Nach dem August-Termin im vorigen Jahr fanden die Norddeutschen HiFi-Tage (NDHT) jetzt wieder an ihrem altgewohnten Wintertermin im Februar statt. Diesmal im Steigenberger Hotel Treudelberg im Norden Hamburgs. Kehrt die beliebte HiFi-Show damit nach der Pandemie und den Standortwechseln der letzten Jahre zu alter Größe zurück? Voll und ganz! Der LowBeats Messerückblich auf die NDHT 2023.
Corona hat die deutsche Messelandschaft nachhaltig durcheinandergewirbelt. Bei den Norddeutschen HiFi-Tagen kam erschwerend hinzu, dass die alte und jahrelang genutzte Location im Hamburger Holiday Inn Hotel schon vor dem Ausbruch der Pandemie wegen geplanter Umbauten ausgedient hatte. Das im vorigen Jahr erstmals bezogene Hotel Lindtner erwies sich zwar als durchaus attraktiv, aber der Vertrag wurde nicht verlängert, sodass die NDHT-Messeveranstalterin Ivonne Borchert-Lima abermals einen neuen Austragungsort suchen musste. Sie bewies ein gutes Händchen…
Die Location der NDHT 2023
Die Wahl fiel auf das im Norden Hamburgs und damit auch wieder nördlich der Elbe gelegene Business-Hotel Steigenberger Treudelberg. Das idyllisch am Naturschutzgebietes Alstertal eingebettete Resort mit Golfplatz bietet, wie zuvor auch das Lindtner, eine gänzlich andere und wohltuendere Atmosphäre als der frühere Hotelturm an den Elbbrücken.
Aktuelle Außenbilder des Hotels und seiner Umgebung muss ich Ihnen weitgehend schuldig bleiben. Das Hamburger Schmuddelwetter mit Dauerregen zu meinem Besuch am Samstag (Sonntag war es schöner) war zwar ideal für ein Indoor-Event wie dieses, aber da jagst du keinen Hund vor die Tür. Ich bevorzugte es drinnen zu bleiben. Hier aber immerhin ein schöner Blick aus einem der Hotelzimmer (der Ausstellung von ELAC) auf den Golfplatz:
Die Anzahl der Aussteller istnach wie vor deutlich kleiner als vor der Pandemie. Einige große Namen, wie B&W, Dynaudio, T+A und Dali, glänzten durch Abwesenheit. Vielleicht waren die Buchungszeiträume zu kurzfristig. Andere namhafte Aussteller und Publikumsmagneten, wie beispielsweise Audio Reference, Canton, ELAC und KEF, reagierten aber schnell und hielten Hamburg die Treue. Und auch sonst bot die Messe noch massenhaft Sehens- und hörenswertes, um einen kompletten Messetag im Nullkommanix verfliegen zu lassen.
Die Anzahl an größeren Räumen bzw. Sälen im Hotel Treudelberg ist relativ klein, sodass nicht jeder Hersteller seinen Idealraum buchen konnte. Doch auch die kleineren Hotelzimmer machten überwiegend einen guten Eindruck. Klar, unter solchen Bedingungen klingt nicht jeder Raum und jede Installation auf den Punkt, aber erfahrene Messegänger wissen das. Selbst im großen und durch Trennwände dreigeteilten Hauptsaal, wo sich Audio Reference, Audio Group Denmark und ein gewisser Ingo Hansen nachbarschaftlich mit Vorführungen abwechselten, gab es eigentlich nichts zu meckern. Bis auf ein paar resonierende Lampen oder Deckenelemente bei basskräftigen Einsätzen.
