Ab und an gönnen wir uns bei LowBeats einen Langzeittest. Die Testgeräte spielen dann unter allen möglichen Bedingungen in allen möglichen Konfigurationen. Bei Lautsprechern also in verschiedenen Räumen und an verschiedenen Verstärkern. Die Elac Adante AS-61 kam exakt vor einem Jahr ins Haus (sie war gerade auf der HIGH END 2018 vorgestellt worden) und hat seitdem locker 500 Spielstunden sowohl bei uns in der Redaktion als auch bei mir zuhause absolviert. Man könnte sagen, sie sei bestens eingespielt. Und ich kann nach all der Zeit sagen: Die Adante AS-61 ist ein unglaublich faszinierender Monitor-Lautsprecher. Herausragend in ihrer Preisklasse. Ein geniales Stück Lautsprechertechnik.
Und das liegt nicht nur an ihrem gleichermaßen feinen wie präzisen Klang, sondern auch an ihrem ungewöhnlichen Aufbau. Wieso ungewöhnlich?, fragt der Kenner. Die Adante AS-61 ist doch eine geschlossene 3-Wege-Box mit koaxialem Mittelhochtöner? Wenn er sich da mal nicht täuscht…
Einen Koax hat die Adante, das stimmt. Und zwar ein richtiges Koax-Kunstwerk: Inmitten einer 13,5 cm großen Aluminium-Membran sitzt hier eine 25 mm große Gewebekalotte, die von einem dünnen Metallgeflecht geschützt ist. Die Kalotte ist so implantiert, dass Mittel- und Hochtonsignale gleichzeitig am Ohr des Hörers ankommen und genügt so allen Anforderungen der Punktschallquelle.
Die Kombination von steifer Aluminium-Membran und nachgiebiger Gewebekalotte ist selten – normalerweise versuchen die Entwickler, gleiche Materialien zu verwenden, um eine gewisse Materialharmonie herzustellen. Aber offenkundig hat der Entwickler der Adante AS-61 hier andere Schwerpunkte. In jedem Fall aber hat er einen sehr breitbandigen Koax geschaffen: Der Spezialtreiber läuft von etwa 200 – 35.000 Hertz, der Hochtöner ab 2.000 Hertz.
Die Tieftoneinheit der Adante AS-61: ein Bandpass
Eine solche Breitbandigkeit ist eine gute Voraussetzung für besten Klang, hat aber als Schattenseite die sehr tiefe Übernahmefrequenz von 200 Hertz, die bei passiven Filtern nur mit sehr großen Spulen umzusetzen ist. Oder aber – und hier wird es ungewöhnlich – mit einem Bandpass.
Bei einem Bandpass sitzt ein Tieftöner im Inneren der Box und arbeitet auf eine Kammer, von der aus nur eine Bassreflex-Öffnung den Schall nach außen abstrahlt. Aus der Abstimmfrequenz des Reflexrohres, den Parametern des eingebauten Tieftöners und der Größe der vorgeschalteten Kammer ergibt sich ein nach oben und unten mit etwa 12 dB/Oktave gefilterter Frequenzbereich, der je nach Abstimmung sehr breit und leise oder sehr laut und schmal oder irgend etwas dazwischen ist.
Wenn man es schlau anstellt, kann man also einen solchen Bandpass so abstimmen, dass er bei den avisierten 200 Hertz wirkt. Und man darf bei diesem Lautsprecher unterstellen, dass der Entwickler ausreichend Kenntnis hat, alle Parameter genau so zu justieren, dass sie optimal passen. Denn hinter Elacs Adante Linie steckt niemand anderes als Andrew Jones. Der Brite ist fraglos einer der hellsten Sterne im Lautsprecher-Kosmos, der nach vielen Jahren bei KEF und der Pioneer-Tochter TAD nun für Elac/America forscht und entwickelt.
Jones ist der wahrscheinlich größte Koax-Spezialist und suchte für seinen damals neu entwickelten Adante-Koax eine optimale Bassunterstützung. Trotz nicht geringer Nachteile (vergleichsweise viel Volumen, geringer Wirkungsgrad) verfiel er doch auf den Bandpass, weil er damit die beste Ankopplung von Tiefton zu Koax erreichte. Und er nutzt für den Bandpass auch nicht einfach eine Bassreflex-Öffnung, sondern – was deutlich eleganter, aber auch teurer ist – eine Passiv-Membran, die die gleiche Funktion ohne Strömungsgeräusche erfüllt. Wer die Elac Adante AS-61 von außen betrachtet, ahnt nicht, wie eng es im Inneren zugeht. Hier sagen Bilder mehr als tausend Worte:
Obwohl die Adante AS-61 für eine Kompaktbox recht groß ist, geht es im Inneren doch ziemlich eng zu. Das liegt zum einen daran, dass ja gleich drei Kammern gebraucht werden, zum anderen an der Frequenzweiche, die trotz des Bandpass-Tricks recht groß geriet.
