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Rega Elicit MK 5 Volume
Den Rega Elicit gibt es aktuell in der 5. Generation. Er kostet nun 2.600 Euro – und ist jeden Cent wert (Foto: Rega)

Test Vollverstärker Rega Elicit Mk5: der perfekte Flow

Regas gehobener Vollverstärker Elicit geht in die fünfte Generation. Die bringt mehr Power und mehr Ausstattung, vor allem aber so feinen, natürlichen Klang, dass man meint, mit dem Rega Elicit MK5 eine Röhre vor sich zu haben – ohne deren Nachteile. Rega Gründer Roy Gandy hatte immer schon ein glückliches Händchen damit, HiFi-Komponenten ganz besonders natürlich klingen zu lassen. Und der Elicit Mk5 ist sozusagen das Paradebeispiel.

Roy Gandi, Paula Knorrn,. Phil Budd
Neulich bei Regas: Roy Gandy (links) Paula Knorn vom Deutschland-Vertrieb TAD und Rega CEO Phil Freemann (Foto: B. Rietschel)

Regas Einstiegs-Klangwunder wie der Planar 1, der Vollverstärker Io oder der Lautsprecher Kyte sind Resultate konsequenter Material- und Bauzeitminimierung: Unermüdlich forschen und tüfteln die Entwickler in Southend-on-Sea an Wegen, ihre längst legendären, erschwinglichen Angebote noch effizienter zu bauen, noch günstiger anbieten zu können. Wie bekommen wir die Lager unseres kleinen Tonarms RB-110 noch schneller montiert, ohne dessen preisbezogen verblüffende Spielfreiheit aufs, äh, Spiel zu setzen? Mit neuen Polymer-Kugellagern des Kölner Herstellers Igus. Wie packen wir den Klang unserer Kompaktbox RX-1 in einen 40% günstigeren Nachfolger? Indem wir die inzwischen fast unbezahlbaren Holzgehäuse durch bessere, leichtere und in großen Stückzahlen auch billigere Gusswannen aus knochenhartem Phenolharz ersetzen. Und wie lässt sich passend dazu der eh schon kompakte und günstige Vollverstärker Brio ohne Klangeinbußen um weitere 40% schrumpfen? Da kommt Ashton „The American“ Wagner ins Spiel, den seine Liebe zu analogem Schaltungsdesign nach dem Uniabschluss zu Rega brachte. Für den Io, den wir damals nach dem Test  nur extrem widerwillig wieder hergaben, entwarf er ein so dichtes Schaltungslayout, dass man vor Bauteilen die Leiterplatte kaum noch sieht.

Rega Elicit MK 5 Material
Präzisionsarbeit: Spaltmaß-Fetischisten hatten früher keine Freude an den Amps aus Southend-On-Sea. Das hat sich mit modernen Fertigungstechniken und akribischer Qualitätskontrolle inzwischen geändert: Am Elicit Mk5 schleift, wackelt und klafft nichts (Foto: Rega)

Die Besonderheiten des Rega Elicit Mk5

Beim Elicit Mk5 war die Herausforderung eine andere: Platz und Budget sind hier für Rega-Verhältnisse schon geradezu im Überfluss vorhanden. Aber es gilt einen prominenten Vorgänger signifikant zu verbessern, den Elicit-R. Das ist gelungen: Der Mk5 kann mehr und klingt noch besser als der R. Nach fast 30 Jahren Elicit-Historie und vier vergangenen Generationen ist der Sprung erstaunlich deutlich.

Ashton Wagner
Vom Kunden zum Entwickler: Ashton Wagner hörte schon während seines Elektrotechnik-Studiums mit einer Rega-Anlage. Die beeindruckte ihn so, dass er sich kurzerhand im fernen England bewarb (Foto: B. Rietschel)

Die Hauptverantwortlichen haben auf der Platine des Verstärkers ihre Signatur hinterlassen: Wie sein Mentor Terry Bateman, Regas öffentlichkeitsscheues Chefentwickler-Genie, hinterlässt auch Wagner im Bauteilkürzel-Wirrwar des Platinenaufdrucks ein Siegel aus seinen Initialen. So finden sich auf dem großen Mainboard des Elicit Mk5 sowohl Batemans „TB“ als auch Wagners „AW“ – und zusätzlich, wie auf allen modernen Rega-Boards, eine versteckte Message. In diesem Fall ein Dylan-Zitat: The Times They Are a-Changin‘.

