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Cambridge Audio AXR100D Front
Der AXR100D ist das Flaggschiff der Cambridge-Audio-Einsteiger-Serie AX. Und wie nicht anders bei CA zu erwarten, bietet der Stereo-Receiver für nicht einmal 600 Euro von fast allem überreichlich... (Foto: H. Biermann)

Test Stereo-Receiver Cambridge Audio AXR100D

Mit der AX-Linie hat Cambridge Audio diverse Volltreffer gelandet. Gleiches gilt für die nächsthöhere CX-Klasse. Doch die Lücke zwischen der AX- und der CX-Serie ist sowohl in Bezug auf Ausstattung, Leistung als auch Geld vergleichsweise groß. Und genau in diese Lücke platzieren die Briten jetzt das Flaggschiff der Einsteiger- (AX-) Serie: den Stereo-Receiver Cambridge Audio AXR100D.

Der Name verrät dabei schon einiges: Er ist ein Receiver (R), soll 100 Watt pro Kanal bringen (100) und hat ein DAB+ Empfangsmodul (D) an Bord. Hinzu kommt das volle Gedeck, das Audio heute so angenehm macht: Bluetooth, 3 Digital-Eingänge, Kopfhörer-Ausgang sowie eine Fernbedienung. Gemessen daran sind die gut 590 Euro, die derzeit für einen AXR100D aufgerufen werden, erstaunlich günstig.

Trotz seiner Bezeichnung erfüllt der Cambridge nicht das Bild moderner Receiver. Die nämlich sind fast alle mehrkanalfähig oder haben zumindest – wie die 2-Kanal-Modelle von Denon, Marantz, Onkyo und Yamaha einen Streaming-Client und das komplexe Bassmanagement der AV-Receiver an Bord. Der Cambridge Receiver ist dagegen einer der mittlerweile ganz seltenen Receiver (also ein Vollverstärker + integriertem Tunerteil) alter Schule: einen Player für Netzwerkmusik oder HDMI-Eingänge sucht man hier vergebens.

Die Sache mit dem Rundfunk-Modul ist allerdings klüger, als es die Zeit vermuten ließe. Obwohl über Streaming-Receiver abertausende von Internet-Stationen zu empfangen wären, sind doch viele Kunden immer novch traditionell bei ihrem regionalen Lieblingssender aus der Region verhaftet. Im Büro oder in der Küche wollen sie einfach nach wie vor klassisches Radio hören. Das DAB+ Modul ist – wie auch das eingebaute Phono-Board – ein sympathischer Blick zurück, den viele Musikfreunde immer wieder werfen.

 

Cambridge Audio AXR100D Front
Äußerlich unauffällig, aber aller drin: Der AXR100D hat die klassischen Abmessungen von
43,0 x 11,0 x 34,0 cm und ein Gewicht von 8,1 Kilo. Den Stereo-Receiver gibt es – wie alle Komponenten der AX Serie – nur in der Farbvariante Lunar Grey (Foto: Cambridge Audio)

Das Konzept des Cambridge Audio AXR100D

Gut klingende Verstärker zu bauen, ist quasi die Kernkompetenz von Cambridge Audio. LowBeats hatte bereits die beiden AXA-Modelle, die beiden CXA-Modelle sowie den großen Edge A im Test und war jedes Mal voll des Lobes. Routinemäßig legen sich die Cambridge-Amps klanglich an die jeweilige Spitze ihrer Klasse, liegen leistungsmäßig dagegen meist am unteren Rand der Mitbewerber.

Das aber gilt nicht für den neuen AXR100D. 2 x 100 Watt (an 8 Ohm) haben ihm die britischen Entwickler in die technischen Daten geschrieben. Damit knüpft der neue Stereo-Receiver ofiziell an das Leistungs-Niveau des CXA81 und des Edge A an. Allerdings, das darf ich hier anmerken, schienen mir die beiden größeren Brüder im direkten Vergleich die 100 Watt doch noch etwas lockerer und müheloser abzuliefern.

Das der AXR100D überhaupt mit so viel Leistung protzen kann, verdankt er einem Trick: Wie auch im kleinen AXA25 sorgen hier ICs (statt der klassischen Transistoren wie im AXA35) für die üppige Kraftentfaltung. Und das kräftige Netzteil garantiert eine hohe Stabilität.

