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Cambridge Audio Alva TT V2 Ambiente
Cambridge Audio hat die zweite (V2-) Generation seines Komplett-Plattenspielers Alva TT auf den Markt gebracht. Besser und moderner geht es kaum (Foto: Cambridge Audio)

Test Cambridge Audio Alva TT V2: High-End-Plattenspieler mit Bluetooth

Bestellen, auspacken und unkompliziert genießen: Wie kein anderer Plattenspieler kombiniert der Cambridge Audio Alva TT V2 faszinierende Analogtechnik mit modernsten Bedien-Ansprüchen. Vinyl-Freuden mit weitreichendem Konzept bot schon der Alva TT, doch die Generation V2 toppt den Vorgänger locker…

Die Besonderheiten des Cambridge Audio Alva TT V2

Erst einmal ein Abstecher zum Namen. Wir haben hier die Version Zwei vor uns, die neuste Auflage. Noch immer bieten einige Händler einen Alva TT V1 an, ohne ihn so explizit zu nennen. Das war der Vorgänger, nahezu identisch – bis auf den Arm. Beim Test vor vier Jahren hatte der Alva TT einen Rega-Arm. Auch gut. Aber nun haben sich die Cambridge-Ingenieure für einen eigenen Entwurf entschieden. Mit nun aufzuschraubender Headshell. Das Rohr besteht aus gezogenem Aluminium, die Headshell selbst aus Alu-Druckguss. Dazu noch ein magnetisches Antiscating, alles blitzsauber. Ich habe natürlich nachgefragt: Der Arm entsteht in Fernost, doch komplett nach Vorgaben der Briten. Ein schönes Stück, sehr präzise und wertig. Eine Höhenverstellung gibt es nicht. Wer meint, sie unbedingt zu brauchen, muss sich mit Abstandsscheiben behelfen. Das gelingt elegant, ist aber eher die Kür als ein Must-have, weil der optimale Abtaster ja bereits eingebaut ist…

Cambridge Audio Alva TT V2 von vorn
Eines der Unterschiede zum Vorgänger Alva TT: Der Tonarm mit abnehmbarer Headshell (Foto: Cambridge Audio)

Der neue Komplett-Plattenspieler kostet rund 2.000 Euro. Das ist eine gehobene Investition für einen Plattenspieler. Doch die Briten reizen das Vinyl-Gefühl auf ganz eigene Weise aus. Zuerst überrascht das Antriebskonzept. In dieser Bau- und Preisklasse hätte jeder andere Hersteller einen Riemenantrieb als Grundlage vorgeschrieben. Doch Cambridge hat sich für einen Direktantrieb entschieden. Sofort springt der Rundum-Blick in die Branche an. Da gibt es Thorens. Oder im günstigeren Bereich Audio Technica. Und natürlich fällt einem auch Technics ein, die Japaner sind ja so etwas wie Vorzeige-Vertreter dieser Antriebsform

Kurz: Es gibt weltweit nicht mehr sehr viele Anbieter für Direct-Drive-Motorkonzepte: Hat womöglich Cambridge Audio einen OEM-Motor bei Technics bestellt? Natürlich nicht. Die Briten haben einen eigenen Antrieb entworfen, grundverschieden in der Konstruktion. Bei Technics liegt ein zwölf-poliger Motor unter der Achse, bei Cambridge sind es nur acht Pole. Kein Vergleich. Im Alva TT wacht ein Quarz-Modul über die korrekte Rotationsgeschwindigkeit. Hier gibt es für LPs 33 und für Singles 45 Umdrehungen – die Fraktion der Schellack-Hörer bei 78 Runden ist ausgeblendet und für Cambridge nicht mehr zeitgemäß. Weil auch der Tonabnehmer nicht mitspielen würde.

