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JBL L52 mit Grill
Mit der L 52 rundet JBL die pegelstarke Retro-Serie namens "Classic" nach unten ab: die kleine 2-Wege Box kostet 1.000 Euro / Paar (Foto: JBL)

Test Kompaktbox JBL L 52 Classic: das kleine Energiebündel

Vor kurzem haben wir die Hintergrundgeschichte zu 75 Jahren JBL veröffentlicht. Wer das Werk durcharbeitet, erfährt schnell, dass die Wurzeln des derzeit größten Lautsprecherherstellers der Welt in der überlegenen Lautsprechertechnik liegen: Hohe Pegelfestigkeit, geringe Verzerrungen, kerniger Klang haben JBL stets ausgezeichnet. Und offenkundig lassen sich diese Meriten weit herunterbrechen: Das derzeit kleinste „klassische“ Modell, die JBL L 52 Classic, erwies sich trotz sehr kompakter Abmessungen als ein erstaunlich pegelfestes Energiebündel. Es war Teil unseres bislang umfangreichsten Vergleichstests…

Die Eigenheiten der JBL L52 Classic

Die kleine 2-Wege-Box ist ein Abbild ihrer größeren Schwestern namens L 100 Classic und L 82 Classic – nur, dass sie halt sehr viel kompakter ausgefallen ist. Das gilt auch für die Tiefmittel- und Hochtöner. Also bestückt JBL die L52 Classic mit einem hoch belastbaren Hochtöner mit 20 mm Titankalotte. Zum Vergleich: Die L 100 hat eine 25 mm Kalotte. Beide Hochtöner – sei es in der L 100 oder in der L 52 – können durch einen L-Regler (der original aus den 70er Jahren zu kommen scheint) im Pegel angepasst werden.

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JBL L 52 Classic Tweeter
20 mm Titankalotte mit einem Diffusor zur Resonanzverminderung und besserer Abstrahlung vor dem Zentrum. Ein kleines Waveguide-Horn unterstützt den Schalldruck des Hochtöners im Bereich  um 3.000 Hertz – dem Übergang zum Bass (Foto: H. Biermann)
JBL L 52 Classic L-Regler
Fans kennen diese Regler seit Jahrzehnten. Auch das Knarzen des Reglers erinnert an früher – und verweist auch auf die – wahrscheinlich – nicht lebenslang kontaktsaubere Funktion. Mit ihnen lässt sich der Hochtonpegel vergleichsweise deutlich verändern – vor allem absenken (Foto: H. Biermann)
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Schraubt man die L 52 Classic auf (was wir immer tun und bei der Gelegenheit immer vor einer Nachahmung warnen), wird man nicht enttäuscht. Der 13 Zentimeter durchmessende Tiefmitteltöner hat eine beschichtete Papiermembran – ganz nach alter Väter Sitte quasi. Ebenfalls JBL-typisch ist der recht kräftige Antrieb und die mit 40 mm (!) erstaunlich große Schwingspule. Kein Wunder, dass der kleine Bass auch bei hohen Pegeln nicht so schnell einknickt…

JBL L 52 Classic Bass
Der Tiefmitteltöner ist ein hochsolider Bursche mit Gusskorb, großem Magneten und Membran aus beschichtetem Papier (Foto: H. Biermann)

An die große JBL Everest DD 67000 fühlte ich mich erinnert, als ich die Frequenzweiche der kleinen L 52 sah: Beim JBL-Flaggschiff sind große Teile des Bodens als auch der Rückseite mit Frequenzweichen-Bauteilen belegt. Und so auch hier: Rund um das Anschluss-Terminal benötigen die Bauteile fast die Hälfte der Rückwand. Ein solcher Aufwand – zumal in dieser Klasse – ist selten.

JBL L 52 Classic innen
Die Frequenzweiche ist mit ungewöhnlich vielen Bauteilen bestückt, die überwiegend von guter Qualität sind. Das Bild zeigt auch die zusätzliche Verstrebung, die das Gehäuse beruhigt (Foto: H. Biermann)

Beim Finish soll es sich um echte Furnier handeln, das sogar spiegelbildlich aufgebracht wird. Allerdings ist das Furnier glattgeschliffen und der Lack ziemlich dick aufgetragen, sodass der Holzcharakter nicht so richtig durchkommen will. Ganz schlicht dagegen halten es die Amerikaner mit der Schallwand und der Rückseite: Da ist einfach eine raue Kunststoff-Schicht aufgeklebt. Naja: In der Regel sieht man Vorder- und Rückseite nicht. Meist hängen die Kleinen an der Wand (oder stehen eng gepackt im Regal) und für die Front hat JBL ja die farbigen, geriffelten Bespannungen, die wesentlich zu dem sehr originellen Retro-Design beitragen. Übrigens: Den Mut zur Farbe entwickelte JBL schon beim Launch der ursprünglichen Serie – also 1970.

