Die Norddeutschen HiFi Tage 2017: erneuter Besucher- und Aussteller-Rekord
Weltpremieren von Sonus Faber, Lyravox und Luxman
Erstmals war auch die High End Society als Workshop-Partner mit an Bord
Da passte irgendwie alles: Das Wetter, die Stimmung, die Vielzahl der Produkte. Als die Messeleiterin Yvonne Borchter-Lima am Ende der Norddeutschen HiFi Tage 2017 ihren Kassensturz machte, standen knapp 5.000 Besucher auf den Zetteln. Diese Zahl ist zwar durch keine maschinelle Zählung gestützt, aber jeder der Besucher wird bestätigen: so voll war es noch nie.
Und es wurde auch noch nie so viel geboten. Nicht nur, dass ja im Vergleich zum Vorjahr gleich 26 Zimmer hinzukamen: Die Norddeutschen HiFi Tage 2017 hatten erstmals auch namhafte Weltpremieren zu bieten – ebenfalls ein Zeichen dafür, dass sich diese Messe als fester Punkt auf dem bundesdeutschen Messekalender manifestiert hat.
Zwei der Weltpremieren empfingen den Besucher gleich in der Eingangshalle. Es waren das kleinste und das größte Modell der brandneuen “Hommage Tradition Serie” von Sonus faber. Die große Standbox Amati Tradition und die Kompaktbox Guarneri Tradition sind natürlich perfekt verarbeitet und mit dem aufwändigen Resonanz-Ableitungssystem der Sonus faber Flaggschiff-Modelle ausgestattet.
Gleich über den beiden Sonus faber hing ein Plakat, das den geneigten Besucher umgehend zur nächsten Weltneuheit führte: Lyravox, der exklusive Hersteller von noch exklusiveren Soundbars, demonstrierte den Besuchern der Norddeutschen HiFi Tage 2017, dass er auch die Kunst des klassischen Lautsprechers beherrscht.
Doch so klassisch wie auf den ersten Blick, sind die Lyravox Modelle gar nicht: Sowohl bei der größere “Karl” auch auch bei der kleineren “Karlotta” handelt es sich um Aktivlautsprecher, bei denen jeweils der rechte Lautsprecher die Endstufen- und Prozessorelektronik, die linke dagegen einen Subwoofer eingebaut hat.
Auch der MAX2 von Unison Research feierte so etwas wie seine Weltpremiere. Von diesem Lautsprecher wird zwar gefühlt schon seit vielen Monaten gesprochen, leibhaftig gehört hatten ihn wohl bislang nur die Wenigsten.
Nun, die Norddeutschen HiFi Tage 2017 schmückte auch ein Paar MAX2 und ganz im Gegensatz zu seinem rustikalen Äußeren spielte der auf Röhrenverstärker optimierte Hochwirkungsgrad-Lautsprecher wunderbar locker, fein-ausgewogen und auch bei kleinen Pegeln sehr druckvoll. In jedem Fall absolut vielversprechend…
Und auch der brandneue Vintage-Amp LX-380 von Luxman feierte auf den Norddeutschen HiFi Tagen 2017 seinen ersten Auftritt. Der Röhren-Vollverstärker sieht aus wie den 1970er Jahren entsprungen, hat aber modernste Technik an Bord.
Und er wird zu sehr modernen Preisen gehandelt: Knapp unter 7.000 Euro kostet der LX-380 (Vertrieb: IAD Audio). Aber er sieht ja auch wirklich rattenscharf aus…
Und dann gab es noch eine ganze Phalanx, die dem Attribut “Weltneuheit” vielleicht nicht standhalten, aber trotzdem sehr neu waren. Technics beispielsweise hatte direkt von der CES den neuen, direkt angetriebenen Plattenspieler 1200G. Zumindest vom Preis her (1.500 Euro) ist er der legitime Nachfolger des legendären Technics SL 1210.
Ebenso frisch und fast noch hübscher ist der neue Vollverstärker SU-G700. Ausgestattet mit allen Schnittstellen für modernes, digitales HiFi und immerhin 2 x 140 Watt pro Kanal, vervollständigt er das Oberklasse-Portfolio von Technics.
Auch Burmester hatte zwei Highlights der CES gleich auf die Norddeutschen HiFi Tage 2017 umgeleitet: die neue Standbox B18 und die Komplettanlage Phase 3.
Die neueste Version der Phase konnte ich leider nicht hören, die schlanke B18 dagegen lief in der Vorführung und machte einen hochgradig überzeugenden Eindruck.
Ebenfalls erstmals auf den Norddeutschen HiFi Tagen 2017 zu sehen waren die beiden Laufwerke von Mobile Fidelity (MoFi), hierzulande besser bekannt unter dem Label “MFSL”.
Das kleinere “Studio Deck” und das größere “Ultra Deck” sehen klasse aus, sind entkoppelt und – gemessen an dem, was geboten wird – gar nicht mal teuer. Eine schöne Alternative zu den Platzhirschen von Pro-Ject und Rega.
Wie beiden MoFi Laufwerke ist auch AMG beim High Fidelity Studio in Augsburg im Vertrieb.
Und bei AMG gibt es jetzt einen “großen” Tonarm für die großen Laufwerke. Der 12 JT ist ein – wie der Name sagt – Zwölfzoller und soll fantastisch klingen.