Hier zockt Cambridge das nächste Ass auf den Spieltisch. Das ist nicht irgendein Ankauf, sondern eine Maßanfertigung, wie sie nur Cambridge nutzen darf. Die Briten bieten diesen Tonabnehmer auch nackt und allein an – für 500 Euro. Drei Viertel des Geldes für das Laufwerk und den Arm, ein Viertel für den Tonabnehmer. Das ist nach meiner Erfahrung schlau taxiert. Zu viele andere Hersteller packen ein Feigenblatt-System für unter 100 Euro an den Arm, das ist unwürdig und nicht selten ein Affront für den möglichen Käufer.

Cambridge Audio Alva TT V2 Abtaster
Der perfekt vorinstallierte MC-Tonabnehmer des Alva TT V2. Cambridge selbst hält sich über die Quelle bedeckt, wir vermuten, dass es sich um ein spezielles Sumiko Modell handelt (Foto: Cambridge Audio)

Das Alva MC lockt schon äußerlich. Nix Kunststoff, sondern ein Korpus aus massivem Aluminium. Aus dem gleichen Leichtmetall besteht auch der Nadelträger. Die Nadel selbst wurde nach dem elliptischen Standard geschliffen. Jetzt lohnt die tiefere Recherche und der Blick in die technischen Daten. Da sagen uns die Daten: Dieses System bringt 2,4 Millivolt an die Phonostufe. Laut Normauslenkungsrille – was ein dehnbares Maß ist. Fakt ist: Das ist erstaunlich viel, wir haben es hier also mit einem High-Output MC zu tun.

Und das ist richtig gut. Aus Spaß und Tollerei habe ich das System aus der Head-Shell geschraubt und auf den Arm meines aktuellen Lieblingslaufwerks montiert. Dann hinein in den MM-Eingang der Phonostufe. Unfassbar, mit welcher Spielfreude der Abnehmer auftrumpfte. Mein gutes Benz-MC wirkte dagegen echt blutarm – obwohl fünffach so teuer. Mein Jubel wäre schon ziemlich groß, hätte Cambridge allein diesen MC-Abnehmer erschaffen…

Doch Cambridge denkt in größeren Zusammenhängen. Die hohe Ausgangsspannung des MCs wird gebraucht, weil – wie auch im Vorgänger Alva TT – eine Phonostufe integriert ist. Und jetzt alle Katzen aus dem Sack: Diese Phonostufe wurde zudem mit einem Bluetooth-Modul verkuppelt. Ohne aptX-HD-Protokoll ginge hier gar nichts. Also bedient auch Cambridge diese aktuell höchste Transfer-Rate.

Cambridge Audio Alva TT V2 Eölektronik
Ein weiteres Unterschiedsmerkmal zum Vorgänger Alva TT: Bei dem war nämlich die Phonostufe nicht abschaltbar. Ein klares Manko (Foto: Cambridge Audio)

Nochmals in der Summe: Das sind viele Optionen, Feinheiten und Entscheidungsfragen – insbesondere für einen Test-Redakteur. Über das High-Output-MC habe ich bereits geschwärmt. Aber wie klingt die interne Phonostufe? Die kann ich nutzen, aber auch abschalten. Ein Klick über den Winzschalter auf dem Rücken genügt. Da wollten wir mal so richtig mit Kanonen auf Spatzen schießen. Als universelle Referenz haben wir seit geraumer Zeit die Pro-Ject Phono Box RS2. Mit 1.500 Euro und einer externen Stromversorgung muss das doch klar der Killer der kleinen, internen Alva-Stufe sein. Doch so eindeutig ist das Gefecht nicht. Natürlich schickt die Pro-Ject mehr Auflösung und Raffinesse ins Rennen. Aber Cambridge kontert mit einer grundehrlichen Spielfreude. Das trifft das Vinyl-Lebensgefühl von Millionen Menschen.

Praxis

Mit elf Kilogramm ist der neue Alva TT angenehm gewichtig. Das fühlt sich gut an beim Aufbau. Eine halbe, konzentrierte Stunde sollte man sich Zeit nehmen. Der Plattenteller aus POM (Polyoxymethylene) ist schnell aufgelegt, ebenso die Schutzhaube.