Auch in Bezug auf die Versorgung der Besucher entpuppte sich das Hotel als Glücksgriff. An mehreren Punkten gab es ordentliche Catering-Stände, die mehr als nur Brezeln und Bockwurst anzubieten hatten. Zudem gibt es im Treudelberg viele Lounges zum Entspannen, eine tolle Bar mittendrin und mehrere Restaurants mit reichlich Sitzplätzen. Nur ein bisschen verwinkelt ist es hier und da, aber die Orientierung kehrte schnell zurück – zumal das Treudelberg zu klein ist, um sich heillos zu verlaufen.
Die Stimmung
„Super!“, „Wahnsinn!“, „Bin begeistert!“ – So und ähnlich klangen die meisten Antworten auf meine Frage an die Aussteller, wie ihnen die Show bis dahin gefiel. (Ich war nur am Samstag dort.) Was natürlich auch daran lag, weil die Bude von Anfang bis Ende brechend voll war. Für Messe-Aussteller ist nichts schlimmer, als sich die Beine in den Bauch stehen zu müssen. Dafür bestand hier keine Gefahr. Selbst die entlegensten Räume waren stets bestens besucht.
Teilweise allerdings auch so gut, dass es schwierig war, auch nur einen Blick in den Raum zu erhaschen. Ein klein wenig Geduld war dann erforderlich, bis sich die Traube aufgelöst hatte. Und manche Vorführungen waren so gut frequentiert, dass die Aussteller Eintrittskarten hätten verkaufen können. Bei Canton brauchten wir glatte vier Anläufe, aber dann, gegen 16:30, hatten wir endlich Glück und konnten eine der wenigen Demos erleben, bei der alle einen Sitzplatz ergattern konnten.
Lassen Sie sich nicht täuschen, wenn Sie die folgenden Bilder betrachten. Auf einigen davon sind zwar wenig, bis gar keine Besucher zu sehen, aber die Aufnahmen entstanden entweder vor der Öffnung für das Publikum oder gerade zwischen zwei Vorführungen, wo das Personal quasi noch mal mit dem Teppichroller durch die Stuhlreihen gehen musste. Es war wirklich durchgehend zum Bersten voll. Was mich allerdings verwunderte: Es gab vergleichsweise wenige Kopfhörer zu hören. Da war der der Bluetooth-Kopfhörer OV-1 von Meters fast schon die Ausnahme.
Die NDHT 2023 in Bildern
Hier nun unsere Impressionen und die wichtigsten Entdeckungen der Show. Darunter zwei absolute Weltpremieren! Wer sucht, der findet…
Audio Reference
Beim Hamburger Edel-Importeur Audio Reference gibt es immer faszinierende und äußerst exklusive HiFi-Highlights zu entdecken. Neben der Lautsprecherlegende Wilson Audio – gezeigt und gespielt wurden die Alexia V in einer wunderschönen blauen Lackierung – und nicht weniger illustren Marken wie Krell, Dan D’Agostino, VPI und VTL gehören dazu auch neuere Marken, wie die Lautsprecher von Perlisten, die in kürzester Zeit einen Testsieg nach dem anderen einheimsten. Selbstredend zeigte AR auch Produkte seiner eigenen Subwoofer-Marke Velodyne.
Noch brandneu im Portfolio von AR – und damit auch erstmals auf einem Messeauftritt der Hamburger zu sehen – ist dCS. Der britische Digitalspezialist bietet einige der technisch anspruchsvollsten, exklusivsten und auch kostspieligsten DAC- und Player-Lösungen überhaupt. Aber natürlich gab es bei AR noch sehr viel mehr zu erleben und bestaunen…
Erst im Jahr 2019 hatte ich Børresen auf den NDHT im Holiday Inn entdeckt. Nicht nur, dass diese Lautsprecher nach meinem Dafürhalten zu den Besten überhaupt gehören. Trotz ihres extrem high-endigen (aka teuren) Ansatzes ist es den Dänen um Michael Børresen in nur wenigen Jahren gelungen, mit ihren Lautsprechern, der Elektronik-Marke Aavik und Zubehör unter dem Label Ansuz zu einem der bedeutendsten Hersteller im Luxus-Segment aufzusteigen. Ein größerer Messeauftritt als bisher war daher angemessen.
