktivierung von Quantum Logic Surround das Raumempfinden beeinflussen. Mit einem Schieberegler lässt sich auf dem 9-Zoll-Touchscreen (22,9-cm-Diagonale) die Intensität des Raumeffekts stufenlos anpassen.
Limousine und Kombi klingen gleich gut
Klanglich fiel mir kein nennenswerter Unterschied zwischen Kombi und Limousine auf. Was die Sportlichkeit betrifft, fühlte sich die schnittige Limousine noch besser an – und sei es nur wegen des Looks. Insgesamt ist die 60er-Serie inklusive des ebenfalls getesteten V60 Cross Country das Sportlichste, das Volvo derzeit zu bieten hat. Das konnte ich mit der R-Design-Variante des V60 sogar auf Schnee und Eis erfahren. Obwohl die Schweden bei den AWD-Varianten ihrer 60er-Serie am Allradantrieb nur maximal 50 Prozent an der Hinterachse zulassen und die komplette Abschaltung der elektronischen Fahrhilfen ESP und Traktionskontrolle nicht ermöglichen, gelangen mir mit dem Schweden-Flitzer einige schöne, langgezogene Drifts, als ich in einer Programmpause auf einer abgesperrten Bahn gegen eine Drohne und Rennfahrer Jakob Schober von Lechner Racing antrat.
Der Volvo V60 R Design, die Kombi-Version des S60, auf Schnee und Eis in Faistenau. Rennfahrer Jakob Schober von Lechner Racing (im blauen Auto) und Stefan Schickedanz von LowBeats im weißen Wagen fahren eine schnelle 4×4-Drift-Runde gegen die DJI Drohne vom Piloten Andreas Teufl.
So viel Fahrdynamik und aktive Fahrfreude können die mehr auf Langstreckenkomfort und entspanntes Cruisen ausgelegten 90er-Modelle nicht bieten. So ist der Volvo S60 T5 Geartronic R-Design kein verkappter 3er-BMW, aber erfrischend nah dran – zumal die Bayern in dieser Leistungsklasse dank Downsizing ebenfalls auf 2-Liter-Vierzylinder setzen.
Fazit Volvo S60 T5 mit Harman Kardon
Schon der Kombi v60 war für mich ultimative der Spaßbringer im Volvo-Programm, wenn man den P1800 ES “Schneewittchensarg”, den ich auf der Bodensee Klassik Rallye pilotierte, einmal ausklammert. Doch die schnittige Limousine S60 wäre mein persönlicher Favorit im Volvo-Programm. Zwar bieten die kleineren Modelle nicht den Schwebekomfort von Volvo V90 und Volvo S90, aber das wiegen sie mit ihrem leichtfüßigen Auftritt, dem geringeren Durst und den erschwinglicheren Einstiegspreisen locker auf.
Und wer Bass tief, knackig und trocken liebt, muss den Volvo S60 ohnehin begehren. Was die Schweden mit Dirac Unsison und ihrem Free Air Subwoofer aus dem Mittelklassewagen herauskitzeln, ist schlicht famos. Auch Ausgewogenheit, Auflösung und Abbildung des zusammen mit dem Infotainmentsystem Sensus Connect für einen fairen Preis angebotenen Harman Kardon High Performance Sound Pro Pakets gehören zum besten, was es überhaupt an Car Audio ab Werk anzukreuzen gibt.
Bewertung
AnlageAutoFahrspassGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Klingt nicht nur sehr homogen, Stimmen haben auch audiophilen Schmelz, das gewisse Etwas |
| Breite, sehr tiefe, stabile und plastische Hörbühne |
| Satter, tiefer Bass mit zünftigen Pegelreserven |
| Fahrwerksabstimmung schafft den Spagat zwischen Sportlichkeit und Fahrtkomfort |
Vertrieb:
Volvo Cars Deutschland
Köln
www.volvocars.com
Preis (Herstellerempfehlung):
Volvo S60 T5 Geartronic ab 46.200 Euro
Infotainmentsystem Sensus Connect mit Harman Kardon High Performance Sound 840 Euro
Mehr zu Volvo:
Test Volvo V60 mit Harman Kardon vs Bowers & Wilkins
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