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Test Nubert nuPyramide 717: Pyramidenbox mit 3D-Klang

Bei beiden Betriebsarten liegt die Impedanz im gesamten Leistungs-relevanten Bereich stabil bei 3 Ohm oder höher. Nur im Hochtonbereich sinkt die Impedanz bei der Rundum-Einstellung ab 15 KHz unter 2 Ohm. Das ist für klassische Verstärker kein Problem, könnte aber bei Digital-Endstufen zu einem leichten Hochtonabfall führen.

Zwangsweise werden Frequenzweichen mit so vielen Funktionen und Anpassungen sehr groß. Die Weiche der Nubert nuPyramide 717 hat deshalb im stabilen Sockel Platz gefunden. Ganz hübsch übrigens: Die pieksauber aufgebaute Weiche wird mit einer Plexiglasplatte abgedeckt, so dass man – wenn man im richtigen Winkel auf den Sockel schaut, diese Qualität auch sehen kann.

Frequenzweiche im Sockel
Blitzsauberer Aufbau, lange Bauteilebänke, vielfältige Filterfunktionen: die Weiche im stabilen Sockel der Pyramide (Foto: Nubert)

Einen Nachteil aber haben so viele, passiv umgesetzte Filterfunktionen und Anpassungen leider: der Lautsprecher wird mit jedem Filter leiser. Die nuPyramide 717 kommt auf knapp über 83 Dezibel Pro Watt und Meter. Für 110 dB sollte die angeschlossene Endstufe dann schon einmal 500 Watt zur Verfügung stellen können. Denn dass die Jubiläumsbox auch ziemlich laut (und weitgehend verzerrungsfrei) spielen kann, versteht sich von selbst und wird auch von den LowBeats Messungen belegt. Die Verzerrungen bei 94 dBspl:

Nubert nuPyramide 717 IM-Spektrum 94 dBspl (Diagramm: J. Schröder)
Nubert nuPyramide 717 Intermodulations-Spektrum bei einem Schalldruck von 94 dBspl@1 m: Vorbildlich niedrige Intermodulationsverzerrungen. Die im Bassbereich unterschiedliche Höhe der Teiltöne ist Messraum-bedingt und stammt nicht vom Lautsprecher. (Diagramm: J. Schröder) (Diagramm: J. Schröder)

Und die Verzerrungsmessungen bei 104 dBspl:

Nubert nuPyramide 717 IM-Spektrum 104 dBspl (Diagramm: J. Schröder)
Nubert nuPyramide 717 – empfohlener oberer Hörpegel. Erst bei satten 104 dBspl pro Box erreicht das Verzerrungsniveau allmählich den hörbaren Bereich. Dabei werden Spitzenschalldruckpegel von mehr als 113 dB erreicht. Wie das breitbandige IM-Spektrum zeigt, stößt hier sogar die zum Messen verwendete Leistungsendstufe (Nubert nuPower A) bereits an ihre Leistungsgrenzen. (Diagramm: J. Schröder)

Eine Pyramide aus Italien

Der durchdacht saubere Eindruck, den wir bislang vom Konzept, den Treibern und der Weiche bekommen haben, setzt sich nahtlos beim Gehäuse fort. Die Eckpfeiler der Nubert nuPyramide 717 bestehen aus massiven Kanthölzern, die entweder mit Leisten aus sehr feinporigem und somit gut lackierbarem HDF Feinspan (für die Farbausführungen Schwarz und Weiß) oder mit Leisten aus echtem Mahagoni bedeckt sind. Mahagoni passt zwar gut zur Retro-Optik, aber nicht mehr in das Umweltverständnis unserer Zeit. „Alles kontrollierter und nachhaltiger Anbau“, beschwichtigt mich Nubert Entwickler Christoph Mailer. Naja, wollen wir das mal glauben. Und viel Holz ist es an dieser Stelle ja auch nicht…