Wieder einmal eine gelungene Vorführungen gab es bei IAD. Gespielt wurden die Wilson Benesch A.C.T. 3Zero. Die Musikzuspielung erfolgte mal analog über einen Luxman Plattenspieler mit optischem Cartridge von DS Audio, mal Digital über den hier erstmals gezeigten Lumin Streamer U2.
…hatte einen der spektakulärsten Messe-Auftritte, weil hier mit der Opera Grandezza der bislang einzige Lautsprecher weltweit mit dem bislang größten Diamant-Mitteltöner spielte. Der Lautsprecher klingt überwältigend, ist aber wegen des Diamanten leider nicht ganz billig…
Canton feierte im vergangenen Jahr sein 50.Jubiläum, was LowBeats mit einem ausführlichen History-Report würdigte. Konsequenterweise stand auch dieser Messe-Auftritt ganz im Schatten der neuen Jubiläums-Modelle:
Die Audio Offensive aus dem Randgebiet von Berlin ist immer ein Sammelbecken höchst interessanter HiFi-Preziosen. Allein schon die Graham-Speaker, die ihre Wurzeln direkt bei der BBC haben, sind immer einen Moment wert, um reinzuhören.
Auch Elac hatte eine echte Weltpremiere im Gepäck: die VELA BS404. Die echt hübschen Kompakt-Speaker sollen Mitte März offiziell vorgestellt werden und kosten dann pro Paar 3.198 Euro (Lack) oder 3.398 mit Holzfurnier.
In der Demo zeigte die neue Elac, dass sie klanglich doch einiges mehr draufhat als die Größe vielleicht vermuten ließe. Vor allem das Elac-Credo von einer möglichst hohen Feindynamik setzte sie eindrucksvoll um.
Eine zugegebenermaßen ungewöhnliche, gleichwohl klangstarke Kombination. Die Hamburger Lautsprecher-Spezialisten führten mit der britischen Traditionsmarke SME vor, die jetzt mit neuem Vertrieb und neuen Produkten richtig Gas geben will.
Natürlich finden sich uf solchen Messen auch immer hochspannende Marken oder Produkte, die noch (oder immer noch) ein wenig unterhalb der Bekanntheitsskala segeln. Wie zum Beispiel die magnetostatischen Lautsprecher von Veddan:
Seit über dreißig Jahren besuche ich nun schon HiFi-Messen, aber ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal nach einem Messetag dermaßen euphorisiert war. Die Ausbeute an tollen Vorführungen, interessanten Neuheiten und belebenden Gesprächen der diesjährigen NDHT war riesig. Auch weil mir hinter vorgehaltener Hand an einer Stelle ein zukünftiges Produkt gezeigt wurde, das mich regelrecht von den Socken haut. Selbst wenn ich jetzt schon weiß, dass ich es mir wohl nie werde leisten können. Egal, denn diese NDHT hat mal wieder so richtig Bock auf HiFi gemacht. Das geilste Hobby der Welt.
Mit verantwortlich für den Erfolg waren a) das lausige Hamburger Winter-Wetter, b) das neue Hotel, welches sich hoffentlich als längerfristiger Treffpunkt für die Norddeutschen HiFi-Tage etabliert, und c) die Tatsache, dass die Leute nach dem Ende der Pandemie wieder Lust und Spaß daran hatten, Menschen zu treffen. – Auch wenn es teilweise schon ein ordentliches Gedrängel war.
So kann es von mir aus in Hamburg mit den HiFi-Tagen weitergehen. Thumbs up!
LowBeats Experte für Schreibtisch-HiFi und High End kennt sich auch mit den Finessen der hochwertigen Streaming-Übertragung bestens aus. Zudem ist der passionierte Highender immer neugierig im Zubehörbereich unterwegs.