Der 3-Kammer-Aufbau macht das Gehäuse extrem steif. Erhöht wird die Festigkeit durch die Schallwand, die dem hohen Druck des Bandpass-Systems standhalten muss. Sie besteht aus zwei aufeinanderliegenden Aluminiumplatten unterschiedlicher Stärke und unterschiedlicher Funktion:
Zwischen den beiden Alu-Platten iegt eine dämpfende Flies-Schicht, die Resonanzen beider Alu-Platten wirksam unterdrückt.
Viel aufwendiger geht die Konstruktion einer optimalen Schallwand nicht. Aber auch der Aufbau und die Verarbeitung der Elac machen einen exzellenten Eindruck. Das Lack -Finish unserer Testversion war makellos und die Solidität der Konstruktion wird deutlich, wenn man die Adante AS-61 anhebt: 19,0 Kilo bekommen nur die wenigsten Lautsprecher dieser Klasse auf die Waage.
Die Adante AS-61 im Praxistest
Wie schon angedeutet, hat der Bandpass nicht nur Vorteile. Im Falle der AS-61 sorgt er für einen recht bescheidenen Wirkungsgrad. Man sollte also bei der Auswahl des angeschlossenen Verstärkers auf eher kräftige Exemplare achten: 80 oder 100 Watt pro Kanal (an 4 Ohm) sollten es schon sein. Denn man will ja auch mal etwas lauter hören… doch dafür braucht man halt Leistung. Und vom Pegel her wachsen mit der Adante AS-61 die Bäume eh nicht in den Himmel:
Unterm Strich sind noch weitgehend unverzerrte Spitzenpegel bis knapp über 105 Dezibel möglich. Das ist für eine Kompaktbox dieser Größe nur Durchschnitt. Zum Vergleich: Die nur unwesentlich größere Cabasse Bora brachte es auf 8 (!) Dezibel mehr. Von der Impedanz her ist die Adante AS-61 unproblematisch – sauber oberhalb der 4-Ohm-Linie.
Diesbezüglich ist also kein Ungemach zu erwarten. Allerdings ist die kapazitive Blindleistung (rote Flächen) im leistungsrelevanten Bereich zwischen 30 und 100 Hertz recht groß. Der Verstärker sollte also nicht nur kräftig, sondern auch stabil sein. Von den vielen, die ich ausprobiert habe, gefielen mir an der Adante AS-61 der Exposure 3010 S2D (2.200 Euro) und der erst kürzlich getestete Atoll In 400 ES (4.500 Euro) am besten.
Wegen des nicht allzu hohen Maximalpegels liegt die sinnvolle Raumgröße bei etwa 25 Quadratmetern – oder darunter. Die Elac Adante AS-61 hat den Vorteil, in fast allen Räumen im Bass herausragend präzise zu spielen. Selbst in Räumen, die klein oder ungünstig geschnitten sind – womöglich ein Vorteil des unkonventionellen Bassbereichs. Die Adante muss dafür nicht zwangsweise auf den passenden Ständern stehen – es ginge zur Not auch das Sideboard –, aber doch weitgehend frei mit mindestens 30 oder 40 Zentimetern Abstand zur Rückwand.
Die AS-61 im Hörtest
Wie oben schon erwähnt, ist die Adante AS-61 einer der Lautsprecher mit den meisten Stunden im LowBeats Hörraum. Und sie wurde brav von Stunde zu Stunde freier und feiner. Allerdings machte die Elac schon vom ersten Takt an deutlich, was in ihr steckt – nämlich die Fähigkeit zur enorm schnellen, präzisen und feinen Wiedergabe. Eine meiner Lieblingsaufnahmen in Bezug auf Hochtonverästelung ist immer noch das Stück “Hurricane Come And Gone” von Monty Alexander (Album: Caribbean Circle).
Es ist schlicht atemberaubend, wie schnell und dennoch niemals scharf die Elac alle Details auffächert, wie sie den manchmal perlenden, manchmal grummelnden Klaviertönen mühelos folgt und wie glaubhaft sie die Becken ausschwingen lässt. Hart geschlagene Snaredrums oder zarte Triangel: Alles scheint diesem Lautsprecher leichtzufallen. Andrew Jones scheint hier mit seiner Koax-Kombination von steifer Mitteltonmembran und weicher Hochtonkalotte ein extrem glückliches Händchen gehabt zu haben.