Einer der ganz großen Protestsongs aus Bob Dylans Feder. Was Terry Bateman bewog, dem Elicit diesen Titel quasi als Widmung mitzugeben, wissen wir nicht sicher. Vielleicht einfach die Tatsache, dass der Elicit Mk5 als erster und einziger Rega-Amp auch digitale Eingänge mitbringt. Und was für welche: Zwar beschränkt sich die Auswahl auf das klassische Duett aus TOSLink-Lichtleitereingang und elektrischer S/PDIF-Koaxbuchse.

Rega Elicit MK 5 The Times
Zeitenwende: Wenn ein zuvor rein analoger Vollverstärker nun einen DAC mit einer so prachtvollen Ausgangsstufe mitbringt, sind die Times zweifellos auch in der HiFi-Welt a-Changin‘ (Foto: B. Rietschel)

Dahinter aber hat Ashton Wagner nicht einfach irgendeinen Alibiwandler implementiert, sondern eine Economy-Version des fantastischen Rega DAC. Und zwar inclusive einer luxuriösen, diskret aufgebauten Ausgangsstufe, die den verwendeten Wolfson-Wandlerchip WM8742 zu Höchstleistungen animiert. Der Rega DAC hatte einen wunderbar konkreten, griffig-präsenten Klang, der selbst teure Mitbewerber mit angesagten und teuren Modechips im Vergleich seifig-strukturschwach und pompös-pomadig wirken ließ.

Seine Doppelbestückung mit zwei WM8742 im differentiellen Monobetrieb wäre für den Elicit dann aber doch übertrieben gewesen. Wer diese maximale Digitalpracht braucht, samt dem hier fehlenden USB-Eingang sowie einem erstklassigen Toplader-CD-Laufwerk, greift zum Saturn Mk3, dem Playergefährten des Elicit.

Rega Elicit MK 5 DAC
DAC Deluxe: Mit großem Pulstrafo zur Entkopplung des Koax-Eingangs und dem renommierten Wolfson-Chipsatz aus WM8805 (Eingangsreceiver) und WM8742 (D/A-Wandler) setzt sich die Digitalabteilung des Elicit von Convenience-Dutzendware ab (Foto: B. Rietschel)

Klanglich schafft es der Onboard-DAC aber auch mit „nur“ einem Wolfson-Chip immer noch, meinen Linn Sneaky Music DS beim Vergleich Digital- gegen Analoganschluss zu distanzieren. Das ist dann doch überraschend. Erstens, weil der Linn-Streamer aus dem Jahr 2008 generell nur schwer zu schlagen ist. Zweitens, weil Daten geräteintern präziser und taktstabiler übertragen werden können als über die hier verfügbaren Digitalschnittstellen der CD-Ära. Was dem DAC im Sneaky mithin einen Heimvorteil verschafft. Und drittens, weil es sich bei diesem DAC um einen WM8740 handelt, einem technisch verwandten Vorläufer des 8742 aus der Zeit, als Wolfson noch ein schottischer Independent-Chipspezialist war und nicht eine zugekaufte Abteilung des Halbleiterriesen Cirrus Logic.

Gehörmäßig dominieren die Gemeinsamkeiten: Der klare, strukturierte Klang des Sneaky bleibt auch bei digitalem Transfer zum Rega erhalten, wo ja ein ganz ähnlicher Wandler werkelt. An den Enden des Frequenzspektrums wirkt der Klang via Elicit-DAC aber tatsächlich moderner, ausgedehnter und großzügiger als der Feed aus den Sneaky-Analogausgängen. Ein beachtliches Resultat, das mich im Hörtest selbst überraschte. Digital-Inputs an Vollverstärkern sind heute fast Standard, Sie werden aber meist einfach als weiteres Feature behandelt und zum Beispiel mit einem kleinen Zukaufplatinchen realisiert. Eine so ernsthafte, tief im Mainboard des Wirtsverstärkers verwurzelte Umsetzung wie im neuen Elicit erfahren sie meist nicht.