JBL L 52 Classic Farben
Die Schaumstoff-Bespannung der JBL L 52 Classic ist in drei Farben zu haben. Und wer will da bitte die langweile schwarze nehmen…? (Foto: JBL)

Praxis

JBL selbst empfiehlt die L 52 für die Aufstellung direkt an der Wand. Die kleine Box hat sogar Gewinde für einen Wandaufhängung in der Rückseite. Sie ist deshalb auch für eine Aufstellung im Regal geeignet. Und tatsächlich zeigen die Messungen, dass sie im Freifeld unterhalb von 60 Hertz kaum noch Schalldruck erzeugt Dieses Verhalten kommt ihr mit der Bassverstärkung der Rückwand zugute.

JBL L 52 Classic Wandaufhängung
Die Rückseite der L 52 ist ebenfalls mit der rauen Kunststoff-Folie bezogen. Hier sind auch die Gewinde für die Wandhalterung eingelassen. Der Aufkleber verrät die Herkunft: Anders als die größeren Geschwister (die aus Malaysia kommen) stammt die L 52 Classic aus China (Foto: H. Biermann)

Und es sorgt dafür, dass die JBL vergleichsweise pegelfest ist. Die klassische Wohnzimmerpegel-Messung (94 dB in einem Meter Entfernung) absolvierte die Kleine noch bravourös. Drehten wir den Messpegel deutlich höher, gingen ihr – natürlich – die Reserven aus.

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JBL L52 classic IM-spectrum 94dBC
Bei gehobener Wohnzimmer-Lautstärke zeigt die JBL L 52 Classic erfreulich wenige Verzerrungen. Einzig der Resonanz-Peak bei 100 Hertz schlägt höher aus (Messung: J. Schröder)
JBL L52 classic IM-spectrum 96dBC
Dieser Resonanz-Peak bei 100 Hertz lässt auch das LowBeats Mess-System bei 96 dB das Ende der Fahnenstange erkennen. Dennoch eine beachtlicher Leistung (Messung: J. Schröder)
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Aber dennoch: 96 dB schafft die kleine JBL im Dauerpegel. Und addiert man den üblichen Headroom für kurzfristige Pegel hinzu, kommt die L 52 Classic auf fast 110 dB. Es gibt im HiFi nicht viel Konkurrenz, die da mitgehen kann. Wir haben sie mit der kleinen Nubert nuBoxx 30 und der Dynaudio Emit 10 – beide vom Volumen ähnlich bescheiden – verglichen. Sie stach beide pegelmäßig deutlich aus.

Ein Wort zum Thema Verstärker. Vor allem die L 100 Classic ist eine exzellente Ergänzung zu Vintage-HiFi. Die recht forsche Mittenwiedergabe der L 100 passt bestens zu der eher dezenten Mittenpräsenz der Komponenten aus den 70er und 80er Jahren. Bei der L 52 ist der Fall etwas anders gelagert: Ihre Mitten sind ebenfalls nicht sonderlich offen und transparent. Hier empfiehlt sich moderne, linear abgestimmte Elektronik.

JBL L 52 Classic Aufmacher
Sieht nur schön aus, ist aber klanglich keine Empfehlung: Der Kenwood KR 5060 von 1978 klang in Kombination mit den JBL L 52 Classic vergleichsweise bedeckt (Foto: H. Biermann)

Ein Blick auf ihr Impedanz- und Phasen-Verhalten zeigt, dass die Entwickler vordergründig ihre Hausaufgaben gemacht haben. Allerdings fällt der EPDR-Wert (der sich aus dem Zusammenspiel von Phase und Impedanz ergibt) bei 120 und bei 600 Hertz unter 2 Ohm und dürfte das Netzteil des angeschlossenen Verstärkers doch etwas fordern.

JBL L52 classic impedance + EPDR
Die Impedanz (rote Kurve) rutscht nie unter 3,8 Ohm und auch die Phase (Blaue Kurve) macht keine allzu großen Sprünge (Messung: J. Schröder)

So süß die kleine JBL aussehen mag: Verstärker-seitig wird man doch Modelle jenseits der 500-Euro-Klasse anschließen müssen, um ihr ganzes Potenzial auszuschöpfen. Zwei Empfehlungen will ich an dieser Stelle mit auf den Weg geben: den Atoll IN 50 SE und den Rotel RA 11 Tribute. An beiden spielte sie hervorragend gut.