Denn der Koax klingt nicht nur tonal absolut richtig, er schafft auch das, was vielen anderen “klassischen” Mehrwege-Systemen mit separaten Hoch- Mittel- und Tieftönern oft versagt ist: die zeitrichtige Wiedergabe. Die Elac öffnet die Tür zur Aufnahme, vor allem zur Tiefe der Aufnahme. Sie gibt den Sängern und Instrumenten Plastizität und Körperhaftigkeit und vermittelt bei Live-Aufnahmen dieses schöne Gefühl, dichter dabei zu sein, als es auf Konzerten gemeinhin möglich ist.
Das auch, weil sie im Bass wunderbar trocken-präzise agiert. Da wummert nichts, kein Nachschwingen, wo es nicht auf der Aufnahme vorgesehen ist. Ein Tritt in die Bassdrum trifft präzise den Magen des Zuhörers. So soll es sein.
Man ist geneigt, von diesem luftig-präzisen Klang immer mehr zu wollen und den Pegelsteller weiter und weiter nach rechts zu drehen – gerade bei Bass-getriebener elektronischer Musik wie von Yello oder den Infected Mushroom. Aber hier hat die Adante AS-61 ihre Limits. Selbst im kleinen LowBeats Hörraum (16 Quadratmeter), in dem sich die Elac pudelwohl fühlt, musste ich bei stark gehobener Lautstärke stoppen. Von außen ist der Passiv-Membran nicht viel anzusehen, aber man spürt förmlich, wie sich der kleine 16er Bass im Inneren abmüht. Kleines Zwischenfazit: Für Freunde der Pegelorgie gibt es Alternativen, so fein, leicht und präzise aber spielt kaum ein anderer Lautsprecher.
Wir haben ja in den letzten Jahren viele interessante Kompaktboxen dieser Klasse getestet: die Cabasse Bora, die Dynaudio Special Forty, die Quadral Sedan R9, die B&W 705 S2… Sie alle haben ihre Vorzüge. Die Cabasse und die Quadral sind wahre Pegelwunder und ersetzen mühelos auch größere Standboxen. Die Cabasse wirkt dabei etwas gröber, die Quadral minimal bedeckt. Die B&W und die Dynaudio sind im Mittelhochtonbereich ungemein farbig und fein, dafür im Bass sehr viel satter. Die Elac fasziniert hier mit ihrer herausragenden Präzision und Luftigkeit über den gesamten Wiedergabebereich. Wenn es nicht sehr laut werden muss, ist sie mehr als nur eine Alternative zu den arrivierten Mitbewerbern. In vielen Bereichen setzt sie die Maßstäbe.
Fazit
Aus dem Handel höre ich, dass die Adante AS-61 auch ein Jahr nach ihrer Markteinführung noch nicht so richtig eingeschlagen hat. Ich kann mir diesen Umstand nur mit der etwas wuchtigen Optik erklären. Denn dieser etwas groß geratene Kompaktmonitor ist klanglich und verarbeitungstechnisch eine Perle. Eine Perle, die so überragend fein, transparent und richtig klingt, dass sie sich leicht von den meisten Mitbewerbern ihrer Klasse absetzen kann.
Ihr zweiter Trumpf ist die ungemein trockene und präzise Basswiedergabe in fast allen Räumen und an vielen Plätzen. Das Erlebnis ist überwältigend und zeigt, wie viel Leben & Information auch unterhalb 200 Hertz noch auf den Aufnahmen sind. Reggae-Fans oder Musikfreunden mit dem heute modernen Hang zum fetten Bass wird diese Bass-Performance womöglich nicht genügen. Ich sage: Endlich mal ein Lautsprecher, der auf schnelle und authentische Bässe hin abgestimmt wurde. Denn die Realität ist nur in den seltensten Fällen “phat”.
Ein kleines Manko aber teilt dieser Lautsprecher mit vielen anderen Edel-Speakern: Er braucht exzellente Verstärker im Rücken. Die Elac Adante AS-61 ist für das, was sie klanglich bietet, beinahe ein Schnäppchen. Aber damit sie auch wirklich GROSS klingt, kommt man fast nicht umhin, ungefähr das gleiche Geld noch einmal in den passenden Verstärker zu investieren. Aber sie ist es wert. Ohne Wenn & Aber.
Bewertung
KlangPraxisVerarbeitungGesamt |
Die Bewertung bezieht sich immer auf die jeweilige Preisklasse. |
| Herausragend feiner, luftiger und präziser Klang |
| Sehr sauberer Bass, auch in kleinen Räumen |
| Gute Verarbeitung und hohe Materialqualität |
| Geringer Wirkungsgrad, Maximalpegel nicht allzu hoch |
Vertrieb:
Elac Electroacustic GmbH
Fraunhoferstraße 16
24118 Kiel
www.elac.de
Paarpreis (Hersteller-Empfehlung):
Elac Adante AS-61: 3.000 Euro
Ständer: 600 Euro
Mit- und Gegenspieler:
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