Rega-typisch gibt es auch im Elicit MK5 eine gemeinsame Platine für alle Verstärkerstufen, mit einem großen Ausschnitt in der Mitte, in dem der Trafo thront. Hier ist es ein wuchtiger Ringkern-Umspanner aus englischer Produktion. Made in UK ist auch das hochpräzise Alu-Stranggussprofil, das dem Elicit als rechte und linke Gehäusewange dient, oben verschlossen durch eine drei Millimeter starke und alleine schon fünf Pfund schwere Stahlplatte.

Rega Elicit MK 5 Ringkern
Bestens versorgt: Der große Ringkerntrafo des Elicit Mk5 wird in England gewickelt und bietet separate Sekundärwicklungen für Endstufe, digitale und analoge Vorarbeiter (Foto: Rega)

Tester und Techniker lieben diese Bauweise, weil sie den Amp nach Lösen von nur sechs knackigen M4-Inbusschrauben, die alle von oben zugänglich sind, öffnen und von innen besichtigen können. Kein Gefummel von unten, hinten oder der Seite – der Elicit Mk5 bleibt einfach auf seinem Rackplatz sitzen und könnte theoretisch sogar offen weiterspielen. Auch der Boden des Gehäuses ist aus dickwandigem Stahl, womit der Elicit nicht nur von oben, sondern auch von unten wirksam gegen externe Störfelder geschützt ist. Man könnte den Amp also wohl auch direkt auf einen CD-Spieler stellen, ohne unschöne Einstreuungen befürchten zu müssen. Was „draußen“ trotz eindringlicher Testerwarnungen vor klanglichem Unbill ja dann doch gern gemacht wird, auch wenn Regas eigene Spieler diese Aufstellvariante mit ihren Ladeluken im Deckel wirksam unterbinden.

Obendrauf auf den Elicit Mk5 würde ich allerdings auch nichts stellen. Denn der englische Amp wird heiß. Nicht so heiß, dass man angesichts steigender Strompreise gleich nervös werden muss. Es ist eher eine vielversprechende Ernsthaftigkeit, die da thermisch signalisiert wird: Hier fließen höhere Ruheströme als unbedingt nötig, um die bei Gegentaktverstärkern stets drohenden Übernahmeverzerrungen so weit wie möglich an ihrer Entstehung zu hindern.

Die technische Realität ist aber viel raffinierter und zugleich effizienter: Terry Batemans Endstufenschaltung, die in skalierter Form auch zum Beispiel in den Einstiegs-Klangwundern Brio und Io steckt, verhält sich bei moderaten Ruheströmen verzerrungstechnisch bereits wie ein kompromissloser Class-A-Amp. Die Grundidee dazu wurde von John Linsley-Hood schon 1969 erstmals publiziert. Die damals verfügbaren Bauteile sorgten bei frühen Umsetzungen aber für einen deutlichen Abstand zwischen Theorie und Praxis. Batemans moderne Interpretation nutzt Darlington-Transistoren, die Linsley-Hood in einer späteren Arbeit ebenfalls vorschlug. Die modernen Bauteile von Sanken, wie Rega sie verwendet, gab es damals noch nicht. Sie eignen sich mit ihren integrierten Temperaturfühlern ideal für Batemans virtuelle Class-A-Schaltung, die folglich tatsächlich überragend funktioniert.

Rega Elicit MK 5 Endstufe
Kompakte Kraft: Der Elicit ist der größte Rega-Amp, der noch mit nur einem Paar Ausgangstransistoren pro Kanal auskommt. Die beiden Leistungshalbleiter – hier die des linken Kanals – werden mit Stahlfedern an die Alu-Gehäusewand (ganz oben im Bild) gepresst. Als Darlington-Typen bestehen sie intern aus jeweils zwei Transistoren in Emitterfolger-Anordnung (Foto: B. Rietschel)

Das ist messbar, noch leichter, aber hörbar und beim Vorgänger Elicit-R (der praktisch die gleiche Endstufe verwendet) sogar mit einer Art Metastudie zu erahnen. Dazu legt man alle Hörtest-Beschreibungen des zahllose Male getesteten Verstärkers quasi übereinander. Dabei würde man feststellen, dass der Amp ziemlich genau gleich oft als „warm“ und als „leicht hell“ beschrieben wird. Ich bin mir sicher, dass alle Kollegen mit ihren Einschätzungen recht haben. Was sie beschrieben, ist aber nicht der Klangbeitrag des Verstärkers, sondern eine entsprechende Ausprägung der Quelle, die ihnen bislang verborgen geblieben war.