MItteltongehäuse aus MDF
Hinten rechts sind die Mahagoni-Leisten zu erkennen, links oben ist das Mitteltongehäuse aus MDF (Foto: H. Biermann)

In die trapezförmigen Flächen zwischen den Kanthölzern werden MDF-Platten mit einer Stärke von 22 Millimetern eingespannt, die außen mit Kunstleder bezogen und innen an einigen Stellen verstärkt sind. Durch diese Maßnahmen wird die ganze Platte noch einmal ruhiger. Wer die Nubert nuPyramide 717 (und ihre wirklich sehr gute Verarbeitung) sieht, ahnt: das geht nur in Handarbeit. Hierzulande aber fand Nubert niemanden, der ihm die Pyramide entsprechend sauber und in den vorgegebenen Stückzahlen bauen wollte oder konnte. Sie entsteht nun bei einem Spezialisten für Tonmöbelbau in Italien.

Nubert nuPyramide 717 – Leder
Mahagoni-Listen und schwarzes Kunstleder in einer Pyramidenbox – hier meint es einer mit Retro aber echt ernst. Und mit bester Verarbeitung auch… (Foto: H. Biermann)

Und der leistet ganze Arbeit. Die Nubert nuPyramide 717 strahlt an allen Ecken und Enden eine hohe Wertigkeit aus, die selbstverständlich nicht beim Äußeren endet: Auch im Inneren folgt alles dem Credo höchster Solidität. Dazu gehören die verstärkten Rück- und Vorderfronten genauso wie die Ummantelung der Innenverkabelung gegen Mikrofonie.

Bassreflex-Rohre, ummantelte Innenleiter
Das Kunstleder ist so fest, dass die eingefrästen Treiber dadurch luftdicht eingebaut sind. Ebenfalls gut zu sehen: die gegen Mikrofonie ummantelten Innenleiter und die eng beieinander liegenden Bassreflexrohre (Foto: H. Biermann)

Wer sich einen Eindruck von der Solidität der Box verschaffen möchte, kann sie ja mal anheben: 70,3 Kilo sind eine Ansage. Das ist so eine Gewichtsklasse, in der das Verrücken ohne Hilfe echt mühselig wird. Glücklicherweise ist bei LowBeats häufig eine helfende Hand vor Ort. Denn rumgeschoben habe ich die nuPyramide 717 ganz schön viel…

Die Aufstellung, die Verstärker

Nuberts Jubiläumsbox ist anspruchsvoll: nicht in Bezug auf die Stabilität des angeschlossenen Verstärkers, aber in Bezug auf dessen Leistung. Alles unter 250 Watt pro Seite halte ich bei diesem Lautsprecher für verschenkt. Denn natürlich möchte man diesen Bass irgendwann auch mal SPÜREN. Der übliche Erstdurchgang mit dem Atoll IN 300 verlief ganz zufriedenstellend, aber man spürte sofort, dass dessen Leistung zumindest in unserem Hörraum nicht reicht. Mit dem McIntosh MA 7900 AC, einem wahren Leistungs-Tier, klang es bezaubernd natürlich und ungemein kraftvoll. Aber der ist ja fast so teuer die Lautsprecher selbst. Am Ende war die Kombination mit der hauseigenen Endstufe Nubert nuPower A und der LowBeats Referenz-Vorstufe SPL Director noch etwas besser, weil zwingender und kraftvoller.

Aber fast noch wichtiger ist die richtige Aufstellung der Nubert nuPyramide 717: Im „Rundum“-Modus ist die Positionierung in Bezug auf den Hörplatz nicht mehr ganz so elementar – das stimmt. Aber der Abstand zu den Rück- und Seitenwänden muss natürlich bei einem Rundumstrahler sehr viel größer sein als bei klassischen Direktstrahlern – sonst schlägt der Vorteil der 360° Abstrahlung ins Gegenteil um. Wenn die Reflexionen von diesen Wänden sehr schnell erfolgen, kann unser Ohr zwischen Direkt- und Indirektschall nicht unterscheiden und es klingt eigenwillig verschmiert. Die Devise lautet also: Abstand halten. Im LowBeats Hörraum entstand das glaubhafteste Klangbild mit etwa einem Meter Abstand zu Rück- und Seitenwand. Auch für die Präzision im Tieftonbereich war diese sehr freie Aufstellung von Vorteil. Der Bass ist derart substanziell und kraftvoll, dass hier eine Verstärkung durch die angrenzenden Wände wirklich nicht nötig ist…