Hörtest

Wer die JBL Speaker der 60er Jahre kennt und mag, fühlt sich beim Hören der L52 sofort zuhause: Ein kräftiger Bass trifft auf minimal bedeckte Mitten und forsche Höhen. Ob das so gewollt ist? Ich jedenfalls fühlte mich an meine ersten Begegnungen mit JBL-Speakern aus den ausgehenden 1970er Jahren erinnert. Man kann mit dieser Art Klang-Charakter lange und viel hören, ohne dass es irgendwie anstrengend wird. Da hatte ich mit der L 100 Classic ganz andere Erfahrungen gemacht…

Vorab gab es allerdings einige Fingerübungen zu machen: Es dauerte eine Zeitlang, bis ich den Hochton-Regler für den (stark bedämpften) kleinen Hörraum von LowBeats richtig justiert hatte, um das richtige Maß von Lebendigkeit und Offenheit zu finden. Die richtige Balance war schnell gefunden und dann wurde auch das Klangbild entsprechend luftig. Dennoch blieben die Mitten der L 52 im Vergleich zu den Klassen-Referenzen von Dynaudio (Emit 10) und B&W (607 S2 AE) immer etwas weniger offen, weniger fein und weniger farbig – da konnte ich am Hochtonregler so viel drehen wie ich wollte.

Vor einiger Zeit hatten wir das neuen Album der Kings Of Convenience (Peace Or Love) als Album der Woche vorgestellt. Gerade die Dynaudio holte aus den Stimmen und den Akustik-Gitarren doch so einiges mehr an Information und Emotion. Nun sind die Mitten ja der klangrelevanteste Teil der Übertragung und so könnte der Test hier auch enden: In diesem wichtigen Punkt war die JBL den beiden Referenzen, die zudem 400 Euro (B&W) beziehungsweise 200 Euro (Dynaudio) weniger kosten, spürbar unterlegen.

Doch auch das gehört zur Wiedergabe-Wahrheit: Die Musik basiert viel auf Bass und vor allem auf Spaß. Und gerade im letzten Punkt spielt die JBL alle Trümpfe aus. Natürlich habe ich wieder einmal die altbewährte Yello „Touch“ aufgelegt – und war nicht schlecht erstaunt, wie viel mehr tanzbaren Pegel die JBL aus der Aufnahme holte als die audiophile Konkurrenz von B&W und Dynaudio.

Cover Yello "Touch"
Musikalisch und klanglich ganz stark: Yello „Touch“ kann man gut hören und ist zum Boxentesten bestens geeignet (Cover: Amazon)

Und während ich mit immer größerer Freude ein Elektropop-Stück nach dem anderen spielte, kam Kollege Jürgen Schröder herein, sah die kleinen JBLs und sagte: Ne, näh? Aber ja: mehr war nicht angeschlossen. Doch bevor jetzt der Eindruck entsteht, die JBL sei ein Boxen-Rowdy, der nur mit hohem Pegel Spaß macht, muss ich widersprechen: Auch mit geringen Pegeln macht die Kleine durchaus Spaß – weil man zur Not den Hochtonregler auf Vollausschlag stellen und so bei geringen Pegeln dem Klangbild noch mehr Details entlocken kann. Und ihre plastische Abbildung des musikalischen Geschehens ist auch nicht von schlechten Eltern…

Fazit JBL L 52 Classic

Sowohl von der Verarbeitung als auch vom Klang her gibt es in der Klasse um 1.000 Euro einige Konkurrenten, die es an vielen Stellen besser macht als JBL mit der L 52 Classic. Dennoch hat die Kleine ihren Charme. Der liegt einerseits im großen Namen und der langen Tradition begründet, aber auch im pfiffigen Design und vor allem in der erstaunlichen Pegelfestigkeit: Es dürfte im HiFi nur wenig Boxen geben, die aus so wenig Volumen so viel Rock- und Pop-Spaß holen. Hat man zudem extrem wenig Platz und muss die Lautsprecher direkt an der Wand oder im Regal aufstellen, wird die L 52 sogar zum echten Tipp.

JBL L 52 Classic
2021/11
Test-Ergebnis: 4,1
Sehr gut
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Lebendiger, erstaunlich voller Klang, Optimal für Rock und Pop
Vergleichsweise hohe Pegelreserven
Wandaufstellung möglich
Eingeschränkte Auflösung im oberen Mittenbereich

Vertrieb:
Harman Deutschland GmbH
Kontakt: Behle & Partner
Carl-Jordan-Straße 16
83059 Kolbermoor
www.jblsynthesis.com

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
JBL L 52 Classic: 1.000 Euro


Technische Daten

JBL L 52 Classic
Konzept:passive 2-Wege Standbox mit Bassreflex-Gehäuse
Bestückung:TT: 1 x 13 cm (JW135PW-4), HT: 1 x 20 mm Kalotte (JT020TI1-4)
Besonderheiten:Hochton-Pegelregler auf der Front, Wandhalterung
Max. empf. Raumgröße20 Quadratmeter
Min. empf. Leistung des Verstärkers
2 x 20 Watt
Abmessungen (H x B x T):33,0 x 19,6 x 21,6 cm
Gewicht:
5,0 Kilogramm
Mit- und Gegenspieler:

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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.