Das Klang-Chamäleon

Mit dem Rega Elicit Mk5 hatte ich genau dasselbe weite Spektrum von warm-dunkler Romantik bis zu blitzend-metallischer Kühle, das mir beim Stöbern im Internet zunächst wie ein Widerspruch vorkam. Ich hatte beim aktuellen Elicit aber das Glück, den Amp recht lange benutzen zu können. Da ich seine tonale Offenheit und hohe Dynamik auf Anhieb mochte, nutzte ich ihn auch als Line-Verstärker für etliche parallellaufende Tests von Plattenspielern, Tonabnehmern und Phono-Vorverstärkern. Wenn Klang-Charakteristika vorangehender Komponenten so deutlich und mit einer so großen Spannweite zum Vorschein kommen wie hier, dann ist das ein untrügliches Zeichen für einen überragenden Verstärker. Dessen eigener Charakter eben nicht hell oder dunkel ist, sondern im besten Sinne transparent.

Klar: Als ich den neuen Transrotor Max Nero darüber hörte, mit Rega RB-880, Transrotor Merlo und dem Rega Fono MC Mk4 als Phonoteil, war ich begeistert von der raketenschnellen Hochtonauflösung dieser Kombination, die sich über vermeintlich vinylbedingte Dynamikgrenzen provozierend lässig hinwegsetzte. Mit obiger Kombo als einzigem Spieler hätte der Elicit womöglich heller gewirkt als ein Vergleichs-Amp.

Aber nicht, weil Rega irgendwas dazuerfindet, sondern weil der andere Amp die üppig sprühenden Hochton-Quecksilberperlen mit ein paar Schmutzkrümeln kontaminiert. Und ihnen damit den ganz konsequenten Glanz raubt. Woher ich das weiß? Ich habe zumindest den starken Verdacht. Weil ganz andere Spieler sich mit der gleichen Eindeutigkeit am anderen Ende des Spektrums positionierten: Mein Linn LP12 mit Ekos 1 etwa, dem ich mal wieder ein Denon DL-103 eingebaut hatte, weil ein Leser sich fragte, ob und wie das überhaupt geht. Der Ekos, muss man dazu wissen, hat ein sehr knapp geschneidertes Headshell, das mit sperrigen Systemen wie dem Denon ein Frustgarant ist. Mit korrekt gebogenen, penibel gerouteten Headshell-Käbelchen (die bei dieser Prozedur gerne auch mal abbrechen, weshalb man stets einige der teuren Originale als Reserve bereithalten sollte) passt das japanische Radiosystem aber perfekt in den schottischen Arm und sieht darin bombastisch gut aus.

Damit es nicht zu hübsch wird, klebe ich eine 5-Cent-Münze mit Fotoknete aufs Headshell, weil der lediglich mittelschwere Ekos für das harte 103 etwas zusätzliche Masse braucht. Und dann kann man prima nachhören, warum ein bald 60 Jahre altes MC-Baumuster mit Old-School-Rundnadel auch heute noch so heiß geliebt wird.

Rega Elicit MK 5 Vorstufe
Jetzt hat man so viel Platz, und dann wird‘s doch wieder knapp: Die diskrete, mit JFETs aufgebaute Vorstufe hat der Elicit von seinem großen Bruder Aethos geerbt. Sie ist entscheidend für den verblüffend feinen, natürlichen Klang des neuen Amps verantwortlich (Foto: B. Rietschel)

Dass der Rega Elicit Mk5 so gut klingt, hat aber nicht nur mit seiner Endstufe zu tun, sondern fraglos auch mit der Vorstufe. Die hat der Amp weitgehend unverändert von seinem großen Bruder Aethos geerbt, und es handelt sich dabei um deutlich mehr als die probate Kombination „OP-Amp plus PGA-Lautstärkeregelchip“. Rega ist von den integrierten Widerstandsnetzwerken offenbar wieder abgekommen und setzt – selbst beim kleinsten Modell Io – inzwischen wieder voll auf Motorpotis. Die sind gar nicht mehr leicht zu kriegen und in den letzten Jahren auch nicht eben billiger geworden.