Unabhängig vom Betriebs-Modus als „direkt“ oder „rundum“ kann man den Mitteltöner in zwei Stufen, den Hochtöner sogar in drei Stufen variieren. Weil wir bei LowBeats auch noch eine variable Rückwand haben (absorbierend oder reflektierend), ergaben sich also sehr viele Einstellungsvarianten… Am Ende fand ich die Lösung mit absorbierender Rückwand besser, weil damit die Artikulation bei den Stimmen so besser war. Aber das ist ja immer eine Frage der Gegebenheiten. Für den Fall, dass eine Glasscheibe hinter der Pyramide steht, gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, den Pegel im Mittel-/Hochton zu senken (Schalterstellung „sanft“).

 So klingt die Nubert nuPyramide 717

Laura Veirs The Lookout Cover
US-amerikanisches Singer Songwriting auf höchstem Niveau: Laura Veirs (Cover: Amazon)

Zunächst einmal sehr ausgewogen, offen und fein, mit einem ungemein satten, tiefreichenden Bassfundament. Die nuPyramide 717 klingt so neutral, wie man es von den Modellen aus Schwäbisch Gmünd kennt. Tatsächlich klingen beide Betriebsarten auf ihre Art sehr verwandt und dennoch unterschiedlich. Mit der Umstellung in den „rundum“-Modus wird der Raum aufgezogen. Und zwar keineswegs nur in die Breite, sondern auch in die Tiefe und – erstaunlich – in die Höhe. Laura Veirs, die CD der Woche 17, schien in dieser Betriebsart ein ganzes Stück weiter oben zu stehen. Ich empfand das als noch glaubhafter. Die Stimme der Amerikanerin klang im „Rundum“-Modus feiner und luftiger, das ganze Klangbild wirkte irgendwie entspannter; nach dem Umschalten auf „direkt“ dagegen klarer, „schneller“,eindeutig  informativer. Die folgenden Aufnahmen entstanden im LowBeats Hörraum und mit den unterschiedlichen Betriebsarten. Wir haben uns dabei für die bestklingende Variante mit der absorbierenden Fläche der mobilen Rückwände nach vorn entschlossen; mit der reflektierenden Fläche klingt die nuPyramide 717 noch sehr viel „größer“.

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Das gleiche Bild bei James Blood Ulmers Dynamik-Kracher „Crying“ (Album: Live At Bayerischer Hof). Mit „Rundum“ schien die kleine Bühne des Bayerischen Hofs plötzlich mit allen Musikern im LowBeats Hörraum zu stehen. Der Live-Charakter wird unterfüttert durch eine Vielzahl von Klangdetails, die aus allen Ecken des Raumes zu kommen scheinen. Der „direkt“-Modus komprimiert das Klangbild im Vergleich dazu ein Stückweit, aber weniger stark, als man vielleicht vermuten würde. Dafür aber bekommt die Wiedergabe mehr Drive: die Stimme von James Blood Ulmer klingt noch kerniger, das Nachfedern des Bassdrum-Fells noch deutlich authentischer.