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Cambridge Audio AXR100D ICs
Im AXR100D sorgen ICs für die stattliche Watt-Ausbeute (Foto: H. Biermann)
Cambridge Audio AXR100D Trafo
Der kräftige Trafo sorgt im Zusammenspiel…
Cambridge Audio AXR100D Netzteil-Kondensator
…mit den beiden stattlichen Netzteil-Kondensatoren (je 10.000 μF) für hohe Stabilität bei höheren Pegeln (Foto: H. Biermann)

 

Cambridge Audio AXR100D Lüfter
Sollte es dennoch mal zu hitzig werden, springt der Lüfter an. Sitzt man in direkter Nähe des AXR100D, ist dessen Gebläse durchaus hörbar. Bei den LowBeats Hörtests sprang er allerdings quasi nie an – außer, wir provozierten es (Foto: H. Biermann)
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Jedenfalls bietet der neue Stereo-Receiver so viel stabile Leistung, dass man auch größere Boxen weitgehend ausreizen und größere Räume mit Sound „füllen“ kann. Für alle, die mehr Leistung im Bass brauchen, bietet der AXR100D einen für Subwoofer gefilterten (200 Hz / 12 dB pro Oktave) Ausgang an. Schließt man hier einen der üblichen Aktiv-Subwoofer an, werden im besten Fall (nämlich bei einer Hochpass-Filterung des Signals) die Endstufen im leistungsrelevanten Bassbereich entlastet und sind dann noch leistungsfähiger. Das erfordert im AXR100D aber einige Klimmzüge: Hier würde man sich ein eingebautes Bassmanagment wünschen…

Praxis

Dennoch ist das Quellen-Angebot des AXR100D üppig. Neben drei Digital-Eingängen finden sich vier analoge Eingänge auf der Rückseite. Darunter ein MM-Phono-Eingang, den ich mit der Cambridge Audio Solo verglich; beide sollen nach Aussagen der Briten recht dicht beieinander liegen. Ich würde die externe Phonostufe zwar vorziehen, aber tatsächlich trennen die zwei keine Welten. Die Solo klingt noch etwas offener. Dennoch ist man mit dem integrierten Phono-Board des AXR100D sehr viel besser bedient als mit den meisten „Phono-Dreingaben“ dieser Klasse.

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Cambridge Audio AXR100D Anschluss
3 klassische Analog-Eingänge plus 1 x Phono MM, 3 Digital-Eingänge sowie der Bluetooth-Zugang. Damit kommt man schon recht weit… (Foto: Cambridge Audio)
Cambridge Audio AXR100D Phono-Board
Dsa Phono-Board des AXR100D ist überwiegend mit integrierten Bauteilen aufgebaut. Klanglich muss man sich damit dennoch nicht verstecken (Foto: H. Biermann)
Cambridge Audio AXR100D im Vergleich zum AXA35
Der AXR100D (unten) im Vergleich zum AXA35: sehr viel mehr Platz für Anschlüsse (wie zum Beispiel ein zweites, schaltbares Lautsprecherpaar), aber auch mehr Platz für große Trafos. Gut zu sehen: das Gitter, das den Lüfter schützt (Foto: H. Biermann)
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Das Menue des Receivers ist genauso leicht zu verstehen, wie man es von Komponenten, die eine so breite Käuferschicht ansprechen wollen, erwartet. Über die Kombination aus Menue-Button plus Lautstärke-Regler ist man ratzfatz in allen Ebenen. Die Einstellmöglichkeiten sind überschaubar, aber unter anderem ist eine Anhebung von Bass und Höhen bis +/- 10 dB machbar. LowBeats Autor Stefan Schickedanz bekrittelte in seinem Test des AXR100D in der Audio 10/2020 die recht billig anmutende Plastik-Haptik des Pegel-Reglers. Da hat er Recht. Das könnte man etwas wertiger lösen.

Cambridge Audio AXR100D Display Menue
Nicht sinnvoll, aber möglich: auch die Bässe lassen sich um 10 dB anheben. Das geht aber mächtig auf das Leistungs-Konto; die Endstufe kommt bei so einer Einstellung schnell ins Keuchen (Foto: H. Biermann)

Die Leistungsausbeute des Cambridge Audio AXR100D ist – wie oben schon angedeutet – groß genug, um damit auch größere Lautsprecher anzutreiben. Ein wesentlicher Bestandteil des „Konzepts der hohen Leistung“ ist dabei der vergleichsweise große Lüfter, der loslegt, bevor die Schutzschaltung anschlägt. Der Lüfter ist hörbar, muss aber nicht unbedingt eingreifen.

Mit Lautsprechern, deren Impedanz und Phase weitgehend linar sind und deren Impedanz-Minimum ordnungsgemäß oberhalb der 4-Ohm-Marke verläuft (wie etwa bei den Kompaktboxen Dynaudio Contour 20i und Monitor Audio Bronze 100), habe ich – unabhängig vom Pegel – weder den Lüfter in Gang gesetzt noch die Schutzschaltung ausgelöst. Mit der Standbox Canton A45, die elektrisch recht anspruchsvoll ist, sah das anders aus.

Hier sollte der Musikfreund also etwas Sorgfalt walten lassen und sich gründlich über das elektrische Verhalten seiner Lautsprecher informieren. Die Dynaudio ist natürlich deutlich zu teuer für den preiswerten Stereo-Receiver. Die Monitor Audio Bronze 100 dagegen ist mit ihrer Tonalität und ihrem quirligen Charakter fast so etwas wie die ideale Ergänzung. Ein klarer Kombi-Tipp.