Aber der Tonabnehmer verlangt ruhige Hände. Cambridge packt den Alva MC in einer kleinen Schachtel in den Lieferumfang, bereits vormontiert auf eine Headshell, diese wird höchst praktisch und Justage-freundlich auf den Tonarm geschraubt. Das Auflagegewicht von zwei Gramm ist aber etwas trickreich – das Gegengewicht hinten auf den Arm schrauben, Cambridge hat hier keine Skala angebracht, aber eine Kippwaage von Ortofon beigelegt. Gelingt spielend einfach, zudem muss man diesen Initiationsritus nur einmal bei der Erstjustage stemmen, danach kräht kein Hahn mehr nach der kleinen Waage.

Ortofon Tonarmwaage
Kann man immer mal gebrauchen: Die schlichte aber hunderttausendfach bewährte Tonarmwaage von Ortofon liegt im Beipack (Foto: A. Günther)

Das Pairing des Bluetooth-Senders funktioniert so einfach, wie bei allen Cambridge-Komponenten: Schon nach kurzem Druck auf die Taste steht die Verbindung

Jetzt mal die Fantasie spielen lassen. Den Alva TT in der Mitte, links und rechts zwei Bluetooth-Lautsprecher – und das moderne Set-up wäre perfekt. Im Oktober 2020 hatten wir die Cabasse The Pearl im Test. Das ist das ganz feine Gedeck in zwei überraschend klangstarken Kugeln. Das Klangbild ist prächtig, doch man sieht nur die Kugelspeaker und den Plattenspieler – sonst nichts. Genial. Aber ich kann die Bluetooth-Musiksignale des Alva auch zu meinem Kopfhörer schicken – wenn dieser denn über eine vollständige Lautstärkeregelung verfügt. Oder gar ein Szenario durch die Wände bis in einen anderen Raum. Kurz: Hier geht es eher um ein zukunftsorientiertes Lebensgefühl. Kein Stress, keine riesigen Finanzsummen, aber großer Lustgewinn.

Hörtest

Alle Textzeilen deuten auf ein klares Ergebnis. Dieser Alva TT V2 ist ein kongenialer Musiker, ein Player, der den Blutdruck in die Höhe presst. Es gibt nichts Schlimmeres als kühle Musik. Toll in diesem Kontext, dass die großen Labels auch ihre Superstars auf Vinyl pressen. Beispielsweise Pink mit ihrem neuen Album „Trustfall“. Der Titelsong ist langweilig und laut. Aber bei „Turbulence“ stellt sich Genie und ein erstaunlich audiophiler Mix ein. Im Zentrum spielt ein Bass mit Plektrum, hell aber in die Tiefe greifend. Natürlich liegt die Singstimme ebenfalls in der stereophonen Mitte, aber zwei Chöre reißen das Panorama auf.

Pink Trustfall Cover
Für eine klassische Pop-Aufnahme erstaunlich audiophil aufgenommen: Pink – Trustfall (Foto: JPC)

Der Alva TT V2 legt sich mächtig in die unteren Mitten oder anders interpretiert – in die höheren Bässe. Das hat eine Kraft, die nach vorn treibt. Ein Sog, wie ihn ideal nur das Vinyl erstehen lässt, selbst ein High-Res-File sieht blass dagegen aus. Die Sauberkeit, der Störabstand zur Rille könnte nicht besser sein – womöglich hatte ich den elliptischen Schliff bislang etwas unterschätzt. Bei „Kids in Love“ gibt es helle Gitarren und einen Tiefbass vom Schlagzeug. Ein starker Mix, den dieser Cambridge stressfrei, aber sehr emotional serviert. Gerade mit der Bass-Drum müssen wir unsere Füße mitschwingen lassen, das wird schon zwanghaft. Wer es nicht fühlt, hat in der Vinyl-Gemeinschaft nichts zu suchen – das ist wirklich ein fettes Pfund, das das Medium ausstrahlt. Der Alva TT V2 liegt nicht nur auf Linie, er groovt ganz tief, verzaubert mit Druck in den Mitten und einer komplett stressfreien Höhe.