Die Entscheidung muss also gute klangliche Gründe haben, denn einfach zur Show tut bei Rega, wo noch nie auch nur ein Prospekt gedruckt wurde, niemand irgendwas. Also: laut und leise macht das bewährte schwarze ALPS-Potentiometer, das man via IR-Remote oder wahlweise am großen, flachen Alu-Sombrero an der Frontplatte kontrolliert. Eine glänzende Kerbe in der Aluhut-Krempe verrät die aktuelle Reglerstellung, die ruhig etwas besser erkennbar sein dürfte. Einen Leuchtindikator hätten wir gut gefunden, aber den hat generell kein Rega-Amp.

Noch schwerer zu identifizieren ist der gerade gewählte Eingang, der als winzige rote Leuchtziffer irgendwo in der großen schwarzen Displayscheibe erscheint. Von 1 bis 5 reichen die Input-Nummern, es folgen D1 und D2 für die Digitaleingänge. Was immer davon ausgewählt ist, liegt dann nicht nur an den Lautsprecherausgängen, sondern auch an einem vollwertigen Aufnahmeausgang, an der Kopfhörerbuchse sowie – mit variablem Pegel – an einem Paar Pre Outs an. Ein zusätzlicher „Record In“ erfreut Tapedeck-Besitzer: Er wird über eine separate Taste aufgerufen, aber anders als die sonstigen Eingänge nicht an den Aufnahmeausgang weitergeleitet, der folglich weiterhin die zuvor gewählte Quelle ausgibt.

Rega Elicit MK 5 Anschluss
Der Elicit Mk5 verfügt über fünf Hochpegeleingänge, einen Phono-Input sowie einen Endstufen-Direkteingang. Aufnahme- und Vorstufenausgänge sind ebenso vorhanden, zuzüglich eines Festpegel-Ausgangs. Ein optischer und ein Koax-Digitaleingang empfangen Datenströme bis 192 kHz Samplingrate (Foto: Rega)

Keine Angst: Verstehen muss man das nur als Nutzer*in eines Tapedecks oder einer Bandmaschine mit Hinterbandkontrolle. Ansonsten wird der Record In einfach zum zusätzlichen Hochpegeleingang. Ein weiteres Special-Interest-Feature ist der Direct In, der das anliegende Signal unter Umgehung der Lautstärkeregelung zur Endstufe durchschleust. Sinnvoll ist das, wenn der Elicit mit einem Heimkino-Receiver kooperieren soll: Der Elicit spielt dann auf Knopfdruck Endstufe für die Hauptlautsprecher und ordnet sich der Regelung des Surround-Prozessors unter.

Was aus audiophiler Sicht natürlich fast schade wäre, denn die Vorstufe des Elicit Mk5 verstärkt liebevoll mit feinen Doppel-JFETs (LSK389 von Linear Systems) und wuchtigen Ausgangs-Transistorpaaren die nicht nur mit der internen Endstufe, sondern auch mit eventuell zusätzlich angehängten Lasten am Pre Out spielend zurechtkommen.

Nicht ganz so verschwenderisch ist schließlich der Phonoeingang aufgebaut. Er entspricht weitgehend dem bewährten, IC-basierten Phonoteil in den kleineren Rega-Amps, was angesichts dessen exzellenter Qualität erstmal kein Fehler ist. Um die Qualität des Elicit voll auszunutzen, greift man für Phono aber zu aufwändigeren Lösungen: Schon die beiden erschwinglichen Fono-Modelle – eines für MM, eines für MC – erwecken den Elicit ganz anders zum Leben als das der integrierte Phonozweig je könnte.