Ascendo D7 Active – Hörtest Musik
Eine großartige Live-Aufnahme aus einem relativ kleinen Konzertraum: James Blood Ulmer Live At Bayerischer Hof

Der Tiefton ist unabhängig vom Modus eine Sensation. Man sieht ihm schon von außen die Potenz an – und er hält dieses Versprechen. Gerade die angesprochene Aufnahme von James Blood Ulmer drückt ja – bei entsprechendem Pegel – die Bassdrum-Hiebe in ungewohnter Gradlinigkeit in die Magengrube der Zuhörer.  Es gibt sicherlich Lautsprecher in dieser Klasse, die etwas knackiger und präziser spielen, aber die Durchschlagskraft dieser beiden 11-Zöller ist schon gewaltig und auch bei kleineren Pegeln sehr gut zu hören.

Nach dem ersten Hörabend war ich mir absolut sicher, dass die „direkt“-Einstellung mein Favorit ist. Weil sie jede Art von Musik so blitzsauber, offen und authentisch wiedergibt. Nach dem zweiten Abend war ich mir genauso sicher, dass eigentlich „rundum“ die überlegene Einstellung ist. Weil man mit ihr Musik deutlich relaxter, räumlich großzügiger und vor allem an vielen Stellen im Raum hören kann, ohne dass wirklich etwas fehlt. Doch die finale Erkenntnis ist: Spaß machen beide Varianten und es ist eher eine Frage der Tagesstimmung, was besser klingt. Insofern ist Nuberts Jubiläumsbox eine hoch attraktive Alternative auf dem oft langweiligen Lautsprechermarkt.

nuPower A
Die nuPyramide 717 im LowBeats Hörraum aus Sicht der Nubert Endstufe nuPower A. Hinter ihr sieht man eine der mobilen Wände, die überwiegend mit der absorbierenden Fläche (weiß) nach vorn genutzt wurden (Foto: H. Biermann)

Ein Vergleich mit einem meiner Lieblinge der „Um-die-10.000-Euro-Klasse“, der Focal Kanta N°2, zeigt, wie gut Nuberts Jubiläumsbox (in diesem Fall im „Direkt“-Modus) gelungen ist. Obwohl im Hochton vielleicht nicht ganz so fein und transparent wie Focal, zeigt die Nubert doch noch mehr Details im Mittelhochtonbereich, spielt vor allem noch druckvoller und intensiver. Gerade Live-Aufnahmen profitieren von dieser authentischen Energie. Im Bass spielt die nuPyraide etwas weniger gut kontrolliert, aber noch satter und gefühlt eine ganze Oktave tiefer.

Fazit Nubert nuPyramide 717

Auch wenn die Optik dieser Jubiläumsbox meine persönliche Vorstellung von einem schönen Tonmöbel nicht ganz trifft. Auch wenn sie ziemlich viel Platz und noch mehr Verstärkerleistung fordert: Von Nubert habe ich mir so etwas „Unvernünftiges“ schon lange gewünscht. Ein Lautsprecher, der auf Knopfdruck zum Genießen von entspanntem 3D-Klang einlädt und der – wieder auf Knopfdruck – mich mit hoch authentischer Präzision in die Aufnahmen hineinzieht. Allein schon wegen dieser Möglichkeiten halte ich die nuPyramide 717 für einen großen Wurf. Und ganz nebenbei ist sie in meinen Ohren auch noch die beste Box aus dem großen Nubert Stall.

Nubert nuPyramide 717
2018/04
Test-Ergebnis: 4,5
Überragend
Bewertung
Klang
Praxis
Verarbeitung

Gesamt

Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse.
Weiträumig-feiner, entspannter Klang als 360°-Strahler
Intensiver, natürlicher Klang als Direktstrahler
Enorme Tiefbassfähigkeiten bis unter 25 Hertz
Vergleichsweise leise: braucht kräftige Endstufen

Vertrieb:
Nubert electronic GmbH
Goethestraße 69
73525 Schwäbisch Gmünd
www.nubert.de

Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Nubert nuPyramide 717: 11.800 Euro Paarpreis


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Autor: Holger Biermann

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Chefredakteur mit Faible für feinste Lautsprecher- und Verstärkertechnik, guten Wein und Reisen: aus seiner Feder stammen auch die meisten Messe- und Händler-Reports.