Typisch für eine Hotelmesse wie die Norddeutschen HiFi Tage ist, dass meist eher die kleinen Dinge überzeugen. Kunststück: Manche Vorführräume haben nicht einmal 10 Quadratmeter.
So war die Demo von Joachim Gerhard (Suesskind Audio) mit seinen Mini-Standboxen Phänomen ausgesprochen gut und die Vollholz-Speaker klangen nach deutlich mehr als nur 60 Zentimeter Bauhöhe.
Immer wieder überraschen mich auch die kleinen Lautsprecher der Elektronik-Schmiede Bryston – diesem Fall die Bryston Mini A – , die zwar nach nichts aussehen, aber für’s Geld immer richtig gut Musik machen.
Wie gemacht für die so kleinen Räume der Norddeutschen HiFi Tage 2017 ist auch der bezaubernde Röhren-Amp VA One von Quad (im Vertrieb von IAD Audio). Er leistet 2 x 15 Watt, hat aber – unerwartet – einen USB- und einen Bluetooth- Eingang.
Perfekt für diese kleinen Räume aber ist das System von Michael Sombetzki, der eine Art Riesen-Kopfhörer ersann. Hinter “ESL Home” steckt ein Pärchen klassischer Breitband Elektrostaten, das man aber im Nahfeld hört. Die Raumakustik spielt somit eine kleinere Rolle und im Gegensatz zu klassischen Kopfhörern gibt es beim ESL Home eine richtige Bühne mit tiefer Abbildung. Tolle Idee: Hat mir super gefallen, auch, weil die Transparenz so elektrostatenhaft fein war und der Bass locker auf 50 Hertz runterging. Selbst unter den ja nicht optimalen Messebedingungen klang das absolut überzeugend.
Die Workshops der Norddeutschen HiFi Tage 2017
Wie im Messevorbericht über die Norddeutschen HiFi Tage 2017 schon erwähnt, hatte die High End Society eine Reihe von zehn Vorträgen angekündigt, die allesamt so voll waren, dass mir nicht einmal ein sinnvolles Foto gelang. Die Veranstaltung war ein voller Erfolg und zeigt, dass die Messebesucher sehr wohl offen sind für gut dargebrachte HiFi-Theorie. Auch Cambridge Audio ging in die Beratungs-Offensive, indem Cambridge Spezialist Rainer Kockot im Stundentakt die wesentlichen Grundzüge des Streaming erklärte. Sein Fazit: “Da ist noch einiger Erklärungsbedarf, denn die Leute sind echt wissbegierig.” Auch bei Cambridge waren die Vorträge immer randvoll. Am meisten beeindruckt hat mich Dirk Sommer, Chefredakteur von HiFi Statement und ambitionierter Recording-Spezialist. Er demonstrierte eindrucksvoll den klanglichen Unterschied verschiedener Mikrofon-Typen auf den Aufnahmeklang. Das war sehr deutlich hörbar.
Die Vorführungen
Das Salz in der Suppe einer jeden Messe aber sind natürlich die Vorführungen, die gerade im Hamburger Holyday Inn unter besonders beengten Bedingungen zu leiden haben. Und dennoch regt sich keiner auf. Die meisten Räume sind voll, wenn vier Leute drin sitzen. das ist komisch, hat aber irgendwie auch was. Da – wie gesagt – die Messe wirklich gut besucht war, waren vor allem die großen Vorführungen von B&W, Canton, Dynaudio und Focal/Naim immer brechend voll. Es gab ja auch auf den Norddeutschen HiFi Tagen 2017 einige Zeitgenossen, die unkten, die Zeit von HiFi sei vorüber. Die schiere Fülle auf der Messe, vor allem aber die Begeisterung der Besucher für die Produkte und Erlebnisse sollten sie eines Besseren belehren.
Weil es vielerorts so eng ist, sind die Aussteller allerdings gut beraten, kleinere Komponenten zu spielen oder solche, die man an die Raumakustik anpassen kann. Zum Beispiel hatte Ascendo – anders als wir im Vorbericht vermuteten – für die Norddeutschen HiFi Tage 2017 die vollaktive D7 (Paarpreis: 12.000 Euro) im Gepäck. Die schlanke Standbox fußt technologisch auf dem großen Live15-System und hat 2 x 650 Watt sowie jede Menge Prozessorleistung an Bord. Das macht sie recht flexibel auf die meisten raumakustischen Bedingungen einstellbar. Bei der Messe klang die zierliche Standbox erstaunlich kraftvoll und dank Koax auch wunderbar räumlich.
Das HiFi-Jahr 2017 beginnt in Deutschland also mit einer durch und durch gelungenen Messe. Und es ist gleichzeitig das Jubiläums-Jahr eines sehr netten Mitglieds der HiFi-Gemeinde: Bernd Hömkes Input Audio wird erst 20 Jahre alt, obwohl es scheint, dass Input Audio schon seit Ewigkeiten dabei ist. Außer dass Hömke es in all den Jahren so gut wie immer geschafft hat, einen wirklich schönen Ton aus seinen Anlagen zu zaubern, hat er sich in dieser Zeit auch zu einen veritablen Whisky-Kenner entwickelt. Auch die Norddeutschen HiFi Tage 2017 bereicherte er mit einer feinen Auswahl ungewöhnlicher Whiskys und machte damit deutlich, um was es wirklich auf diesen Messen geht: Genuss.
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