Im Hörtest verwendeten wir dann auch den Fono MC als wunderbar harmonierende externe Lösung, die gar nicht so leicht zu übertreffen war. Erst wirklich deutlich teurere Phono-Preamps wie der Luxman E-250 konnten neben besserem Rauschabstand auch reichere Farben, weiteren Raum und präziseren Bass beitragen. Als Analog-Zuspieler dienten der Rega Planar 3 mit dem hauseigenen MC-System Ania, besagter Transrotor Max Nero, mein LP12 sowie diverse Gastspieler, die gerade zum Test da waren.

Wichtig in Verstärkertests ist natürlich der verwendete Lautsprecher. Bei mir waren das hauptsächlich meine Tannoy Legacy Eaton, und die habe ich tatsächlich selten so gut, breitbandig, dynamisch und vollständig spielen gehört wie mit dem Elicit Mk5. Die Tannoys haben auf dem Papier guten Wirkungsgrad und eine eher hohe Impedanz. Sie sind aber staubtrocken im Stil eines Studiomonitors abgestimmt und können rücksichtslos nerven, wenn irgendwas stromaufwärts nicht stimmt.

Bei Radioheads 2007er Album „In Rainbows“ (auf dem Linn mit einem günsigen Audio-Technica VM95ML abgetastet) stimmt aufnahmeseitig schon mal alles. Der Track „Reckoner“ von der B-Seite klingt dabei über die Tannoys schon irritierend radikal: ultraweit nach rechts und links aufgefächert die Percussion, in der Mitte anfangs fast ein Vakuum, das an den Ohren saugt, bis Thom Yorkes Stimme, Gitarre, dies und das mehr und schließlich ein ganzes Streicherensemble den Raum zwischen den Boxen auffüllen. „Spektakulär“ wäre untertrieben, und der Elicit lässt die Hi-Hats und Becken ungebremst aufbrausen, schlägt den Sänger gleich darauf in Seide ein und zeichnet das Orchester am Schluss so fein nach, dass ein eigenartiger „Raum im Raum“-Effekt entsteht, der die Streicher samt des umgebenden Studios mitten in die anfangs aufgeblasene Klangkugel projiziert.

Radiohead „In Rainbows“
Teilweise extrem aufgenommen: „In Rainbows“ von Radiohead (Cover: Qobuz)

Der Elicit schafft ein Kunststück, das erstmal banal klingt, aber nur ganz wenigen Verstärkern gelingt: Er lässt gleichzeitige Schallereignisse völlig voneinander unbeeinflusst erscheinen. Eine Gitarre und eine Stimme, ein Chor aus mehreren Sängerinnen, die Töne eines Klavierakkords oder auch die Harfe, mit der sich Joanna Newsom auf „The Milk-Eyed Mender“ begleitet: Der Rega macht den Klang transparent, erlaubt der Aufmerksamkeit, ganz unangestrengt zwischen den Instrumenten, Stimmen oder Saiten hin und her zu wandern. Der reine, feine Flow im Hochton, der diese Fülle an Farben und Strukturen erst ermöglicht, erinnert an nicht gegengekoppelte Eintakt-Triodenverstärker, kommt aber ohne die dort üblichen Einschränkungen bei Leistung und Lautsprecherauswahl.

Mit „Superstar“ vom mächtigen neuen Beach-House-Album „Once Twice Melody“ zeigt der Rega dann auch seine wenigen angreifbaren Stellen – allerdings nur, wenn man Amp-Boliden wie den Supravox Vouvray auffährt. Der fast doppelt so schwere, in China gebaute und in Frankreich entwickelte Röhrenhybrid überredet die 25er-Tieftöner der Tannoy zu noch beherzterem Pulsieren, was den Infraschall-Groove des Stücks noch eindrücklicher und plastischer in den Hörraum marschieren lässt.

Ich bin mir gar nicht sicher, ob überhaupt jede/r die heiklen Parts dieses Stücks registriert hat: Mit der zweiten Strophe hebt die Band unter dem 4/4-Pochen der Bassdrum eine Art Subbass-Untergeschoss aus, das sich bei vielen Lautsprechern gar nicht mehr im Übertragungsbereich befindet. Bei korrekter Wiedergabe bekommt das Stück damit aber eine unerwartete Wucht und Weite. Das kann man zumindest an der per se recht schlanken Tannoy klar als Einschränkung verbuchen: Ganz, ganz unten geht dem (mit 105 Watt pro Kanal nominell sehr kräftigen) Engländer etwas früher als nötig die Autorität flöten. Alex Scallys und Victoria Legrands Stimmen dagegen versöhnen schnell wieder mit dem Elicit, der sie reiner und fast engelsgleich im Scheinwerferlicht dieses musikalischen Road Movie schweben lässt.