Oha, das wird knapp für meinen Linn plus Benz. Hätte ich das vor dem Auspacken gewusst, ich hätte die Finger von dem Cambridge-Paket gelassen, im festen (Irr-)Glauben, ich würde schon das Maximum der audiophilen Vinyl-Freude erreicht haben. Aber dem Alva gelingt alles viel einfacher, entspannter, souveräner.

Gibt es denn keine Pressung, die den aufstrebenden Jüngling in die Schranken weisen könnte? Ah, da habe ich eine Scheibe für den maximalen, dynamischen Push: Herbert von Karajan dirigiert die Wiener Philharmoniker in der ersten Symphonie von Johannes Brahms. Die Decca hat vor über 50 Jahren dieses Zusammentreffen in Wien eingefangen. Keine Angst – es braucht keine lange Suche, die LP ist millionenfach gepresst worden, in den 1980er-Jahren auch als „Große-Komponisten“-Sammlung für kleines Geld. Klingt im Original etwas sperrig, aber gerade aus den 80ern wirklich überragend – einen, zwei Euro beim Händler des Vinyl-Vertrauens wären ein fairer Preis. Nach dieser Aufnahme wurde Karajan anämischer, war mehr auf Panorama bedacht.

Aber bei der Decca durfte er noch auf Hochdruck agieren. Im vierten Satz ist sogar zu vernehmen, wie der Meister vor Anstrengung stöhnt. Laut und deutlich, undenkbar für das spätere Eleganz-Marketing des Klang-Magiers ohne Schweiß und mit geschlossenen Augen. Egal. Das Vinyl ist toll und fordert den Plattenspieler. Es soll glutvoll und zugleich aufgeräumt klingen. Der Alva TT V2 packt mich. Nicht nur an den Ohren, sondern ganz archaisch tief am Zwerchfell. Klasse auch, wie der Cambridge die Staffelung des Orchesters ausstellt. Wieder liegt das Schwergewicht des Klangs in den oberen Bässen, das packt, das bebt, das berauscht im schönsten Sinne.

Fazit Cambridge Audio Alva TT V2

Dieses Paket überzeugt auf voller Linie. Ein sehr gutes Laufwerk, ein erstaunlich gutes High-Output-MC-System, eine sehr brauchbare, integrierte Phonostufe und nicht zu vergessen ein sehr nobles Äußeres, das wie gemacht zu sein scheint, um in modernen Wohnzimmern für vinyle Freude zu sorgen. Da passt der Bluetooth-Sender natürlich perfekt ins Konzept. Hardcore-Highender werden sich womöglich verschreckt abwenden. Moderne Musikfreunde werden dagegen umso erfreuter zugreifen. Zu Recht.

Cambridge Audio Alva TT V2
2023/03
Test-Ergebnis: 4,7
ÜBERRAGEND
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Hochmusikalisch im Zusammenspiel, erstaunlicher Drive
Hochwertig in der Verarbeitung, nobles Äußeres
Alles an Bord: MC-Abtaster, Phonostufe, sogar Bluetooth
Viel Gegenwert fürs Geld

Vertrieb:
Cambridge Audio Deutschland
Telefon: 0410 18099810
www.cambridgeaudio.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Cambridge Audio Alva TT V2: 2.000 Euro

Die technischen Daten

Cambridge Audio Alva TT V2
Konzept:Komplett-Plattenspieler
Antrieb:Direktantrieb, Drehzahlen: 33 + 45 U/min
vormontierter Tonabnehmer:MC, Ausgangsspannung = 2,4 mV
Tonarm:abnehmbares Headshell, nicht höhenverstellbar
Besonderheit 1:Phonostufe, abschaltbar
Besonderheit 2:Bluetooth-Ausgang
Abmessungen (B x H x T):
43,5 x 13,9 x 36,8 cm
Gewicht:
 10,9 Kilo
Alle technischen Daten

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Autor: Andreas Günther

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Der begeisterte Operngänger und Vinyl-Hörer ist so etwas wie die Allzweckwaffe von LowBeats. Er widmet sich allen Gerätearten, recherchiert aber fast noch lieber im Bereich hochwertiger Musikaufnahmen.