Mit dem Audio-Technica VM540ML betritt das zweifelsfrei interessanteste Tonabnehmersystem der VM-Serie (siehe auch Familienübersicht VM-Serie) die Bühne. Für den einen oder anderen mögen die 279 Euro ein stolzer Preis sein, aber es ist jeden Euro wert.
Wie bei der 500er VM-Familie üblich, besteht sein Systemkörper aus Kunststoff, sein Nadeleinschub ist wie bei fast allen MM-Systemen austauschbar. Und wie beim exemplarisch abgehandelten VM520EB bietet Audio-Technica auch vom 540er eine Variante mit Headshell für den Anschluss an Tonarme mit Bajonett-Anschluss an.
Ansomsten sind die Charakteristika dieses Abtasters schnell aufgezählt: Auch das Audio-Technica VM540ML arbeitet mit den namensgebenden, V-förmig angeordneten Doppelmagneten, die im Vergleich zu üblichen MM-Systemen (bei denen nur ein Magnet bewegt wird) eine höhere Kanaltrenung erzielen sollen. Unsere Messungen jedenfalls lassen den Schluss zu, dass die VM-Modelle in diesem Bereich tatsächlich Vorteile haben.
Doch bei aller pfiffigen Namensschöpfung: Natürlich gehört auch das Audio-Technica VM540ML in die Kaste der klassischen MM-Systeme mit vergleichsweise hoher Ausgangsspannung. Die liegt wie bei allen Abtastern der Familie bei praxisgerechten 4 Millivolt. Das heißt: die meisten MM-Phonostufen – eingebaut oder extern – sind geeignet.
Die Abschlusswerte sollten – soweit an der Phonostufe einstellbar – bei 47 Kilo-Ohm und möglichst geringer Kapazität (als etwa 100 – 200 PicoFarad) liegen. Und auch das Audio-Technica VM540ML ist für den Einbau in die heute meist üblichen mittelleichten Tonarme (z. B. Rega 100er, 200er oder 300er Serie) perfekt geeignet.
Das VM540 besitzt eine ganz aus einem quaderförmigen Diamanten bestehende Nadel mit besonders schmalen Flanken, die – um den Druck auf die Rillenflanke in Grenzen zu halten – aber deutlich länger ist als beim elliptischen Schliff. Dies ermöglicht eine verbesserte Abtastung sehr enger Rillenmodulationen. Das zeigt sich hier am deutlichsten an den extrem niedrigen Hochton-Impulsverzerrungen – siehe Messungen.
Zum besseren Verständnis der unterschiedlichen Schliffe haben wir die vier verschiedenen Varianten der hier getesteten Abtaster in der Slideshow nebeneinandergestellt:
Wie man auch in der Slideshow sehen kann, hat das Audio-Technica VM540ML – wie auch das 740ML – den mit Abstand schärfsten Schliff. Das ermöglicht ein tieferes Eintauchen in die Rille und das Auslesen auch feinster Informationen.
Die Messwerte des Audio-Technica VM540ML
Von allen hier getesteten Abtastern liefert das 540ML die besten Messergebnisse: fantastische Abtastwerte, hohe Kanalgleichheit – mehr kann man fast nicht wollen. Alle wichtigsten Messwerte im Anschluss.
Hier alle elektrischen Messergebnisse in der Übersicht:
Im Hörbereich ist der Frequenzgang des Audio-Technica VM540ML schön ausgewogen mit nur leichter Betonung der obersten Höhen. Bei der Messung mit der bis 45 Kilohertz hinaufreichenden Mess-Schallplatte QR 2010 von Bruel&Kjaer (schwarze Kurve) zeigt sich zudem ein über 20 Kilohertz weniger abrupt abfallender Verlauf als bei den kleineren Geschwistern.
Doch die vergleichsweise geringe Bandbreite ist Prinzip-bedingt: Wegen der hohen Systeminduktivität sind MM-Tonabnehmer prinzipiell kaum in der Lage, Frequenzen oberhalb 20 Kilohertz zu reproduzieren. Das schaffen nur MC-Systeme oder sogenannte Low-Impedance-Systeme.
Unter den Abtastern dieses Familientests ist das VM540 am leisesten. LowBeats hat 6,4 (links) beziehungsweise 6,8 Millivolt Ausgangsspannung ermittelt.