Hörtest

Dennoch liefen die meisten Hörtests an der neuen Dynaudio Contour 20i, die mehr noch als ihre Vorgängerin eine Ausgeburt an Natürlichkeit, Neutralität und Spielfreude ist. Ein genialer Lautsprecher, der in Räumen bis 25 Quadratmeter fast alles zeigt. An ihm klang der Cambridge wunderbar ausgewogen, druckvoll im Bass und sehr unaufgeregt. Die Abbildung der Klangbühne gelang ihm recht tief, Männerstimmen und Celli klangen ansprechend sonor.

Doch ein Vergleich mit dem großen Bruder zeigte: es geht noch mehr. Der CXA61 brachte mehr Offenheit und Spielfreude ins Geschehen. Der Schlag auf die Snaredrum hatte mehr Nachdruck, Fell und Tommele schwangen hörbar nach. Es schien, als hätte der CXA61 mehr Lust zum Musizieren.

Kompaktbox Dynaudio Contour 20i im Test
Drei Amps, eine Familie: Cambridge Audio AXR100D (unten) gegen CXA61 (Mitte) und AXA35 an der Dynaudio Contour 20i (Foto: H. Biermann)

Pech für den AXR100D: Bei kleineren Jazz- oder Klassik-Besetzungen klang auch der kleine Bruder AXA35 etwas frischer und lebendiger, in den Mitten freier. Es ist immer wieder erstaunlich, wie gut dieser kleine Vollverstärker für gerade einmal 350 Euro klingt. Allerdings gilt das nur für moderate Pegel. Änderten wir das Programm (Elektropop) und die Lautstärke (hoch), blieb der CXA61 immer noch vorn. Aber im Vergleich zum AXA35 schlug das Pendel jetzt eindeutig zu Gunsten des AXR100D aus.

Bei Underworlds Beaucoup Fish hatten die elektronischen Bässe deutlich mehr Tiefgang, mehr Druck und letztendlich war auch die Dynamik über den Receiver höher; er hat einfach mehr Reserven. Dsa machte sich auch bei großen Orchester-Aufnahmen deutlich: Bei höheren Pegeln bewies er einfach mehr Übersicht, die Wiedergabe blieb angenehm unaufgeregt.

Kompaktbox Monitor Audio Bronze 100 im Test
Eine fast perfekte Box für den AXR100D: Die Monitor Audio Bronze 100 ist bassstark, spielt offen in den Mitten und ist elektrisch weitgehend anspruchslos. Und das Schönste: ein Paar kostet gerade einmal 455 Euro (Foto: H. Biermann)

Und auch der Quercheck zum Vollverstärker Exposure 1010S2 rückte den AXR100D wieder ins rechte Licht. Der Cambridge geriet zwar auch gegen den (ebenfalls britischen) Exposure im Hintertreffen, aber nur ganz leicht. Beide haben eine wunderbar sonore und freundliche Form der Wiedergabe, die ermüdungsfreies Hören über Stunden ermöglicht.

Fazit Cambridge Audio AXR100D

Ich musste nach diesem Test mal wieder die Scheuklappen hochklappen. Klar: Der kleine AXA35 ist der besser klingende Verstärker; dafür gebührt ihm jeglicher Applaus. Aber er ist ein Spezialist und letztendlich nur für jene die bessere Wahl, die in kleineren Räumen vornehmlich mit analogen Quellen hören und nicht viel Geld ausgeben wollen. Für die meisten anderen Anwendungen aber ist der AXR100D das bessere, weil deutlich vielseitigere Angebot.

Und das liegt beileibe nicht nur an seiner stattlichen Leistung, die ihn in die Lage versetzt, auch größere Räume zu bespielen. Vor allem der eingebauten DA/Wandler, das DAB+ Tuner-Modul sowie der Bluetooth-Eingang eröffnen dem User sehr viel mehr Möglichkeiten, Musik zu hören. Betrachtet man den AXR100D wertfrei (ohne den Vergleich zum Ausnahme-Amp AXA35), zeigt sich hier ein pralles Angebot, was man in dieser Form nur noch sehr selten findet. Es ist adressiert an Menschen, die einfach nur möglichst unkompliziert gute Musik hören und dafür möglichst wenig Geld ausgeben wollen. Eigentlich eine Weltformel.

Cambridge Audio AXR100D
2020/09
Test-Ergebnis: 4,2
SEHR GUT
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Ausgewogen-neutraler, musikalischer Klang
 Integrierte MM-Phonostufe, Bluetooth-Eingang
Hohes Leistungs-Niveau
Exzellente Preis/Gegenwert-Relation

Vertrieb:
Cambridge Audio Deutschland
Telefon: 0410 18099810
www.cambridgeaudio.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Cambridge Audio AXR100D: 590 Euro


Mit- und Gegenspieler:

Erster Test Dynaudio Contour 20i: die Messlatte noch höher gelegt
Erster Test: Kompaktbox Monitor Audio Bronze 100
Test Exposure 1010 S2: Feinster Klang für 650 Euro

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.