Johnny Cash
Das allerletzte Album des großen Johnny Cash: das posthum veröffentlichte „American V: A Hundred Highways“ (Cover: Qobuz)

Die feinfühlige, dabei dennoch großformatige Wiedergabe des Elicit Mk5 beeindruckt immer dann besonders, wenn tonaler Überschwang, dick aufgetragener Oberbass und sonstige Kosmetik nicht mehr weiterhelfen. Bei Johnny Cashs letzten Aufnahmen zum Beispiel, die Produzent und Freund Rick Rubin nach dem Tod des Countrytitanen als „American V: A Hundred Highways“ veröffentlichte. Mit dem Rega ist das eine fast schon schmerzhafte Erfahrung, weil man so klar hört, wie machtlos die posthum aufgenommene Begleitung trotz hochkarätiger Musiker und professioneller Produktion bleibt: Die Gesangsspuren, die Cash während seiner letzten Studiotage meist alleine aufnahm, kommen via Rega klar hör- und spürbar aus einer anderen Dimension, die selbst höchste Tonmeisterkunst nur noch oberflächlich in diesseitige Arrangements integrieren konnte. Mit minderen Amps klappt die Illusion besser (es folgten auch noch etliche weitere Platten). Die Ehrlichkeit des Rega können sich aber nur die allerbesten Verstärker leisten.

Fazit: Rega Elicit Mk5

Regas kleinere Amps bestechen mit Dynamik und Lebendigkeit. Der Elicit Mk5 baut auf dieser Basis auf, verschenkt keine Unze Spielfreude und krönt den Klang mit einem völlig freien, ungetrübten Mittelhochton, dessen hoch agile, zugleich völlig unaufdringliche Transparenz Assoziationen zu Eintakt-Trioden weckt. Ein hoch musikalischer, absolut alltagstauglicher Verstärker, dank exzellentem DAC nicht nur für Analogspezialisten eine dringende Empfehlung.

Rega Elicit MK5
2022/09
Test-Ergebnis: 4,6
ÜBERRAGEND
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Unglaublich feiner, ungebremst ehrlicher Klang
Exzellenter D/A-Wandler, der mehr als nur ein Komfort-Feature ist
Ausreichend Leistung für nahezu alle Lautsprecher
DAC hat keinen USB-Eingang

Vertrieb:
TAD Audio Vertriebs GmbH
Rosenheimer Straße 33
83229 Aschau
www.tad-audiovertrieb.de

Preis (Hersteller-Empfehlung):
Rega Elicit MK5: 2.600 Euro

Die technischen Daten

Rega Elicit MK5
Technisches Konzept:Transistor-Vollverstärker mit DAC
Eingänge analog:4 x Line- / Hochpegel, 1 x Phono MM
Eingänge digital:1 x optisch und 1 x koaxial, bis 24 bit / 192 kHz
Ausgänge:1 x Tape, 1 x Vorstufe
Leistung:2 x 105 / 2 x 162 Watt (8 / 4 Ohm)
Besonderheit:
Direct Eingang für die Integration in AV Systeme
Abmessungen B x H x T:43,2 x 8,2 x 34,0 cm
Gewicht:12,5 Kilo
Alle technischen Daten
Mit- und Gegenspieler:

Test Hybrid-Vollverstärker Supravox Vouvray
Test Phonostufe Luxman E-250: Samt und Seide
Test Plattenspieler Transrotor Max Nero 2022 mit RB880 und Merlo

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Autor: Bernhard Rietschel

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Bernhard Rietschel ist gelebte HiFi-Kompetenz. Sein Urteil zu allen Geräten ist geprägt von enormer Kenntnis, doch beim Analogen macht ihm erst recht niemand etwas vor: mehr Analog-Laufwerke, Tonarme und Tonabnehmer hat keiner gehört.