Da aber Audio-Technica bei seinen Messungen 6 Dezibel weniger ansetzt, muss man die Kanalunterschiede mitteln und dann die LowBeats Werte durch zwei teilen, um sie mit den Katalogdaten vergleichbar machen zu können. Das entspräche dann 3,3 Millivolt und wäre ganz schön weit weg von 5 Millivolt…
Das VM540ML im Hörtest
So viel messtechnische Qualität ist – zumindest in diesem Fall – hörbar. Das Audio-Technica VM540ML überzeugt aus dem Stand.
Da wir uns ordnungsgemäß von unten nach oben gehört haben, war schnell kar, dass dieser Abtaster mit MicroLine-Schliff keineswegs aus der Reihe fiel, wohl aber doch einfach noch einmal um einiges besser war, als uns Audio-Technica bislang mit 510, 520, 530 geboten hatte – und auch mit 740 noch zu bieten hatte.
Auch das Audio-Technica VM740ML überzeugt mit der familientypischen Neutralität und der feinen, vornehmen Zurückhaltung. Aber das 540 war halt einfach besser.
Beispiel Mahlers 5. Sinfonie: Das VM530EN ließ ja die Saiten ebenfalls schön nachklingend und zeigte viel Substanz. Aber das 540er war habhafter.
Die Hörner schmetterten kraftvoller, klarer, offenbarten mehr Details. Das Erlebnis dieses Konzerts war mit dem 540er einfach größer.
Andere Musik – Yello Toy – das gleiche Bild. Das Audio-Technica VM540ML zeigte mehr Energie und mehr Auflösung als das 530. Und vor allem einen wunderbaren Bass: substanziell, aber nicht zu dick, sondern mit viel Kraft und Kontrolle.
Von den fünf VM-Modellen machte das 540 bei Bass-betonter Musik mit Abstand den meisten Spaß. Und das, obwohl mit dem VM740ML ja das noch größere und teurere System im Rennen war.
Doch aller Hierarchie zum Trotz lederte das 540 auch unser einziges Audio-Technica-Testsystem aus der 700er Serie locker ab – obwohl dieses mit DEMSELBEN Nadeleinschub arbeitete. Das muss mir mal einer erklären. Aber es war so.
Das VM740 spielte wegen seiner Zurückhaltung im Präsenzbereich dezenter, vielleicht feiner, aber distanzierter, wirkt weniger dynamisch und beim Tutti von Mahlers 5. Sinfonie weniger bedrohlich.
Auch das 740 zeigte wunderschöne Klangfarben; energischer, lebendiger und letztendlich “echter” war das 540.
Ein Vergleich mit dem derzeit wohl populärsten MM-System der 200 Euro Klasse, dem Ortofon 2M Blue, half, die Qualitäten des Audio-Technica VM540ML insgesamt einzuordnen. Trotz der großen Lebendigkeit spielte das Ortofon noch offener und frischer.
Es ist insgesamt kerniger, griffiger. Nicht aber unbedingt angenehmer. Das 540 spielt minimal verhaltener, kultivierter und feiner. Das Ausklingen von Gitarrensaiten gelang ihm noch müheloser. Es ist der Abtaster für lange, sehr schöne Musikabende.
Wir haben diese Unterschiede aufgenommen und für LowBeats Leser zugänglich gemacht: Im LowBeats Klang Orakel kann jeder – einen guten Kopfhörer und etwas Zeit vorausgesetzt – unsere Tonabnehmer-Tests beliebig oft nachvollziehen. Ein Besuch empfiehlt sich…
Fazit
Unser absoluter Liebling unter den hier getesteten VM- Tonabnehmern.
Das Audio-Technica VM540ML hat alles und noch vieles mehr, als man von Tonabnehmern dieser Preisklasse gemeinhin geboten bekommt: Es ist nach den besten Regeln der Kunst praxisgerecht konzipiert, passt einwandfrei an die heute üblichen mittelleichten Tonarme und klingt berückend gut.
Kein anderer Abtaster der hier vorgestellten VM-Serie klingt so luftig und offen, so packend-natürlich und verfügt über einen so knochig-präzisen Bass. Eine dicke, dicke MM-Empfehlung!
Bewertungen
KlangPraxisMesswerteGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Natürlicher, dezenter, offener Klang |
| Fantastische Abtastfähigkeit |
| Packend paräziser Bass |
| Exzellente Preis/Klang-Relation |
Vertrieb:
Audio-Technica Niederlassung Deutschland
Lorenz Schott Strasse 5
55252 Mainz-Kastel
www.audio-technica.com
Preis (Hersteller-Empfehlung):
Audio-Technica VM540ML: 279 Euro
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